DIE Internet-Zeitung

Dezember 2004

Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.

Lebenslänglich

Beamtenbund droht mit Streik

Der Deutsche Beamtenbund lehnt die beamtenrechtlichen Planungen der Föderalismuskommission ab und droht sogar mit Streik. Mit den Vorschlägen sollten ein paar Grundprinzipien des Beamtentums zerstört werden, wie das Lebenszeitprinzip, sagte der Chef des Beamtenbundes, Peter Heesen, am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin". Beamte seien aber auf Lebenszeit beschäftigt, weil sie kein Streikrecht hätten. Wer ein solches Prinzip zerstören wolle, müsse mit dem Widerstand auch der Beamten rechnen. Wenn die Planungen der Föderalismuskommission umgesetzt würden, "werden wir uns an ein Streikverbot nicht mehr halten, dann werden künftig auch Beamte einen Arbeitskampf durchführen", betonte Heesen.

Nach Greenpeace-Aktion

Ermittlungen gegen Müller-Milch-Chef Theo Müller

Müller-Milch-Chef Theo Müller gilt als pressescheu und launig, schreibt die Nachrichtenagentur ddp, doch mit seinen Molkereien mache er Milliardenumsätze. Ansonsten durch pfiffige Werbeslogans bekannt, mache er nun auf ganz andere Weise auf sich aufmerksam. Am Montag soll er sich handgreiflich in eine Greenpeace-Demonstration vor der Firmenzentrale im schwäbischen Aretsried eingeschaltet haben. Der bekannteste Milchmann der Nation attackierte nach dem derzeitigen Ermittlungsstand Pressefotografen so heftig, dass er jetzt ein Verfahren wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung am Hals hat. Der Augsburger Oberstaatsanwalt Thomas Weith bestätigte am Dienstag, dass Ermittlungen gegen Müller laufen.

Sport

Berlin richtet Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2009 aus

Nach zwei vergeblichen Versuchen ist Berlin am Ziel: Die Bundeshauptstadt richtet die Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2009 aus. Der Weltverband IAAF erteilte ihr am Samstag in Helsinki mit großer Mehrheit den Zuschlag. Die Spreemetropole konnte sich bereits im ersten Wahlgang gegen die Konkurrenten Valencia (Spanien) und Split (Kroatien) durchsetzen. Damit kämpfen nach 1993 in Stuttgart die besten Leichtathleten der Welt zum zweiten Mal in Deutschland um die Krone. Die Leichtathletik-Welt-Titelkämpfe, zu der bis zu 2000 Sportler und 1000 Offizielle aus 210 Ländern erwartet werden, gilt nach den Olympischen Spielen und der Fußball-Weltmeisterschaft als die bedeutendste Sportveranstaltung der Welt.

Getreten & geschlagen

Schläge für Greenpeace-Aktivisten bei Müller-Milch

Bei Protesten von als Nikoläuse verkleideten Greenpeace-Aktivisten gegen den Lebensmittel-Konzern Müller-Milch ist es am Montag zu gewaltsamen Zusammenstößen gekommen. Greenpeace bot den zur Arbeit kommenden Müller-Mitarbeitern Öko-Joghurt und Öko-Buttermilch an. "Statt sich zur Adventszeit auf Tierfutter ohne Gen-Pflanzen zu besinnen, lässt Müller unverdrossen weiter Gen-Futter einsetzen", lautete die Kritik der Umweltschutzorganisation für die Bio-Joghurtgeschenke.

Abschaffung gefordert

Minijobs vernichten nach Auffassung der Gewerkschaften Arbeitsplätze

DGB-Chef Michael Sommer befürwortet die Abschaffung geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse. Der Zeitung "Bild am Sonntag" sagte Sommer: "Es gibt viel bessere Lösungen als die Minijobs. Sie sollte durch generelle Freibeträge in der Sozialversicherung ersetzt werden. Das würde untere und mittlere Einkommen, aber auch arbeitsintensive Betriebe massiv entlasten, Verdrängungseffekte verhindern und wirklich neue Stellen schaffen." Zur Begründung sagte Sommer: "Die Entwicklung der Minijobs hat unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Es werden keine neuen Arbeitsplätze geschaffen, es werden bestehende Stellen massenhaft aufgespaltet in viele kleine Jobs. Wir haben früher vor Drehtüreffekten gewarnt, aber die Drehtür dreht sich nun in der Geschwindigkeit eines Ventilators." Regierung und Arbeitgeber verweisen unter Berfung auf "Experten" hingegen darauf, dass die Schwarzarbeit aufgrund der Minijobs um 1 Prozent zurückgegangen sei.

