DIE Internet-Zeitung

Nachrichten arbeit

"Rollback droht"

Einige Nicht-Regierungsorganisationen wollen keinen Regierungswechsel

Wenige Tage nach der Ankündigung von Neuwahlen zum Deutschen Bundestag mischen sich verschiedene Nicht-Regierungsorganisationen intensiv in die Diskussion um die künftige Regierung ein. Sie geben ihren Mitgliedern und der Öffentlichkeit relativ eindeutige Wahlempfehlungen. So rechnen einige Umweltverbände mit "Rückschritten" in der Umweltpolitik, wenn CDU, CSU und FDP ihre bisherigen Vorstellungen in diesem Bereich umsetzen. Eine Reihe von "positiven Entwicklungen" im Umwelt- und Naturschutz sowie in der Energie- und Agrarpolitik drohten entsprechend den Äußerungen von Spitzenpolitikern dieser Parteien im Falle eines Wahlsieges zurückgenommen zu werden, meint der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Atombehörde

Neue Filzvorwürfe gegen Bundesamt für Strahlenschutz

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter wird mit neuen Vorwürfen konfrontiert. Wie das Hamburger Magazin "Stern" am Mittwoch berichtete, vergab das BfS mehrfach Gutachterverträge an persönliche Bekannte von BfS-Präsident Wolfram König. Demnach ging ein Gutachterauftrag über etwa 300.000 Euro an die Firma Wibera Wirtschaftsberatung AG. Hans-Albert Lennartz war der zuständige Projektleiter bei der Wibera. Lennartz war in den 90er Jahren Politiker der Grünen und Regierungspräsident von Hannover, der heutige BfS-Präsident König war damals sein Sprecher.

Kein Gift exportieren

Umweltverbände fordern von EU-Regierungen Exportstopp für Quecksilber

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Deutsche Naturschutzring (DNR) haben die EU-Regierungen aufgefordert, den Export von Quecksilber aus der EU bis spätestens 2011 zu verbieten und Sofortmaßnahmen zur sicheren Lagerung von Quecksilberüberschüssen aus der Industrie zu ergreifen. Am morgigen Freitag kommen Vertreter aus den EU-Mitgliedstaaten zusammen, um über die europäische Strategie für ein Exportverbot von Quecksilber zu beraten. Auch die EU-Umweltminister werden sich am 24. Juni dazu positionieren.

Abgeschaltet

Obrigheim vom Netz

Das baden-württembergische Atomkraftwerk (AKW) Obrigheim ist abgeschaltet. Nach Angaben des Energiekonzerns EnBW wurde das älteste kommerziell betriebene AKW in Deutschland am Mittwochmorgen um 7.58 Uhr endgültig vom Netz genommen. Obrigheim war 1968 als Demonstrationskraftwerk errichtet worden und galt damals als Wegbereiter für die Nutzung von Atomenergie in Deutschland. Seit der Aufnahme der kommerziellen Stromerzeugung 1969 produzierte der Druckwasserreaktor mehr als 90 Milliarden Kilowattstunden Strom. Mit der Abschaltung reduziert sich die Anzahl der in Deutschland noch betriebenen Atomkraftwerke auf 17. Als nächstes soll voraussichtlich 2007 Biblis A in Hessen vom Netz gehen.

Politiker-Nebentätigkeiten

Beiräte von Unternehmen "letzte Bastion der legalen Bestechung"

Wenn der Beirat der Hamburg-Mannheimer Versicherungs AG sich einmal jährlich im Sitzungssaal seines Hamburger Geschäftsgebäudes trifft, ist die Atmosphäre eher entspannt. Die Anwesenden lauschen Vorträgen des Gastgebers zur wirtschaftlichen Situation des Unternehmens oder zur Auslandsstrategie der Konzernmutter. Zum Schluss folgt der Punkt "Verschiedenes". Nach insgesamt rund drei Stunden geht man dann zum angenehmen Teil über: Das Unternehmen bittet zu Tisch. Für Beiräte wie FDP-Chef Guido Westerwelle, CDU-Präsidiumsmitglied Volker Rühe oder den SPD-Wirtschaftsexperten Rainer Wend ist das Treffen nicht nur aus kulinarischer Sicht lohnenswert. Jedes Beiratsmitglied erhält 8000 Euro im Jahr.

