Mai 2004
Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.
BUND warnt vor "Giftzwergen" unter Kandidaten für Europaparlament
Zu Beginn der heißen Phase im Europawahlkampf hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) vor einem Rückschlag in der Chemikalienpolitik gewarnt. Bei einer Umfrage unter den deutschen Kandidaten für das europäische Parlament seien die Vertreter der Union und der FDP bis auf drei Ausnahmen nicht bereit gewesen, sich zu den Kernzielen einer sicheren Chemikalienpolitik zu bekennen. Bei einem Wahlsieg dieser Parteien sei damit zu rechnen, dass das geplante EU-Gesetz zur Registrierung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien (REACH) im europäischen Parlament weiter verwässert werde.
Weniger Ausländer nahmen deutsche Staatsbürgerschaft an
Rund 140 700 Ausländerinnen und Ausländer wurden in Deutschland im Verlauf des Jahres 2003 eingebürgert. Das waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes etwa 13 800 (- 8,9 Prozent) Einbürgerungen weniger als im Vorjahr. Mit der Einführung des neuen Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2000 hatten die Einbürgerungen den Höchststand von knapp 186 700 Personen erreicht. In den Folgejahren 2001 und 2002 nahm ihre Zahl jeweils (auf 178 100 bzw. 154 500) ab.
Internet Notizen
Das Einkaufsverhalten von Kunden ändert sich durch das Internet. Das ist das Ergebnis mehrerer Studien. So würden neben gängigen Produkten wie Büchern und DVDs, bei denen die Exemplare identisch sind und es daher keiner speziellen Probe bedarf, auch Gegenstände interessanter, die die Kunden normalerweise vorher sehen und anprobieren wollen, beispielsweise Kleidung. Die Konsumenten gingen zwar teilweise noch ins Geschäft, den Kauf tätigen sie dann jedoch im Internet.
Landwirte können gegen Geheimhaltung der Gen-Mais-Felder vorgehen
Die Umweltorganisation Greenpeace sieht dagegen eine Möglichkeit für Landwirte gegen die Geheimhaltung der Gen-Mais-Felder vorzugehen: Mit einer Musteranfrage an ihre Gemeinde könnten sie Auskunft über die Standorte einfordern, da die Geheimhaltung der Flächen gegen das EU-Recht verstoße. Das Land Sachsen-Anhalt und die beteiligten Firmen beispielsweise verweigerten jedoch bislang jede Auskunft. In diesem Fall müssten Bundesbehörden die Offenlegung erzwingen, so die Umweltschützer. Seit Anfang Mai wächst Gen-Mais auf insgesamt 300 Hektar in sieben Bundesländern. In Deutschland wird Mais auf etwa 1,5 Millionen Hektar angebaut. Damit sei einer von 5.000 Hektar von Gen-Mais betroffen.
Kriegsverbrechen könnten dauerhaft straffrei bleiben
Auch Beteiligte an UN-Einsätzen sollen sich grundsätzlich für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) verantworten. Das forderen die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International (ai) und Human Rights Watch. Die Resolution 1487 des UN-Sicherheitsrats verstoße gegen internationales Recht und dürfe daher nicht erneut verlängert werden, so ai. Die Bundesregierung müsse den Entwurf daher ablehnen. UN-Diplomaten warnten, durch eine weitere Verlängerung könne ein Völkergewohnheitsrecht entstehen, das eine Straffreiheit von Kriegsverbrechen durch US-Soldaten dauerhaft zementieren würde.
Scharfe Kritik an Zulassung von Gen-Mais durch EU
Die EU-Kommission hat nach sechs Jahren erstmals wieder gentechnisch veränderte Organismen zugelassen. Diese mit Spannung erwartete Entscheidung betrifft den vor allem in den USA kultivierten Süßmais Bt11, der ab sofort in der Europäischen Union verkauft werden kann. Bereits seit 1998 besteht für Bt-11-Mais-Produkte eine Importgenehmigung in die Europäische Union. Ein Anbaugenehmigung für die EU ist mit der Entscheidung vom Mittwoch nicht verbunden. Verschiedene Organisationen kritisierten die Entscheidung scharf.
Gutes Geschäft mit bedrohten Tieren
Die Umweltschutzorganisation WWF fordert eine schärfere Bekämpfung des illegalen Handels mit bedrohten Tierarten. "Die enormen Profite" und mangelnde Kontrollen machten den Handel zu einem lohnenden Geschäft, kritisierte WWF-Artenschutzexperte Volker Homes am Freitag in Frankfurt am Main. Die Naturschützer befürchten, dass der Artenschmuggel in Europa nach der EU-Erweiterung und der Lockerung der innereuropäischen Grenzkontrollen deutlich zunehmen wird. Der WWF schätzt das weltweite Volumen des illegalen Handels auf fünf bis acht Milliarden Euro jährlich.
