DIE Internet-Zeitung

April 2005

Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.

Chemikaliengesetz REACH

Nachweis von unbedenklichen Chemikalien bringt "enormen Nutzen"

Das für 2006 geplante EU-Chemikaliengesetz REACH (Registrierung, Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien) bringt - anders als von der Chemieindustrie behauptet - kleinen und mittleren Unternehmen "enormen Nutzen". Das am Donnerstag Mitarbeiter kleiner und mittelständischer Unternehmen am Brandenburger Tor gegen das neue Gesetz protestierten, sei eine "Missinterpretation" des Gesetzes, meinen Umweltorganisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Deutscher Naturschutzring (DNR), Greenpeace, Naturschutzbund (NABU), WWF und Women in Europe for a Common Future (WECF). Das Gesetz verpflichte die Chemieindustrie dazu, erst Stoffe zu vermarkten, die nachweisbar unbedenklich seien, meint der BUND.

Wiederaufbau im Tsunami-Gebiet

Welhungerhilfe beklagt Preistreiberei auf Kosten der Tsunami-Opfer

Die Regierung des indischen Bundesstaats Tamil Nadu setzt die Preise für Häuserbau in den Tsunami-zerstörten Küstengebieten ohne Erklärung zu hoch an. Dies erklärt die Deutsche Welthungerhilfe am Donnerstag. Bisher seien Hilfsorganisationen in ihren Planungen von 1.000 bis 1.500 Euro für den Wiederaufbau eines Hauses ausgegangen. Nun habe die indische Regierung die Standards ohne sachliche Begründung so erhöht, dass sich die Kosten mit 2.700 Euro nahezu verdoppelt hätten.

Italien

Berlusconi tritt "formell" zurück

Italiens Ministerpäsident Silvio Berlusconi ist formell zurückgetreten und möchte sich von den Koalitionspartnern wiederwählen lassen. Nach der schweren Niederlage bei den jüngsten Regionalwahlen Anfang April soll dieser Schritt den Weg für eine neue Mitte-Rechts-Regierung wieder unter Führung Berlusconis freimachen.

Ecuador

Ohne Schuldenerlass nächste Staatskrise absehbar

Nach Auffassung des "Südwind Instituts" sind die Unruhen in Ecuador das Ergebnis einer seit 1999 andauernden dramatischen Wirtschafts- und Finanzkrise. Sie führten in der vergangenen Nacht zur Absetzung von Präsident Luis Gutierrez. Lange Zeit hätte das Land vor dem Bankrott gestanden, ohne dass eine Lösung für das Schuldenproblem gefunden wurde. Nun stehe das Land am Rande eines Bürgerkrieges. Vor diesem Hintergrund forderte Südwind die Bundesregierung auf, international für einen Schuldenerlass einzutreten um die Stabilisierung des Andenstaat zu unterstützten. Denn sonst werde auch die Nachfolgeregierung die Staatseinnahmen für die Abzahlung der Schulden verwenden und nicht für eine Verbesserung der sozialen Lage der Bevölkerung - Dann sei die nächste Staatskrise absehbar.

Futtermittelskandale

Foodwatch kritisiert "lasche" Tierfutter-Kontrollen

Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch fordert eine strengere Überwachung von Tierfutter. "Die Kontrollen von importierten Futtermitteln sind viel zu lasch", rügte der Chef der Organisation, Thilo Bode, in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit". Während etwa bei Tee jede Ladung vorbeugend auf Verunreinigungen getestet werde, würden von neun Millionen Tonnen Importfutter weniger als 600 Proben genommen. Entsprechend seien weitere Skandale im Zusammenhang mit Tierfutter absehbar. Bode wies darauf hin, dass die Futtermittel "der größte Kostenfaktor bei der Fleischproduktion" seien. Der harte Wettbewerb unter den Herstellern in Verbindung mit "lächerlich geringen Strafen" lade geradezu zum Missbrauch ein.

