NGO DIE Internet-Zeitung

Artikel Seite 198
80 Prozent ALG II

Arbeitslose unter 25 sollen bei ihren Eltern wohnen

Nach dem Willen der Bundesregierung sollen Erwachsene unter 25 Jahren für den Bezug des Arbeitslosengeldes II (ALG II) künftig als Kinder gelten. Junge Arbeitslose müssten dann in der Regel bei ihren Eltern wohnen. Sie sollen wie Kinder 80 Prozent des Regelsatzes von 345 Euro (Ost: 331) erhalten, sagte ein Sprecher des Bundessozialministers Franz Müntefering am Montag in Berlin. Das Gesetz soll ab April gelten. Vertreter der großen Koalition verteidigten die Pläne. Links-Fraktion und Grüne lehnten die Kürzungen strikt ab. Münteferings Sprecher Stefan Giffeler sagte, mit der Regelung werde eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt.

"Chancengerechtigkeit"

Vereinte Nationen untersuchen deutsches Bildungssystem

Nach den PISA-Studien der Jahre 2000 und 2003 wird nun das deutsche Bildungssystem wieder unter die Lupe genommen. Der Sondergesandte der UN-Menschenrechtskommission Vernor Muñoz macht sich seit Montag vor allem ein Bild von den Bildungsmöglichkeiten von Kinder aus unteren Schichten. Bundesbildungsministerin Annette Schavan und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) haben entgegengesetzte Einschätzungen zur Chancengerechtigkeit in den deutschen Schulen und zur "Durchlässigkeit" zwischen den Schulformen.

Direkte Demokratie

Lob für Rücksichtnahme auf Bürgerbegehren in Detmold

Die Initiative "Mehr Demokratie" hat den Umgang mit einem Bürgerbegehren gegen den Bau eines Einkaufszentrums in Detmold gelobt. Obwohl Bürgermeister Rainer Heller (SPD) den Rat schon am 23. Februar über den städtebaulichen Vertrag mit dem Investor "3C Real Estate AG" abstimmen lassen könnte, soll der Beschluss erst am 30. März fallen. Heller begründete diese Entscheidung damit, dass er den Initiatoren eines Bürgerbegehrens gegen den Vertragsabschluss eine faire Chance geben wolle, die notwendigen rund 3.600 Unterschriften zu sammeln. "Der Bürgermeister beweist Respekt vor der direkten Demokratie und lebt damit ein Stück politische Kultur", sagte Daniel Schily, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie, am Montag in Köln. Ein derartiges Verhalten sei leider nicht in jeder Gemeinde selbstverständlich.

"Umfrage-Affäre"

Staatsanwaltschaft klagt Ex-Justizministerin Werwigk-Hertneck nun doch an

Die juristische Auseinandersetzung zwischen der Staatsanwaltschaft Stuttgart und der früheren baden-württembergischen Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck (FDP) hat sich verschärft. Die Ex-Ministerin muss jetzt damit rechnen, sich wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses nicht vor dem Amtsgericht Stuttgart, sondern vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Stuttgart in einer Hauptverhandlung verantworten zu müssen.

Demographie oder Produktivität?

Lafontaine und Müntefering diskutieren über die Rente

Die Opposition hat die geplante Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre im Bundestag scharf kritisiert. Links-Fraktionschef Oskar Lafontaine sagte am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde des Parlaments, längere Lebensarbeitszeiten seien "schlicht schwachsinnig". "In unserem Land suchen 5 Millionen Menschen Arbeit." Aber die einzige Antwort, die die Bundesregierung gebe, sei, dass diejenigen, die einen Arbeitsplatz haben länger arbeiten müssten. Sozialminister Franz Müntefering (SPD) sagte in seinen Redebeitrag, "wir wollen mehr Arbeit für diejenigen, die 50, 55 und älter sind". Auf den Zwischenruf seitens der Linkspartei "Wie denn?" gab der Minister die Antwort: "Wir bereiten uns darauf vor, dafür zu sorgen, dass die 50-, die 55- und die 60-Jährigen in dieser Gesellschaft wieder eine Chance haben." Außerdem sagte Müntefering, man werde "diese Debatte in diesem Jahr 2006 zu führen und im Verlauf des Jahres Entscheidungen zu treffen haben".

