Juli 2002
Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.
Das "Edinburgh"-Patent und das Einspruchsverfahren
Am Mittwoch hat das Europäische Patentamt das so genannte "Edinburgh"-Patent mit der Nummer EP 0695351 und der Bezeichnung "Isolierung, Selektion und Vermehrung von tierischen Transgen-Stammzellen" teilweise widderrufen. Die Patenterteilung hatte zu heftigen Protesten und zu einer intensiven öffentlichen Diskussion über die Patentierung von Stammzelltechnologie geführt.
Patent auf menschlichen Embryo zum größten Teil widerrufen
Die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes (EPA) in München hat das im Februar 2000 von Greenpeace aufgedeckte Embryo-Patent "EP 695 351" der Universität Edinburgh zum großen Teil widerrufen. Alle Ansprüche auf menschliche embryonale Stammzellen sowie menschliche Embryonen wurden gestrichen. Enthalten bleiben nur Ansprüche auf menschliche Zellen, die nicht von Embryonen stammen.
Mehr Demokratie fordert Reform der Bürgerbegehren
Die Bürgeraktion Mehr Demokratie fordert eine umfassende Reform des kommunalen Bürgerentscheids in Nordrhein-Westfalen.Der Verein fordert in einem Schreiben an Ministerpräsident Wolfgang Clement unter anderem die Verringerung der umfangreichen Themenverbote für Bürgerbegehren. So sollen Begehren auch zu Vorhaben möglich sein, die einem Planfeststellungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung unterliegen. "Es ist geradezu widersinnig, dass Gegenstände, die von so allgemeinen Interesse sind, dass Bürgerinnen und Bürger dazu angehört werden, dem Bürgerentscheid entzogen werden", erklärte NRW-Geschäftsführer Daniel Schily in Köln. Er verwies darauf, dass beispielsweise über den Bau der umstrittenen Kölner Müllverbrennungsanlage deshalb kein Bürgerentscheid möglich gewesen sei.
Politischer Anstand ist gefragt
Der CDU-Politiker Horst Eylmann wirft Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und dem Grünen-Innenexperten Cem Özdemir Fehler im Umgang mit der PR-Agentur Hunzinger vor. Er halte den 80 000-Mark-Kredit Özdemirs ebenso für falsch, wie Kochs Entgegennahme von 200 000 Mark für sein Buch, sagte der ehemalige Chef des Bundestagsrechtsauschusses am Dienstag im Deutschlandfunk. Dadurch entstehe der Verdacht, dass Politiker "sanft" beeinflusst werden sollten.
Verbraucherzentralen fordern Schutz von Kindern vor Werbung
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert einen verstärkten Schutz von Kindern und Jugendlichen vor einer zunehmenden Werbeflut. "Die suggestive Steuerung des übertriebenen Konsumverhaltens von Kindern und Jugendlichen durch Werbung muss unterbunden werden", so vzbv-Vorstand Edda Müller. Ziel müsse sein, die besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen durch wirksamere Regeln besser zu verankern und Werbeformen zu verbannen, welche die körperliche und seelische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen negativ beeinflussen und gefährden und ihre Unerfahrenheit, Leichtgläubigkeit und Neugierde auszunutzen. In diesem Zusammenhang begrüßt der vzbv die Ankündigung von Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast, den Schutz von Kindern als Verbraucher stärker in den Vordergrund zu stellen.
Große Akzeptanz gegenüber Globalisierungskritikern
Während vor einem Jahr Globalisierungskritik kaum ernst genommen wurde, ist sie mittlerweile bis zum Bundespräsidenten vorgedrungen. Globalisierung wurde von dem Mythos, sie sei ein unumkehrbarer Prozess zum Wohle aller Menschen, befreit. Die Globalisierungskritiker konnten die Öffentlichkeit davon überzeugen, dass wenigen Gewinnern sehr viele Verlierer gegenüberstehen.
Computerfax reicht als Einspruch gegen Strafbefehl
Auch mit einem Computerfax kann unter bestimmten Voraussetzungen Einspruch gegen einen gerichtlichen Strafbefehl eingelegt werden. Das entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss. Eine eigenhändige Unterschrift sei dann nicht notwendig, wenn aus einem Schriftstück zweifelsfrei ersichtlich sei, "von wem die Erklärung herrührt und dass kein bloßer Entwurf vorliegt".
