Stein- und Farbattacke auf Wohnhaus von Bundesarbeitsminister Scholz
Auf das Hamburger Wohnhaus von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) war offenbar Ziel einer Stein- und Farbattacke. Der Anschlag auf das Gebäude in Hamburg-Altona sei in der Nacht zum Donnerstag verübt worden. Unbekannte hätten Steine und Gläser mit Farbe gegen das Haus geworfen, sagte eien Polizeisprecherin. Verletzt worden sei niemand. Zum Zeitpunkt des Übergriffs habe sich die Frau des Ministers, die Hamburger SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Britta Ernst, in der im zweiten Stock des Hauses gelegenen Wohnung aufgehalten. Scholz selbst sei nicht anwesend gewesen.
Deutsche beklagen Abwärtstrend bei medizinischer Versorgung
Mit dem deutschen Gesundheitssystem geht es nach Ansicht der Mehrheit der Bevölkerung abwärts. Laut einer am 21. November in Berlin vorgestellten Studie haben 56 Prozent der Deutschen in den vergangenen zwei bis drei Jahren eine Verschlechterung der Versorgung ausgemacht. Vor allem Mitglieder gesetzlicher Kassen fühlen sich unzureichend abgesichert. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, Aufsichtsratsmitglied der privaten Rhön-Klinikum AG, sprach von einem "Trend zur Zweiklassenmedizin". Der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Klaus Vater, sagte, die Studie diene rein "privatwirtschaftlichen Zwecken" und stehe im Widerspruch zu anderen Umfragen. Offenbar soll die Auftragsstudie den Privatkassen als Werbemaßnahme dienen.
Karlsruhe prüft automatische Kennzeichenerfassung
Das Bundesverfassungsgericht prüft am 20. November die Rechtmäßigkeit der automatischen Erfassung von Autokennzeichen durch die Polizei. Der Erste Senat verhandelt über Verfassungsbeschwerden von Autofahrern gegen entsprechende Polizeigesetze in Schleswig-Holstein und Hessen. Demnach können auf öffentlichen Straßen und Plätzen Autokennzeichen per Kamera für einen elektronischen Abgleich mit Fahndungsdateien automatisch gescannt werden. Die Erfassung kann - wie bei Radarfallen zur Tempomessung - stationär oder mobil erfolgen.
Große Koalition billigt Abkommen zu Weitergabe von Fluggast-Daten
Der Bundestag hat die Übermittlung von Fluggastdaten an die USA gebilligt. Mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit von Union und SPD billigte das Parlament am 15. November in Berlin das entsprechende Abkommen zwischen der EU und den USA vom Juli dieses Jahres einschließlich der damit verbundenen Dokumente. Die Oppositionsfraktionen votierten geschlossen gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung und sprachen von einen "Dammbruch" beim Datenschutz.
"Sensation beim Bürgerbegehren gegen Stuttgart 21"
Der Stuttgarter Regionalgeschäftsführer des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Gerhard Pfeifer, spricht von einer "Sensation": In nur knapp sechs Wochen hat das Bündnis gegen den neuen Stuttgarter Hauptbahnhof offenbar 67.000 Unterschriften "gegen das Milliardengrab" gesammelt. Die Unterschriften wurden am 14. November im Rathaus übergeben. "In keiner Stadt Baden-Württembergs wurden für ein Bürgerbegehren in so kurzer Zeit je so viele Unterschriften gesammelt", so Pfeifer. Für ihn ist das "ein phänomenales basisdemokratisches Votum, dem sich die Stadt nicht widersetzen sollte". Das Bündnis fordert die Landeshauptstadt auf, umgehend einen Bürgerentscheid über das Großprojekt in die Wege zu leiten.
Arbeitsminister Franz Müntefering tritt zurück
Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD), dessen Position zum Arbeitslosengeld I zuletzt weder vom SPD-Bundesvorstand noch vom SPD-Bundesparteitag unterstützt wurde, tritt zurück. Ein Sprecher Münteferings hatte am 13. November erklärt, dass der Arbeitsminister nach zwei Jahren aus "ausschließlich familiären Gründen" seine Funktionen niederlegen werde. Nachfolger soll der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Olaf Scholz, werden. Vizekanzler wird nach SPD-Angaben Außenminister Frank-Walter Steinmeier.
