Januar 2007
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Klage gegen EU-Kommission für "Verschmutzungsrechte" möglich
Die deutsche Bundesregierung schließt im Interesse der Stromkonzerne eine Klage gegen die EU-Kommission wegen der Vorgaben für die deutschen "Luftverschmutzungsrechte" zwischen 2008 und 2012 nicht aus. Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg sagte am Mittwoch in Berlin, man gehe in dem Streit zwar weiter von einer einvernehmlichen Lösung mit der EU-Kommission aus. Es werde aber im weiteren Verfahren keine Option ausgeschlossen. Dazu gehöre auch der Klageweg. In der nächsten Woche will das Bundeskabinett sich mit der Frage erneut befassen.
"Prostitution ist kein Beruf wie jeder andere"
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den unter Federführung des Bundesfamilienministeriums erstellten Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 1 Januar 2002 beschlossen. Ziel des unter Rot-grün beschlossenen Gesetzes sei es gewesen, die rechtliche und soziale Lage von Prostituierten zu verbessern. "Der Zugang zur Sozialversicherung sollte ermöglicht, die Begleitkriminalität zurückgedrängt, gesundheitliche Gefährdung von Prostituierten abgebaut und der Ausstieg aus der Prostitution erleichtert werden. Doch dies ist nicht ausreichend gelungen", heißt es in einer Mitteilung des Familienministeriums. Nach Auffassung von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen ist "Prostitution kein Beruf wie jeder andere". Ausstieg sei das Ziel.
Gewerkschaft Ver.di gegen Privatisierung der Deutschen Bahn AG
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di wendet sich gegen einen "Ausverkauf der Bahn". Die Privatisierung der Deutschen Bahn AG sei "verkehrspolitisch falsch", meint die Gewerkschaft. Sie solle "als integriertes Unternehmen im vollständigen Staatseigentum" bleiben. Diesen Willen hat der ver.di-Bundesvorstand mit Beschluss vom 22. Januar 2007 in Berlin bekundet. Ihm geht es vor allem darum, die Schiene als "strategisch wichtigen Verkehrsträger" zu bewahren. Eine Privatisierung widerspräche dem Ziel der Bahnreform, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen.
Regierungssprecher verteidigen Steinmeier
Im Fall des Ex-Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz behauptet die Bundesregierung weiterhin, dass es kein offizielles Entlassungsangebot aus den USA gegeben habe. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg und Außenamtssprecher Martin Jäger sagten am Mittwoch in Berlin, ein Angebot setze voraus, dass jene, die es machen, dieses auch einlösen könnten. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) habe daher am Dienstag ausdrücklich von einem "offiziellen Angebot" gesprochen, das er nicht erhalten habe. Zu am Mittwoch veröffentlichten Dokumenten mit einem angeblichen US-Entlassungsangebot wollte Steg jedoch mit Hinweis auf die "Aufklärungsarbeit" des Bundestags-Untersuchungsausschusses keine Stellung nehmen.
Brüsseler CIA-Sonderausschuss sieht im Fall Kurnaz Versagen von Rot-Grün
Im Fall des ehemaligen Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz stützt das Europäische Parlament die Vorwürfe der Opposition gegen die frühere Bundesregierung. In dem am Dienstag verabschiedeten Abschlussbericht des CIA-Sonderausschusses wird festgestellt, dass die rot-grüne Regierung nach "vertraulichen institutionellen Informationen" im Jahr 2002 ein Angebot der USA zur Überstellung des Bremer Türken nach Deutschland nicht angenommen habe. Damit sieht die Opposition den früheren Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier (SPD) noch stärker unter Druck und verlangte eine rasche Aussage des Außenministers vor dem BND-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Die Koalition wandte sich erneut gegen "Vorverurteilungen".
Mikrofone im Büro des Links-Abgeordneten Neskovic entdeckt
Der Fund zweier Mikrofone im Bundestagsbüro des Links-Abgeordneten Wolfgang Neskovic hat am Dienstag in Berlin für Aufregung gesorgt. Eine Untersuchung der Bundestagsverwaltung gemeinsam mit Experten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik soll ergeben haben, dass mit den Geräten "allein" ein Abhören, Aufzeichnen oder Weiterleiten des gesprochenen Wortes nicht möglich sei. Die Staubablagerung auf den Deckenlampen deute darauf hin, dass die Lampen nicht manipuliert worden sind, hieß es.
