Krankenschwestern und Pfleger legen Kliniken lahm
Das Personal der Universitäts-Kliniken in Baden-Württemberg hat seinen Streik am Donnerstag fortgesetzt. Nach Angaben der Gewerkschaft ver.di beteiligten sich mindestens 4000 nicht-ärztliche Beschäftigte der vier Unikliniken an den Arbeitsniederlegungen. Ver.di-Sprecher Ralf Berchtold bewertete die Motivation der Streikenden auch am zweiten Tag der Protestaktionen als "sehr hoch". Krankenschwestern und Pfleger sowie das Verwaltungs-, Technik- und Küchenpersonal kämpfen seit Mittwoch gegen eine Verlängerung der Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Wochenstunden und Kürzungen beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Die Gewerkschaft will die 38,5-Stunden-Woche erhalten und fordert 50 Euro mehr im Monat. Eine Versorgung von Notfällen sei trotz des Streiks gewährleistet, betonte Berchtold.
Wiesehügel bleibt Bundesvorsitzender der IG Bauen-Agrar-Umwelt
Klaus Wiesehügel bleibt Bundesvorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Der 52-Jährige erhielt am Dienstag auf einem Gewerkschaftstag in Bonn 94,1 Prozent der 286 abgegebenen Stimmen. 16 Delegierte stimmten mit Nein, einer enthielt sich, wie ein Gewerkschaftssprecher mitteilte. Zum Auftakt des Gewerkschaftstages hatte Wiesehügel namhaften deutschen und internationalen Unternehmen eine Parteinahme zugunsten der Union vorgeworfen.
"Lehrer aus Geiselhaft der Finanzminister entlassen"
Nach Auffassung des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Verbands Bildung und Erziehung (VBE) distanziert sich die deutsche Politik "vom internationalen Bestreben, die Lehrerprofession weiter zu entwickeln." Auf der einen Seite seien die Lehrer mit einer gesellschaftlichen Erwartung konfrontiert, Probleme meistern zu sollen, die in der Gesellschaft einer Lösung harrten. Hierzu gehörten die Integration der Migranten, das Ausgleichen schwieriger sozialer oder familiärer Bedingungen, das Geben von Hilfestellungen für die Orientierung in einer wertepluralen Welt. Auf der anderen Seite würde nicht entsprechendes Lehrpersonal eingestellt, um den gesellschaftlichen Erwartungen entsprechen zu können. Die Personalpolitik im Kultusbereich schwanke seit Jahrzehnten zwischen händeringender Suche nach Lehrpersonal und Einstellungsstopps, wobei stets die Notlage und nicht die pädagogische Qualifikation im Vordergrund stünden. "Während die Kultusminister von Schulqualitätsentwicklung tönen, werden die Unterrichtsverpflichtungen der Lehrer weiter erhöht, Klassenstärken angehoben, Förderangebote gestrichen, Lehrerfortbildung gekürzt", kritisierte der Verbandsvorsitzende Ludwig Eckinger. Wichtige pädagogische Förderprojekte wie vorschulische Sprachkurse für Migrantenkinder würden an wenig qualifizierte Kräfte gegeben. Arbeitslosen Lehrern würden 1-Euro-Jobs in Schulen oder Vorschulen offeriert. Lehramtsanwärter würden bei vollem Einsatz oft weniger als 1.000 Euro brutto bekommen. "Die Länder müssen Bildung aus der Geiselhaft der Finanzminister entlassen und wieder zu einem Edelstein machen", so Eckinger.
Die neue "Deutsche Rentenversicherung"
Zum 1. Oktober schließen sich alle Träger der gesetzlichen Rentenversicherung und der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) zur "Deutschen Rentenversicherung" zusammen. Nach der Organisationsreform wird es nur noch zwei Träger auf Bundesebene geben. Der VDR fusioniert mit der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) zur "Deutschen Rentenversicherung Bund", außerdem schließen sich Bundesknappschaft, Seekasse und Bahnversicherungsanstalt zur "Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See" zusammen. Die Gesetzesgrundlage für die Fusion war am 5. November 2004 vom Bundesrat verabschiedet worden.
Deutlich mehr Menschen auf Grundsicherung angewiesen
Die Zahl der Empfänger von "bedarfsorientierter Grundsicherung" ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte, erhielten Ende 2004 rund 526.000 Menschen diese Sozialleistung. Das waren 87.000 Menschen oder 19,9 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Im Durchschnitt erhielt ein Empfänger 589 Euro `brutto`_ im Monat. Als Ursache des Anstiegs vermutete das Statistische Bundesamt die Abarbeitung von Anträgen, die 2003 nach In-Kraft-Treten der Grundsicherung zu Jahresbeginn nicht mehr bewilligt werden konnten, und die Umstellung von Sozialhilfe auf diese Sozialleistung.
