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Ökonomischer Druck

Lokführer dürfen streiken

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Das Sächsische Landesarbeitsgericht hat die Beschränkung des Streikrechts für Lokführer der Bahn aufgehoben. "Im Ergebnis sind damit Streiks im gesamten Bahnverkehr zulässig", teilte das Gericht mit. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac nahm das Urteil mit Befriedigung zur Kenntnis. Das Arbeitsgericht, dessen vorherige Entscheidung nun aufgehoben wurde, hatte nach Auffassung von Attac "höchst fragwürdig argumentiert und das Streikrecht der Arbeitnehmer nicht respektiert". Die Begründung, dies würde zu viel ökonomischen Druck erzeugen, sei schlichtweg absurd, "da es das Ziel eines jeden Streikes ist, ökonomischen Druck zu erzeugen", so Attac. Nach Arbeitsrecht seien Streiks nur dann zu unterlassen, wenn das Unternehmen dadurch existenziell gefährdet werde. Davon könne bei der Deutschen Bahn jedoch keine Rede sein.


In der jetzt aufgehobenen Entscheidung hatte es das Arbeitsgericht Chemnitz der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) untersagt, ihre Mitglieder und sonstige Arbeitnehmer, die bei der DB Fernverkehr AG oder der Railion Deutschland AG beschäftigt sind, zu Streiks aufzurufen und/oder Streiks in den Betrieben dieser beiden Unternehmen durchzuführen, um den Abschluss eines eigenständigen Tarifvertrages mit bestimmten in einer Anlage genannten Inhalten durchzusetzen. Die dagegen eingelegte Berufung der Gewerkschaft Deutscher Lokführer hatte nun beim Landesarbeitsgericht Erfolg.

Die Bahn hingegen unterlag vor Gericht. So blieben die Berufungen der DB RegioNetz Verkehrs GmbH, der DB Regio AG sowie des Arbeitgeberverbandes der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister gegen dasselbe Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz ohne Erfolg, mit denen der Bahn-Konzern die Untersagung von Streiks auch auf die DB Regio NRW GmbH, die S-Bahn Hamburg GmbH, die S-Bahn Berlin GmbH sowie die DB ZugBus Regionalverkehr Alb-Bodensee GmbH erstrecken wollte.

Nach Auffassung des Sächsischen Landesarbeitsgerichts steht selbst der Grundsatz der Tarifeinheit dem Nebeneinander mehrerer konkurrierender Gewerkschaften nicht entgegen. "Vielmehr setzt er Tarifpluralität, also den Abschluss mehrerer Tarifverträge über denselben Regelungsgegenstand gerade voraus. Dementsprechend ist es einer Koalition unbenommen, sich um den Abschluss eines spezielleren, einen konkurrierenden Tarifvertrag verdrängenden Tarifvertrag zu bemühen."

"Würde jedes Mal, wenn der Arbeitgeber nicht freiwillig zu Tarifverhandlungen mit einer Gewerkschaft bereit ist, bereits bei der Frage der Zulässigkeit/Verhältnismäßigkeit eines Streiks auf einen Tarifvertrag abgestellt, über den noch inhaltlich verhandelt werden muss und dessen abschließender Inhalt noch gar nicht feststeht, würde eine nicht zu rechtfertigende Vorverlagerung der Prüfung des Tarifvorrangs stattfinden", so die Richter.

Zentraler Bewertungsmaßstab für die Zulässigkeit des Streiks sei daher der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im weiteren Sinn, so die Verwaltungsrichter. Bei der Ausgestaltung des Arbeitskampfrechts hätten die Gerichte insbesondere zu beachten, dass jegliche Reglementierung zugleich eine Beschränkung der grundgesetzlich gewährleisteten Betätigungsfreiheit darstelle, "die der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedarf". Aus der Bedeutung des Artikel des Grundgesetzes "als Freiheitsrecht der Koalitionen und der Staatsferne der Koalitionsfreiheit" folge, "dass die Wahl der Mittel, welche die Koalition zur Erreichung des Zwecks der Regelungen für geeignet halten, den Koalitionen selbst obliegt".

Es sei grundsätzlich den Tarifvertragsparteien selbst überlassen, "ihre Kampfmittel an sich wandelnde Umstände anzupassen". Eine Bewertung von Arbeitskampfmaßnahmen durch die Fachgerichte als rechtswidrig komme deshalb grundsätzlich nur in Betracht, wenn eine Arbeitskampfmaßnahme offensichtlich ungeeignet und unverhältnismäßig sei. "Was im hier zu entscheidenden Fall nicht gegeben ist", so das Gericht

Neskovic: Landesarbeitsgericht hebt verfassungswidrige Zensur des Streikrechts auf

Der ehemalige Bundesrichter und Linksabgeordnte Wolfgang Neskovic kommentierte, das Urteil des Landesarbeitsgerichts sei "als wohltuend zu begrüßen, weil es die durch das Arbeitsgericht Chemnitz verfügte verfassungswidrige Zensur des Streikrechts aufgehoben hat". Zum Grundrecht auf Streik gehöre das Recht der Gewerkschaften, vorrangig selbst darüber zu befinden, ob eine Arbeitskampfmaßnahme geeignet und erforderlich sei, Druck auf den Arbeitgeber auszuüben.

"Wirtschaftliche Auswirkungen für die Arbeitsgeber und mittelbar auch für Dritte liegen im Wesen eines Streiks", so Neskovic. Durch Zufügung wirtschaftlicher Nachteile solle er den notwendigen Druck entwickeln, um das Streikziel zu erreichen. "Dem Prinzip der Kampfparität wird nur ein nicht gerichtlich zensierter Streik gerecht", so Neskovic.

Attac: Lokführer streiken nach jahrelangen Reallohneinbußen Nach Auffassung von Pedram Shahyar vom Attac-Koordinierungskreis sind die Forderungen der Lokführer nach deutlichen Lohnerhöhungen "mehr als gerechtfertigt". Nach jahrelangen Reallohneinbußen sei es höchste Zeit, dass die Beschäftigten dafür streiten.

Der Bahnexperte und Privatisierungsgegner Winfried Wolf sagte: "Bahnchef Mehdorn, der ehemalige Airbus-Manager, und Vorstandsmitglied Suckale, die zuvor bei Mobil Oil managte, lehnen jeden Kompromiss mit der GDL ab. Sie wissen: Eine Niederlage der GDL und eine Zerschlagung dieser kämpferischen Gewerkschaft wird den Marktwert des Unternehmens steigern und die Privatisierungspläne neu beleben. Umgekehrt bringt ein Erfolg der GDL diejenigen, die den Totalausverkauf der Bahn an private Investoren planen, noch mehr in die Defensive."

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