Siemens weist Vorwürfe des "Wall Street Journal" zurück
Der wegen üppiger Schwarzgeld-Konten ins Visier der Staatsanwaltschaft geratene Siemens-Konzern wehrt sich gegen Medienberichte über eine Verwicklung der Vorstände Joe Kaeser und Rudi Lamprecht in das System illegaler Kassen. Sowohl Finanzvorstand Kaeser als auch Vorstandsmitglied Lamprecht "weisen diese verleumderischen Beschuldigungen mit aller Entschiedenheit zurück", teilte das Unternehmen am Dienstag in München mit. Beide Vorstände seien bislang nicht von der Staatsanwaltschaft kontaktiert worden. Zudem gebe es nach ihren Erkenntnissen auch keine Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen sie. Beide Manager hätten dem Konzern gegenüber deutlich gemacht, dass sie nicht in diesen Fall involviert gewesen seien, hieß es weiter.
Multinationale Konzerne profitieren offenbar am meisten von Agrarsubventionen
Wer kassiert die meisten EU-Agrarsubventionen im Lande? Diese Frage verbanden mehrere Verbände am Dienstag in Berlin mit der Forderung, den Förder-Dschungel zu lichten. Anläßlich der Grünen Woche machten die in der Transparenz-Initiative zusammengeschlossenen Organisationen Oxfam, Bund für Umwelt und Natuschutz Deutschland (BUND), Greenpeace-Aktivisten und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, erstmals Namen großer Subventionsempfänger öffentlich. Mit über sechs Milliarden Euro jährlich finanzierten die europäischen Steuerzahler die Agrar- und Ernährungswirtschaft in Deutschland. "Multinationale Konzerne gehören zu den größten Profiteuren von Agrarsubventionen", sagte Marita Wiggerthale, Agrarreferentin bei Oxfam Deutschland zu den Rechercheergebnissen.
Außenminister Steinmeier unter Druck der Opposition
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) steht wegen des Ex-Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz unter massivem Druck seitens der Opposition. Bundesregierung und Koalitionsvertreter wandten sich am Montag gegen eine "Vorverurteilung" Steinmeiers. Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg widersprach der Darstellung, dass schon im Herbst 2002 der Fall Kurnaz "klar" gewesen sei. Die FDP forderte Steinmeier zu einer "sofortigen Erklärung" auf. Der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl forderte eine "schnellstmögliche" Sondersitzung des BND-Untersuchungsausschusses zur Befragung von Steinmeier. Als Kanzleramtsminister ist Steinmeier nach einer Aussage des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) seinerzeit für die Entscheidung zuständig gewesen, Kurnaz nicht nach Deutschland zurückkehren zu lassen.
Konferenz diskutiert Rückgang der Tunfisch-Bestände
Fischereivertreter haben am Montag in der westjapanischen Hafenstadt Kobe mit Beratungen über Maßnahmen gegen den Rückgang der Tunfischbestände begonnen. Der Tunfisch gilt als einer der begehrtesten, und deshalb stark gefährdeten Fische. An den Beratungen nehmen Vertreter der Fischfangindustrie, Umweltschützer und auch der regionalen Regulierungsbehörden für den Atlantik, den Pazifik und den Indischen Ozean teil. Die Konferenz vom 22. bis 26. Januar führt erstmals die fünf regionalen Kommissionen zum Tunfisch-Schutz zusammen. Gastgeber Japan ist eine der Nationen mit dem höchsten Tunfischverbrauch. Umweltschützer hatten japanischen Fischern wiederholt vorgeworfen, die Tunfischbestände zu überfischen.
