Mai 2006
Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.
Handelsriese Metro wegen "stromfressenden Elektrogeräten" in der Kritik
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat am vergangenen Freitag vor Media-Markt- und Saturn-Filialen in Köln und Berlin gegen "die verbraucher- und klimafeindliche Produktpolitik des Metrokonzerns" protestiert. Die Umweltschützer fordern eine Umstellung des Angebots auf Energie sparende Elektrogeräte. "Der Metro-Konzern schaltet auf stur", meint Matthias Seiche vom BUND. Er weigere sich, der Energieverschwendung Einhalt zu gebieten. "Stattdessen schieben die Manager den Schwarzen Peter zu Kunden und Herstellern. Wir raten den Verbrauchern, sich von Media Markt und Saturn nicht für blöd verkaufen zu lassen." Der Metro-Konzern hatte am Donnerstag seinen "Nachhaltigkeitsbericht 2006" veröffentlicht.
Bundestag debattierte über direkte Demokratie
Die Oppositionsfraktionen im Bundestag dringen auf die Einführung plebiszitärer direkt-demokratischer Elemente auch auf Bundesebene. Über entsprechende Gesetzentwürfe von FDP, Linksfraktion und Grünen debattierte das Parlament am vergangenen Donnerstag in erster Lesung in Berlin. Ziel der drei Vorlagen ist es, auch auf Bundesebene Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide zu ermöglichen. Für die dazu notwendige Grundgesetzänderung wäre in Bundestag und Bundesrat jeweils eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. In der Aussprache warb auch die SPD-Fraktion für mehr plebiszitäre Elemente. Ablehnend äußerte sich dagegen die Unions-Fraktion.
Linksfraktion kritisiert "Handbuch zur Militarisierung der Außenpolitik"
Nach dem Bekanntwerden einiger Eckdaten des neuen "Weißbuchs der Bundeswehr" kritisierte die Linksfraktion, es handele sich dabei "offenbar um ein Handbuch zur Militarisierung der deutschen Außenpolitik". Für die Truppe solle als neuer Auftrag "die Sicherung unserer Rohstoff- und Energieversorgung festgezurrt werden". Verteidigungsminister Franz-Josef Jung wolle sich hierbei auch vom Grundgesetz "nicht aufhalten" lassen, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Fraktion, Paul Schäfer. "Die Umdefinition der Landesverteidigung in Verteidigung deutscher Interessen, mit der die letzten Barrieren für Auslandseinsätze weggeräumt" werden sollten, sei nicht akzeptabel.
Coca-Cola übernimmt offenbar Apollinaris und Heppinger
Der amerikanische Getränke-Riese Coca-Cola möchte offenbar seine Mineralwasser-Sparte stärken und die traditionsreiche, deutschen Marke Apollinaris übernehmen. Apollinaris ist stark in der Gastronomie vertreten. Das Absatzvolumen von Apollinaris beträgt 195 Millionen Liter. Neben der Hauptmarke Apollinaris wurde auch das Heilwasser Heppinger durch Coca-Cola zugekauft.
Bundesfamilienministerium widerspricht Zahlen zu Elterngeld
Das Bundesfamilienministerium widerspricht einem Bericht der "Financial Times Deutschland", wonach bis zu 340.000 sozial schwächere Familien zu den Verlierern des Elterngeldes gehörten, weil die Bezugsdauer des geplanten Elterngeldes kürzer sei als die des bisherigen Erziehungsgelds (ngo-online berichtete). Die Zahl der 340.000 Haushalte entspricht nach Angaben des Ministeriums der Anzahl der Haushalte, die heute auch im zweiten Jahr das Erziehungsgeld beziehen. Es sei aber falsch, dass alle diese 340.000 Familien durch das Elterngeld verlieren würden. Nach Darstellung des Familienministeriums werden nach den bisherigen Plänen künftig "155.000 Familien mit einem Einkommen unter 30.000 Euro brutto" sein, die weniger Elterngeld erhalten, als ihnen bisher für zwei Jahre Erziehungsgeld zustehen würde. Das liege an der Verkürzung des Bezugszeitraumes von 24 auf 12 oder 14 Monate. Dagegen stünden 200.000 Familien mit Jahresbruttoeinkommen zwischen 30.000 und 60.000 Euro. Diese erhielten künftig mehr Geld, als ihnen mit dem bisherigen Erziehungsgeld zustehen würde.