Rechtmäßigkeit der Wehrpflicht ausdrücklich "offen"
Das Bundesverfassungsgericht hält die Frage der Rechtmäßigkeit der derzeitigen Einberufungspraxis der Bundeswehr für "offen". Die Karlsruher Richter wiesen am Mittwoch zwar den Eilantrag eines sächsischen Wehrpflichtigen gegen die Einberufung zum Wehrdienst aus formalen Gründen zurück. Zugleich machten sie aber deutlich, dass eine - noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache - die bisher "nicht geklärte Frage" aufwerfen würde, ob die derzeitige Einberufungspraxis mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Wehrpflicht vereinbar sei. Kriegsdienstgegner sehen sich durch die Gerichtsentscheidung indes in ihrem Nein zur Wehrpflicht bestätigt, da das Gericht ausdrücklich die Frage nach der Wehrgerechtigkeit gestellt habe.
Vom Marinerichter zum Ministerpräsidenten
Bereits zum siebten Mal wird der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Hans Filbinger (CDU) am Sonntag für die CDU seine Stimme in der Bundesversammlung abgeben. Die Teilnahme des CDU-Politikers an der Wahl des Bundespräsidenten löste heftige Kritik aus. Hintergrund ist seine Tätigkeit als Marinerichter zum Ende des Zweiten Weltkriegs.
Ärztetag will Obdachlose von Zuzahlungen befreien
Wohnungslose Sozialhilfeempfänger sollten nach Ansicht des Deutschen Ärztetages von Praxisgebühren und Zuzahlungen ausgenommen werden. Der Gesetzgeber müsse Regelungen schaffen, um die mit der Gesundheitsreform entstandenen Behandlungsbarrieren für diesen Personenkreis rückgängig zu machen, forderte das Ärzteparlament am Freitag zum Abschluss seiner viertägigen Beratungen in Bremen.
Simon Wiesenthal Center gegen Filbinger als Präsidenten-Wahlmann
Das Simon Wiesenthal Center fordert die Abberufung des früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger (CDU) aus der Bundesversammlung. Rabbi Abraham Cooper, Vize-Dekan des Wiesenthal Centers in Los Angeles (USA), warnte am Freitag vor dem fatalen politischen Signal, das damit verbunden wäre, wenn der ehemalige Marine-Richter Filbinger den Bundespräsidenten mitwählen würde. Der Generalsekretär der Bundes-SPD, Klaus Uwe Benneter, nannte Filbingers Nominierung eine "Geschmacklosigkeit", die jedoch "nicht mehr zu ändern sein" werde.
Wirtschaftslobby droht den Verbraucherschutz beim Essen auszuhebeln
Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch die Neuordnung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts (LFBG). Der Gesetzesentwurf berücksichtigt verschiedene europäische Vorgaben, die im Gefolge der BSE-Krise entstanden sind. Für Deutschland ist erstmals ein einheitliches Lebens- und Futtermittelgesetzbuch vorgesehen. Die Grundsätze des Gesetzentwurfs hält foodwatch für sinnvoll. Aber bei der Konstruktion des Gesetzes sieht die Organisation erhebliche Gefahren für den Verbraucherschutz: "Die einflussreiche Wirtschaftslobby wird den Verbraucherschutz aushebeln", prognostiziert Wolfschmidt.
Skandalöser Abschiebeversuch durch Bundesamt und Verwaltungsgericht
Obwohl seine Ehefrau in Großbritannien als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt wurde, soll der simbabwische Flüchtling M. ins Herkunftsland abgeschoben werden, teilt Pro Asyl mit. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und eine Einzelrichterin der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt hatten seinen Asylantrag als "offensichtlich unbegründet" eingestuft. M.s Zurückweisung würde ihn in Simbabwe erneut der Gefahr politischer Verfolgung aussetzen. Es sei unter keinen Umständen nachvollziehbar, wieso der Asylantrag des Mannes einer in Großbritannien asylberechtigten politischen Aktivistin "offensichtlich unbegründet" sein soll.
