DIE Internet-Zeitung

Artikel Seite 242
"Bundesregierung schönt Statistik"

Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe um 19 Prozent zu niedrig

Der Paritätische Wohlfahrtsverband (DPWV) hat der Bundesregierung Manipulationen bei der Berechnung von Sozialhilfe und Arbeitslosengeld II vorgeworfen. Die Regelsätze seien um fast ein Fünftel zu niedrig bemessen. Ziel sei es allein gewesen, die Ansprüche der Hilfsbedürftigen klein zu rechnen, kritisierte die Vorsitzende Barbara Stolterfoht am Montag in der Berliner Bundespressekonferenz. Insbesondere Kinder und Jugendliche ab acht Jahren seien die Verlierer der Reform. Sie müssten Kürzungen von mehr als zehn Prozent hinnehmen. Die Regelsätze schrieben Armut fest und verschärften sie, so der DPWV. Dass Kinder beispielsweise mit den vorgesehenen 1,33 Euro monatlich für Schulmaterial auskommen könnten, sei "lebensfremd". Der Deutsche Caritasverband kritisierte zudem, dass das Arbeitslosengeld II und die gleich hohe Sozialhilfe nicht genügend die Kosten von Bedürftigen für ihre Gesundheit berücksichtigen. Seit der letzten Gesundheitsreform müssen sie Zuzahlungen und vor allem nicht verschreibungspflichtige Medikamente aus eigener Tasche bezahlen. Einer bedürftigen Familie mit zwei Kindern über 14 Jahren stünden unter Berücksichtigung der Zuzahlungen im Gesundheitsbereich künftig monatlich etwa 80 Euro weniger zur Verfügung als noch Ende 2003. Die Arbeiterwohlfahrt sprach sich gegen eine Erhöhung der Sozialhilfe aus. Dies sei nicht zu finanzieren.

Frauen- und Umweltorganisationen ziehen Bilanz

Ziele der Weltfrauenkonferenz in der Politik kaum vertreten

Knapp zehn Jahre nach der Weltfrauenkonferenz von Peking haben die Vorbereitungen für die Nachfolgekonferenz im kommenden Jahr begonnen. Vorige Woche tagte die erste europäische Vorbereitungskonferenz in Genf. Auch zahlreiche Frauenorganisationen in Deutschland ziehen derzeit über die Verwirklichung gesteckter Ziele Bilanz. Acht Frauen- und Umweltorganisationen fordern in einer gemeinsamen Stellungnahme die Bundesregierung auf, weitere Schritte zur Umsetzung der Pekinger Aktionsplattform zu unternehmen.

Nicht nur ein Fall RWE?

Atom- und Rüstungskonzerne finanzieren Parteien

Nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" hat CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer die Öffentlichkeit über das tatsächliche Ausmaß der materiellen Vorteile "getäuscht", die ihm sein früherer Arbeitgeber, der inzwischen von der Essener RWE aufgekaufte Dortmunder Energieversorger VEW, gewährte. Nach Informationen der Zeitung "bezog Meyer auch noch als CDU-Generalsekretär Gehalt und Erfolgsbeteiligungen von RWE/VEW". Zudem soll er auch Gas zu vergünstigten Konditionen bezogen haben. Unterdessen wies die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW darauf hin, "dass die Bezahlung von Politikern und Parteien durch Großkonzerne systematisch erfolgt". Die Organisation erinnerte an "die nach dem Flick-Parteispendenskandal legalisierten Großspenden". Parteien würden systematisch von Großaktionären der Atomkonzerne und von der Rüstungsindustrie finanziert.

Generation in Aufbruchstimmung

Vor 35 Jahren startete "Easy Rider" in den amerikanischen Kinos

Das Geräusch von Harley-Davidson-Geknatter und die Illusion von grenzenloser Freiheit - "Easy Rider" traf mit seinem Mythos von Sex, Drugs and Rock'n'Roll den Nerv einer ganzen Generation. Vor allem die Jugend schloss die langhaarigen Rebellen, die auf dem Motorrad-Sattel gegen das Establishment anfuhren, in ihre Arme. Der Film brachte ihre Hoffnungen auf Freiheit auf die große Leinwand. Vor 35 Jahren - am 19. Dezember 1969 - lief der Road Movie in den amerikanischen Kinos an. Er wurde in den USA und auch in Deutschland zum Kino-Hit des Jahres und bereitete den Weg für das Independent-Kino in Hollywood.