WWF fragt Konzerne

Chinesische Unternehmen finden sich teilweise umweltbewusst

Nach Auffassung der Artenschutzorganisation WWF spielt für chinesische Unternehmen Umweltschutz eine stärkere Rolle als vermutet. 61 der 182 großen Firmen Chinas hatten auf eine WWF-Anfrage reagiert und empfanden demnach verbesserte Umweltstandards "wichtig". Mehr als die Hälfte der Firmen gab an, dass der Umweltschutz bereits zu den Grundwerten ihrer Unternehmenspolitik gehöre.

Bezugspersonen

Verfassungsgericht betont Kindeswohl bei Sorgerechts-Streitigkeiten

Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts muss in einem Sorgerechtsstreit um die Herausnahme eines Kindes aus einer Pflegefamilie letztlich das Kindeswohl im Vordergrund stehen. Bei der Entscheidung, wann ein Kind zum Zwecke des Umzugs zu seinen leiblichen Eltern aus einer Pflegefamilie herausgenommen werden kann, müsse "das Wohl des Kindes letztlich bestimmend sein", betonten die Karlsruher Richter in dem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss.

Krieg im Nahen Osten?

Grüne Bundestagsfraktion stimmt für Rüstungsprojekt MEADS

Die Grünen-Fraktion stimmte einer Beteiligung Deutschlands an der Entwicklung und Anschaffung des Raketenabwehrsystems MEADS zu. Bei einer Abstimmung in der Fraktion sprachen sich am Dienstag 29 Abgeordnete dafür aus, 12 stimmten dagegen und 5 enthielten sich der Stimme. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte, es gebe "eine große Mehrheit", die das Ergebnis unterstütze. Sie gehe davon aus, dass die Grünen am Mittwoch im Haushaltsausschuss zustimmen werden. Die SPD-Haushaltsexpertin Elke Leonhard hatte kürzlich der Tageszeitung "Die Welt" gesagt, MEADS sei besonders für spätere Auslandseinsätze der Bundeswehr wichtig. Wenn die Bundeswehr zu Einsätzen in den Nahen Osten geschickt werden sollte, müsse bedacht werden, dass es dort kein Land gebe, das nicht über Raketentechnik verfüge. Die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) und die Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs (IPPNW) protestieren energisch gegen die Entscheidung der Partei- und Fraktionsspitze von Bündnis 90/Die Grünen. Die Grünen seien "im Rüstungsrausch".

Worte über den Tod und die Ewigkeit

Das "Regierungsprogramm" des neuen Papstes

Das Konklave in Rom hat einen neuen Papst gewählt. Neues Oberhaupt der weltweit 1,1 Milliarden Katholiken ist der deutsche Kardinal Joseph Ratzinger (78). Dies wurde am Dienstagabend in Rom mit dem traditionellen Ausruf "Habemus Papam" verkündet. Das Konklave zur Wahl eines Nachfolgers von Johannes Paul II. hatte erst am Montag begonnen und war damit eines der kürzesten in der Geschichte. Der 78-jährige Ratzinger ist der 265. Pontifex. Er nennt sich künftig Papst Benedikt XVI.

Wahlkampf

Unternehmer gegen Boykottaufruf gegen Unternehmen

Die Arbeitgeber wehren sich in der Kapitalismus-Debatte gegen zunehmende öffentliche Kritik. Aufrufe zum Unternehmensboykott hätten eine "falsche Wirkung", sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt am Dienstag in Berlin. Sie schadeten insbesondere Unternehmen, die sich bereits in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befänden. Damit sei das Problem der Arbeitslosigkeit nicht in den Griff zu bekommen. Stattdessen müsse die Bundesregierung ihre Reformpolitik dringend fortsetzen, um Voraussetzungen für mehr Wachstum und Beschäftigung zu schaffen. Auch die SPD-Linke sprach sich gegen einen Boykott von Unternehmen, die im großen Stil Arbeitplätze abbauen, aus. Der Göttinger Parteienforscher Franz Walter sieht in den Unternehmer-Attacken Münteferings eine Wahlkampf-Aktion.

