DIE Internet-Zeitung

Artikel Seite 224
Politiker-Nebentätigkeiten

Beiräte von Unternehmen "letzte Bastion der legalen Bestechung"

Wenn der Beirat der Hamburg-Mannheimer Versicherungs AG sich einmal jährlich im Sitzungssaal seines Hamburger Geschäftsgebäudes trifft, ist die Atmosphäre eher entspannt. Die Anwesenden lauschen Vorträgen des Gastgebers zur wirtschaftlichen Situation des Unternehmens oder zur Auslandsstrategie der Konzernmutter. Zum Schluss folgt der Punkt "Verschiedenes". Nach insgesamt rund drei Stunden geht man dann zum angenehmen Teil über: Das Unternehmen bittet zu Tisch. Für Beiräte wie FDP-Chef Guido Westerwelle, CDU-Präsidiumsmitglied Volker Rühe oder den SPD-Wirtschaftsexperten Rainer Wend ist das Treffen nicht nur aus kulinarischer Sicht lohnenswert. Jedes Beiratsmitglied erhält 8000 Euro im Jahr.

Internationale Richtlinie

Verbraucherschützer fordern weltweite Kennzeichnung für Gentechnik im Essen

Gentechnisch veränderte Lebensmittel sollen weltweit gekennzeichnet werden. Das fordern der Verbraucherzentrale Bundesverband und der internationale Verbraucherverband Consumers International. Zudem solle eine internationale Richtlinie sichern, dass die bei uns geltenden Kennzeichnungspflichten international akzeptiert werden. In dieser Woche diskutiert die Codex Alimentarius-Kommission in Malaysia den Entwurf einer internationalen Richtlinie zur Gentechnik-Kennzeichnung. Die Aussichten auf eine Einigung bewertet der Bundesverband der Verbraucherzentralen jedoch mit "eher schlecht". Insbesondere Länder, in denen in großem Maße gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden wie die USA und Argentinien widersetzten sich einer umfassenden Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel.

"Ein Stück Energiewende"

Abschaltung des Atomkraftwerks Obrigheim reicht Umweltschützern nicht

Das baden-württembergische Atomkraftwerk Obrigheim soll am Mittwoch nach 36 Jahren Laufzeit stillgelegt werden. Während Bundesumweltminister Jürgen Trittin die angekündigte Abschaltung als "ein weiteres Stück Energiewende" guthieß, nannte der baden-württembergische Wirtschaftsminister Ernst Pfister die Stillegung eine "besonders krasse Form der Kapitalvernichtung". Die Grünen-Bundesvorsitzenden Reinhard Bütikofer und Claudia Roth sagten, die Abschaltung des AKW Obrigheim sei "ein weiterer Schritt auf dem Weg hin zu sozial und ökologisch verantwortbarer Energiegewinnung". Zukunftsfähige Energiepolitik könne nur auf erneuerbare Energien setzen. Nur so entstünden "Arbeitsplätze mit Zukunft". Rund 130.000 Menschen arbeiteten inzwischen im Bereich erneuerbarer Energien. Das seien mehr als im Bereich atomarer Energieerzeugung je gearbeitet hätten. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) nannte den Vorgang "einen längst überfälligen und viel zu kleinen Schritt in die richtige Richtung". Die Stilllegung dieses "Schrottreaktors" sei zwar eine gute Nachricht, sie bleibe jedoch nur ein symbolischer Beitrag beim "notwendigen Atomausstieg". Brigitte Dahlbender, stellvertretende Vorsitzende des BUND-Bundesverbandes, betonte: "Da 95 Prozent der atomaren Kapazität weiter am Netz hängen, sind wir von einem endgültigen Atomausstieg noch sehr weit entfernt."

Rußfilter

Umweltschützer fordern "Umweltzonen" gegen Feinstaub

Die Rußfilter-Förderung reicht nach Ansicht des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) nicht aus, um den Feinstaub zu reduzieren. Zusätzlich zu den von Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) vorgeschlagenen Farb-Plaketten für rußarme Fahrzeuge seien Umweltzonen erforderlich, in denen Dieselautos ohne Partikelfilter verboten seien. Damit ließe sich die Feinstaubbelastung in den Großstädten etwa um ein Viertel senken. Unverzichtbar sei zudem die Einführung der Euro-6-Norm für den Schadstoff-Ausstoß, damit sich auch in diesem Bereich der Stand der Technik durchsetze.