"Informationsfreiheitsgesetz"

Bundesregierung will Bürgern den Zugang zu amtlichen Informationen erleichtern

Die USA hat eins, Schweden auch, selbst EU-Neumitglied Estland ist Deutschland in diesem Punkt voraus. In rund 50 Ländern gibt es Gesetze, die den Bürgern den Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen ermöglichen. SPD und Grüne hatten sich bereits 1998 vorgenommen, die Lücke zu schließen. Sechs Jahre später ist es nun soweit. Der Bundestag beriet am Freitag erstmals über ein Informationsfreiheitsgesetz. Mitte 2005 soll es in Kraft treten.

Opfertiere

Hessischer Verwaltungsgerichtshof billigt Schächten unter Auflagen

In einem neuerlichen Urteil hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) einem muslimischen Metzger aus Mittelhessen das grundsätzliche Recht auf das rituelle Schächten von Opfertieren zugebilligt. In seinem am Freitag bekannt gegebenen Urteil kamen der elfte Senat beim Kasseler VGH zu der Auffassung, eine Ausnahmegenehmigung für das Töten der Tiere ohne vorherige Betäubung sei dann zu erteilen, wenn der betreffende Metzger eine "zwingende religiöse Vorschrift" für diese Tötungsweise nachweisen könne.

Europarichter

Behörden können Einwände gegen den Export von Abfällen machen

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) können die zuständigen Behörden des exportierenden Staates Einwände gegen den Export von Abfällen geltend machen, wenn die beabsichtigte Verwertung im Ausland nicht den Umweltschutzanforderungen im eigenen Land genügt. Das Bundesumweltministerium hat die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Beachtung von hohen Umweltstandards beim Export von Abfällen begrüßt.

"Mehr Demokratie"

Angeblich keinen Volksentscheid zur EU-Verfassung

In Deutschland soll es angeblich keinen Volksentscheid zur EU-Verfassung geben. Diese Information ist der Initiative "Mehr Demokratie" nach eigenen Angaben von einem Insider zugespielt worden. Beim "Koalitionsfrühstück" am Dienstagmorgen sei der Beschluss gefallen. Demnach verständigten sich die Spitzen von SPD und Grünen darauf, ihren Gesetzesentwurf für bundesweite Volksentscheide nicht ins Parlament einzubringen. Nach Angaben der Organisation fordern dennoch 50 SPD-Abgeordnete, den Entwurf schnell im Bundestag vorzulegen. Die Fraktion befasse sich am Donnerstag auf einer Sondersitzung mit der Frage. Eine Sprecherin der SPD-Fraktion wollte auf Anfrage von ngo-online diese Informationen weder bestätigen noch dementieren. Eine Sprecherin der Grünen-Fraktion dementierte den Sachverhalt und stellte fest, dass solche Runden "eh nichts beschließen können".

Energiemarkt

Verbraucher-Gaspreise trotz niedrigerer Import-Preise gestiegen

Die deutschen Gasversorger haben im Vergleich zum letzten Jahr 7,7 Prozent weniger für Gas bezahlt ohne die Preissenkung an die Verbraucher weiterzugeben. Das meldet der Bund der Energieverbraucher. Lediglich im Monat Oktober 2004 seien die Preise um sechs Prozent gegenüber den Vorjahrespreisen gestiegen. Statt aber Preissenkungen habe es im September eine Preiserhöhung um vier Prozent gegeben. Nur wenige Verbraucher wüssten, dass die geforderten Gaspreise unrechtmäßig hoch seien. Diese "völlig unverbindlichen" Preise könnten ohne gerichtliche Konsequenzen verweigert werden, so der Verbraucherverband.

Agrarpolitk

Hessen will Grünland stärker fördern

Hessen will die Subventionen für Weideflächen erhöhen. Die so genannte Grünlandprämie wird damit im Verhältnis zu den Zuschüssen für den Ackerbau attraktiver. Umweltverbände begrüßen die durch die EU-Agrarreform angestoßene Entwicklung, weil es künftig nicht mehr darum geht, möglichst viel zu produzieren, sondern Grünflächen zu erhalten. Ab 2005 soll das Geld zu sparen nicht mehr danach gezahlt werden, wieviel Milch und Fleisch die Bauern produzieren, sondern es wird allgemein nur die Größe der Grünfläche subventioniert. Grünland sei ein Beitrag zu Artenvielfalt und Hochwasserschutz.