Nachrichten Niedersachsen II
Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde gegen die geplante Privatisierung der zehn niedersächsischen Landeskrankenhäuser verworfen. Der bloße Privatisierungsbeschluss der Landesregierung von Anfang Juli könne nicht durch eine Verfassungsbeschwerde angegriffen werden, heißt es in der am Donnerstag in Karlsruhe veröffentlichten Entscheidung. Die Landesregierung will die psychiatrischen Einrichtungen zur Haushaltssanierung an private Träger verkaufen. Dagegen hatte bereits die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di protestiert. Die Arbeit der Bediensteten der Landeskrankenhäuser sei zu wichtig, um sie gewinnorientierten Unternehmen zu überlassen.
Einigung zwischen Kartellamt und Gasversorgern gescheitert
Das Bundeskartellamt hat seine Bemühungen eingestellt, mit den Gas-Konzernen eine Verständigung zur Öffnung der langfristigen Gaslieferverträge zwischen Ferngasunternehmen und Weiterverteilern zu erreichen. Der außergerichtliche Weg sei letztendlich an E.ON Ruhrgas gescheitert, teilte die Behörde am Dienstag mit. Mit der Absage von E.ON Ruhrgas als bedeutendstem Ferngasunternehmen könne die angestrebte Konsenslösung nicht mehr umgesetzt werden. Das Bundeskartellamt werde die Öffnung der langfristigen Gaslieferverträge nun im Rahmen von Untersagungsverfügungen durchsetzen.
Bundesinnenminister Schily äußerte sich zum Verhältnis von Staat und Medien
Bundesinnenminister Otto Schily hat vor den deutschen Zeitungsverlegern sowohl die Pressefreiheit als auch eine "Pressevielfalt" als Grundpfeiler der rechtsstaatlichen Demokratie bezeichnet. Journalisten dürften sich nicht an die Stelle des Souveräns setzen, sagte Schily mit Blick auf die Berichterstattung zahlreicher Medien im Vorfeld der Bundestagswahl. Schily rechtfertigte am 26. September auf dem Zeitungskongress des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) zugleich staatliche Ermittlungen gegen Presseorgane.
Bundesverfassungsgericht billigt Kürzung der Beamtenpensionen
Die von der Bundesregierung veranlasste Kürzung der Beamtenpensionen ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Grundgesetz vereinbar. Das Gericht wies am Dienstag die Verfassungsbeschwerde von drei Ruhestandsbeamten gegen eine seit 2002 geltende Neuregelung zurück, die eine schrittweise Absenkung des Pensionsniveaus von 75 auf 71,75 Prozent der früheren Besoldung vorsieht. Diese Reduzierung über einen Zeitraum von sieben Jahren sei "im Hinblick auf die Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung gerechtfertigt".
Zeugen stützen angeblich Fluchthilfe-Vorwürfe gegen Holzer
Bei den Ermittlungen gegen den Lobbyisten und Geschäftsmann Dieter Holzer wird der Verdacht der Fluchthilfe für Ex-Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls angeblich durch Zeugenaussagen aus Frankreich gestützt. Insbesondere die Aussage des mitbeschuldigten französischen Geschäftsmanns Raymond Le Grand belaste Holzer, berichtete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Holzer werde verdächtigt, zumindest die letzten 19 Monate der mehrjährigen Flucht des Ex-Staatsekretärs organisiert und finanziert zu haben.
EU entscheidet im November über schärferes Defizitverfahren
Die EU-Kommission wird im November über ein schärferes Vorgehen gegen das deutsche Haushaltsdefizit entscheiden. Die Entscheidung werde erst fallen, wenn die Herbstprognose vorliege, sagte eine Sprecherin von EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Joaquin Almunia am Montag in Brüssel. Entscheidend sei der deutsche Budgetplan für das kommende Jahr.
IWF und Weltbank beschließen Schritte zur Entschuldung von 18 Ländern
Der Entschluss von IWF und Weltbank, 18 Ländern die Schulden zu erlassen, ist nach Ansicht von Attac und Weed erfreulich, aber keinesfalls ausreichend. "Auch nach diesem Beschuss, der durch den Druck der Entschuldungskampange zustande gekommen ist, sind wir von einer Lösung der drängenden Schuldenkrise weit entfernt", sagte Weed-Mitarbeiterin Daniela Setton in Washington. "Der jetzt beschlossene Schuldenerlass ist Ausdruck einer Politik der kleinen Schritte, die wieder aufs Neue als großer Durchbruch verkauft wird."
Internationales Bündnis fordert strengere Regeln für multinationale Konzerne
Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen sind nach Ansicht des Netzwerkes OECD-Watch kein ausreichendes Instrument, um unternehmerisches Fehlverhalten zu ahnden. Dies folgert das Bündnis von 47 Organisationen aus 28 Ländern in seinem Bericht "Fünf Jahre danach: Eine Bilanz der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und der Nationalen Kontaktstellen", den OECD-Watch am Donnerstag während der Sitzung des Investment Komitees der OECD in Paris veröffentlicht hat. Das Netzwerk fordert verbindliche internationale Sozial- und Umweltstandards für Unternehmen, um Vergehen insbesondere in Entwicklungsländern zu unterbinden. Kurzfristig fordert OECD-Watch von den OECD-Regierungen konkrete Maßnahmen für eine effektive Umsetzung der bestehenden Leitsätze.
