Panik und Justiz
Am 24. Juli 2010 starben während der Loveparade in Duisburg 21 Menschen Und weitere 500 Menschen wurden so stark verletzt, dass sie ärztlich behandelt werden mussten. Für jeden am Zeitgeschehen Interessierten stellt sich die Frage, wie es zu diesem Unglück kommen konnte. Und dann: welche Konsequenzen das Geschehen für die Verantwortlichen der Loveparade nach sich ziehen würde.
BAG Erfurt - 2 AZR 544/08
Gerichtliche "Vergleiche" werden allgemein positiv gesehen. Schließlich einigen sich bei einem Vergleich die beiden Parteien eines Rechtsstreits vor Gericht auf einen Kompromiss. Was soll daran schlecht sein? Was viele nicht wissen: Der eigene Rechtsanwalt verdient bei einem Vergleich vor Gericht unter Umständen mehr an dem Verfahren, als wenn er sich für seinen Mandanten einsetzt und das Verfahren gewinnt. Und: Auch für einen Richter bietet ein Vergleich Verteile gegenüber einem klaren Urteil zugunsten einer Partei. Bei einem Vergleich können die teilweise chronisch überlasteten Richter nämlich ein relativ kurzes Urteil schreiben, was Arbeitszeit spart. So arbeiten die eigenen Rechtsanwälte und Richter oftmals Hand in Hand und die Anwälte sogar zu Lasten ihrer eigenen Mandaten. Den gerichtlichen Vergleich verkaufen sie diesen dann auch noch als Erfolg, selbst wenn ein Obsiegen vor Gericht naheliegen würde. Recht haben und Recht bekommen sind vor deutschen Gerichten nunmal zwei paar Schuhe.
SPD-Innenminister lehnen härtere Strafen bei Gewalt gegen Polizisten ab
Die Innenminister der SPD wollen nach einem Zeitungsbericht auf die seit Jahren zunehmende Gewalt gegen Polizisten nicht mit härteren Strafen reagieren. "Eine Gesetzesverschärfung hätte doch nur einen Placeboeffekt", sagte Berlins Innensenator Ehrhart Körting der "Frankfurter Rundschau". Das Strafgesetzbuch ermögliche es schon jetzt, Gewalttäter "angemessen zu bestrafen".
Französische Aktivistin wegen Blockade von Urantransport vor Gericht
Wegen der Blockade eines Urantransports muss sich am Donnerstag (4. Juni) eine französische Umweltaktivistin erneut vor dem Amtgericht Steinfurt verantworten. Das Gericht müsse klären, ob die Anti-Atomkraft-Aktivistin mit ihrer Kletteraktion über einem Gleisbett bei Münster im Januar 2008 eine Ordnungswidrigkeit begangen habe, sagte ein Sprecher des Landgerichts Münster am Dienstag. Das Urteil soll noch am selben Tag gesprochen werden.
Demjanjuk in den Händen der bayerischen Justiz
Das Verfahren gegen den mutmaßlichen Nazi-Kriegsverbrecher John Demjanjuk ist am Dienstag (12. Mai) einen großen Schritt vorangekommen. Der 89-Jährige landete nach seiner Abschiebung aus den USA auf dem Münchner Flughafen und wurde ins Gefängnis Stadelheim eingeliefert. Dort wurde ihm der Haftbefehl eröffnet, in welchem ihm vorgeworfen wird, 1943 Beihilfe zum Mord an 29.000 Menschen im Konzentrationslager Sobibor geleistet zu haben. Der gesundheitlich angeschlagene Demjanjuk äußerte sich auf Anraten seines Pflichtverteidigers Günther Maull zunächst nicht zu den Beschuldigungen.
Witwenrente auch nach kurzer Ehe möglich
Auch mit der Liebe muss sich die Rentenkasse beschäftigen: Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom Dienstag (5. April) kann Witwen oder Witwern, die ihren Partner erst kurz vor dessen absehbaren Tod geheiratet haben, nicht automatisch die Hinterbliebenenrente verweigert werden. Bevor eine Ehe als reine "Versorgungsehe" eingestuft werden dürfe, habe die Rentenversicherung auch die "subjektiven Umstände" der Hochzeit zu prüfen, befanden Deutschlands oberste Sozialrichter in Kassel. Die Witwenrente könne nur dann gestrichen werden, wenn es bei der Eheschließung in allererster Linie um die finanzielle Absicherung des überlebenden Gatten gegangen sei - und nicht um Gefühle oder moralische Vorstellungen (Az.: B 13 R 55/08 R).