"LobbyControl"

Neue Initiative will über Machtstrukturen und Lobbygruppen aufklären

Seit Montag möchte eine neue Initiative im Internet für mehr Transparenz und Demokratie sorgen. "LobbyControl" beschreibt sich als zivilgesellschaftliche Initiative, "die über Einflussnahme auf Politik und Öffentlichkeit und über gesellschaftliche Machtstrukturen informieren will". Ausgangspunkt sei "die Analyse, dass Unternehmen, Wirtschaftsverbände und neoliberale Denkfabriken und Eliten immer stärkeren Einfluss auf Politik und Öffentlichkeit nehmen". Ab und zu würden einzelne Affären wie die Nebeneinkünfte von Abgeordneten "Schlaglichter in die Grauzonen politischer Einflussnahme" werfen, schreiben die Kritiker. Aber es gebe zu wenig kontinuierliche und systematische Aufklärung.

"Die nackte Gier"

Kritik an Managern und Forderungen nach Konsequenzen aus Kapitalismuskritik

Die Gewerkschaften geben den Unternehmen die Schuld an der Massenarbeitslosigkeit. Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer rügte in seiner Rede zum 1. Mai am Sonntag bei der zentralen Kundgebung in Mannheim, in vielen Vorstandsetagen der Konzerne herrsche "die nackte Gier". IG-Metall-Chef Jürgen Peters verlangte von der Bundesregierung konkrete Konsequenzen aus der Kapitalismusdebatte. Ver.di-Chef Frank Bsirske forderte die Einführung gesetzlicher Mindestlöhne. In Duisburg wurde SPD-Chef Franz Müntefering mit Eiern beworfen und ausgepfiffen. Er wurde als "Heuchler" und "Lügner" bezeichnet. Als Müntefering Vorzüge von Harz IV erwähnen wollte, streckten sich ihm rote Karten und Fäuste entgegen, deren Daumen nach unten wiesen. Als er vor den Kommunisten warnte, hörte er als Antwort nur Gejohle, schrieb die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".

Arbeitnehmerfreizügigkeit

Bulgarien und Rumänien unterzeichnen Beitrittsverträge zur Europäischen Union

Bulgarien und Rumänien haben am Montag in Luxemburg ihre EU-Beitrittsverträge unterzeichnet. Geplant ist, dass beide Länder zum 1. Januar 2007 der Europäischen Union beitreten. Bis dahin sollen Rumänien und Bulgarien aber noch einige "Beitrittskriterien" erfüllen. Nach Angaben der deutschen Bundesregierung müssen die Länder noch "Verpflichtungen, insbesondere in den Bereichen Wirtschaft, Binnenmarkt, Justiz und Inneres" umsetzen. Falls einer der beiden Staaten in wichtigen Bereichen nicht in der Lage sei, die Anforderungen der Mitgliedschaft bis zum 1. Januar 2007 zu erfüllen, könne die Europäische Union auf Empfehlung der Kommission beschließen, den Beitritt auf den 1. Januar 2008 zu verschieben.

Private Arbeitsvermittlung

Mindestens jeder fünfte Arbeits-Vermittlungsgutschein wird missbraucht

Mindestens jeder fünfte Gutschein für private Arbeitsvermittlung wird nach einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) missbraucht. Eine Befragung von 3300 Personen, für die ein Vermittlungsgutschein eingelöst wurde, ergab, dass in 20 Prozent der Fälle der Gutschein vom privaten Vermittler eingelöst wurde, obwohl der Arbeitsplatz nach Angaben der Befragten selbst gesucht wurde. In 14 Prozent der Fälle habe der Arbeitgeber den Arbeitslosen auf einen privaten Arbeitsvermittler verwiesen und dann mit diesem einen Vermittlungsvertrag abgeschlossen. Die beiden Prozentangaben sind nicht überschneidungsfrei, weil Mehrfachnennungen möglich waren.

19. Tschernobyl-Tag

Umweltschützer wollen "Atom-Privilegien" aus EU-Verfassung streichen

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat zum 19. Tschernobyl-Jahrestag ein Auslaufen des EURATOM-Vertrages verlangt. Da der Vertrag zum Anhang der neuen EU-Verfassung gehöre, solle die Bevölkerung der Europäischen Union darüber entscheiden, "ob sie den Atom-Privilegien aus diesem Vertrag zustimme oder nicht". Dafür möchte die Umweltorganisation gemeinsam mit anderen Anti-Atom-Initiativen europaweit bis zum 20. Jahrestag der Reaktorkatastrophe im kommenden Jahr eine Million Unterschriften sammeln. Die neue Verfassung verpflichte die EU-Kommission, aktiv zu werden, wenn eine Million Bürger dies forderten. Der Verband kritisiert die geplante Erhöhung der EURATOM-Forschungsgelder für den Zeitraum 2007 bis 2011 um 230 Prozent.