Opus Dei will erstes deutsches Jungengymnasiums in Potsdam gründen
Mitglieder der rechtskatholischen Organisation "Opus Dei", die von Kritikern auch als "Elitetruppe des Vatikan" bezeichnet wird, wollen in Potsdam ihr erstes deutsches Jungengymnasium gründen. "Wir möchten das Gymnasium christlich prägen. Der Religionsunterricht soll von Priestern des Opus Dei gehalten werden", sagte Christoph Rüssel, Vorsitzender der Elterninitiative "Freie Schulen Brandenburg e.V.", der "Berliner Zeitung". Rüssel ist nach Darstellung des Blattes bekennendes Opus-Dei-Mitglied. Geplant ist laut Rüssel ein zweizügiges Jungengymnasium für 300 Schüler. Es soll in den Alten Pferdeställen der Ruinenberg-Kaserne im Bornstedter Feld entstehen.
Merkel für ökologische, konventionelle und Gentech-Landwirtschaft
Gemeinsam mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag die 72. Internationale Grüne Woche in Berlin eröffnet. Merkel erklärte, ökologische und industrielle Agrarproduktion seien miteinander vereinbar. Die Konfrontation zwischen traditioneller und ökologischer Landwirtschaft sei überwunden. Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer behauptete, aus der Vielfalt sei "eine positive Stimmung für die Bauern entstanden". In der Bio-Branche und den alternativen Energien sieht die Kanzlerin große Chancen für die Zukunft der deutschen Landwirtschaft. Die Dimension von Biogas, Biokraftstoffen und Windenergie dürfe nicht unterschätzt werden. Eine "tragfähige Lösung" forderte Merkel auch für die "Grüne Gentechnik", also für den Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen und Tiere in der Landwirtschaft.
Bundestag billigt Anti-Doping-Übereinkommen
Der Bundestag hat den Weg zur Ratifizierung des internationalen Anti-Doping-Übereinkommens durch Deutschland frei gemacht. Das Parlament billigte am Freitag in Berlin einstimmig das Abkommen, mit dem erstmals eine Grundlage für eine weltweit einheitliche Dopingbekämpfung im Sport geschaffen wird. Danach verpflichten sich die Vertragsstaaten unter anderem dazu, Maßnahmen zu ergreifen, "um die Anwendung und den Besitz verbotener Wirkstoffe und Methoden durch Athleten im Sport zu verhüten".
Sollen sich Fischer, Schily und Steinmeier bei Kurnaz entschuldigen?
Die Grünen fordern personelle Konsequenzen aus dem Fall des ehemaligen Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz. Grünen-Chefin Claudia Roth hält eine "Entschuldigung" der damals Verantwortlichen für angebracht. "Damals" war die rot-grüne Bundesregierung verantwortlich. "Es sind ganz offenkundig Dinge passiert, die sich mit einer glaubwürdigen Menschenrechtspolitik nicht vereinbaren lassen", sagte Roth der "Frankfurter Rundschau".
Kurnaz schildert Menschenrechtsverletzungen in Kandahar und Guantanamo
Der Bremer Türke Murat Kurnaz hat seine Misshandlungsvorwürfe gegen deutsche KSK-Soldaten erneuert und zugleich erstmals detailliert weitere Menschenrechtsverletzungen im US-Gefangenenlager im afghanischen Kandahar sowie in Guantanamo geschildert. Vertreter aller Fraktionen zeigten sich nach der knapp dreistündigen Befragung im Untersuchungsausschuss erschüttert und wollen ihre Aufklärungsarbeit nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Karl Lamers (CDU) zumindest bis zum Sommer fortsetzen. Kurnaz wurde fraktionsübergreifend als "glaubwürdig" eingeschätzt.
Ex-US-Botschafter Holbrooke rechnet mit Bush ab
Der frühere US-Botschafter in Deutschland und politischer Bush-Konkurrent, Richard Holbrooke, hat in ungewöhnlich scharfer Form mit der bisherigen Leistung von US-Präsident George W. Bush abgerechnet. Bush werde "ohne Zweifel" als der Kriegspräsident in die Geschichte eingehen. Bush "hat das Land in zwei Kriege geschickt, von denen er keinen beenden wird. Dann haben wir ein riesiges Haushaltsdefizit und eine tief gespaltene Nation. Das ist eine furchtbare Hinterlassenschaft", sagte Holbrooke der "Berliner Zeitung".
