480-Millionen-Geldbuße für "Wiederholungstäter" ThyssenKrupp
Die EU-Kommission hat gegen die Industriegruppen ThyssenKrupp, Schindler, Otis und KONE eine Geldbuße von insgesamt 992 Millionen Euro wegen der Teilnahme an Kartellen beim Einbau und der Wartung von Aufzügen und Rolltreppen in Deutschland, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden festgesetzt. Hierbei handelt es sich nach Auffassung der EU-Kommission "um eindeutige Verstöße gegen Artikel 81 EGV, der wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken untersagt". ThyssenKrupp muss nun offenbar 479,669 Millionen Euro berappen. Für den deutschen Konzern wurde es besonders teuer, weil er nach Auffassung der Kommission ein "Wiederholungstäter" ist. Es handelt sich hierbei um die höchsten Geldbußen, die bisher von der Kommission wegen Kartellverstößen festgesetzt worden sind. Die EU wirft den Konzernen vor, unter anderem auch Kosten von Krankenhäusern "künstlich aufgebläht" zu haben. Sie liefert lesenswerte Darstellungen von Versuchen "hochrangiger Mitglieder der Geschäftsleitung", die Kartelle zu vertuschen. Die Konzerne haben die Vorwürfe laut EU nicht bestritten. Sie verzichteten sogar auf Anhörungen.
Renten sollen nominal um 0,6 Prozent steigen
Nach drei Nullrunden in den vergangenen Jahren sollen die 20 Millionen Rentner möglicherweise zum 1. Juli 2007 mit einer leichten Erhöhung ihrer Ruhegelder um etwa 0,6 Prozent rechnen können. Bereits 2008 und 2009 sollen die Renten nach heutigem Stand aber erneut stagnieren, schreibt das Düsseldorfer "Handelsblatt" unter Berufung auf offizielle Schätzung der Rentenversicherungen und der Bundesregierung. Unter Berücksichtigung der Inflation müssen die Rentnerinnen und Rentner demnach auch weiterhin mit ständigen Verlusten an Kaufkraft rechnen. Linksfraktionschef Oskar Lafontaine kritisiert, dass sowohl die Rentner also auch die Arbeitnehmer nicht mehr "am wachsenden Wohlstand" beteiligt werden würden. Die Entwicklung der Renten sei vom Wirtschaftswachstum und von der Produktivitätsentwicklung abgekoppelt worden.
Laut Pharmaexperte sind massenhaft gefälschte Medikamente im Umlauf
In Deutschland sind offenbar größere Mengen gefälschter Arzneimittel im Umlauf. "Es gibt Schätzungen, dass acht bis zehn Prozent der gekauften Medikamente gefälscht sind", sagt der Pharmaexperte Harald Schweim von der Universität Bonn der Frauenzeitschrift "Für Sie". Ob Antibiotika, Impfstoffe oder Aids-Mittel, im Prinzip werde alles gefälscht. Vermutlich werde mit Arzneimittelfälschungen inzwischen mehr Geld verdient als mit dem Drogenhandel, sagte der frühere Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte.
Kritik an Arbeitsbedingungen für Wissenschaftler in der "Drittmittelforschung"
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat das am Freitag vom Bundesrat bestätigte "Wissenschaftszeitvertragsgesetz" scharf kritisiert. Künftig würden sich Beschäftigte in der Drittmittelforschung noch mehr als bisher von einem befristeten Arbeitsvertrag zum nächsten hangeln müssen. "Unbefristet befristet" - so laute die Perspekte für die Wissenschaftler, kritisiert GEW-Vorstand Andreas Keller. Deutschland brauche vielmehr "attraktive Arbeitsbedingungen" in der Wissenschaft, "um in Forschung und Lehre qualitativ hochwertige Leistungen und Innovationen zu erbringen". Dieses Ziel verfehle das neue Gesetz. Mit der Ausweitung der Befristungsregelungen würden den Beschäftigten elementare Schutzrechte genommen.
Afrika Handelsabkommen: EU macht Druck
Mehrere entwicklungspolitische Organisationen werfen der EU-Kommission vor, sie übe auf afrikanische Staaten Druck aus, damit diese bis Jahresende in neue regionale Handelsabkommen einwilligen. Nach Darstellung der Nichtregierungsorganisationen, darunter ActionAid, Brot für die Welt, Evangelischer Entwicklungsdienst, Oxfam International und Enda, ist in diesem Jahr keine Region Afrikas bereit, die von der EU gewünschten "Wirtschaftspartnerschaftsabkommen" (EPAs) zu unterzeichnen. Dies sei am Montag und Dienstag bei einem Treffen von UNO-Experten, afrikanischen Handelsministern und Vertretern von zivilgesellschaftlichen Organisationen in Nairobi deutlich geworden. Die deutsche Organisation WEED wirft der EU "Erpressung" vor.