NRW-Wahlkampf

"Kapitalismuskritik hat keine Auswirkungen auf die Regierungspolitik"

In der heißen Phase des nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampfs ist die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) nicht wieder zu erkennen. Nach der so genannten Kapitalismuskritik von SPD-Chef Franz Müntefering fordert seine Stellvertreterin Heidemarie Wieczorek-Zeul die Bundesregierung zu Taten auf: "Franz Münteferings Kritik muss konkretes Handeln folgen", sagte die Entwicklungshilfeministerin dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Dazu schlug sie unter anderem ein internationales Steuerregister, europäisch abgestimmte Mindeststeuern sowie das geplante Gesetz zur Transparenz bei Managergehältern vor. Außerdem verlangte sie ein neues Erbschaftsteuerrecht mit höheren Abgaben für Reiche. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) versicherte indes, die aktuelle Diskussion werde keine Auswirkungen auf die Regierungspolitik haben.

Atomenergie

Ärzte warnen vor Kriegen um das knapp werdende Uran

Nach Auffassung der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) gefährdet die Atomenergie nicht nur Gesundheit und Umwelt, sondern zugleich in hohem Maße die internationale Sicherheit. Das immer knapper und teurer werdende Uran könnte schon bald zu Kriegen mit Bundeswehrbeteiligung führen. "Wenn es darum geht, Kriegsursachen zu vermeiden, dann steht der unverzügliche Ausstieg aus der Abhängigkeit von Erdöl, Erdgas und Uran und der zügige Aufbau einer Solarwirtschaft an erster Stelle", sagte ein Sprecher der Organisation. Die Diskussion um eine Renaissance der Atomenergie sei vor dem Hintergrund der knappen Uran-Reserven "eine Geisterdebatte", die mit der realen Welt wenig zu tun habe.

Erdöl-Sicherstellung?

Deutsche Soldaten gehen für mehrere Jahre in den Sudan

Der Deutsche Bundestag hat dem Einsatz der Bundeswehr zur Unterstützung der UN-Mission "UNMIS" im Sudan zugestimmt. Die UN-Soldaten sollen die Umsetzung des "Friedensvertrags" zwischen der sudanesischen Regierung und den südsudanesischen Rebellen überwachen. Nach dem Vertrag haben die von Deutschland massiv unterstützten Rebellen des Südens Anspruch auf die Hälfte der Einnahmen aus dem Erdölgeschäft des Landes. Deutschland will sich nun mit vorläufig bis zu 75 Soldaten an dem Einsatz beteiligen und "stellt damit das größte Kontingent", betont die Bundesregierung. Man richte sich auf eine Mandatszeit von mehreren Jahren ein. "Es ist mit sechseinhalb Jahren ein langer Zeitraum, der ins Auge gefasst ist", sagte Bundesverteidigungsminister Peter Struck vor dem Bundestag am 22. April. Die Entscheidung des Bundestags erfolgte mit 565 zu 3 Stimmen bei 10 Enthaltungen.

Wahlkampf

Unternehmer gegen Boykottaufruf gegen Unternehmen

Die Arbeitgeber wehren sich in der Kapitalismus-Debatte gegen zunehmende öffentliche Kritik. Aufrufe zum Unternehmensboykott hätten eine "falsche Wirkung", sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt am Dienstag in Berlin. Sie schadeten insbesondere Unternehmen, die sich bereits in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befänden. Damit sei das Problem der Arbeitslosigkeit nicht in den Griff zu bekommen. Stattdessen müsse die Bundesregierung ihre Reformpolitik dringend fortsetzen, um Voraussetzungen für mehr Wachstum und Beschäftigung zu schaffen. Auch die SPD-Linke sprach sich gegen einen Boykott von Unternehmen, die im großen Stil Arbeitplätze abbauen, aus. Der Göttinger Parteienforscher Franz Walter sieht in den Unternehmer-Attacken Münteferings eine Wahlkampf-Aktion.