Bürgerentscheide und Kommunalwahlrecht

"Mehr Demokratie" beklagt "Demokratie-Defizit" bei Nordrhein-Westfalens Parteien

Knapp zwei Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hat die Initiative "Mehr Demokratie" ein "Demokratie-Defizit" in den Wahlprogrammen der Parteien beklagt. Fast alle Parteien sparten "die offensichtlichen Missstände" bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden in Städten und Gemeinden aus. Auch zur Modernisierung des Kommunalwahlrechts fehlten meist Aussagen.

Vor Ratifizierung

Ungewöhnlich scharfe Kritik wegen EU-Verfassung

Am kommenden Donnerstag wird der Deutsche Bundestag über die Ratifizierung der EU-Verfassung entscheiden. Es wird eine breite Zustimmung erwartet. In der Union wollen nach Angaben des CSU-Europapolitikers Gerd Müller etwa 20 Abgeordnete von CDU und CSU mit Nein stimmen. Vertreter der deutschen Friedensbewegung nannten die Informationspolitik der Bundesregierung "skandalös". Die Regierung würde "schönen, lügen und verschweigen". Besonders empörend sei die Weigerung der etablierten Parteien, eine Volksabstimmung über die EU-Verfassung zuzulassen. Gerade wenn landauf landab beklagt werde, dass in der Bevölkerung der europäische Einigungsgedanke unterentwickelt sei, wäre es gut gewesen, eine öffentliche Debatte über den Verfassungsvertrag in Gang zu setzen, meint der Bundesausschuss Friedensratschlag. Dessen Ansicht nach entwickelten Bürgerinnen und Bürger nur dann ein Interesse an Europa, wenn sie über "grundlegende Weichenstellungen der europäischen Politik" mitentscheiden dürften. Währenddessen hätten in Frankreich "Demokratie und Transparenz gesiegt", weil auch über die neoliberalen und militaristischen Aspekte der Verfassung offen und breit gesprochen worden sei.

Langzeitstudie

Jedes dritte Kind ohne kindgerechtes Umfeld

Ein Drittel der Mädchen und Jungen in Deutschland lebt in einem nicht kindgerechten Wohnumfeld. Das ist eines der ersten Ergebnisse der Langzeitstudie "Kinder geben Auskunft", die das Deutsche Jugendinstitut am Montag in München vorstellte. Demnach ist die elterliche Wohnung bei jedem dritten Kind unter zehn Jahren klein und schlecht ausgestattet, oft verfügt sie nicht über ein eigenes Kinderzimmer, und auch die nähere Umgebung bietet bei hoher Verkehrsbelastung wenig Spielmöglichkeiten.

Kennzeichnungspflicht

Hessisches Landeslabor hat gentechnisch verändertes Soja entdeckt

Das Hessische Landeslabor hat vier Hackfleischdönerspieße auf gentechnische Veränderung untersucht. Dabei sei festgestellt worden, dass die Döner ein in der EU zugelassenes gentechnisch verändertes Sojaprotein enthalten, welches jedoch vorschriftswidrig nicht gekennzeichnet war. Der Hersteller dieser Hackfleischdöner hat neben hessischen Betrieben auch Firmen in anderen Bundesländern sowie in den Niederlanden und Belgien beliefert, teilte Verbraucherschutzstaatssekretär Karl-Winfried Seif mit.

Klimaschutz und Kosteneinsparung gefährdet

Umweltschützer und Mieterbund warnen vor verwässertem Energie-Pass für Häuser

Der ab 2006 EU-weit vorgeschriebene Energieausweis für Gebäude droht in Deutschland weitgehend wirkungslos zu bleiben, befürchten der Deutsche Mieterbund (DMB) und die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Nach ihren Informationen würde die im Regierungsentwurf der Energieeinsparverordnung vorgesehene Ausgestaltung des neuen Energiepasses weder den Energieverbrauch für potenzielle Mieter oder Käufer transparent machen, noch die erhoffte Sanierungswelle im Altbaubestand auslösen. Die Energievergeudung ginge weiter und würde Mietern bei weiter steigenden Energiepreisen immer höhere Nebenkosten abverlangen. Fortschritte beim Klimaschutz blieben weit unter den erwarteten Möglichkeiten.

17.-19.6.2005 auf Burg Lenzen

Umweltseminar und Praktikumsplätze bei der BUNDjugend in Brandenburg

Feinstaub und Kerosinsteuer- Schlagwörter, die seit Wochen in den Medien zu finden sind. Doch was steckt dahinter und welche Auswirkungen hat dies für uns und unsere Natur? Beim Jugendumweltseminar "Autobahn ins Treibhaus" der BUNDjugend Brandenburg wird diesen Fragen genauer auf den Grund gegangen.Dazu lädt der Umweltverein vom 17. bis zum 19. Juni 2005 alle Jugendlichen von 15 bis 25 Jahren auf die schöne Burg Lenzen in der Prignitz ein.