Einstellung von rund 1000 Verfahren gegen G8-Gegner
Als einen justiziellen Offenbarungseid erster Ordnung bezeichnete das "Rostocker Antirepressionsbündnis" die jüngste Äußerung des Sprechers des Schweriner Innenmministeriums, Torsten Diederichsen, nach der etwa 90 Prozent der gegen G8-Gegner eingeleiteten Ermittlungsverfahren unter anderem wegen fehlenden Tatbestands eingestellt werden. Die von dem Bündnis verschiedener linker Gruppen für kommenden Samstag in Rostock geplante "Demonstration gegen Überwachungsstaat und Justizwillkür" bekomme durch diese jüngsten Entwicklungen eine unerwartete Aktualität, meint das Antirepressionsbündnis. "Mit der sich jetzt überwiegend als grundlos herausstellenden Ermittlung gegen 1200 Personen, ist das Maß an Willkür deutlich geworden, mit der die G8-Polizeitruppe Kavala agiert hatte."
Bundestag beschließt Vorratsdatenspeicherung
Nach der Verabschiedung des Gesetzes zur Telekommunikationsüberwachung im Bundestag droht seitens der Gegner eine Massenklage vor dem Bundesverfassungsgericht. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung kündigte am 9. November an, die mit rund 7000 Teilnehmern die bisher "größte Verfassungsbeschwerde" einzureichen, wenn das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird.
Ärzteverband kritisiert Arbeitsbedingungen an kirchlichen Kliniken
Kirchliche Krankenhäuser beuten nach Darstellung des Marburger Bundes ihre Ärzte aus. Bei den Arbeitsbedingungen für Mediziner stünden kirchliche Krankenhäuser an letzter Stelle. Trotz des christlichen Selbstverständnisses sei "die Ausbeutung ärztlicher Arbeitskraft in diesen Kliniken mit am schlimmsten", kritisierte der Marburger Bund am 9. November in Berlin. Der Marburger Bund berief sich auf eine vom Ärzteverband in Auftrag gegebene Umfrage unter rund 80.000 stationär tätigen Medizinern. Danach werden im Vergleich zu öffentlichen Kliniken in kirchlichen Häusern mehr illegale Dienste abverlangt, Überstunden noch schlechter vergütet und Arbeitszeiten kaum erfasst. Die Kirchenverbände wehrten sich umgehend gegen den Vorwurf.
IG Metall will gegen Niedriglöhne für Zeitarbeiter vorgehen
Die IG Metall will verstärkt gegen Niedriglöhne in der Zeitarbeit vorgehen. "Wir wollen in mehreren hundert Betrieben eine gleiche Bezahlung für Leiharbeiter und Festangestellte durchsetzen", sagte der Vizechef der IG Metall, Detlef Wetzel, der "Frankfurter Rundschau". Künftig werde es in mehr Unternehmen als bisher Konflikte um die Leiharbeit geben. Die bundesweite Kampagne der Gewerkschaft zur Leiharbeit starte Anfang des Jahres.
Internationale Energieagentur soll Öffentlichkeit täuschen
Der energiepolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Hans-Josef Fell, glaubt nicht an die Zahlen, die die Internationale Energieagentur (IEA) soeben in ihrem "World Energy Outlook 2007" öffentlich gemacht hat. Der Report sei in wichtigen Teilen "realitätsfremd". Vor allem bei der Erdölversorgung ignoriere sie die Fakten. Die IEA gehe von einer drastischen Steigerung des Erdölverbrauchs bis zum Jahr 2030 aus. Dabei postuliere sie, dass die Erdölförderung bis 2030 um ein Drittel zunehmen werde. "Dies ist völlig illusorisch", meint Fell. "Schon heute bei etwas über 80 Millionen Barrel kommt die Förderung der Nachfrage kaum hinterher."