British Columbia

Flächennutzungspläne für Kanadas Küstenregenwälder

Der Verband Deutscher Papierfabriken (VDP) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) haben die Ratifizierung der Flächennutzungspläne für die zentrale und nördliche Küste der kanadischen Provinz British Columbia begrüßt. Die Provinzregierung hatte am Dienstag den Abschluss des langjährigen Verfahrens mitgeteilt, an dem sich Regierung, Forstindustrie, Umweltgruppen und Ureinwohner beteiligt hatten. Damit stehen den Angaben zufolge über 1,8 Millionen Hektar des letzten "temperierten Küstenregenwaldes" und damit knapp ein Drittel des Gebiets unter Schutz. In den verbleibenden Flächen müsse sich die Forstwirtschaft an Maßstäben orientieren, die den örtlichen Ökosystemen angepasst seien, heißt es.

Flughafen-Ausbau

Das Fluglärmgesetz soll novelliert werden

Die Bundesregierung hat am Mittwoch beschlossen, das Fluglärmgesetz von 1971 zu novellieren. Mit der Novelle soll laut Umweltminister Sigmar Gabriel der Lärmschutz für die Anwohner in der Umgebung von Flughäfen "wesentlich verbessert" werden. Kern des Gesetzentwurfs sei eine deutliche Senkung der Grenzwerte für die Lärmschutzzonen. So werde beispielsweise der Grenzwert für die Tag-Schutzzone 1 bei bestehenden Verkehrsflugplätzen um 10 Dezibel (dB) auf 65 dB gesenkt. Die Lärmschutzbereiche um die Flugplätze würden so spürbar ausgeweitet. "Zugleich erhalten die Flughäfen die dringend notwendige Rechts- und Planungssicherheit für deren weiteren Ausbau", so Gabriel. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) findet es hingegen "ärgerlich, dass die kritisierten Punkte des Entwurfes vom Mai 2005 bisher nicht nachgebessert" worden seien. Noch immer seien die vorgesehenen Grenzwerte deutlich zu hoch. Damit seien auch weiterhin gesundheitliche Beeinträchtigungen der Anwohner vorprogrammiert.

"Hausbank der SS"

Streit wegen Präsentation von Studie über NS-Vergangenheit der Dresdner Bank

Der Zentralrat der Juden in Deutschland lehnt die Präsentation einer Studie über die NS-Vergangenheit der Dresdner Bank im Berliner Jüdischen Museum ab. Das Präsidium des Zentralrates werde nicht an der Veranstaltung am 17. Februar teilnehmen, sagte Zentralratsvize Salomon Korn am Mittwoch in Frankfurt am Main. Korn bemängelte, die Einbeziehung des Jüdischen Museums habe den "Beigeschmack einer kalkulierten Vereinnahmung". Er sprach von einer Anbiederung der Bank an die Juden und von einem "Schmusekurs". Schon vor Monaten habe er die Dresdner Bank darum gebeten, die Studie nicht im Jüdischen Museum, sondern im eigenen Bankhaus vorzustellen.

"Privatisierung der Energiewirtschaft"

Bundesregierung beschließt weiteren Bundeswehreinsatz in Georgien

Die Bundeswehr wird sich für weitere sechs Monate an der Beobachtermission der Vereinten Nationen in Georgien (UNOMIG) beteiligen. Das beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch in Berlin. Für den im August 1993 gestarteten Einsatz der Vereinten Nationen sind zwölf Soldaten und drei Polizisten eingeplant. Damit ist Deutschland offenbar der "größte Truppensteller" in der "Krisenregion". Nach Angaben des Auswärtigen Amtes geht es um die "Vermittlung einer Konfliktlösung um die abtrünnige georgische Republik Abchasien". Das Ministerium verweist auf seiner Website zudem auf die geostrategische Lage Georgiens und das Interesse Deutschlands an neuen Öl- und Erdgas-Pipelines.

Mehr Bürokratie befürchtet

Sachverständigenrat kritisiert Föderalismusreform im Umweltrecht

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) kritisiert die geplante Neuverteilung der Gesetzgebungskompetenz im Umweltschutz. In seinem am Mittwoch in Berlin im Umweltausschuss vorgelegten Gutachten schrieb der Rat, die Reform gefährde das Ziel eines einheitlichen Umweltgesetzbuches. Der Sachverständigenrat forderte eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Umweltschutz und lediglich aufgaben- und sachbezogene Öffnungsklauseln für die Länder. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sieht sich nach der Kritik des Sachverständigenrats an der Föderalismusreform bestätigt. Ohne grundlegende Änderungen drohten "mehr Bürokratie und weniger Umweltschutz". Die Umweltweisen der Bundesregierung hätten im Umweltausschuss des Bundestages in praktisch allen Punkten die Kritik an Konzept und Ausführung der Reformpläne, die die DUH erstmals am 10. November 2005 und seitdem mehrfach in immer detaillierter Form veröffentlicht habe.