Grünen-Führung fährt weiter große Limousinen
Ungeachtet des Appells von Grünen-Fraktionschefin Renate Künast zum Umstieg auf schadstoffarme Autos aus Japan lässt sich die Führungsspitze ihrer Partei weiter mit großen Limousinen chauffieren. Wie der "Berliner "Tagesspiegel" berichtet, wurden die zwei rund 200 PS starken 530er Diesel-BMW den Grünen von dem bayerischen Autokonzern als Parteispende zur Verfügung gestellt. Künast hatte empfohlen, Hybrid-Autos des japanischen Herstellers Toyota zu kaufen.
Bundesregierung gibt beim Emissionshandel teilweise nach
Die deutsche Bundesregierung beugt sich teilweise den Vorgaben der EU-Kommission beim Emissionshandel. Für den Zeitraum 2008 und 2012 soll nun in den nächsten Wochen ein neuer so genannter Nationaler Allokationsplan aufgestellt werden, der die "Luftverschmutzungsrechte" für Großemittenten regelt. Es soll nun die etwas niederigere Emissionsobergrenze der EU-Kommission gelten. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte am Freitag, dass die angedrohte Klage gegen die EU-Kommission vom Tisch sei. Brüssel sei Berlin beim Emissionshandel in einigen Punkten entgegengekommen, bei der Obergrenze des Kohlendioxid-Ausstoßes aber hart geblieben. Das Bundesumweltministerium verwandelte die Niederlage gegenüber der EU-Kommission postwendend in eine Positiv-Botschaft: "Deutschland wird seine Klimaschutzziele nochmals verschärfen."
Kritik an Tempo-Taschentüchern
Die Umweltschutzorganisation Robin Wood sorgt sich um den Ressourcenverbrauch durch die Verwendung von Taschentüchern. Kaum jemand denke daran, dass für die Taschentücher Wälder vernichtet würden. Dabei ginge es "problemlos auch umweltfreundlicher - durch sparsamen Umgang mit diesem Wegwerfprodukt und den Einsatz von Recyclingpapier", meint die Organisation. Robin Wood habe zudem nachgewiesen, dass Hygiene-Papier-Produkte bis zu 60 Prozent aus Eukalyptus-Zellstoff bestünden, wofür Eukalyptus-Monokulturen entstanden seien.
Ältere Menschen als wichtige Konsumenten entdeckt
Seit längerer Zeit läuft in Deutschland eine intensive Diskussion, in der ältere Menschen als überflüssiger Ballast dargestellt werden. Teilweise geht diese Debatte um das "demographische Problem" so weit, dass über ein vorzeitiges freiwilliges Ableben "nachgedacht" wird. Jetzt werden die Vorzüge ältere Menschen wieder entdeckt: als Konsumenten, um die Wirtschaft anzukurbeln: "Bundesseniorenministerin" Ursula von der Leyen (CDU) ruft jetzt die Wirtschaft dazu auf, sich verstärkt auf "die Bedürfnisse" älterer Menschen einzustellen. In der Bundestagsdebatte über den 5. Altenbericht der Bundesregierung verwies die Ministerin am Freitag darauf, dass die Altersgruppe der über 60-Jährigen schon heute ein Drittel des privaten Konsums in Deutschland bestreite. "Da ist ein ganzes Segment an Produkten und Dienstleistungen, die wir besser ausschöpfen können", sagte die CDU-Politikerin.
Kritik an Staatsgarantien für Bauunternehmen Züblin
Menschenrechtsaktivisten, Umweltschützer und Politiker forderten am Freitag die Bundesregierung dazu auf, keine Hermesbürgschaft für den "hoch kontroversen" Ilisu-Staudamm in der Südosttürkei zu vergeben. Vertreibung, Umwelt- und Kulturzerstörung sowie eine Verschärfung des Wasserkonflikts in Nahost wären nach Auffassung der Kritiker Folgen des Projekts. Nach Darstellung der globalisierungskritischen Organisation Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung (WEED) soll die Bundesregierung im vergangenen Dezember dem deutschen Bauunternehmen Züblin mit einer "Grundsatzzusage" signalisiert haben, das Vorhaben unterstützen zu wollen. Mit dieser Zusage seien Auflagen verknüpft, die das Projekt mit internationalen Standards in Einklang bringen sollen. Wie diese Auflagen aber konkret aussähen, hält die Regierung laut WEED geheim.