Aktionswoche "Gerechtigkeit jetzt"

"Neoliberalismus ist kein Naturgesetz"

Das Prinzip des Neoliberalismus ist "kein Naturgesetz", meinten 150 Jugendlichen aus 15 Ländern auf dem Umweltkongress "Eco'n'action" in Berlin. In einer Resolution wandten sie sich am Wochenende an Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und forderten mehr Gerechtigkeit für Mensch und Umwelt. Es dürfe keine Privatisierung in lebenswichtigen Bereichen und bei lebenswichtigen Gütern geben. Der Kongress war Teil der Aktionswoche "Gerechtigkeit jetzt", die am Wochenende in Berlin endete. Insgesamt beteiligten sich zehn Millionen Menschen in über 80 Ländern an Vorträgen und Workshops, darunter zahlreiche Jugendliche.

"Verkrustete Strukturen"

Wirtschaftsinstitut DIW gegen Ausweitung des Entsendegesetzes

Der "Arbeitsmarktexperte" des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Karl Brenke, kritisierte die geplante Ausweitung des Entsendegesetzes zum Schutz vor Lohndumping. "Jedes Unternehmen in der Branche muss dann diesen Mindestlohn zahlen", sagte Brenke der "Berliner Zeitung". Für viele Firmen bedeute das "steigende Kosten". Dadurch stiegen die Preise für die Verbraucher, die wiederum weniger kauften. Die Kehrseite ist allerdings, dass Arbeitnehmer, die mehr verdienen, nicht nur möglicherweise der Armut entgehen, sondern auch mehr kaufen können. Diesen naheliegenden gegenteiligen Effekt erwähnte der Arbeitsmarktexperte Brenke allerdings nicht.

Kurswechsel im Welthandel überfällig

"Aktionswoche für globale Gerechtigkeit" beginnt in Bonn

Einen Kurswechsel in der internationalen Handelspolitik forderten Vertreter der Zivilgesellschaft aus Nord und Süd zum Auftakt der Aktionswoche für globale Gerechtigkeit in Bonn. Wenige Monate vor der nächsten Ministerkonferenz der Welt-handelsorganisation (WTO) in Hongkong steht deren Missachtung von Interessen der Entwicklungsländer im Mittelpunkt der Kritik. Bei der WTO-Konferenz in Doha war das Gegenteil zugesagt worden. Die Aktionswoche wird in Deutschland von der Welthandelskampagne "Gerechtigkeit jetzt!" getragen, einem Zusammenschluss von 36 Organisationen aus dem entwicklungs- und umweltpolitischen, kirchlichen und menschenrechtlichen sowie gewerkschaftlichen Bereich. Sie findet parallel in 70 Ländern statt.

Arbeit aus Energie

Milliardeninvestitionen in Erneuerbare Energien bis 2020 in Deutschland

Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien wollen in den nächsten 15 Jahren in Deutschland 200 Milliarden Euro investieren. Das kündigte die Branche im Beisein von UN-Generaldirektor Klaus Töpfer und Bundesumweltminister Jürgen Trittin in Essen an. Bis heute habe die Branche bereits 130.000 Arbeitsplätze geschaffen. Im Jahr 2020 sollen es mehr als eine halbe Million sein. Töpfer: "Mit dem Aufbau des neuen Industriezweiges hat Deutschland sich eine Vorreiterrolle im internationalen Vergleich gesichert." Trittin: "Die Erneuerbaren Energien stärken den Energiestandort Deutschland und machen unsere Energieversorgung zukunftsfähig."

Sonne, Wind & Geothermie

75 Millionen Euro für Forschungsprojekte im Bereich erneuerbare Energien

Für Forschungsprojekte im Bereich erneuerbare Energien stehen nach Angaben des Bundesumweltministeriums in diesem Haushaltsjahr 75 Millionen Euro bereit. Das sind 15 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) sagte am Donnerstag in Berlin, die Forschung sei neben der Markteinführung die zentrale Säule der Strategie zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Hier lägen deutsche Unternehmen und Forschungsinstitute international an der Spitze.

Wirtschaftsforscher

Große Versorgungslücke bei Kinderbetreuungsplätzen

In Deutschland gibt es nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) viel zu wenige Kinderbetreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren. Für Kinder bereits erwerbstätiger Mütter würden rund 250.000 Plätze benötigt, so das Institut in seinem aktuellen Wochenbericht. Dieser Bedarf könne mit dem von der Bundesregierung geplanten Ausbau der Betreuungsplätze annähernd gedeckt werden. Darüber hinaus bestehe jedoch ein Bedarf für Kinder von Müttern, die dringend gerne arbeiten würden. Insgesamt könnten in ganz Deutschland über 1,2 Millionen Kinderbetreuungsplätze tatsächlich nachgefragt werden. Deutschland liege bei der Kinderbetreuung auf einem der hintersten Plätze in Europa.