Baden-Württemberg muss Lehrer fast 33.000 Euro Schadenersatz zahlen
Das Land Baden-Württemberg muss wegen der um Jahre verspäteten Einstellung eines linkspolitisch aktiven Lehreramtsbewerbers Schadenersatz zahlen. Das Landgericht Karlsruhe entschied am Dienstag (28. April) in einem Schadenersatzprozess, dass dem Heidelberger Realschullehrer "wegen seines Verdienstausfalls für die Dauer des verwaltungsrechtlichen Verfahrens" knapp 33.000 Euro zustehen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bezeichnete das Urteil als "schallende Ohrfeige für die Landesregierung". Ein Sprecher des Kultusministeriums sagte: "Wir prüfen das Urteil, und auf der Grundlage wird entschieden, ob wir Rechtsmittel einlegen."
Zusammenleben mit Verwandten ist noch kein gemeinsames Wirtschaften
Erwachsenen "Hartz-IV"-Empfängern dürfen nicht die Leistungen gekürzt werden, nur weil sie mit Verwandten unter einem Dach zusammenleben. Aus dem gemeinsamen Wohnen könne nicht automatisch auf gemeinsames Wirtschaften geschlossen werden, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in einem am Donnerstag (23. April) veröffentlichten Urteil (Az.: B 14 AS 6/08 R). Die Jobcenter müssten vielmehr nachweisen, dass die Arbeitslosen tatsächlich in einer Haushaltsgemeinschaft leben und "aus einem Topf" wirtschaften. Anders als bei der früheren Sozialhilfe liege die Beweislast seit Einführung des Arbeitslosengelds II nicht mehr bei den Hilfeempfängern.
Zahl der Hinrichtungen 2008 angestiegen
Die Zahl der Hinrichtungen ist im vergangenen Jahr weltweit angestiegen. Dies geht aus einem aktuellen Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) hervor. Mindestens 2390 Menschen seien 2008 hingerichtet und 8864 Menschen zum Tode verurteilt worden, teilte die Organisation mit. Im Jahr 2007 wurden 1252 Menschen hingerichtet und 3347 zum Tod verurteilt. Trauriger Spitzenreiter sei nach wie vor China.
Bundestagsabgeordneter weist Kinderporno-Vorwürfe zurück und räumt Fehler ein
Der Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss (SPD) hat gegen ihn erhobene Vorwürfe in Zusammenhang mit Kinderpornografie zurückgewiesen und zugleich Fehler eingeräumt. Er halte sich für unschuldig, sagte Tauss am Mittwoch (11. März) in Karlsruhe. Das bei ihm sichergestellte Material habe der Medienpolitiker im Zuge von beruflichen Recherchen über einen Kinderporno-Ring erhalten und aufbewahrt. "Ich versichere Ihnen, kein Pädophiler zu sein", sagte Tauss, der sich in seiner Funktion als SPD-Bundestagsabgeordnete seit Jahren mit dem Thema Kinderpornografie befasst.
Althaus wegen fahrlässiger Tötung zu Geldstrafe verurteilt
Im Zusammenhang mit dem schweren Skiunfall am Neujahrstag in Österreich ist Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) am Dienstag (3. März) vom Bezirksgericht Irdning wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 33.000 Euro (180 Tagessätze zu 185 Euro) verurteilt worden. Darüber hinaus wurden dem Witwer der bei dem von Althaus verursachten Skiunfall verstorbenen Beata C. ein Schmerzensgeldteilbetrag von 5000 Euro vorbehaltlich der Geltendmachung weiterer Ansprüche zuerkannt, wie die Sprecherin des Landesgerichtes Leoben, Sabine Anzenberger, mitteilte.
Einsatz von Wahlcomputern bei Bundestagswahl 2005 war verfassungswidrig
Rund zwei Millionen Wähler hatten bei der Bundestagswahl 2005 nicht mit Stift und Stimmzettel gewählt, sondern ihr Votum per Wahlcomputer abgegeben. Die rechnergesteuerten Wahlgeräte waren bundesweit in 39 der 299 Wahlkreise eingesetzt, und zwar in den Bundesländern Hessen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstag (3. März) in Karlsruhe entschieden, dass dieser Einsatz von Wahlcomputern verfassungswidrig war. Der Bundestag muss deswegen aber nicht aufgelöst werden.
Bundesverfassungsgericht urteilt über Wahlcomputer
Das Bundesverfassungsgericht verkündet am Dienstag (3. März) sein Urteil über die Zulässigkeit von Wahlcomputern. Bei der mündlichen Verhandlung im Oktober 2008 hatten mehrere IT-Experten die Geräte skeptisch beurteilt. Vertreter des Bundesinnenministeriums bewerteten hingegen die Sicherheit von Wahlcomputern gegenüber Manipulationen als "hinreichend". Einige Richter des Zweiten Senats stellten jedoch kritische Nachfragen zur Praktikabilität der Geräte.
Bewährung für früheres Mitglied der "Revolutionären Zellen"
Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat ein ehemaliges Mitglied der linken Terrorgruppe "Revolutionäre Zellen" zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Die Richter sprachen den 60-jährigen Thomas K. am Donnerstag (19. Februar) der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung für schuldig. Die Strafe war im Rahmen einer Verständigung zwischen den Verfahrensbeteiligten verabredet worden. Der Angeklagte hatte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe eingeräumt und damit zu einer kurzen Hauptverhandlung beigetragen.