DUH-Untersuchung

Neue Höchstwerte bei Chemie-Belastung in Getränkekartons

Die Belastungen von Frucht- und Gemüsesäften in Kartonverpackungen mit der Druckchemikalie Isopropylthioxanton (ITX) erreichen nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe (DUH) erheblich höhere Werte als bisher bekannt. Das gehe aus einer dritten Serie der von der DUH veranlassten Untersuchungen hervor. Als Spitzenkontamination sei jetzt ein Wert von 447 Mikrogramm pro Kilogramm (µg/kg) in einem beim SB-Warenhaus Kaufland vertriebenen Aloe-Vera-Drink im 0,75 l Karton (Verpackung: Elopak) gemessen worden. Damit lägen die Spitzenbelastungen um einen Faktor von fast neun über dem Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kilogramm. Insgesamt 11 von 25 in den vergangenen Tagen im Auftrag der DUH untersuchte Karton-Säfte enthielten den Angaben zufolge die Chemikalie ITX, die im Druckprozess zur raschen Trocknung der Farben auf der Verpackung eingesetzt wird.

Kambodscha

Ungeklärtes Delfin-Sterben im Mekong

Eine Todesserie mit bislang ungeklärter Ursache bringt nach Einschätzung der Artenschutzorganisation WWF die letzten Irawadi-Flussdelfine im asiatischen Mekong-Fluss an den Rand des Aussterbens. Nach Angaben des WWF wurden in den letzten zwei Monaten in Kambodscha zehn der seltenen Flussdelfine tot aufgefunden. Seit Januar 2005 seien damit bereits 20 Tiere gestorben. Den Angaben zufolge leben im Mekong, dem drittgrößten Fluss Asiens, nur noch 80 bis 100 der extrem bedrohten Süßwasserdelfine. "Die Zahl der Todesfälle ist alarmierend. 14 der 20 Delfine waren Säuglinge im Alter von zwei bis zwölf Wochen", so Petr Obrdlik vom WWF.

Riesiger Müll-Strudel

Südseestaat Palau verbietet Plastiktüten

Um einer drohenden Umweltkatastrophe durch Plastikabfälle entgegen zu wirken, hat der Senator Santy Asanuma des Südseestaates Palau ein Gesetz zum Verbot von Plastiktüten im Einzelhandel erlassen. Das berichtet das Pacific Magazine. "Die Plastiktüten, die praktisch überall abgegeben werden, bedrohen unsere natürlich schöne Umwelt", so Asanuma. Daher müssen sie verboten werden. Ab sofort müsse jeder Laden, der Plastiktüten anbietet, 100 Dollar Strafe pro Plastiktüte zahlen. Betroffen von der neuen Regelung seien auch Einreisende, denn der Import von Plastiktüten werde ebenso unter Strafe gestellt. Allerdings betrage die Strafe hier nur einen Dollar pro Tüte.

Nach Halleneinstürzen

Tiefensee lässt jetzt Bundesbauten prüfen

Aufgrund der Halleneinstürze in Bad Reichenhall und Kattowitz hat Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee einen "Gebäude-Check" für alle Bundesbauten angeordnet. "Wir werden eine Gefahrenklassifizierung all unserer Gebäude vornehmen und scharfe Prüfkriterien festlegen", versprach der Bundesbauminister am Montag in Berlin. Schon bisher habe der Bund seine Bauten einmal im Jahr kontrolliert, sagte Tiefensee, ohne die Qualität dieser Kontrollen zu bewerten. Nur so viel: "Künftig schauen wir bei der Statik noch genauer hin. In regelmäßigen Abständen werden wir künftig auch beispielsweise hinter die Verkleidungen von Dachkonstruktionen schauen, um mögliche Schäden frühzeitig zu erkennen", so Tiefensee.

