NGO DIE Internet-Zeitung

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80 Milliarden Euro

Größtes Finanzpaket in der Geschichte der Bundesrepublik beschlossen

Die große Koalition hat das größte Maßnahmenpaket in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland beschlossen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte bei der Vorstellung des zweiten Konjunkturpakets am Dienstag (13. Januar), die Regierung tue alles, damit Deutschland die Krise nicht nur überwinde, sondern aus ihr gestärkt hervorgehe. Das Programm sieht Maßnahmen in einem Umfang von rund 50 Milliarden Euro für zwei Jahre vor. Zusammen mit dem ersten Paket sind es rund 80 Milliarden Euro. Die Koalitionsspitzen hatten sich am Montagabend getroffen und bis tief in die Nacht an dem Paket gefeilt. Geplant sind unter anderem 18 Milliarden Euro Investitionen in die kommunale Infrastruktur und eine gleichhohe Summe für Entlastungen bei Steuern und Abgaben. Für notleidende Unternehmen soll ein "Kredit- und Bürgschaftsprogramm" aufgesetzt werden.

"Politische Motivation"

Haftstrafe für Nazi-Schläger

Wegen des Überfalls auf ein Zeltlager in Nordhessen muss der Neonazi Kevin S. ins Gefängnis. Die Tat des 19-Jährigen stehe "sittlich auf niedrigster Stufe", sagte der Vorsitzende Richter der 3. Strafkammer des Kasseler Landgerichts, Pierre Brandenstein, bei der Urteilsverkündung am Montag (12. Januar). Das Gericht verurteilte den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Bei dem Überfall auf ein Zeltlager der Linksjugend Solid im vergangenen Jahr hatte S. zwei Menschen verletzt.

Personalentscheidungen

Keine Kontrolle kirchlicher Rechtsakte durch staatliche Gerichte

Innerkirchliche Personalentscheidungen können von staatlichen Gerichten nicht auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem am Donnerstag (8. Januar) veröffentlichten Grundsatzbeschluss entschieden. Die "Unabhängigkeit der kirchlichen Gewalt" würde geschmälert, wenn der Staat seinen Gerichten das Recht einräumen würde, innerkirchliche Rechtsakte auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu prüfen, hieß es zur Begründung.

"Schwarzer Tag für die Grundrechte"

Bundesrat billigt weitreichende polizeiliche Befugnisse für das BKA

Auch nach der Verabschiedung des BKA-Gesetzes reißt die Kritik an den umstrittenen Neuregelungen nicht ab. Die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sprach am Freitag (19. Dezember) von einem "schwarzen Tag für die Grundrechte". Linksfraktionsvize Petra Pau beklagte, das Gesetz wirke "wider den Rechtsstaat". Grünen-Chefin Claudia Roth wertete die Neuregelungen als "Bürgerrechtskiller". Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) begrüßte dagegen die Verabschiedung des Gesetzes durch Bundestag und Bundesrat "außerordentlich". Zuvor hatte das BKA-Gesetz im Bundesrat die letzte parlamentarische Hürde genommen. Einen Tag nach dem Bundestag billigte auch die Länderkammer die Einigungsempfehlung des Vermittlungsausschusses. Mit dem Gesetz werden dem Bundeskriminalamt (BKA) weitreichende polizeiliche Befugnisse eingeräumt. So werden ihm unter anderem die akustische und optische Wohnraumüberwachung sowie die Online-Durchsuchung privater Computer gestattet.

"Überwachungsgesellschaft"

Papier sieht Gefährdung des Datenschutzes nur durch Privatwirtschaft

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, sieht den Datenschutz in Deutschland stärker durch die Privatwirtschaft gefährdet als durch den Staat. Er sorge sich darum, "dass wir uns zu einer privaten Überwachungsgesellschaft internationalen Ausmaßes verwandeln, und dies weitgehend auch noch völlig freiwillig", sagte Papier am Montag (15. Dezember) in Karlsruhe. Die Verwandlung des Staates "in einen Überwachungsstaat 'Orwell'scher Prägung" sei dagegen eine eher fernliegende Möglichkeit, sagte Papier zum 25. Jahrestag des Karlsruher "Volkszählungsurteils".