Studie "Bahn 21" für mehr Transport auf der Schiene veröffentlicht
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) e.V. hat mit der Studie "Bahn 21" ein umfassendes Konzept für die Zukunft der Schiene vorgelegt. Danach kann der Anteil der Eisenbahn am gesamten Personen- wie Güterverkehr erheblich gesteigert werden. "Immer wieder beteuern die Verantwortlichen in der Politik wie auch bei der Bahn, es solle mehr Verkehr auf die umweltschonende Schiene verlagert werden. Doch deren Anteil am Gesamtverkehr stagniert seit Jahren. Der VCD weist mit Bahn 21 den Weg, wie die Absichtserklärungen endlich Wirklichkeit werden", erklärt Michael Gehrmann, VCD-Bundesvorsitzender, das Ziel der Studie.
Softdrinks können zu Speiseröhrenkrebs führen
Das stetige Ansteigen bestimmter Arten von Speiseröhrenkrebs kann mit dem hohen Konsum von Softdrinks in Zusammenhang stehen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Forscherteams um Mohandas Mallath vom Tata Memorial Hospital in Indien. Die Forschungsergebnisse beziehen sich auf Daten des US-amerikanischen Landwirtschaftsministeriums, die in den Jahren 1946 bis 2000 gesammelt wurden. Über die Ergebnisse der Studie, die in New Orleans bei der Digestive Disease Week vorgestellt wurde, berichtet New Scientist am Dienstag.
Mit einem Grillfeuer den Wald schützen
Beim Kauf von Holzkohle ist zu beachten, dass das die Rohstoffe der Kohle nicht aus illegalen Tropenholz Abholzungen stammen. Eine Gewähr dafür bietet das Siegel des Forest Stewardship Council (FSC): FSC-Holzkohle wird in Deutschland in Baumärkten, Supermärkten und Tankstellen angeboten. Die Rohstoffe dafür stammen aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung. Das Siegel, ein stilisierter Baum mit der Abkürzung FSC, steht nach Einschätzung zahlreicher Umweltorganisationen wie dem WWF, Greenpeace und Robin Wood für das derzeit einzige internationale Zertifizierungssystem, dessen Vorgaben eine umweltverträgliche und sozial verantwortliche Nutzung der Wälder garantieren.
Rau warnt vor zügelloser medizinischer Forschung
Bundespräsident Johannes Rau warnt vor einer zügellosen medizinischen Forschung. Die Freiheit der Forschung sei "nicht frei von Bindungen", sagte Rau am Dienstag in einer Rede vor dem 107. Deutschen Ärztetag in Bremen. Die "Unantastbarkeit der Würde des Menschen" müsse das Leitbild sein, das der medizinischen Forschung "Richtung vorgibt und ihr Grenzen setzt". Embryonen etwa dürften nicht als "Experimentiermasse" verwendet und "nach Gebrauch" verworfen werden.
Wolffsohn bleibt Dozent an Bundeswehrhochschule
Der Historiker Michael Wolffsohn bleibt trotz seiner umstrittenen Äußerungen über die Legitimität von Folter gegen Terroristen Dozent an der Bundeswehrhochschule in München. Das Verteidigungsministerium teilte am Dienstag mit, Ressortchef Peter Struck (SPD) sei nach "intensiver Prüfung" zu den Ergebnis gekommen, dass es "keine rechtlichen Möglichkeiten gegen Professor Wolffsohn gibt". Der Minister erwarte aber von Wolffsohn, "dass er seine Lehre an den Grundlagen des Völkerrechts ausrichtet" und seiner Verantwortung als Professor, der Offiziere ausbildet, gerecht werde.
Genmanipulierter Süßmais anscheinend fehlerhaft
Morgen will die EU-Kommission über eine neue Zulassung für den Import von Gen-Pflanzen entscheiden. Es wäre die erste Zulassung seit 1998. Beraten wird über einen genmanipulierten Süßmais der Firma Syngenta (Bt11), der für den menschlichen Verzehr vorgesehen ist und in den ebenfalls ein Insektengift eingebaut wurde. Nach Informationen von Greenpeace kam es bei der Produktion der Pflanzen im Labor offenbar zu Fehlern: So enthalte die Pflanze aufgrund der Manipulation auch mehrere falsche Genabschnitte. Sowohl Greenpeace als auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisieren die angekündigte Verkaufszulassung.
Keine Chance für Schweinswale
"Die Chance, Kleinwale in der EU zu schützen, wurde wieder einmal verspielt", so das Fazit der Gesellschaft zur Rettung der Delphine (GRD) über die neue EU-Verordnung zum Schutz von Kleinwalen. Die wirtschaftlichen Interessen der fischereiorientierten Länder hätten, wie üblich, Vorrang vor dem Naturschutz. Eine Analyse der Verordnung durch den GRD hatten erschreckende Fakten aufgedeckt. Wesentliche Punkte des ursprünglichen Verordnungsentwurfs seien verwässert wurden.