Bhopal

Keine Entschädigung nach Giftgas-Katastrophe

Seit 20 Jahren warten in Bhopal (Indien) die Überlebenden der größten Giftgas-Katastrophe aller Zeiten auf angemessene medizinische Hilfe und finanzielle Entschädigung. Das ist das Fazit eines Berichts von amnesty international (ai) zum Bhopal-Unglück vom 3. Dezember 1984. Noch heute verseuchten die Abfälle der Chemie-Fabrik das Grundwasser der Region. Doch der US-amerikanische Chemiekonzern UCC/DOW und die indischen Behörden wollten sich nicht ihrer Verantwortung für die Katastrophe und deren Folgen stellen. "Bis heute ist das Unternehmen weder in den USA noch in Indien zur Verantwortung gezogen worden", sagte Katharina Spieß, Referentin für Wirtschaft und Menschenrechte der deutschen Sektion von ai.

T-Com auf Kundenfang für Optionstarife

Angerufen worden, Angebot abgelehnt - und trotzdem berechnet

Verbraucherschützer erheben schwere Vorwürfe gegen die Deutsche Telekom. Das Unternehmen berechne Telefonkunden Zusatzleistungen, die diese gar nicht bestellt hätten, berichtet die Verbraucherzentrale Sachsen. So hätten Kunden telefonisch Angebote über Zusatzoptionen erhalten, diese aber abgelehnt - und trotzdem eine Auftragsbestätigung und Rechnung erhalten. Kein Opfer dieser Methoden müsse dies hinnehmen, so die Verbraucherzentrale. Doch besonders alte Menschen könnten sich kaum gegen die Marketing-Methoden der T-Com wie auch anderer Anbieter an Telefon und Haustür wehren.

Neue "Friedensmission"

Bundeswehr fliegt Soldaten aus Tansania in den Sudan

Die Bundeswehr wird in den nächsten Monaten mit drei Militärflugzeugen vom Typ "Transall" tansanische Soldaten in die sudanesische Region Darfur fliegen. Der Deutsche Bundestag stimmte am Freitag einem entsprechenden Antrag der rot-grünen Bundesregierung zu. In namentlicher Abstimmung votierten 540 Abgeordnete für den Antrag der Bundesregierung, 10 stimmten dagegen. Es gab drei Enthaltungen. genannte "Mission" ist zunächst auf sechs Monate begrenzt. Für den Einsatz werden 6,75 Millionen Euro Millionen Euro veranschlagt.

Aufträge locken

Die deutsche Wirtschaft fliegt mit Schröder nach China und Japan

Mit China und Japan besucht Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in der kommenden Woche Deutschlands wichtigste Handelspartner in Asien. Der Stellenwert der beiden Wirtschaftsgiganten für Berlin wird dadurch deutlich, dass es Schröder bereits zum sechsten Mal nach Peking und zum vierten Mal nach Tokio zieht. Das Interesse deutscher Wirtschaftsvertreter an der Asienreise Schröders war gewaltig.

"Jederzeit zur Verfügung"

Energiekonzern RWE spendierte CDU-Politiker jährlich 60.000 Euro und Gratis Strom

Der Energie- und Atomkonzern RWE zahlt dem Chef der CDU-Sozialausschüsse (CDA), Hermann-Josef Arentz, offenbar jährlich ein Gehalt dafür, dass der Politiker dem Unternehmen "jederzeit zur Verfügung" steht. Nach einem Bericht des "Kölner Stadt-Anzeigers" vom Freitag steht dem Jahresgehalt des Landtagsabgeordneten von rund 60.000 Euro und einem Stromdeputat von 7500 Kilowattstunden jährlich "keine erkennbare Arbeitsleistung" gegenüber.