EU unterstützt E.On bei Machtkampf um spanischen Energiekonzern
Die EU-Kommission unterstützt den deutschen Energieriesen E.On beim Übernahmekampf um den spanischen Energiekonzern Endesa. Die Kommission hat Spanien am Mittwoch förmlich aufgefordert "zu erklären, warum es die Kommissionsentscheidungen über die Rücknahme bestimmter Bedingungen, die die spanische Energieregulierungsbehörde (CNE) E.On im Hinblick auf eine Übernahme von Endesa im Juli 2006 gestellt hatte, und bestimmter weiterer Bedingungen, die E.On durch eine Ministerialentscheidung vom 3. November 2006 auferlegt wurden, nicht eingehalten hat". Die EU-Kommission hatte diese Bedingungen der spanischen Behörde in ihren Entscheidungen vom 26. September und 20. Dezember 2006 "als unrechtmäßig erklärt", weil sie nach Auffassung der Kommission gegen die EU-Fusionskontrollverordnung verstoßen. "Diese Entscheidungen haben unmittelbar bindende Wirkung", betont die Kommission. Sie droht Spanien eine Klage an. Das Land wehrt sich gegen den Übernahmeversuch aus Deutschland.
EU-Kommission genehmigt Übernahme von Eurotecnica durch MAN Ferrostaal
Die Europäische Kommission hat die geplante Übernahme des italienischen Anlagenbauers und Lizenzgebers Eurotecnica durch MAN Ferrostaal Deutschland nach der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt. Nach Auffassung der Kommission wird "der wirksame Wettbewerb" im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) oder in wesentlichen Teilen desselben durch das Vorhaben "nicht erheblich" beeinträchtigt. Auf Antrag der beteiligten Unternehmen wurde das Vorhaben an die EU-Kommission verwiesen, um Einzelprüfungen in den fünf Mitgliedstaaten Deutschland, Italien, Österreich, Slowakei und Slowenien zu vermeiden.
DGB-Jugend legt Studie zu Praktika nach Uni-Abschluss vor
Praktika sind nach dem Studium offenbar zum Normalfall geworden. Die Hälfte der Praktika sei sogar unbezahlt. Das sind zentrale Ergebnissse einer Studie im Auftrag der DGB-Jugend und der Hans-Böckler Stiftung hervor, die die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock am Donnerstag in Berlin vorgestellt hat. Danach schließen fast 40 Prozent der Hochschulabsolventinnen und -absolventen ein Praktikum an, elf Prozent sogar ein zweites. Die Hälfte der im Rahmen der Untersuchung Befragten habe angegeben, "dass ihre Arbeit fest in der Unternehmensarbeit eingeplant war". Lediglich bei 32 Prozent habe das Lernen im Vordergrund gestanden. "Nur rund ein Drittel der Absolventinnen und Absolventen erhielt im Anschluss ein, wie auch immer geartetes, weiteres Beschäftigungsangebot."
Umwelt-Staatssekretär will weniger Windräder im Binnenland
Das Bundesumweltministerium setzt offenbar auf den Ausbau von Windparks durch Großkonzerne, insbesondere an der Küste, im Meer und an ausgewählten Binnenstandorten. Auf der anderen Seite sollen einzelne Windkraftanlagen und kleinere Windparks im Binnenland, die vielfach von Landwirten oder Bürgergemeinschaften betrieben werden, nach dem Willen der Bundesregierung teilweise wieder beseitigt werden. So hat sich der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller, für die Modernisierung bestehender Windparks ausgesprochen. "Alte" Windenergieanlagen sollten durch moderne, leistungsstärkere Anlagen ersetzt werden. Durch dieses so genannte "Repowering" könne "mit weniger Windrädern deutlich mehr Strom produziert werden. Einzelanlagen und bestehende Streulagen können beseitigt und dadurch das Landschaftsbild insgesamt entlastet werden", heißt es in einer Mitteilung des Bundesumweltministeriums vom 27. Januar 2007.