Theologieprofessor wirft Kirche Verdrängung des Problems Kindesmissbrauch vor
Der Paderborner Theologieprofessor Peter Eicher wirft der katholischen Kirche jahrelange Verdrängung des Missbrauch von Kindern durch Priester vor. Kircheninterne und externe Untersuchungen hätten ergeben, dass "vielleicht vier Prozent" der Priester päderastische Neigungen hätten, sagte Eicher am Dienstag im Deutschlandfunk. Etwa 30 Prozent der Geistlichen seien homosexuell. Dies sei in der Kirche schon lange bekannt, es seien jedoch keine Rechtsfolgen bedacht worden, kritisierte Eicher. Stattdessen habe die Kirche wie etwa im Fall des Wiener Kardinals Hans Hermann Groer Sondermaßnahmen ergriffen und sei nicht dem allgemeinen Recht gefolgt.
BUND unterstützt Forderung nach Positivliste für Futtermittel
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert die Ablehnung der von Agrarministerin Künast geforderten Positivliste für Futtermittelbestandteile durch den EU-Verbraucherschutzkommissar David Byrne. Byrne ginge von falschen Zahlen aus, wenn er annehme, dass eine solche Positivliste 10.000 Stoffe enthalten müsste und deshalb nicht durchgesetzt werden könne. Die in Deutschland bereits bestehende Liste umfasse gerade einmal 350 Stoffe. Sollte sich die Blockade-Haltung der EU weiter verhärten, müsse Deutschland eine Vorreiterrolle übernehmen und im Alleingang demonstrieren, wie die außer Kontrolle geratene Futtermittelindustrie in die Schranken gewiesen werden kann.
Hundert Ermittlungsverfahren zum Berliner Bankenskandal
Im Zuge der Berliner Bankenaffäre ermittelt die Staatsanwaltschaft in über 100 Fällen wegen Bilanzfälschung, Steuerhinterziehung, Untreue, Anlagebetrugs und ähnlichen Straftaten. Noch im Herbst dieses Jahres ist mit weiteren Anklagen gegen Verantwortliche - auch gegen Prominente - zu rechnen, wie der SPD-Sprecher im Untersuchungsausschuss Berliner Bankgesellschaft, Frank Zimmermann, am Dienstag sagte.
Noch keine greifbare Täterspur
In der Nacht zum Samstag waren in Rostock-Lichtenhagen Molotow-Cocktails auf einen Asia-Markt und auf das so genannte Sonnenblumenhaus geflogen, das bei den Krawallen 1992 angezündet worden war. Der auf den Wohnblock geworfene Brandsatz landete in einem Beratungsbüro der Arbeiterwohlfahrt. Nach neuesten Ermittlungen sollen die Täter zuvor die Scheiben eines nahe gelegenen Asia-Imbisses eingeschlagen haben. Noch gibt es nach Polizeiangaben keine greifbare Spur von den Tätern.
NDR Dokumentation beschreibt Skandal um Bayer-Medikament
Mehr als 100 Todesfälle werden mit dem Cholesterin-Senker Lipobay von Bayer in Verbindung gebracht – die meisten davon in den USA. Es gibt Schätzungen, die weit darüber hinaus gehen. Hunderte amerikanische Anwälte haben sich formiert und bereiten eine Milliarden-Klage gegen den deutschen Pharma-Konzern vor. Doch Bayer gibt sich selbstbewusst. Der Leverkusener Chemie-Gigant macht geltend, er habe sich bei Entwicklung und Vermarktung des gut verkauften Cholesterin-Senkers nichts vorzuwerfen.
Acht Festnahmen bei phantasievollem Protest gegen Bundeswehrgelöbnis
Über 1000 Menschen haben am Sonnabend gegen das Bundeswehrgelöbnis in Berlin demonstriert. Damit folgten dem Aufruf des Bündnisses Gelöbnix6, den 40 Organisationen unterstützten, mehr Demonstranten als erwartet. Das Ziel der Demonstration, ein öffentliches Gelöbnis zu verhindern, wurde erreicht: Sie fand als geschlossene Veranstaltung hinter einem Schutzwall von Polizei und Feldjägern statt. Von einer öffentlichen Veranstaltung konnte nach Ansicht der Demonstranten keine Rede sein.
Indigene Bevölkerung erzählt ihre 5.000-jährige Geschichte
Die Inuit, Ureinwohner in Kanadas nördlichsten Regionen, haben eine eigene Website eingerichtet. Die Ureinwohner haben die modernste Form der Kommunikation gewählt, um von sich aus über ihre eigene Geschichte und Kultur zu berichten. "Unsere 5.000 Jahre alte Geschichte, unsere Herkunft und die kulturelle Einheit, unsere Ursprünge, unsere Ahnen und der erste Kontakt mit der Außenwelt, sind Themen, die wir auf der Homepage beschreiben", so Jose Kusugak, Präsident der kanadischen Inuit-Organisation.