GEW wendet sich gegen öffentliches Schulranking
Die Kultusminister sollen sich verbindlich gegen ein öffentliches Schulranking aussprechen, forderte Marianne Demmer von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) anlässlich einer Fachtagung der Kultusministerkonferenz (KMK) in Berlin. "Internationale Erfahrungen" hätten gezeigt, dass Rankings zur "Verarmung der Lernkultur" führten. "Die Schüler werden nur noch auf die Tests gedrillt", selbst vor Betrug werde nicht zurückgeschreckt. "Wenn sich alles nur noch um das bestmögliche Abschneiden der Schule dreht, gerät die individuelle Förderung der Schüler in den Hintergrund", so Demmer. Einige Bundesländer seien "der irrigen Meinung, dass Wettbewerb und öffentlicher Druck quasi automatisch zur Qualitätsverbesserung führen".
Naturland fordert bessere Rahmenbedingungen für Öko-Landwirte
Die Delegiertenversammlung des Ökolandwirtschaftsverbandes Naturland forderte am Donnerstag von den Verantwortlichen in Bund und Ländern, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Bauern in Deutschland weiter von konventioneller auf ökologische Landwirtschaft umstellen. Bio überzeuge zwar an der Ladentheke, die politischen Rahmenbedingungen überzeugten die deutschen Landwirte aber nicht. "Förderstopps, bürokratische Hürden und Kürzungen in den Agrarumweltprogrammen verunsichern die Bauern und wirken hemmend auf umstellungswillige Bauern", meint Hans Hohenester von Naturland.
Hildesheimer OB droht Verurteilung wegen Bestechlichkeit
Der Hildesheimer Oberbürgermeister und ehemalige CDU-Politiker Kurt Machens muss nun doch mit einer Verurteilung wegen Bestechlichkeit rechnen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hob am Donnerstag die Freisprüche des Landgerichts Hildesheim im Korruptionsprozess um den Verkauf von Anteilen an den Hildesheimer Stadtwerken auf. Das Verfahren gegen Machens und zwei Vorstände der Stadtwerke AG muss neu aufgerollt werden. Die Sache wurde an das Landgericht Göttingen verwiesen.
Hilft das Verbraucherinformationsgesetz gegen Gammelfleisch?
Heftige Kritik übte die Verbraucher Initiative an dem am Donnerstag in den Bundestag eingebrachte Verbraucherinformationsgesetz. "Angesichts tonnenweise sichergestellten Gammelfleisches in deutschen Kühlhäusern und Supermarktregalen waren Herrn Seehofers Worte groß", kritisieren die Verbraucherschützer. Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf lasse er diesen Worten jedoch keine Taten folgen. "Das neue Verbraucherinformationsgesetz ist ein Durchbruch hin zu mehr Verbraucherinformation und Markttransparenz. Jetzt besteht die Chance, erstmals ein effektives und praktikables Verbraucherinformationsgesetz zu verwirklichen", meint hingegen Verbraucherminister Horst Seehofer. Mit dem neuen Entwurf würden die zuständigen Behörden von Bund, Ländern und Gemeinden "noch stärker als bisher angehalten", die Verbraucherinnen und Verbraucher von sich aus über für sie wichtige Sachverhalte zu informieren.
Volksverhetzende Äußerungen sorgen für Eklat im Dresdner Landtag
Der Fraktionsvize der rechtsextremen NPD im sächsischen Landtag, Uwe Leichsenring, hat mit Anspielungen auf die Judendeportationen in der Nazi-Zeit für Empörung gesorgt. In einer Debatte um die Ausschreitungen am 1. Mai in Leipzig hatte Leichsenring vorgeschlagen, Linksextreme mit Sonderzügen nach Karlsruhe zur Bundesanwaltschaft zu transportieren. Auf den Zwischenruf des Linksfraktions-Chefs Peter Porsch, "es gab schon mal Sonderzüge, mit Zügen kennt ihr euch ja aus", antwortete Leichsenring: "Ja, ja, manchmal wünscht man sie sich wieder, wenn ich manche so sehe."