Klinikärzte fordern 30 Prozent mehr Lohn und Abkehr von 30-Stunden-Schichten
Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund droht mit weiteren Streiks, um ihre Forderung nach bis zu 30 Prozent mehr Lohn für die 146.000 Klinikärzte durchzusetzen. Es sei nicht hinnehmbar, dass deutsche Mediziner für einen Stundenlohn von rund elf Euro brutto arbeiteten, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft, Frank Ulrich Montgomery, am Montag in Berlin. Kollegen in anderen europäischen Ländern verdienten rund dreimal soviel. Der Marburger Bund verlangt außerdem die Wiederherstellung tariflich gesicherter Arbeitsbedingungen: "Geregelte Arbeitszeiten, statt Marathondienste zu Lasten der Ärzte und Patienten". Kürzungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld sollten rückgängig gemacht werden. Weiterhin fordert der Marburger Bund die Abschaffung kurzzeitig befristeter Arbeitsverträge und einen Abbau "bürokratischer patientenferner Tätigkeiten".
Siemens will offenbar Tausende Stellen streichen
Siemens-Chef Klaus Kleinfeld will nach der Bundestagswahl bei den drei verlustträchtigen Bereichen Kommunikation, IT-Dienstleistungen und Industrielogistik offenbar hart durchgreifen. Kleinfeld wolle unmittelbar nach der Bundestagswahl ein groß angelegtes Sanierungsprogramm für drei wichtige Sparten des Konzern verkünden, dem mehrere tausend Stellen zum Opfer fallen könnten, berichtete der Spiegel am Wochenende. Das Blatt berief sich auf hochrangige Arbeitnehmervertreter, die dies im Anschluss an eine außerordentliche Sitzung des Wirtschaftsausschusses berichtet hätten.
Ökologische Folgen der Erdgasleitung durch die Ostsee
Das beim Besuch des russischen Präsidenten Putin in Berlin am Donnerstag vorzeitig unterzeichnete Abkommen über den Bau einer direkten Erdgasleitung von Russland nach Deutschland durch die Ostsee hat Kritik hervorgerufen. Während sich insbesondere Polen, aber auch die baltischen Staaten, übergangen fühlen, fragen Umweltforscher nach den ökologischen Folgen des Projektes.
DIHT fordert Rückschritte in der Umweltpolitik bei Regierungswechsel
Der Naturschutzbund NABU hat die vom Deutschen-Industrie und Handelskammertag (DIHK) formulierten Erwartungen an die Umweltpolitik einer zukünftigen Regierung scharf zurückgewiesen. "Positionen von vorgestern werden auch durch stetige Wiederholung nicht besser", sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Das DIHK-Papier sei voller alter Forderungen und unter dem Strich viel dummes Geschwätz. Auch vor dem Hintergrund der verheerenden Folgen des Hurrikans Katrina, müsste allmählich auch der DIHK begreifen, dass die - auch ökonomische - Zukunftsfrage nicht mehr heißt, was uns Klimaschutz kostet, sondern was uns unterlassener Klimaschutz kosten wird.
Unverkäufliche Kunstwerke verhinderten staatliche Leistung
Der Deutsche Kulturrat, Spitzenverband der Bundeskulturverbände, hat mit Betroffenheit zur Kenntnis genommen, dass die Agentur für Arbeit entgegen allen Ankündigungen nun doch bei Künstlerinnen und Künstlern, die Arbeitslosengeld II beantragen, die selbstgeschaffenen Kunstwerke, die nicht veräußerbar sind, als verwertbares und einzusetzendes Vermögen ansieht. In einem Fall hat die Arbeitsagentur Berlin-Tempelhof/Schöneberg einer Künstlerbedarfsgemeinschaft das ALG II-Geld gestrichen und das bisher gezahlte Geld wieder zurückgefordert. Als Begründung führt die Agentur an, dass die von den Künstlern selbstgeschaffenen Kunstwerke verwertbares und einzusetzendes Vermögen seien.
Schröder bezeichnet rot-grüne Reformmaßnahmen als unumgänglich
Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die Reformmaßnahmen der rot-grünen Bundesregierung vehement verteidigt. "Diese Reformen waren notwendig, um den Sozialstaat aufzuheben - auch für unsere Kinder", sagte der Kanzler am Donnerstagabend vor rund 3000 Anhängern seiner Partei bei einer Wahlkampfveranstaltung in Augsburg. Auch die kommenden Generationen hätten ein Recht auf Fairness und Solidarität, betonte er.
Gewerkschaftsinitiative "Wir wählen links!"
Linke Gewerkschafter machen mobil für die Bundestagswahl. Für einen Aufruf mit dem Titel "Wir wählen links!" werden in Gewerkschaftskreisen Unterstützer-Unterschriften gesammelt. Über 1000 Gewerkschafter hätten den Aufruf bislang unterzeichnet, sagte Walter Mayer, Sprecher der "Initiative Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter wählen links!". Unterschriftslisten seien auch über dezentrale Netzwerke in Umlauf. Es gebe eine "starke Sehnsucht nach anderen Politikinhalten". Auch "die Einheit der Linken" werde dringend gefordert.