"Kein hinreichender Tatverdacht"

Todesschütze bei Buback-Mord laut Bundesanwaltschaft weiter unklar

Die Frage nach dem Todesschützen der RAF beim Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback im Jahr 1977 bleibt nach Darstellung der Bundesanwaltschaft weiter ungeklärt. Die bisherigen Ermittlungen gegen den früheren RAF-Terroristen Stefan Wisniewski hätten zwar "einige Anhaltspunkte für eine mittäterschaftliche Beteiligung Wisniewskis" bei dem Attentat ergeben, "mehr aber nicht", sagte der Leiter der Terrorismus-Fahndung der Bundesanwaltschaft, Bundesanwalt Rainer Griesbaum, am Freitag (12. Dezember) in Karlsruhe. Die Wahrscheinlichkeit einer Beteiligung Wisniewskis sei nach den bisherigen Erkenntnissen relativ gering.

Ermordung von 29.000 Menschen vorgeworfen

NS-Kriegsverbrecherprozess gegen Demjanjuk in München

Der mutmaßliche NS-Kriegsverbrecher Iwan John Demjanjuk muss sich in München vor Gericht verantworten. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe übertrug das Strafverfahren gegen den 88-Jährigen dem Landgericht München II, wie es in einem am Donnerstag (11. Dezember) veröffentlichten Beschluss des BGH heißt. Zur Begründung hieß es, Demjanjuk habe sich 1951 mehrere Monate in einem Lager im heutigen Zuständigkeitsbereich dieses Gerichts aufgehalten.

"Abstimmen, bis es passt"

Brüssel stellt Weichen für Lissabon-Vertrag

Mit gewissen Zusagen an Irland will die Europäische Union den "Vertrag von Lissabon" retten und diesen mit einjähriger Verspätung möglichst zum Ende 2009 in Kraft setzen. Auf einen solchen Fahrplan will sich der EU-Gipfel in Brüssel verständigen. Damit könnte die EU ab 2010 einen Präsidenten bekommen, einen europäischen Außenminister und das erstmalige Recht eines Landes zum Austritt aus der EU. Die Iren hatten den neuen Grundlagenvertrag in einem Referendum abgelehnt.

Gebot der Gleichbehandlung

Schwerbehinderte müssen von Studiengebühr befreit werden

Ein Student mit einem Schwerbehindertengrad über 50 Prozent ist generell von Studiengebühren zu befreien. Das entschied das Verwaltungsgericht Karlsruhe in einem am Dienstag (9. Dezember) veröffentlichten Urteil und gab damit der Klage eines Heidelberger Studenten statt. Dieser hatte bei der Universität Heidelberg beantragt, ihn für das Sommersemester 2007 von der Studiengebühr in Höhe von 500 Euro zu befreien.

Revision angekündigt

Lebenslange Haft für "Kofferbomber"

Im Kofferbomber-Prozess hat das Düsseldorfer Oberlandesgericht (OLG) den angeklagten Libanesen Youssef el-Hajdib zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Der 6. Strafsenat befand den 24-Jährigen am Dienstag (9. Dezember) des versuchten mehrfachen Mordes und der versuchten Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion für schuldig. Mit seinem Urteil folgte das Gericht der Forderung der Bundesanwaltschaft. Die Verteidigung hatte Freispruch beantragt und kündigte Revision an.

Tod in der Polizeizelle

Angeklagte Polizisten aus Mangel an Beweisen freigesprochen

Die im Prozess um den Tod eines afrikanischen Asylbewerbers in einer Dessauer Polizeizelle angeklagten zwei Polizisten sind am Montag (8. Dezember) freigesprochen worden. Den Polizeibeamten waren Körperverletzung mit Todesfolge und fahrlässige Tötung vorgeworfen worden. Der Asylbewerber Oury Jalloh aus Sierra Leone war am 7. Januar 2005 bei einem Brand in seiner Zelle an den Folgen eines Hitzeschocks gestorben. Er soll die Matratze seiner Zelle angeblich selbst angezündet haben, obwohl er an Händen und Beinen gefesselt war. Die Urteilsbegründung musste unterbrochen werden, weil aufgebrachte Angehörige einer Initiative zum Gedenken an Oury Jalloh auf den Zuschauerbänken im Verhandlungssaal den Richter beschimpften. Sie bezeichneten außerdem die Angeklagten als "Lügner und Mörder".