Öffentliche Bibliotheken ohne Geld

Literaturzeitschriften kämpfen ums überleben

Vor wenigen Tagen verkündete die traditionsreiche "neue deutsche literatur" (ndl) - eine wichtige Bühne für bekannte und weniger bekannte Autoren der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur -, dass sie zum Jahresende ihr Erscheinen einstellt. Das Pflaster für Literaturzeitschriften scheint allgemein hart zu sein. "Wir kämpfen Jahr für Jahr", sagte Johann P. Tammen, Herausgeber von "Die Horen - Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik". "Man muss strampeln", so Anton G. Leitner, Herausgeber von "Das Gedicht - Zeitschrift für Lyrik, Essay und Kritik".

1000 Patente menschlicher Gene

Bundestag beschließt Gesetz zur Umsetzung der EU-Biopatentrichtlinie

Nach jahrelangen Diskussionen hat der Bundestag am Freitag das Gesetz zur Umsetzung der EU-Biopatentrichtlinie in nationales Recht beschlossen. Mit den Stimmen von Rot-Grün und Union billigte das Parlament einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace protestierte vor dem Bundestag mit in Eisblöcken eingefrorenen Babypuppen gegen die Entscheidung. "Seit 1999 hat das Europäische Patentamt (EPA) in München über 1000 Patente auf menschliche Gene vergeben", unter anderem das so genannte "Babypatent" (EP 1121015) im November 2003", schreibt die Organisation. Neben einem Verfahren zum Tiefkühlen von menschlichen Eizellen, Sperma und Embryonen umfasse das Patent "die Embryonen selbst".

Datenschützer

Biometrische Merkmale in EU-Pässen nur unter Vorbehalt akzeptiert

Das Europäische Parlament hat in seiner Stellungnahme zur geplanten EU-Pass-Verordnung deutliche Verbesserungen des Kommissionsvorschlages zur Sicherung des Persönlichkeitsrechts gefordert. Mit der EU-Pass-Verordnung sollen neben einheitlichen Sicherheitsmerkmalen auch biometrische Merkmale in die Pässe und anderen Reisedokumente der EU-Bürger eingeführt werden. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Peter Schaar begrüßt insbesondere die ausdrückliche Ablehnung einer zentralen Datenbank mit Passdaten der EU-Bürger durch das EU-Parlament.

"Wirtschaftliche Zusammenarbeit"

Sicherheitsbehörden wollen Anschlag auf Ministerpräsident Allawi vereitelt haben

Die deutschen Sicherheitsbehörden haben nach Angaben der Bundesanwaltschaft mögliche Anschlagspläne auf den irakischen Ministerpräsidenten Ijad Hashim Allawi vereitelt. Bei einer Razzia von Spezialeinheiten der Polizei wurden am Freitagmorgen drei Iraker festgenommen. Sie gelten als mutmaßliche Mitglieder der islamistischen Terrorgruppe Ansar al Islam, wie Generalbundesanwalt Kay Nehm in Karlsruhe mitteilte. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Allawi haben unterdessen eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit beider Länder vereinbart.

Tropensturm auf den Philippinen

Euronatur: Abholzung ist für Überschwemmungen verantwortlich

Erneut sucht ein Tropensturm die Philippinen heim. Der neue Taifun "Namadol" bringt Tote und Vermisste. Für die verheerenden Tropenstürme seien Abholzung und Monokulturen verantwortlich, so Claus-Peter Hutter, Präsident der Umweltstiftung Euronatur. Nur die Anpflanzung heimischer Wälder könne die Böden fixieren und katastrophalen Überschwemmungen und Schlammlawinen verhindern. Die Philippinen, die in den letzten Wochen Opfer von großen Flutkatastrophen waren, seien von illegaler Abholzung der Regenwälder betroffen. Derzeit gäbe es nur noch sieben Prozent des ursprünglichen Urwaldes. Der Rest sei abgeholzt. Auf die abgeholzten Flächen würden einseitig nur Kokuspalmen gepflanzt. Dadurch verliere der Boden an Haftung. Komme ein Taifun auf die Insel zu, rutschten großflächige Hänge ab und führten zu den Katastrophen der letzten Wochen.