Neuer IG-Metall-Chef Huber macht Mitgliederwerbung zum Programm
Der neue IG-Metall-Chef Berthold Huber hatdie Mitglieder seiner Gewerkschaft zu einem konsequenten Umdenken aufgefordert. In seiner Rede sagte er am 7. November auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall in Leipzig, seine Gewerkschaft könne ihre Ziele nur mit einer "Revolution in unseren Köpfen" verwirklichen. Die Gewinnung neuer Mitglieder sei dabei angesichts der zunehmenden Überalterung und der Abgänge in den vergangenen Jahren die entscheidende Frage. Zugleich forderte Huber eine "neue Arbeitszeitdebatte". Ein Abrücken von der 35-Stunden-Woche, deren Einführung auch im Osten das Ziel bleibe, gebe es jedoch mit seiner Gewerkschaft nicht.
Tausende gegen Überwachung auf der Straße
Bei Regen, Hagel und Temperaturen nur wenig über dem Gefrierpunkt demonstrierten am Dienstag bundesweit Tausende Menschen gegen die von der Bundesregierung geplante vollständige Speicherung aller Kommunikationsdaten. In rund 40 Städten kritisierten die Demonstranten, die sogenannte Vorratsdatenspeicherung stelle einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel dar: Jeder Bürger sei künftig verdächtig und müsse seine Unschuld beweisen.
Koalition will Vorratsdatenspeicherung am Freitag "durchpeitschen"
Bereits am Freitag und mit nur 30 Minuten Zeit soll der Bundestag die umstrittene Vorrats-Speicherung sämtlicher Kommunikations-Daten beschließen. Gegenüber ngo-online bestätigte das Parlament am Dienstag eine entsprechende Änderung der Tagesordnung. Die Opposition kritisierte das geplante "Schnellverfahren", in dem die Regierungskoalition die sogenannte Vorratsdatenspeicherung "durchpeitschen" wolle. Der Gesetzentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung sieht vor, ab dem nächsten Jahr alle Telekommunikationsunternehmen verpflichten, Daten über die Kommunikation ihrer Kunden auf Vorrat zu speichern. Um Straftaten besser verfolgen zu können, soll gespeichert werden, wer im vergangenen halben Jahr per Handy, Festnetz-Telefon oder E-Mail mit wem in Verbindung gestanden hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS sollen auch der jeweilige Standort des Benutzers und die eindeutige Seriennummer des Telefons festgehalten werden. Bis spätestens 2009 soll zudem die Nutzung des Internet nachvollziehbar werden. Juristen halten die Pläne für verfassungswidrig. Kritiker rufen dazu auf, den Bundestags-Abgeordneten des eigenen Wahlkreises zur Nein-Stimme aufzufordern: Die Abstimmung ist namentlich.
Bundesregierung will auf Erbschaftssteuern von Unternehmen weitgehend verzichten
Es ist ein dickes Geschenk für die Erben von Unternehmen. Nach monatelangen Debatten haben sich Union und SPD auf eine "Reform" der Erbschaftssteuer rückwirkend zum 1. Januar 2007 verständigt. Das Gesetz mit deutlich erhöhten Freibeträgen und weitgehender Verschonung betrieblicher Vermögen soll noch in diesem Jahr erstmals im Bundestag beraten werden, kündigte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) am 5. November in Berlin an. Die Bundesregierung will auf Erbschaftssteuern von Unternehmen unter bestimmten Umständen großteils verzichten.
Bundesweite Demonstrationen gegen Vorratsdatenspeicherung am Dienstag
Datenschützer haben für Dienstag zu bundesweiten Demonstrationen gegen die geplante Einführung der Vorratsdatenspeicherung aufgerufen. Wie der "Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung" am Montag mitteilte, sollen in über 40 deutschen Städten Protestkundgebungen stattfinden, darunter in Köln, Karlsruhe, Stuttgart, München, Dresden und Hamburg. In Berlin sind für die zentrale Kundgebung vor dem Reichstagsgebäude unter anderem Reden von Hans-Christian Ströbele (Grüne), Petra Pau (Linke) und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) geplant. Die Bundesregierung plant, Telekommunikationsdaten aller Bürger in Deutschland verdachtsunabhängig sechs Monate auf Vorrat zu speichern.