Naturschützer warnen vor Biotreibstoffen aus dem Regenwald
"Die Förderung der Biokraftstoffe ist ein wichtiges Ziel der Bundesregierung", sagte der parlamentarische Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, Peter Paziorek, anlässlich des Kraftstoffkongresses im Rahmen der Bioenergiemesse ENBIO 2006. Vor dem Hintergrund von Forderungen der Europäischen Union sollen den Kraftstoffen auch in Deutschland zunehmend mehr Biotreibstoffe beigemischt werden. Wer Kraftstoffe in den Verkehr bringt, wird ab Anfang 2007 verpflichtet, bei Diesel einen Anteil von 4,4 Prozent Biokraftstoffe und bei Ottokraftstoff zunächst 2 Prozent beizumischen. Insgesamt soll bis 2010 ein Biokraftstoffanteil von 6 Prozent erreicht werden. Die Biokraftstoffe zur Erfüllung dieser Quoten sollen künftig der vollen Mineralölsteuer unterliegen. Die Umweltorganisation Rettet den Regenwald (RdR) warnt vor einer Verwendung von Biotreibstoffen aus den Tropen. In Emden werde zur Zeit die erste Palmöl-Raffinerie Deutschlands geplant, die ab 2007 jährlich rund 430.000 Tonnen Palmöl aus Indonesien zu "Bio"diesel verarbeiten solle. Dabei handelt sich nach Einschätzung der Umweltschützer nicht um Erneuerbare Energien, sondern um "Kahlschlag-Diesel".
Kompromisse beim Denkmal für Sinti und Roma
Die Bundesregierung und der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma beendeten offenbar den Streit um das in Berlin geplante Denkmal für die von den Nationalsozialisten ermordeten Sinti und Roma. Die deutsche Bundesregierung verzichtet bei der Inschrift jetzt offenbar auf den Begriff "Zigeuner", der vom Zentralrat als "diffamierend" abgelehnt worden war. Weiterer Streit hatte sich an einem Zitat von Alt-Bundespräsident Roman Herzog entzündet. Herzog hatte darin die Verbrechen an den Sinti und Roma mit dem Holocaust gleichsetzt. Dieses Zitat soll jetzt nicht als Inschrift am Monument, sondern auf ergänzenden Tafeln zu sehen sein - ebenso wie eine Chronologie des Völkermordes an den Sinti und Roma. Außerdem sollen Vernichtungsorte wie Auschwitz und Dachau aufgeführt werden.
Katholische Jugend wirft Bundesregierung eine Politik für Gutsituierte vor
Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) forderte am Wochenende die Bundesregierung auf, sich stärker gegen Kinderarmut und mehr für benachteiligte Jugendliche zu engagieren. Zwar begrüßt es der BDKJ, dass der Sockelbetrag beim Elterngeld nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden soll. Dennoch bedeute das Elterngeld nach jetzigem Planungsstand eine Verschlechterung für Familien mit niedrigem Einkommen. Dies gelte vor allem für solche Familien, die nach bestehender Gesetzeslage 24 Monate Bundeserziehungsgeld bezögen. "Es darf nicht dazu kommen, dass Familien mit niedrigen Einkommen schlechter gestellt werden und zugleich das Elterngeld der Bessersituierten mitfinanzieren", meint die BDKJ-Vorsitzende Andrea Hoffmeier. "Will man Kinderarmut verhindern, müssen diese Nachteile aufgehoben werden."
Tierschutzbund protestiert gegen Keulungsaktion wegen Schweinepest
Der Deutsche Tierschutzbund hat die angekündigte Keulung von rund 52.000 Schweinen im nordrhein-westfälischen Landkreis Borken kritisiert. Nachdem vergangene Woche in einem Zuchtbetrieb erneut das Schweinepestvirus nachgewiesen wurde, erwarten die Behörden jetzt eine Anordnung der EU-Kommission zur Massenkeulung. "Massenkeulungen sind Seuchenbekämpfungsmaßnahmen von vorgestern", meint Tierschutzbund-Präsident Wolfgang Apel. Die Nicht-Impf-Politik der EU sei "längst überholt". Gerade im Falle der Schweinepest stehen Markerimpfstoffe zur Verfügung, mit denen die Schweine im Umkreis um einen Seuchenherd wirkungsvoll vor dieser Tierkrankheit geschützt werden könnten.
TU München vorläufig an Freisetzung von Gen-Kartoffeln gehindert
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat einen für dieses Frühjahr geplanten Freisetzungsversuch der Technischen Universität (TU) München mit gentechnisch manipulierten Kartoffeln gestoppt. Nach Darstellung des Umweltinstituts München "musste" das Bundesamt "die Notbremse ziehen" und das Verfahren neu aufrollen, nachdem das Umweltinstitut "zahlreiche falsche Angaben in der amtlichen Bekanntmachung beanstandet hatte". Damit werde es zumindest in diesem Jahr nicht mehr zu einer Aussaat der genmanipulierten Pflanzen in Olching im Landkreis Fürstenfeldbruck kommen.