Urwälder und ihre Bevölkerung schützen

Trittin stellt Urwaldschutzgesetz-Entwurf vor

Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) will mit einem Urwaldschutzgesetz die Vermarktung von illegal geschlagenem Tropenholz stoppen. "Die Lage der Urwälder ist so dramatisch, dass wir alle es uns nicht leisten können, die Chance für wirksame Rettungsmassnahmen leichtfertig zu verspielen", sagte Trittin zur Vorstellung des Gesetzentwurfs in Berlin. Mit dem Gesetz sollen Besitz und Vermarktung von Holz, das in Urwäldern illegal geschlagen wurde, sowie der daraus hergestellten Produkte verboten werden. Der WWF lobte, Deutschland übernehme mit dem Urwaldschutzgesetz eine Vorreiterrolle in Europa und der Welt. Außerdem könne Deutschland mit dem Gesetz erste Schritte gegen den kriminellen Holzhandel unternehmen, ohne die langwierigen Diskussionen der Europäischen Union abwarten zu müssen. Der Gesetzentwurf will Unternehmen verpflichten, die legale Herkunft ihres Holzes nachzuweisen. Der WWF warnte jedoch, es gebe noch ein paar Schlupflöcher im Entwurf, die Unternehmen nutzen könnten um nicht geprüft zu werden.

"Nanoteilchen wie Asbest"

Forscher befürchten Gesundheitsschäden durch Nanopartikel

Nanotechnologie gilt als zukunftsweisend und wird unter anderem bereits in der Nahrungsmittel- und Kosmetikproduktion eingesetzt. Doch die künstlich hergestellten Nanopartikel sind möglicherweise schwer gesundheitsschädlich. Davor warnten Stellvertreter aus Forschung und Medizin im ZDF-Wirtschaftsmagazin WISO am Montag. So sei es möglich dass es durch Anlagerungen der Kleinstteilchen beispielsweise zu Herz-Rhythmusstörungen komme, hieß es von einem Forscher. Eine Medizinerin verglich die gefährdenden Eigenschaften der Teilchen mit denen von Asbest. Die Industrie hingegen nimmt die Technik in Schutz.

Aktionswoche "Gerechtigkeit jetzt"

"Neoliberalismus ist kein Naturgesetz"

Das Prinzip des Neoliberalismus ist "kein Naturgesetz", meinten 150 Jugendlichen aus 15 Ländern auf dem Umweltkongress "Eco'n'action" in Berlin. In einer Resolution wandten sie sich am Wochenende an Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und forderten mehr Gerechtigkeit für Mensch und Umwelt. Es dürfe keine Privatisierung in lebenswichtigen Bereichen und bei lebenswichtigen Gütern geben. Der Kongress war Teil der Aktionswoche "Gerechtigkeit jetzt", die am Wochenende in Berlin endete. Insgesamt beteiligten sich zehn Millionen Menschen in über 80 Ländern an Vorträgen und Workshops, darunter zahlreiche Jugendliche.

Sachsen und Brandenburg

Landbesitzer verhindern Anbau von Gen-Mais auf ihren Äckern

Besitzer von Ackerland können Pachtverträge mit Landwirten, die genmanipulierten Mais anbauen, kündigen. In Sachsen und Brandenburg sind bereits Standorte, die in diesem Jahr für den Anbau von Gen-Mais angemeldet waren, wegen Einsprüchen von privaten oder kirchlichen Landbesitzern zurück gezogen worden. Dabei handelt es sich um Flächen in den Orten Neureetz und Guben in Brandenburg sowie Arzberg und Oberlichtenau in Sachsen. Greenpeace bietet ab heute eine Rechtsberatung für weitere Landbesitzer an, die in Pachtverträgen den Anbau von Gen-Mais ausschließen wollen.

Europäische Kommission

Bessere Bauprodukte sollen Umwelt und Gesundheit schützen

Bauprodukte können erhebliche Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt haben. Bisher enthalten harmonisierte Europäische Normen für Bauprodukte aber keine - oder nur ansatzweise - Anforderungen für mehr Gesundheits- und Umweltschutz. Dies will die Europäische Kommission nun ändern. Eine neue Sachverständigengruppe zu Gefahrstoffen in Bauprodukten soll den Gesundheits- und Umweltschutz systematisch in die europäischen Normen einbringen. Wie konkrete Bausteine zum Gesundheits- und Umweltschutz in Produktnormen aussehen könnten, zeigt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA).