Haftstrafe für Ex-Krankenkassenvorstand wegen Untreue
Wegen Veruntreuung von Geldern im großen Stil müssen das Ex-Vorstandsmitglied einer nordhessischen Krankenkasse und eine dort früher arbeitende Vorstandssekretärin für jeweils drei Jahre ins Gefängnis. Das Kasseler Landgericht befand das Ehepaar am 1. November für schuldig, die Betriebskrankenkasse in den Jahren 2000 bis 2003 um fast 800.000 Euro geprellt zu haben. Der 38-jährige Mann und seine 44-jährige Frau sollen "ohne entsprechende Gegenleistung" ihre Gehälter durch Prämien verdoppelt und überdies in großem Stil für nicht erbrachte oder bereits bezahlte Überstunden kassiert haben.
Lokführer dürfen streiken
Das Sächsische Landesarbeitsgericht hat die Beschränkung des Streikrechts für Lokführer der Bahn aufgehoben. "Im Ergebnis sind damit Streiks im gesamten Bahnverkehr zulässig", teilte das Gericht mit. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac nahm das Urteil mit Befriedigung zur Kenntnis. Das Arbeitsgericht, dessen vorherige Entscheidung nun aufgehoben wurde, hatte nach Auffassung von Attac "höchst fragwürdig argumentiert und das Streikrecht der Arbeitnehmer nicht respektiert". Die Begründung, dies würde zu viel ökonomischen Druck erzeugen, sei schlichtweg absurd, "da es das Ziel eines jeden Streikes ist, ökonomischen Druck zu erzeugen", so Attac. Nach Arbeitsrecht seien Streiks nur dann zu unterlassen, wenn das Unternehmen dadurch existenziell gefährdet werde. Davon könne bei der Deutschen Bahn jedoch keine Rede sein.
Verwaltungsgericht bezweifelt Verfassungsmäßigkeit von Studiengebühren in Hessen
Das Verwaltungsgericht Gießen zweifelt ernsthaft daran, ob die an hessischen Hochschulen eingeführten Studiengebühren mit der Landesverfassung vereinbar sind. In einem ausführlich begründeten Eilbeschluss vom 30. Oktober hat das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen einen Studienbeitragsbescheid angeordnet. Den Grund für ihre Zweifel sehen die Verwaltungsrichter darin, dass nach Artitkel 59 der Landesverfassung eine gesetzliche Anordnung von "Schulgeld" nur ergehen kann, "wenn die wirtschaftliche Lage des Schülers, seiner Eltern oder der sonst Unterhaltspflichtigen es gestattet". Die Vorschrift gebe nicht nur das Ziel vor, jedem Studierwilligen die Möglichkeit einer Hochschulausbildung unabhängig von seiner wirtschaftlichen Lage zu gewähren, sondern auch das Mittel, das darin bestehe, von wirtschaftlich nicht Leistungsfähigen keine Studienbeiträge zu erheben.
Bundesweit 150 geothermische Kraftwerke in Planung
In Kürze werden zwei neue Geothermiekraftwerke in Landau und in Unterhaching Strom und Wärme liefern. Nach Einschätzung der parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Astrid Klug, stehen die Zeichen in der Geothermiebranche auf Wachstum. Dies lasse sich an der Zahl der Genehmigungen für Geothermiekraftwerke erkennen. Deutschlandweit seien rund 150 Projekte in der Planung. Das Investitionsvolumen dieser Projekte werde auf 4 Milliarden Euro geschätzt. "Wir wollen Investitionshemmnisse weiter abbauen. Deshalb planen wir, die politischen Rahmenbedingungen für die Geothermie mit der Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und mit Erneuerbaren Energien Wärmegesetz deutlich zu verbessern. Dies wird helfen, die Wirtschaftlichkeit und die Planungssicherheit der Projekte zu erhöhen", so Klug.