Ärzte fordern Stopp der "Gesundheitsreform"
Zum Abschluss dreitägiger Ärzte-Proteste in Berlin, an denen offenbar jeder zweite der rund 6200 niedergelassenen Mediziner zeitweise teilgenommen hatte, haben Vertreter ärztlicher Organisationen nachdrücklich den Stopp der geplanten Gesundheitsreform gefordert. Zumindest sollte das Vorhaben um ein Jahr verschoben werden, sagte am Freitag der Vorsitzende des Berliner Hartmannbundes, Rudolf Fitzner. Die umstrittene Reform soll Ende nächster Woche vom Bundestag beschlossen werden und zum 1. April in Kraft treten. Der Präsident der Ärztekammer Berlin, Günther Jonitz, forderte die Bundestagsabgeordneten auf, bei der Abstimmung zum so genannten GKV-Wettbewerbstärkungsgesetz (GKV-WSG) nach ihrem Gewissen und nicht nach Fraktionszwang abzustimmen. "Ich appelliere an die Souveränität der Abgeordneten, nicht unter Druck für ein unausgegorenes Gesetzesvorhaben zu stimmen", so Jonitz.
Siemens-Aktionäre mahnen Konzernführung ab
Ein bisschen Selbstkritik, etwas Betroffenheit und viel Optimismus – das schien das Rezept der Siemens-Konzernführung zur Hauptversammlung am Donnerstag zu sein. Doch die Ehrlichkeits- und Charme-Offensive der Konzernoberen fruchtete wenig. Als es um die Entlastung des Aufsichtsratschefs und des Vorstandsvorsitzenden ging, bekamen Heinrich von Pierer und Klaus Kleinfeld eine regelrechte Abmahnung: 34 Prozent des versammelten Kapitals verweigerten Pierer die Entlastung. Auch Konzern-Chef Kleinfeld kam lediglich auf eine Zustimmung von 71 Prozent. Üblicherweise werden auf Hauptversammlungen von großen Konzernen Quoten von 90 und mehr Prozent erreicht.
Anwaltverein gegen Absprachen in Strafprozessen
Die Vorschläge von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) zur gesetzlichen Regelung von Absprachen in Strafverfahren stoßen auf Kritik. Der Vorsitzende des Strafrechtsausschusses im Deutschen Anwaltverein, Stefan König, forderte in der "Berliner Zeitung" eine Rücknahme der Vorschläge. "Die Regelung ist dürftig. Sie verschlechtert die Situation der Angeklagten und der Verteidiger", sagte König. Das Gericht könne sich leichter als bisher von Vereinbarungen lösen, monierte König. Er befürchte zudem, dass die Regelungen den Druck auf Angeklagte zu einer Absprache verstärken werden.
Deutsche Industrie soll sich eigene Rohstoffquellen im Ausland erschließen
Nach Auffassung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) soll sich die deutsche Industrie "mit staatlicher Unterstützung" eigene Rohstoffquellen im Ausland erschließen. Der Aufschwung der Weltwirtschaft und die boomende chinesische Wirtschaft führten zu Versorgungsengpässen auf den Welt-Metallmärkten und zu extremen Preissteigerungen. Die Industrie sollte sich daher stärker im ausländischen Bergbau "engagieren, um künftig eine gesicherte Versorgung zu gewährleisten".
Früherer VW-Personalvorstand Hartz erhält Bewährungsstrafe
Der frühere VW-Personalvorstand Peter Hartz ist wegen Untreue und Begünstigung eines Betriebsratsmitglieds zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Ins Gefängnis muss der Manager also nicht. Außerdem verhängte das Landgericht Braunschweig am Donnerstag gegen den 65-Jährigen eine Geldstrafe in Höhe von 576.000 Euro. Damit folgte das Gericht im ersten Prozess zur Aufarbeitung der Schmiergeldaffäre bei Europas größtem Autohersteller der Forderung der Staatsanwaltschaft. Nach Auffassung des ehemaligen Bundesrichters Wolfgang Neskovic wäre bei einer Schadenssumme von mehr als 2,5 Millionen Euro und Tathandlungen in einem Zeitraum von zehn Jahren eigentlich eine Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren "üblich".
EU verhängt Rekord-Kartellstrafe von mehr als 400 Millionen Euro gegen Siemens
Unmittelbar vor der Siemens-Hauptversammlung am Donnerstag gerät der Konzern weiter unter Druck. Nicht nur eine gigantische Korruptionsaffäre und die Pleite der ehemaligen Handysparte belasten Deutschlands zweitgrößten Industriekonzern schwer. Einen Tag nachdem neue Vorwürfe gegen amtierende Vorstände im Zusammenhang mit Schmiergeldern laut geworden waren, belegte die EU-Kommission den Konzern am Mittwoch mit einem Rekordbußgeld. Der Konzern soll sich maßgeblich an einem Kartell für Schaltanlagen beteiligt haben. Siemens will gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlegen. Die EU-Kommission beschrieb bemerkenswert offen, wie die Kartellabsprachen - auch auf der "Führungsebene" - getroffen wurden und wie versucht wurde, das Kartell zu verschleiern.