"Nichtanwendungserlasse" im Rechtsstaat

Finanzministerium unterläuft höchstrichterliche Entscheidungen

Das Bundesfinanzministerium unterläuft nach Darstellung des Bundesfinanzhofs (BFH) wichtige und für den Steuerzahler entlastende höchstrichterliche Entscheidungen. Pro Jahr würden "sechs bis acht" Entscheidungen des BFH vom Ministerium mit einem sogenannten Nichtanwendungserlass belegt, kritisierte BFH-Präsident Wolfgang Spindler am Donnerstagabend (4. Dezember) in Karlsruhe. Dies sei "ein Riesenproblem". Das Bundesfinanzministerium verteidigte sein Vorgehen. Dies sei ein "ganz normalen Verfahren" und eine "lange geübte Praxis", die "rechtlich auf sicheren Füßen" stehe, sagte ein Sprecher von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) am Freitag in Berlin.

"Steuernachzahlungen nach der Bundestagswahl"

Volkssolidarität kritisiert Begünstigung von Banken und Automobilindustrie

"Der Sozialabbau wird ebenso wie die Umverteilung von unten nach oben fort- und festgeschrieben." Das erklärte der Bundesgeschäftsführer des Sozial- und Wohlfahrtsverbandes Volkssolidarität, Bernd Niederland am Freitag (5. Dezember) in Berlin angesichts der aktuellen sozialpolitischen und wirtschaftspolitischen Entscheidungen. Es sei eine Tatsache, "dass Unternehmen und Vermögende immer weiter entlastet und die Bürger, ob nun Beschäftigte, Selbstständige, Auszubildende, Rentner und sozial Benachteiligte, immer mehr belastet werden", so Niederland. "Was der Staat den Großen schenkt, aktuell den Banken und der Autoindustrie, holt er sich bei den Kleinen." Soziale Gerechtigkeit sehe anders aus, meint der Sozialverband. Niederland verwies besonders auf die weiter zunehmenden Belastungen für die heutigen und künftigen Rentner. Dazu gehörten nach dem für viele erhöhten Krankenkassenbeitrag durch den Gesundheitsfonds die "nach der Bundestagswahl" drohenden Steuernachzahlungen für Rentner.

Clementinen, Mandarinen, Apfelsinen

Kritik an "Wasserklau" und Umweltzerstörung durch Zitrus-Anbau

Durchschnittlich verbraucht jeder Deutsche im Jahr 41,5 Kilogramm an Zitrusfrüchten. Am beliebtesten sind Clementinen, Mandarinen und süße Apfelsinen. Insgesamt landen jährlich über eine Millionen Tonnen Zitrusfrüchte, bislang vor allem noch aus der Mittelmeerregion, auf dem deutschen Markt. Nach Angaben der Umweltstiftung WWF wird aber die Produktion durch eine "harte Einkaufspolitik mit niedrigen Preisen" und durch die Folgen von Dürreereignissen und Extremwettern zunehmend erschwert. "In den vergangenen Jahren hat die Bedeutung der europäischen Anbauländer stark abgenommen", so Dorothea August vom WWF Deutschland. Wenn aufgrund von Witterungsbedingungen, Preispolitik und Handelsmengen europäische Produzenten nicht wie gewünscht liefern könnten, kämen die Importe für den deutschen Markt vor allem aus Südafrika und Argentinien. Der WWF beobachtet vor allem die großen Flächenausweitungen der Produktion in den Ländern Südamerikas und der Volksrepublik China mit zunehmender Sorge.

Islamisches Opferfest

Tierschutzbund fordert Schlachten nur mit Betäubung

Anlässlich des am 8. Dezember beginnenden dreitägigen islamischen Opferfestes (Kurban Bayrami) appelliert der Deutsche Tierschutzbund an die Muslime in Deutschland, Tiere nur nach vorheriger Betäubung zu schlachten. Die Tierschützer lehnen das so genannte Schächten ohne Betäubung strikt ab, "da es aus Sicht des Tierschutzes mit erheblichen und vermeidbaren Qualen für die Tiere verbunden ist". Die Tierschützer weisen darauf hin, dass Schächten grundsätzlich verboten ist. Ausnahmeregelungen von diesem Verbot seien an strenge Genehmigungsverfahren sowie strikte Auflagen geknüpft. Der Tierschutzbund fordert die zuständigen Stellen auf, alle verwaltungsrechtlichen Mittel auszuschöpfen, um solche Genehmigungen zu versagen. Darüber hinaus müsse das illegale Schächten durch strikte Kontrollen verhindert und gegebenenfalls strafrechtlich geahndet werden, so die Tierschützer.