Nähe zu Atomanlagen

Wissenschaftler diskutieren über die Elbmarsch-Leukämien

Die nach Angaben des Deutschen Kinderkrebsregisters in Mainz weltweit einmalig hohe Leukämierate bei Kindern in der Nähe des Atomkraftwerks Krümmel und des GKSS-Atomforschungszentrums ist Gegenstand einer heftigen wissenschaftlichen Kontroverse. Der Co-Vorsitzende der niedersächsischen Leukämiekommission, Erich Wiedemann, hatte vor einigen Tagen erklärt, die unbestritten hohe Leukämierate könne auch eine statistische Schwankung sein. Kindliche Leukämien träten grundsätzlich in lokalen Häufungen ("Clustern") auf, die weltweit aufzufinden seien, heißt es in einem am 10. Dezember veröffentlichten Bericht der beiden Kommissionsvorsitzenden. Nach Einschätzung der Professorin Inge Schmitz-Feuerhake und des Präsidenten der Berliner "Gesellschaft für Strahlenschutz" Dr. Sebastian Pflugbeil fällt der Bericht damit "weit hinter den erreichten wissenschaftlichen Erkenntnisstand zurück. Eine Studie über die "regionalen Verteilungsmuster der Leukämiehäufigkeiten bei Kindern in Westdeutschland" habe ergeben, dass die Leukämien bei Kindern zufällig, also gleichmäßig verteilt seien. Die Häufung in der Elbmarsch sei nach Analyse des Deutschen Kinderkrebsregisters in Mainz statistisch dagegen weit herausragend.

"Kopenhagener Kriterien"

"Kopenhagener" Bedingungskatalog für den türkischen EU-Beitritt

Die "Kopenhagener Kriterien" sind die Messlatte der Europäischen Union für einen EU-Beitritt. Sie wurden 1993 vom Europäischen Rat in Kopenhagen festgelegt und bestehen aus drei Teilen: dem "politische Kriterium", dem "wirtschaftliche Kriterium" und dem "Acquis-Kriterium". Für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen ist allein das politische Kriterium entscheidend. Dazu gehören institutionelle Stabilität, demokratische und rechtstaatliche Ordnung, Wahrung der Menschenrechte sowie Achtung und Schutz von Minderheiten.

Oft nicht sinnvoll

Steuern sparen mit Lebensversicherungen kann teuer werden

"Aufstehen Deutschland! Steuerfreiheit sichern!" - Versicherungen und Banken überschwemmen ihre Kunden derzeit mit Werbung. Und machen Druck: Nur noch dieses Jahr gibt es Steuervorteile für Lebensversicherungen. Abschlüsse müssen schnell erfolgen, denn nicht nur der Antrag muss dieses Jahr gestellt werden. Die Versicherung muss den Vertrag auch noch vor dem 1. Januar annehmen. Dennoch sollte sich niemand unter Zeitdruck setzen lassen: Einerseits haben nur Gutverdiener einen wirklichen Vorteil aus einem Vertragsabschluss noch vor dem Jahreswechsel. Und andererseits gibt es wichtigere Versicherungen und bessere Geldanlagemöglichkeiten.

Entwurf vorgestellt

Gesetz soll Diskriminierungen stoppen

Die rot-grüne Koalition hat am Mittwoch ihren Entwurf für ein Antidiskriminierungsgesetz vorgestellt. Benachteiligungen wegen Geschlecht, ethnischer Herkunft, Alter, Religion oder Weltanschauung, sexueller Identität oder Behinderung sollen damit der Vergangenheit angehören. Mit der Regelung, dass auch Vermieter, Versicherungen und Gastwirte künftig bei Massengeschäften eine Begründung für Ungleichbehandlungen brauchen, geht Rot-Grün über die Vorgaben einer EU-Richtlinie hinaus. Der Entwurf sieht vor, dass Betroffene nicht mehr den vollen Beweis für eine unzulässige Diskriminierung erbringen müssen, sondern nur noch Tatsachen vorbringen müssen, die eine Diskriminierung belegen. Sie können sich dabei durch Verbände wie Gewerkschaften unterstützen lassen. Das Deutsche Institut für Menschenrechte begrüßte den Entwurf, meldete aber Nachbesserungsbedarf an.

Pressemitteilung

Großauftrag in Afrika - Neubaustrecke Südsudan-Kenia-Uganda

ngo-online dokumentiert eine - auf der Website undatierte - Pressemitteilung der in Bad Oldesloe ansässigen Firma Thormählen Schweißtechnik AG im Wortlaut.

