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Bildungspolitik

Kinder in Deutschland haben keine gleichen Bildungschancen

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"Jedes Kind braucht, unabhängig vom Ausgang der Föderalismusdebatte, gleiche Bildungsperspektiven. Dazu sind gemeinsame Anstrengungen von Bund, Ländern und Kommunen erforderlich", sagte Eva-Maria Stange, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), am Freitag in Erfurt. Die Bildungschancen seien in Deutschland wie vor hundert Jahren von Herkunft, Einkommen, Wohnort und Bildungsniveau der Eltern abhängig.


"Wer arm ist, hat eine vielfach geringere Chance, Abitur oder einen Hochschulabschluss zu machen, als das Kind eines Arztes oder Ingenieurs", betonte Stange. Dass ein Land oder eine Kommune mit geringer Wirtschaftskraft, niedrigem Steueraufkommen und meist hoher Arbeitslosigkeit auch am Bildungssystem spare, verschärfe die Chancenungleichheit. "Damit schließt sich der Kreislauf: Einmal arm - immer arm, auch im 21. Jahrhundert, in einem der reichsten Länder der Erde", sagte die GEW-Chefin.

Sie machte sich für mehr gemeinsame Bildungsplanung und nationale Bildungsverantwortung von Bund und Ländern stark und warnte vor egoistischen Alleingängen der Länder. Allen voran reklamierten die unionsregierten Bundesländer im Föderalismusstreit um Kompetenzen für den Bildungsbereich die volle Zuständigkeit - von den Kindertagesstätten bis zu den Hochschulen. Angesichts der Finanzsituation Thüringens sei fraglich, wie der "angehimmelte" föderale Bildungswettbewerb zu Gunsten der Landeskinder ausgehen wird.

Schon heute sei es für Eltern und Kinder mit vielen Hürden verbunden, wenn sie von Suhl nach München umziehen und im bayerischen Schulsystem Anschluss finden wollen. "Wenn Familien dann noch einen Krippenplatz suchen, werden sie selten Glück haben. In Bayern gibt es für nicht einmal zwei Prozent der Kinder unter drei Jahren ein Angebot", unterstrich Stange. "Wenn zukünftig auch noch der Abschluss an einer Thüringer Hochschule in Niedersachsen nicht mehr anerkannt wird oder umgekehrt, machen wir uns in Europa lächerlich", sagte die GEW-Vorsitzende. "Wir sprechen längst von der Gestaltung eines ‚Europäischen Bildungsraums’. Die Mobilität der Menschen erfordert eine europaweite Anerkennung der Schul-, Berufs- und Hochschulabschlüsse."

Das heiße auch, Deutschland muss sich mehr einmischen in die Qualitätsfragen eines künftigen europäischen Bildungsraums. Das gehe allerdings nicht, wenn jedes der 16 Länder auf seine eigenen Zuständigkeiten pocht. Auf Grund der "föderalen Vielstimmigkeit" werde Deutschland in Bildungsfragen in der EU nicht ernst genommen."

"Es ist abenteuerlich, bisher gut funktionierende und effektive Systeme wie den Thüringer Grundschulhort durch das Konzept Bildung und Betreuung von zwei bis 16’ in Frage zu stellen", hob der Vorsitzende der GEW Thüringen, Jürgen Röhreich, hervor. Gerade die ostdeutschen Länder, in denen durch den Geburtenrückgang und die Abwanderung insbesondere junger, gut ausgebildeter Menschen der qualifizierte Facharbeiter- und Akademikernachwuchs sehr bald fehlt, müssten durch Investitionen in das Bildungssystem die Qualität der Bildung für alle erhöhen.

Sonst sei die im Grundgesetz garantierte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse nur noch Makulatur. Wenig hilfreich in der Debatte um Bildungsqualität sei die Vorstellung einiger Ministerpräsidenten, sie könnten künftig allein über die Gehalts- und Arbeitsbedingungen von Lehrern und Hochschulmitarbeitern entscheiden. Vernünftiger wäre die Rückkehr der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) an den Verhandlungstisch und die Übernahme des Tarifabschlusses vom Februar. "Hier könnte Thüringen, auch aus Eigeninteresse, eine Vorreiterrolle übernehmen", schlugen Stange und Röhreich vor.

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