Bundestagswahl - SPD will zügige Abschaffung der Überhangmandate
Die SPD strebt eine Änderung des Wahlrechts noch vor der Bundestagswahl im September an. "Wir können nicht einfach nach einem erklärterweise verfassungswidrigen System wählen", sagte der Parteivorsitzende Franz Müntefering. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Juli 2008 die Überhangmandate für grundgesetzwidrig erklärt, die Parteien erhalten, wenn sie in einem Bundesland mehr Direktmandate erringen als ihnen nach dem Zweitstimmenergebnis zusteht. Für eine Änderung setzten die Richter dem Bundestag eine Frist bis 2011. Der SPD-Vorsitzende drückt nun aufs Tempo: "Wir sollten uns das Risiko einer Regierungsbildung unter verfassungswidrigen Bedingungen in Deutschland nicht leisten."
EU-Reformvertrag auf Karlsruher Prüfstand
Der EU-Reformvertrag von Lissabon steht auf dem Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts. In der mündlichen Verhandlung verteidigte die Bundesregierung am Dienstag (10. Februar) in Karlsruhe das Vertragswerk. In den anhängigen Verfassungsklagen wird vor allem gerügt, dass es durch die Verlagerung von Kompetenzen auf die EU zu einer "Entmachtung" des Bundestags und einem "Verlust der staatlichen Souveränität Deutschlands" komme. EU-Rechtsakte seien zudem nicht ausreichend demokratisch legitimiert.
Karlsruhe stärkt Rechte von Anliegern bei Castor-Transporten
Das Bundesverfassungsgericht hat die Klagerechte von Anliegern gegen Castor-Transporte gestärkt. Das Gefährdungspotenzial des Transports von Kernbrennstoffen habe "eine andere Qualität" als die dauerhafte Belastung der Umgebung bei ortsfesten atomaren Anlagen, heißt es in dem am Donnerstag (29. Januar) veröffentlichten Beschluss. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) muss deshalb nun erneut über die Klage der Miteigentümerin eines Wohnhauses entscheiden, die Widerspruch gegen die Genehmigung von Castortransporten aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague in das Zwischenlager in Gorleben im Jahr 2003 eingelegt hatte. Das Haus liegt nur rund acht Meter von der Straßen-Transportstrecke entfernt.
Karlsruhe kann angebliche Wahlfehler auch "verspätet" prüfen
Das Bundesverfassungsgericht kann Zweifelsfragen zur Rechtmäßigkeit einer Wahl grundsätzlich auch noch nach Ablauf der entsprechenden Legislaturperiode prüfen. Das hat das Gericht in einem am Freitag (23. Januar) veröffentlichten Beschluss entschieden. Der behauptete Wahlfehler müsse dann aber "grundsätzliche Bedeutung" haben, betonte der Zweite Senat. An einer solchen Klärung könne auch nach Ablauf einer Wahlperiode noch ein öffentliches Interesse bestehen.
Haftstrafe für Nazi-Schläger
Wegen des Überfalls auf ein Zeltlager in Nordhessen muss der Neonazi Kevin S. ins Gefängnis. Die Tat des 19-Jährigen stehe "sittlich auf niedrigster Stufe", sagte der Vorsitzende Richter der 3. Strafkammer des Kasseler Landgerichts, Pierre Brandenstein, bei der Urteilsverkündung am Montag (12. Januar). Das Gericht verurteilte den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Bei dem Überfall auf ein Zeltlager der Linksjugend Solid im vergangenen Jahr hatte S. zwei Menschen verletzt.
Bundesrat billigt weitreichende polizeiliche Befugnisse für das BKA
Auch nach der Verabschiedung des BKA-Gesetzes reißt die Kritik an den umstrittenen Neuregelungen nicht ab. Die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sprach am Freitag (19. Dezember) von einem "schwarzen Tag für die Grundrechte". Linksfraktionsvize Petra Pau beklagte, das Gesetz wirke "wider den Rechtsstaat". Grünen-Chefin Claudia Roth wertete die Neuregelungen als "Bürgerrechtskiller". Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) begrüßte dagegen die Verabschiedung des Gesetzes durch Bundestag und Bundesrat "außerordentlich". Zuvor hatte das BKA-Gesetz im Bundesrat die letzte parlamentarische Hürde genommen. Einen Tag nach dem Bundestag billigte auch die Länderkammer die Einigungsempfehlung des Vermittlungsausschusses. Mit dem Gesetz werden dem Bundeskriminalamt (BKA) weitreichende polizeiliche Befugnisse eingeräumt. So werden ihm unter anderem die akustische und optische Wohnraumüberwachung sowie die Online-Durchsuchung privater Computer gestattet.