Transport-Geschäfte

Sudan-Einsatz der Bundeswehr startet - Friedensforscher denkt über Motive nach

Die Bundeswehr soll ab Donnerstag ihren Sudan-Einsatz beginnen. Wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Mittwoch in Berlin sagte, sollen 200 Soldaten sowie Fracht per Flugzeug in den Sudan verlegt werden. Die "Operation" soll am 24. Dezember abgeschlossen werden. Wie die "Sächsische Zeitung" schreibt, hat Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) bereits eine entsprechende Weisung an das Einsatzführungskommando in Potsdam erteilt. Der Kasseler Friedensforscher Dr. Peter Strutynski weist auf das Interesse verschiedener Länder am Erdöl im Sudan hin. Außerdem sei ein deutsches Industriekonsortium an einem milliardenschweren Geschäft im Sudan interessiert, das nicht mit der Zentralregierung, sondern mit einer Rebellengruppe vereinbart worden sei. Daher mache es möglicherweise Sinn, mittels Darfur die Zentralregierung zu schwächen.

Kult-Rockband

Karat-Sänger Herbert Dreilich verliert den Kampf gegen den Krebs

"Mich zwingt keiner auf die Knie", sang Herbert Dreilich erstmals vor 20 Jahren in einem Lied. Der Text war sein Lebensmotto, wie er selbst einmal bekannte, doch jetzt hat der Frontmann der ostdeutschen Kult-Rockband Karat einen Kampf verloren. Wenige Tage nach seinem 62. Geburtstag erlag er in der Nacht zu Sonntag in seinem Haus in der Nähe von Berlin einem Krebsleiden.

Literaturnobelpreis

Aktueller kann ein Theatertext nicht sein

Das Grauen wird zur Unterhaltung, zum Bestandteil des Alltags. "Wartainment" heißt die dazugehörige Wortneuschöpfung. Den Irak-Krieg als Medienspektakel beleuchtet die österreichische Autorin Elfriede Jelinek in ihrem Theatertext "Bambiland". In Kombination mit den unter dem Titel "Babel" zusammengefassten Monologen "Irm sagt", "Margit sagt" und "Peter sagt" ist der Text jetzt im Rowohlt Verlag als Buch erschienen. Der 270 Seiten starke Band "Bambiland", mit einem Vorwort von Theatermacher Christoph Schlingensief, ist seit Samstag im Handel. Am Freitag hatte Jelinek in Stockholm den Literaturnobelpreis erhalten. "Bambiland" entstand zeitgleich mit dem Krieg im Irak. Aktueller kann ein Theatertext nicht sein.

Wahlkampf

Plant die Bundesregierung Milliarden-Investitionen vor der Bundestagswahl?

Die Geschichte lehrt: Nach Wahlen beschließen Regierungen in großer Einmütigkeit unbeliebte Gesetze und Sparprogramme für die breite Bevölkerung. In Wahlkampfzeiten häufen sich die öffentlichen Auseinandersetzungen entlang der traditionellen ideologischen Linien und es werden wieder Staatsgelder für die breite Bevölkerung ausgegeben. Der "kleine Mann auf der Straße" fühlt sich so rechtzeitig zur Wahl doch wieder wohl bei seiner Partei. "Die Welt" hat unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, dass die Bundesregierung in der zweiten Jahreshälfte 2005 - ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl - ein Investitionsprogramm von rund zehn Milliarden Euro plant. Ziel sei es, die schwache Konjunktur anzukurbeln. Dem Bericht zufolge sollten die Gelder vor allem in Verkehrsprojekte und die Förderung kommunaler Bauvorhaben wie die Modernisierung von Schulen, Kindergärten und Schwimmbädern fließen. Die Meldungen seien "absurd und entbehren jeder Grundlage", teilte das Bundespresseamt am Samstag mit. - Allerdings verlangten die Wirtschaftsexperten Hans-Werner Sinn und Peter Bofinger mehr Investitionen.

Drogen

Doppelt so viele Jugendliche trinken Alkopops

Doppelt so viele Jugendliche konsumierten 2004 alkoholische Mixgetränke wie noch 2001. Am meisten tränken 16- bis 19-Jährigen regelmäßig Alkohol, gab die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) nach einer Umfrage bekannt. Mit durchschnittlich 15,5 Jahren betränken sich Jugendliche das erste Mal. In späteren Jahren seien gut 40 Prozent der Jugendliche mindestens einmal pro Jahr betrunken, analysiert die Bundeszentrale das Alkoholverhalten von Jugendlichen. Mit steigendem Alter werde dann wieder weniger getrunken und auch das Betrunkensein unwahrscheinlicher. Grund für den hohen Alkoholkonsum sei die intensive Vermarktung von Alkopops.