Merkel angeblich für "Reform" der Gewerbesteuer
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Finanzminister Peer Steinbrück nach einem Pressebericht aufgefordert, mit Städten und Gemeinden ernsthaft über eine "Reform der Gewerbesteuer" zu verhandeln. Die Wirtschaft verlangt eine Abschaffung der Gewerbesteuer. Wie die "Financial Times Deutschland" unter Berufung auf die Unions-Führung meldet, hat Merkel anders als Steinbrück die Hoffnung auf einen "grundlegenden Umbau der Kommunalfinanzen" noch nicht aufgegeben. Die Kommunen wollen bislang auf die Einnahmen aus der Gewerbesteuer nicht verzichten.
Diskussionen über Mängel der Abschaltsysteme von Atomkraftwerken
Das Schnellabschaltsystem deutscher Druckwasserreaktoren soll vom "grundsätzlichen Funktionsprinzip" ähnlich dem des bulgarischen Atomkraftwerks Kosloduj-5 sein, in dem es deswegen am 1. März 2006 zu einem schwerwiegenden Störfall gekommen war. Das habe die Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) der Reaktorsicherheitskommission (RSK) des Bundes in ihrer Sitzung am Donnerstag berichtet. Wie die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW weiterhin mitteilte, versagte auch in einem deutschen Atomkraftwerk in der jüngeren Vergangenheit "dieses zentrale Sicherheitssystem": In Neckarwestheim-1 sei am 10. Mai 2000 das Schnellabschaltsystem blockiert gewesen, nachdem Siemens dort eine neue Steuerung eingebaut habe.
Innenminister beschlossen "Einbürgerungsstandards"
Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich auf ihrer Konferenz in Garmisch-Partenkirchen auf Einbürgerungsstandards verständigt. Als Voraussetzungen für die Einbürgerung werden ein "rechtmäßiger Daueraufenthalt" von generell acht Jahren (in Ausnahmen sechs Jahre) und das Beherrschen der deutschen Sprache genannt, ferner der Besuch eines Einbürgerungskurses, das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung mit Einbürgerungsgesprächen in Zweifelsfällen sowie ein Ausschluss verfassungsfeindlicher Bestrebungen.
Bundesregierung diskutiert weitere Kostensteigerungen für die Bevölkerung
Permanent wird die Bevölkerung mit neuen Überlegungen für die Erhöhung von Gebühren, Steuern und Abgaben sowie mit Dementis, Beschwichtigungen, Drohungen und Relativierungen durch hypothetische noch weitergehende Schritte konfrontiert. Ein Spiel mit verteilten Rollen. Der Fantasie von Wirtschaft und Politik für die immer weitere Erhöhung der "Lebenshaltungskosten" der breiten Bevölkerung sind offenbar keine Grenzen gesetzt. Umgekehrt läuft das gleiche Spiel, wenn es darum geht, "die Wirtschaft zu entlasten" oder Besserverdienenden ein Elterngeld von 1800 Euro zu bezahlen. Aktuell erregt ein Bericht der Zeitung "Die Welt" die Gemüter. Demnach sollen Patienten nicht mehr nur einmal im Quartal zehn Euro zahlen, sondern künftig bei jedem Arztbesuch fünf Euro. Das Bundesgesundheitsministerium wies den Bericht am Freitag "kategorisch" als "Unsinn" zurück. Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn sagte dagegen lediglich: "Wir diskutieren offen über alles, entschieden ist nichts".
"Landraub für Tempo-Taschentücher"
Die Organisationen Robin Wood und Urgewald protestierten am Donnerstag gemeinsam mit Indianern der brasilianischen Stämme Tupinikim und Guarani vor dem Neusser Werk zur Produktion von "Tempo"-Taschentüchern. Procter&Gamble, dem Produzenten der Taschentücher werfen sie indirekt "Landraub" und Umweltzerstörung vor. Grund: Der brasilianische Zellstoffkonzern Aracruz habe den Indianern 11.000 Hektar Land im Bundesstaat Espirito Santo weggenommen, "um dort Eukalyptus-Monokulturen anzulegen". Die Eukalyptus-Pflanzen dienten der Zellstoffproduktion. Nach Recherchen von Robin Wood soll der Aracruz-Zellstoff in Form von Tempo-Taschentüchern sowie als Charmin- und bess-Klopapier auch auf dem deutschen Markt "landen". Hersteller dieser Produkte sei der multinationale Konzern Procter&Gamble (P&G).