Baumsterben

Versauerung der Waldböden gefährdet Trinkwasser

Der Wald und seine Böden sind geschädigt wie noch nie. Die aktuellen Berichte über die rapide zunehmenden Waldschäden in den Bundesländern decken schonungslos auf, was Wissenschaftler und Forst-Experten schon länger beklagen: In unseren Waldböden ticken Zeitbomben mit verheerenden Wirkungen. Die zunehmenden Schadstoffe im Waldboden gefährden massiv den Trinkwasserspeicher Wald. Gleichzeitig lässt die Bereitschaft der Politik immer mehr nach, mit Bodenschutzkalkungen offensiv gegen die fortschreitende Versauerung der Waldböden vorzugehen.

20 Jahre Giftgaskatastrophe

Chemiekonzern Dow soll Bhopal sanieren

Ein Mahnmal haben 25 Greenpeace-Aktivisten heute Vormittag zum morgigen 20. Jahrestag des größten Industrieunfalls der Geschichte in Bhopal auf der Mole eines Industriehafens bei der Firma Dow Chemical bei Rheinmünster aufgebaut. Das Mahnmal am Oberrhein ist eine Kopie des "Bhopal Memorial" - die Skulptur einer Frau mit zwei Kindern, die sich vor dem Erstickungstod zu retten versucht. Auf einem Banner am Verladekran steht "Bhopal stirbt - Dow schweigt!" Die Umweltschützer werfen dem Chemiekonzern vor, sich bis heute nicht seiner Verantwortung für die Opfer der Giftgaskatastrophe im indischen Bhopal zu stellen. An den Folgen des Unfalls in der US-Firma Union Carbide starben seit 1984 etwa 20.000 Menschen. Die Folgen der Katastrophe sind bis heute nicht bereinigt, das verseuchte Gelände wurde nicht saniert.

"Parlamentsbeteiligungsgesetz"

Bundestag betreibt eigene Entmündigung bei Auslandseinsätzen

Verteidigungsminister Peter Struck will – einem Wunsch der USA und der NATO entsprechend – dafür sorgen, dass die Bundeswehr noch schneller und reibungsloser weltweit eingesetzt werden kann. Dafür wird am Freitag, 3. Dezember im Bundestag in zweiter und dritter Lesung über den von den Regierungsfraktionen eingebrachten Gesetzentwurf über ein "Entsendegesetz" für die Bundeswehr beraten. In der Friedensbewegung stößt das Gesetz auf einhellige Ablehnung, wie der Bundesausschuss Friedensratschlag mitteilt.

Dieselruß

Vekehrsinitiative: Auch Lkw-Technik muss krebserregenden Ruß vermeiden

Dem größten Verursacher des krebserregenden Dieselruß wurden bisher praktisch keine Grenzen gesetzt. Das ergab eine Recherche der Zeitschrift "mobilogisch!" In- und ausländische Lkw verbrennen in Deutschland mehr als dreimal soviel Diesel wie alle Diesel-Pkw. Das Versprechen der deutschen Automobilindustrie, ab 2008 alle fabrikneuen Diesel-Pkw mit Rußfilter auszustatten, verdeckt das wesentlich größere Problem: Nach offiziellen Zahlen tanken Lkw 2,4mal so viel Diesel in Deutschland wie die Pkw-Flotte. Problem verschärfend kommt die wesentlich schlechtere Technik der Lkw hinzu. Sie stoßen mit jedem Liter Diesel deutlich mehr Luftschadstoffe wie z.B. Ruß aus als ein Pkw.

Spießig, ironisch, skurril

Plakatkünstler Klaus Staeck zeigt Alltagsansichten aus Deutschland

"Vorsicht Kampfkatze!" steht drohend auf einem Warnschild in einem akkurat gepflegten Vorgarten in Werder an der Havel. Es ist eines der vielen absurden Fotomotive von Klaus Staeck, der sich als politischer Plakatkünstler seit Jahrzehnten einen Namen gemacht hat. Im Willy-Brandt-Haus in Berlin präsentiert Staeck ab Freitag unter dem Motto "Frohe Zukunft" eine Sammlung von Impressionen aus dem deutschen Alltag.