Seehofer "Klientelpolitik zugunsten von Großbetrieben" vorgeworfen
Anlässlich der Internationalen Grünen Woche stellte die Nichtregierungsorganisation Oxfam am Donnerstag ihre Bilanz der Politik des deutschen Landwirtschaftsministeriums seit Amtsantritt von Minister Horst Seehofer (CSU) vor. Oxfam kommt bei der Analyse der bisherigen politischen Arbeit des Bundesministeriums zu der Einschätzung, "dass Entwicklungsanliegen keinen Platz in Seehofers Agrarpolitik haben". Die Kleinbauern in den Entwicklungsländern, die durch "subventionierte Billigimporte" der EU in ihrer Existenz gefährdet seien, würden den Exportinteressen der Ernährungsindustrie geopfert und dem Exportdumping weiterhin ausgesetzt", sagte Marita Wiggerthale, Agrarreferentin bei Oxfam. Eine Wende in der Förderpolitik hin zu einer sozial gerechten, bäuerlichen, regionalen und ökologisch verträglichen Landwirtschaft sei nicht in Sicht und "politisch nicht gewollt".
Merkel sprach in Straßburg über die Außenpolitik
Mit eindringlichen Worten hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union vor einem endgültigen Aus für die EU-Verfassung gewarnt. "Ein Scheitern wäre ein historisches Versäumnis!", betonte Merkel am Mittwoch in ihrer Antrittsrede als EU-Ratsvorsitzende vor dem Europaparlament in Straßburg: Mit den heutigen Regeln könne die EU weder erweitert werden, noch sei sie zu notwendigen Entscheidungen fähig. Merkel sprach von "wahrhaft großen und sehr konkreten" politischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, vor denen wir stünden. Hierzu zählen für Merkel insbesondere die "außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen".
5200 Mainzer wenden sich gegen Steinkohlekraftwerk
Mehr als 5200 Mainzer wenden sich gegen ein in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt geplantes Steinkohlekraftwerk. Oberbürgermeister Jens Beutel erhielt von Umweltschützern am Mittwoch die Listen mit über 5200 Unterschriften sowie einen "Kohle-Beutel als Zugabe" überreicht. Lokale Umweltgruppen des BUND, der Greenpeace-Gruppe Mainz/Wiesbaden, der Lokalen Agenda 21, des AK Verkehr, NABU sowie der Bürgerinitiative Kohlefreies Mainz (KoMa) hatten Mitte November eine Unterschriftenaktion für einen Einwohnerantrag gegen ein auf der Ingelheimer Aue geplantes Steinkohlekraftwerk initiiert. Im Einwohnerantrag wird der Mainzer Stadtrat aufgefordert, "sich gegen die klimaschädliche Nutzung von Kohle und für die Nutzung erneuerbarer Energie und Energieeffizienz auszusprechen". Der Kraftwerksbetreiber begründet das neue Kohlekraftwerk mit steigenden Erdgaspreisen. Erneuerbare Energien werden "additionell gesehen".
Der frühere VW-Personalvorstand Peter Hartz kann mit Bewährung rechnen
Im ersten Prozess zur so genannten VW-Affäre um Schmiergeldzahlungen und "Lustreisen" für Betriebsräte hat der ehemalige Personalvorstand Peter Hartz ein umfassendes Geständnis abgelegt. Nun kann der Erfinder der nach ihm benannten Sozialgesetze im Gegenzug mit einer Bewährungsstrafe rechnen. Hartz' Anwalt verlas am Mittwoch vor dem Landgericht Braunschweig eine Erklärung, mit der sein Mandant ausdrücklich die strafrechtliche Verantwortung für rund 2,6 Millionen Euro übernahm, mit denen er den Ex-Betriebsratschef Klaus Volkert und weitere Mitglieder der Arbeitnehmervertretung des grössten euröpäischen Automobil-Konzerns erkauft hatte. Verteidigung und Anklage hatten sich zuvor verständigt, dass die Strafe im Falle eines glaubhaften Geständnisses höchstens zwei Jahre betragen und zur Bewährung ausgesetzt werden soll. Erwartet wird auch eine Geldstrafe.