2200 Verfahren

Ermittler greifen häufig auf Vorratsdaten zu

In fast 2200 Ermittlungsverfahren haben Richter von Mai bis Juni diesen Jahres den Rückgriff auf die Verbindungsdaten von Telefonkunden und Internetnutzer angeordnet. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP hervor, wie die "Berliner Zeitung" berichtet. Dabei nutzten die Ermittler in 934 dieser Verfahren die Vorratsdaten, die Telekommunikationsfirmen und Internetbetreiber seit Januar diesen Jahres sechs Monate lang speichern müssen.

Nachteile für Journalisten, Ärzte und Rechtsanwälte

Einigung auf heimliche Online-Durchsuchungen mit Richtervorbehalt

Union und SPD haben sich mit den Bundesländern auf eine entschärfte Fassung des umstrittenen BKA-Gesetzes geeinigt. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte am Mittwoch (3. Dezember) in Berlin, die Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) habe sich auf drei Änderungen verständigt. Er sei optimistisch, dass das Gesetz noch vor Jahresende stehe und 2009 in Kraft treten könne. Das Kabinett rief am Mittwoch den Vermittlungsausschuss an. Dieser müsste den Gesetzentwurf mit den Änderungen wieder an den Bundestag überweisen. Laut Oppermann verständigte sich die Bund-Länder-Runde darauf, dass eine heimliche Online-Durchsuchung auch in Eilfällen durch einen Richter angeordnet werden muss.

Biokraftstoffe

Bundesregierung will an Förderung von Biokraftstoffen festhalten

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) will ungeachtet der anderslautenden Empfehlungen einer neuen Studie der Bundesregierung an der Förderung von Biokraftstoffen festhalten. Sein Ministerium sei "dezidiert anderer Auffassung", sagte Gabriel am Mittwoch (3. Dezember) in Berlin bei der Vorstellung eines Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU). Demzufolge verfügt Bioenergie zwar über große Potenziale für die Strom- und Wärmegewinnung, aber nicht als Treibstoff für Kraftfahrzeuge. Die Wissenschaftler raten daher von einer weiteren Förderung von Biokraftstoffen ab. Gabriel wies das Fazit der Gutachter scharf zurück: "Es geht nicht um Tank oder Teller."

"Keinen Sauerstoff zugefügt"

Angeklagter im Kofferbomber-Prozess beteuert seine Unschuld

Im Kofferbomber-Prozess vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht (OLG) hat der Angeklagte am Dienstag (2. Dezember) in seinem Schlusswort erneut seine Unschuld beteuert. "Es war nicht meine Absicht, jemanden zu töten", sagte der Libanese Youssef el-Hajdib. "Ich habe keinen Versuch gemacht, jemanden zu töten." Das Urteil will der Strafsenat am 9. Dezember verkünden.

Atommüll-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts

Atomkritiker sehen "objektiv-rechtliche Verpflichtung" der Verfasssungsrichter

Für die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November zur Nichtannahme der Verfassungsbeschwerden gegen mehrere Atommüll-Zwischenlager nicht nachvollziehbar (ngo-online berichtete). Nach Auffassung der Atomkritiker verweist das Bundesverfassungsgericht zwar zu Recht auf den verfassungsmäßigen Grundsatz einer "bestmöglichen Risikovorsorge und Gefahrenabwehr". Dennoch spreche das Gericht aber den Beschwerdeführern einen Anspruch auf eine "bestmögliche" Lagerung des Atommülls in terrorsicheren Lagerhallen ab. "Die Lagerung des Atommülls in unsicheren Leichtbauhallen widerspricht selbstverständlich dem Verfassungsgrundsatz einer 'bestmöglichen' Risikovorsorge und Gefahrenabwehr", meint die IPPNW.