"Massenüberwachung"

Bündnis protestiert gegen geplante Vollprotokollierung der Telekommunikation

Datenschützer, Verbraucherschützer und Journalisten haben sich am Dienstag gegen die von der Bundesregierung befürwortete Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten ausgesprochen. EU-Pläne sehen vor, dass künftig jede Benutzung von Telefon, Handy und Internet protokolliert werden soll, damit Strafverfolgungsbehörden auf diese Informationen zugreifen können. Nachdem das Europäische Parlament im Dezember grünes Licht gab, steht die Entscheidung der EU-Justizminister noch aus. Zehn Verbände, darunter der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und der Chaos Computer Club (CCC), bezeichneten die geplante Datenspeicherung in ihrer gemeinsamen Erklärung als inakzeptabel. Sie bewirke keinen verbesserten Schutz vor Kriminalität, koste Millionen von Euro, gefährde die Privatsphäre und die Sicherheit Unschuldiger, beeinträchtige vertrauliche Kommunikation und ebne den Weg in eine immer weiter reichende Massenüberwachung der Bevölkerung.

Billiger Atomstrom?

2,2 Milliarden Euro für Rückbau der atomaren Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe

Nach Angaben des Bundesforschungsministeriums hat der Rückbau der 1991 stillgelegten atomaren Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK) bis 2005 bereits 1,1 Milliarden Euro an Steuergeldern verschlungen. Bis 2035 will Forschungsministerin Annette Schavan "zunächst" noch einmal 562 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Dem am Mittwoch tagenden Haushaltsausschuss liegt ein entsprechender Antrag des Forschungsministeriums vor. Insgesamt werden weitere Kosten von erneut 1,1 Milliarden Euro erwartet.

Zehn Verbände

Die Gemeinsame Erklärung zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschland

Datenschützer, Verbraucherschützer und Journalisten haben sich mit einer gemeinsamen Erklärung gegen die von der Bundesregierung befürwortete Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten ausgesprochen. ngo-online dokumentiert die Erklärung im Wortlaut:

"Kampf der Kulturen"

Bundesregierung spricht im Karikaturen-Streit von Deeskalation

Nach der jüngsten Eskalation im Streit um die Mohammed-Karikaturen will die Bundesregierung eigenen Angaben zufolge zur Mäßigung beitragen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte am Montag in Berlin, sie verstehe, dass religiöse Gefühle durch die Karikaturen verletzt worden seien. "Aber Gewalt darf kein Mittel der Auseinandersetzung sein, sagte Merkel, die sich auf der Münchener Sicherheitskonferenz für eine Stärkung der Nato ausgesprochen hatte. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, man müsse gemeinsam verhindern, "dass aus diesem Streit ein 'Kampf der Kulturen' wird".

Äthiopien

Care sieht "Erfolge im Kampf gegen Zwangsbeschneidung von Frauen"

Der Hauptgeschäftsführer von CARE International Deutschland, Wolfgang Jamann, forderte zum Tag gegen Mädchen-Beschneidung am Montag ein Ende dieser Praxis. "Die medizinischen und psychologischen Folgen der Beschneidung von Frauen und Mädchen sind fatal. Die Praxis darf nicht durch Tradition gerechtfertigt werden", sagte Jamann. Dass jahrtausende alte Riten durchbrochen werden können, beweise ein Projekt der Entwicklungshilfeorganisation: Das Nomadenvolk der Afar in Äthiopien rücke mehr und mehr von der Beschneidung ab, nachdem mit Hilfe der Stammesältesten Aufklärungsarbeit geleistet worden sei.

Arbeitszeit & Weihnachtsgeld

Gewerkschaftsbund macht sich für Beamte stark

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisiert, dass die Bundesregierung die Wochenarbeitszeit für Beamtinnen und Beamte des Bundes von derzeit 40 auf 41 Stunden erhöhen und das Weihnachtsgeld um die Hälfte kürzen wolle. Die neue Bundesregierung mache da weiter, wo die alte aufgehört habe. "Seit Jahren müssen die Beamtinnen und Beamten mit Hinweis auf die Unkündbarkeit immer größere Einbußen hinnehmen", kritisierte DGB-Vorstandsmitglied Ingrid Sehrbrock. 2004 sei die wöchentliche Arbeitszeit von 39 auf 40 Stunden angehoben worden. Dies koste mittelfristig 5.000 Arbeitsplätze, meint der DGB. Knapp zwei Jahre später solle die Arbeitszeit um eine weitere Stunde aufgestockt werden, was weitere 3.000 Stellen im Bundesdienst kosten werde und weitere 3.000 bei der Deutschen Bahn. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit sei das "nicht nachvollziehbar". Für die Auszubildenden des Bundes würden zudem die Chancen, übernommen zu werden, drastisch sinken.