"Medien selber machen"

Jugendliche lernen in Berlin gute Fotos zu machen

Gute Fotos für die eigene Zeitung machen - das lernen Jugendliche und junge Erwachsene auf dem Foto-Seminar der Reihe "Medien selber machen" vom 20. bis 22. Mai in Berlin. Noch bis nächsten Freitag ist die Anmeldung möglich. Ob für Schülerzeitung oder Tierfreundmagazin - ein gutes Motiv muss man immer finden. Wie das gehen kann und wie es dann richtig festgehalten wird, darum dreht sich das Seminar "Digitale Fotografie". Gemeinsam beschäftigt sich die Gruppe mit den Unterschieden zwischen Digital- und normaler Kamera, der Geschichte der Fotografie und Recherchetechniken um das passende Motiv aufzustöbern.

"LobbyControl"

Neue Initiative will über Machtstrukturen und Lobbygruppen aufklären

Seit Montag möchte eine neue Initiative im Internet für mehr Transparenz und Demokratie sorgen. "LobbyControl" beschreibt sich als zivilgesellschaftliche Initiative, "die über Einflussnahme auf Politik und Öffentlichkeit und über gesellschaftliche Machtstrukturen informieren will". Ausgangspunkt sei "die Analyse, dass Unternehmen, Wirtschaftsverbände und neoliberale Denkfabriken und Eliten immer stärkeren Einfluss auf Politik und Öffentlichkeit nehmen". Ab und zu würden einzelne Affären wie die Nebeneinkünfte von Abgeordneten "Schlaglichter in die Grauzonen politischer Einflussnahme" werfen, schreiben die Kritiker. Aber es gebe zu wenig kontinuierliche und systematische Aufklärung.

Vielsagende Andeutungen?

Journalistenverband thematisiert Einschränkung der Pressefreiheit in Deutschland

"Auch hierzulande, wo Journalisten nicht unmittelbar in Gefahr sind, ist die Presse nicht frei." Dies schreibt die "Journalistinnen- und Journalisten-Union" (dju) anlässlich des Tages der Pressefreiheit. Wie frei und offen können Journalisten überhaupt über die Beschränkung der Pressefreiheit oder über die Einschränkung der Arbeit von Journalisten schreiben, wenn sie feststellen, dass auch hierzulande die Presse nicht frei ist? Der Journalistenverband löst das Problem, indem er auf die Rechte der Medien verweist und sich hinsichtlich der Arbeitsbedingungen von Journalisten in Andeutungen ergeht. Genau genommen, beschreibt der Verband eher die Beschränkung der Freiheiten der Journalistinnen und Journalisten und weniger die der Medienkonzerne.

"Virenalarm für Mittelmeer-Fische"

Gefahr für Mittelmeerfische durch Tunfisch-Futter

Die Fische im Mittelmeer sind nach Einschätzung des WWF durch "exotische" Krankheitserreger stark gefährdet. Verantwortlich dafür seien die Fische, die im großen Stil in den mediterranen Tunfischfarmen verfüttert würden. Diese stammten meist aus anderen Gewässern und schleppten fremde Viren ein, denen ihre Verwandten im Mittelmeer nur wenig entgegenzusetzen hätten, so die Umweltschützer. Stefanie Schmidt, Fischereireferentin des WWF Deutschland hält es für gefährlich, importierten und unverarbeiteten Futterfisch zu verwenden. Die EU müsse diese Praxis verbieten, da das Risiko zu hoch sei, dass sich die Mittelmeerfische mit einem für sie tödlichen Virus ansteckten.

Keine Arbeit, kein Geld

Ostdeutschland fällt bei der Einkommensentwicklung zurück

Bei den Haushaltseinkommen hat sich nach Angaben des DIW Berlin die Schere zwischen Ost und West seit Mitte der 90er Jahre wieder geöffnet. Zu diesem Ergebnis kommen die Wirtschaftsforscher in ihrem aktuellen Wochenbericht 18/2005 auf der Grundlage von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Insbesondere die Erwerbseinkommen hätten nur noch wenig zugenommen. Das sei allein in der schwachen Beschäftigungsentwicklung begründet. Dagegen hätten sich die Löhne und Gehälter in Ostdeutschland seit 1995 weiter - wenn auch in immer kleineren Schritten - an das westdeutsche Niveau angeglichen. Dementsprechend sei die Annäherung der Haushaltseinkommen an das westdeutsche Einkommensniveau in jenen Haushalten am weitesten fortgeschritten, in denen jemand Arbeit hat.