Experte warnt: Heute Schotter - Morgen Staustufen an der Elbe
"Die unausweichliche Konsequenz der teuren Strombaumaßnahmen ist - hier früher und dort später - fast immer der Staustufenbau", dieses Fazit zog Dr. Alfons Henrichfreise, Flussexperte vom Bundesamt für Naturschutz Bonn nach seiner Begutachtung der laufenden Bauarbeiten an der Elbe. Die zunehmende Befestigung der Sandufer mit Steinpackungen und die Verengung des Niedrigwasserbettes durch Buhnen und Leitwerke führten zu einer ähnlich starken Eintiefung der sandigen Elbsohle wie sie schon stromaufwärts zwischen Mühlberg/Torgau und Lutherstadt Wittenberg Realität wurde.
PR-Berater verteidigt Zahlungen an Politiker
Die Beziehungen zwischen Politikern und dem Frankfurter PR-Berater Moritz Hunzinger bleiben weiter in den Schlagzeilen. Nachdem Ex-Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) und der Grünen-Politiker Cem Özdemir Geld von Hunzinger erhalten haben, fordert Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim jetzt schärfere Gesetze gegen die Bestechung von Abgeordneten, so dass die Staatsanwaltschaft ermitteln kann. Hunzinger selbst verteidigt indessen seine Geldzuwendungen. Daran sei nichts dubios oder mafiös.
Sihler plant harte Sanierung des T-Konzerns
Die Deutsche Telekom kommt nicht aus den Negativ-Schlagzeilen. Am Wochenende wurden neue Vorwürfe gegen den Konzern wegen falscher Telefonrechnungen mit Millionenschäden für Kunden laut. Zudem machten weitere Spekulationen um hohe Weiterzahlungen an Ex-Vorstandschef Ron Sommer die Runde. Auch die Kritik an der Bundesregierung wegen ihrer Rolle bei den Telekom-Führungsquerelen verstummte nicht. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) verwahrte sich dagegen, das Vorgehen des Telekom-Aufsichtsrates der Bundesregierung anzulasten. Unterdessen strebt der neue Vorstandschef Helmut Sihler eine harte Sanierung an.
Proteste bei Bankgesellschafts-Hauptversammlung
Die Aktionäre der Bankgesellschaft Berlin werden noch längere Zeit auf eine Dividende verzichten müssen. In den nächsten Jahren habe im Falle eines Gewinnes "die Stärkung der Rücklagen Vorrang vor der Wiederaufnahme der Dividendenzahlung", sagte der seit vergangenem Dezember amtierende Vorstandsvorsitzende Hans-Jörg Vetter am Freitag in Berlin auf der Hauptversammlung. Der Konzern hatte am Vortag mitgeteilt, dass er das laufende Geschäftsjahr erneut mit roten Zahlen beenden werde. Angesichts dessen forderte der Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK), Kai Weigert, eine Entschädigung der "geprellten Kleinaktionäre" der Bankgesellschaft durch das Land Berlin. Dieses hält rund 81 Prozent des Grundkapitals. Vertreter der "Initiative Berliner Bankenskandal" störten die Rede Vetters aus Protest dagegen, dass das Institut mit seinen Milliarden-Risiken das Land Berlin belastet. Sie rissen sich T-Shirts mit der Aufschrift "Mein letztes Hemd" vom Körper und warfen sie in Richtung Rednerpult. Anschließend besetzten sie kurzzeitig das Podium mit Aufsichtsrat und Vorstand.
Was man heute noch essen kann
Was kann man heutzutage eigentlich noch essen? - An dieser Frage kommen Verbraucherinnen und Verbraucher angesichts der Häufung von Lebensmittelskandalen nicht mehr vorbei. Die Verbraucher Initiative bietet daher im Internet Informationen über die Schadstofffunde der letzten Wochen und Tipps, wie man als Verbraucher reagieren kann.
Vier Pfoten fordert überfällige Pelztierverordnung ein
Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten hat am Freitag vor dem Bundesministerium für Verbraucherschutz gegen die Verschleppung einer neuen Verordnung zur Pelztierzucht demonstriert. Ein Kranwagen mit Hebebühne hievte einen als Nerz verkleideten Aktivisten vor die Fenster des Ministeriums. "Ich warte, Renate!", kündete ein von dem Aktivisten gehaltenes Schild. Mit dieser Protestaktion forderten die Tierschützer die "seit Monaten überfällige" Vorlage verschärfter Haltungsbestimmungen für die Pelztierzucht.