Start von "Abenteuer Schmetterling"

Leipzig: Schmetterlinge brauchen Hilfe

80 Prozent der in Deutschland einheimischen Schmetterlinge stehen bereits auf der Roten Liste gefährdeter Arten. Dies meldet der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) . Gemeinsam mit dem Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) und dem Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle (UFZ) startet der BUND nun das Projekt "Abenteuer Schmetterling".

Keine "allgemeine" Pflicht

Verwaltungsgericht Köln hält Wehrpflicht weiter für verfassungswidrig

Das Verwaltungsgericht Köln hält die Wehrpflicht auch nach den jüngsten Gesetzesänderungen für verfassungswidrig. Es setzte am Freitag drei Verfahren aus, in denen Wehrpflichtige gegen ihre Einberufung zur Bundeswehr klagen und stellte sich damit ausdrücklich gegen die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts. Die neuen Einberufungsgrundsätze, die seit Oktober 2004 im Wehrpflichtgesetz geregelt sind, verstießen gegen den im Grundgesetz verankerten Grundsatz der Wehrgerechtigkeit, befanden die Kölner Richter. Sie mussten damit die Verfahren aussetzen und die Frage der Verfassungsgemäßheit der zu Grunde liegenden Bestimmungen des Wehrpflichtgesetzes dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe im Wege einer ?Richtervorlage? zur Entscheidung vorlegen.

"Gesetzliche Regelung zum Urwaldschutz dringend notwendig"

Butlers Möbel handeln Tropenholz-Möbel aus dubiosen Quellen

Aktivisten der Umweltorganisation Robin Wood protestierten am Freitag vor Geschäften der Handelskette "Butlers" in Berlin und Hamburg gegen den Verkauf von Gartenmöbel aus Tropenholz. Die beanstandeten Möbel von Butlers sind aus dem Tropenholz Nyatoh. Dieses stamme aus einer Region Südostasiens in der Raubbau und illegale Holzgewinnung an der Tagesordnung seien, so die Umweltschützer. Einen Nachweis, dass es sich bei den Nyatoh-Möbeln um ökologisch unbedenkliche Ware handelt, habe Butlers nicht.

Philippinen

Deutsches Engagement für Landlose und Kleinbauern gefordert

Zum Tag der Landlosen fordert die Menschenrechtsorganisation FIAN die Bundesregierung auf, sich verstärkt für das Recht auf Nahrung von Landlosen und Kleinbauern einzusetzen. In einem Bericht an die UN-Menschenrechtskommission beklagt FIAN zahlreiche Menschenrechtsverletzungen gegen die Haupternährer, die paradoxerweise zugleich 80 Prozent aller Hungernden stellen. "Großgrundbesitzer und die Weltbank blockieren die notwendige Umverteilung von Land. Die Welthandelsorganisation WTO zwingt Entwicklungsländer zur Marktöffnung und setzt Kleinbauern der Konkurrenz hochsubventionierter Produkte aus dem Norden aus", kritisierte FIAN-Sprecher Armin Paasch. Die Bundesregierung trage die marktliberale Politik der WTO mit und setze sich bislang zu wenig für konsequente Agrarreformen ein.

Atomkraft

Forschungsreaktor Garching zwei Jahre nach Genehmigung noch nicht in Betrieb

Am 14. April 2003 gab Bundesumweltminister Jürgen Trittin grünes Licht für die Betriebsgenehmigung des Garchinger Forschungsreaktors FRM-II. Heute, exakt zwei Jahre später, ist der Reaktor noch immer nicht in Betrieb. Dies bestätige laut Umweltinstitut München e.V. einmal mehr, dass die Garchinger Betreiber mit dem international umstrittenen Projekt schlicht überfordert seien. Sowohl die Technische Universität München (TUM) als auch die bayerische Staatsregierung hatten während der vorangegangenen bundesaufsichtlichen Prüfung lauthals die schleppende Genehmigungsprozedur moniert und warfen der Bundesregierung politisch motivierte Verzögerungstaktik vor.