Protestwoche gegen Studiengebühren

Tausende demonstrieren in Stuttgart gegen Studiengebühren

Mit einer Großdemonstration am Mittwoch in Stuttgart haben die Proteste gegen Studiengebühren im Südwesten einen neuen Höhepunkt erreicht. Nach Veranstalterangaben zogen rund 5000 Studenten mit Transparenten und Trillerpfeifen durch die Innenstadt. Die Polizei zählte rund 4000 Teilnehmer. Bei einer Abschlusskundgebung auf dem Marktplatz forderten sowohl Studentenvertreter als auch Gewerkschafter den Erhalt des gebührenfreien Erststudiums. Die Demonstration fand im Rahmen einer bundesweiten Protestwoche gegen Studiengebühren statt.

In der Defensive

Kapitalisten diskutieren Kapitalismus-Kritik

Die Kapitalismus-Debatte entzweit offenbar die Wirtschaft. Der frühere Chef und jetzige Vizepräsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, distanzierte sich am vergangenen Donnerstag von Aussagen seines Nachfolgers Jürgen Thumann zu diesem Thema. "Der BDI sollte sich deutlich gegen populistische Kritik an den Unternehmen stemmen und nicht in die Musik der Weichmacher einstimmen", sagte Rogowski der "Berliner Zeitung". Thumann hatte dagegen am Wochenende zuvor eine "Mitverantwortung" der Wirtschaft "an der aktuellen Debatte" eingeräumt. BDI-Vizepräsident Diether Klingelnberg warnte jetzt BDI-Präsident Thumann vor einer Spaltung des Arbeitgeberlagers. "Wir dürfen uns nicht auch noch gegenseitig auseinanderdividieren", sagte er. Er sei überrascht über die Äußerungen Thumanns. Zahlreiche öffentlichen Äußerungen lassen erahnen, wie heftig es hinter den Kulissen kracht.

"Familiensolidarität"

Pflichtteile bei Erbe verfassungsgemäß

Kinder können beim Tod der Eltern auch bei Streichung aus dem Testament in den allermeisten Fällen einen Pflichtteil am Nachlass beanspruchen. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss entschieden. Das Gericht bestätigte damit die gesetzlichen Normen über Pflichtanteile von Nachfahren und zur Enterbung als verfassungsgemäß. Das Pflichtteilsrecht sei Ausdruck der "Familiensolidarität", die Verantwortung füreinander als Pflicht ansehe, urteilten die Richter. Diese Maßgabe setze dem Erblasser Grenzen, bei Entfremdung zu den Kindern diese durch Enterbung zu "bestrafen".

"Milliardenschwere Steuergeschenke"

"Ernsthafte Gedanken" zur Rücknahme steuerfreier Veräußerungsgewinne

In der SPD werden Forderungen laut, die von Rot-Grün eingeführte Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen bei Unternehmensverkäufen wieder rückgängig zu machen. Dies solle eine Konsequenz aus der Kapitalismuskritik sein, sagten der Chef der Saar-SPD, Heiko Maas, und der Vorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft der Selbständigen, Jörg Schintze, der "Leipziger Volkszeitung". "Es kann nicht nur bei der Analyse bleiben, sondern wir müssen uns jetzt ernsthaft Gedanken über Konsequenzen im praktischen Regierungshandeln machen", forderte Maas.

"30-Stunden-Schichten"

Mediziner an Uni-Kliniken protestieren gegen schlechte Arbeitsbedingungen

An zahlreichen Universitätskliniken haben Ärzte am Montag vorübergehend ihre Arbeit niedergelegt. Mit Protestaktionen und Warnstreiks demonstrierten sie für bessere Arbeitsbedingungen und eine adäquate Vergütung. An den Aktionen beteiligten sich insgesamt rund 5000 Mediziner. Der Sprecher der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Athanasios Drougias, protestierte die "miesen" Arbeitsbedingungen für Krankenhausmediziner mit 30-Stunden-Schichten. Die Ärzte forderten auf Flugblättern eine Bezahlung, die dem europäischen Vergleich standhalte. Die Mediziner setzten sich ferner für eine vollständige Bezahlung von Überstunden und Bereitschaftsdiensten ein. Hunderte junge Ärzte wanderten wegen schlechter Bedingungen ins europäische Ausland ab, hieß es. Deutschland bezahle seine Klinikärzte so schlecht wie kaum ein anderes Land in Europa.