DIE Internet-Zeitung

Dezember 2004

Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.

Drogen

Doppelt so viele Jugendliche trinken Alkopops

Doppelt so viele Jugendliche konsumierten 2004 alkoholische Mixgetränke wie noch 2001. Am meisten tränken 16- bis 19-Jährigen regelmäßig Alkohol, gab die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) nach einer Umfrage bekannt. Mit durchschnittlich 15,5 Jahren betränken sich Jugendliche das erste Mal. In späteren Jahren seien gut 40 Prozent der Jugendliche mindestens einmal pro Jahr betrunken, analysiert die Bundeszentrale das Alkoholverhalten von Jugendlichen. Mit steigendem Alter werde dann wieder weniger getrunken und auch das Betrunkensein unwahrscheinlicher. Grund für den hohen Alkoholkonsum sei die intensive Vermarktung von Alkopops.

Wahlkampf

Plant die Bundesregierung Milliarden-Investitionen vor der Bundestagswahl?

Die Geschichte lehrt: Nach Wahlen beschließen Regierungen in großer Einmütigkeit unbeliebte Gesetze und Sparprogramme für die breite Bevölkerung. In Wahlkampfzeiten häufen sich die öffentlichen Auseinandersetzungen entlang der traditionellen ideologischen Linien und es werden wieder Staatsgelder für die breite Bevölkerung ausgegeben. Der "kleine Mann auf der Straße" fühlt sich so rechtzeitig zur Wahl doch wieder wohl bei seiner Partei. "Die Welt" hat unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, dass die Bundesregierung in der zweiten Jahreshälfte 2005 - ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl - ein Investitionsprogramm von rund zehn Milliarden Euro plant. Ziel sei es, die schwache Konjunktur anzukurbeln. Dem Bericht zufolge sollten die Gelder vor allem in Verkehrsprojekte und die Förderung kommunaler Bauvorhaben wie die Modernisierung von Schulen, Kindergärten und Schwimmbädern fließen. Die Meldungen seien "absurd und entbehren jeder Grundlage", teilte das Bundespresseamt am Samstag mit. - Allerdings verlangten die Wirtschaftsexperten Hans-Werner Sinn und Peter Bofinger mehr Investitionen.

Literaturnobelpreis

Aktueller kann ein Theatertext nicht sein

Das Grauen wird zur Unterhaltung, zum Bestandteil des Alltags. "Wartainment" heißt die dazugehörige Wortneuschöpfung. Den Irak-Krieg als Medienspektakel beleuchtet die österreichische Autorin Elfriede Jelinek in ihrem Theatertext "Bambiland". In Kombination mit den unter dem Titel "Babel" zusammengefassten Monologen "Irm sagt", "Margit sagt" und "Peter sagt" ist der Text jetzt im Rowohlt Verlag als Buch erschienen. Der 270 Seiten starke Band "Bambiland", mit einem Vorwort von Theatermacher Christoph Schlingensief, ist seit Samstag im Handel. Am Freitag hatte Jelinek in Stockholm den Literaturnobelpreis erhalten. "Bambiland" entstand zeitgleich mit dem Krieg im Irak. Aktueller kann ein Theatertext nicht sein.

Kult-Rockband

Karat-Sänger Herbert Dreilich verliert den Kampf gegen den Krebs

"Mich zwingt keiner auf die Knie", sang Herbert Dreilich erstmals vor 20 Jahren in einem Lied. Der Text war sein Lebensmotto, wie er selbst einmal bekannte, doch jetzt hat der Frontmann der ostdeutschen Kult-Rockband Karat einen Kampf verloren. Wenige Tage nach seinem 62. Geburtstag erlag er in der Nacht zu Sonntag in seinem Haus in der Nähe von Berlin einem Krebsleiden.

Ausländerpolitik

Wullf fordert Eid auf Verfassung bei Einbürgerung

Zuwanderer sollen bei der Einbürgerung einen Eid auf die Verfassung leisten, fordert der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU). Wer als Ausländer Deutscher werden wolle, "muss das auch sichtbar bekennen", sagte Wulff, der auch Stellvertreter von CDU-Chefin Angela Merkel ist. Dazu eigne sich ein feierlicher Eid auf die Verfassung.

Grenzwertüberschreitungen

Greenpeace verklagt Rewe und Tengelmann wegen Pestiziden in Salaten

Alle untersuchten Blattsalate aus den Supermärkten Edeka, Metro, Lidl, Rewe, Spar und Tengelmann weisen scheinbar Pestizide auf. Das Greenpeace-EinkaufsNetz wies in Tests nach, dass 23 Salatsorten aus konventionellem Anbau gespritzt und mit Nitraten behandelt waren. Fünf der 21 Kopf-, Eichblatt- und Rucolasalate erreichten den gesetzlichen Grenzwert für Spritzmittel oder überschritten ihn bis um das 36-fache. Besonders stark betroffen von Pestizidbelastungen seien Salate aus Italien und Belgien. Allein Bio-Salate schnitten mit "Gut" ab und enthielten keine Pestizide. Gerade im Winter gelte, dass Salate schwer gedeihen, so der Chemiker Manfred Krautter von Greenpeace. Deshalb würden sie "in Treibhäusern gepäppelt, stark gespritzt und überdüngt". Ein Viertel der getesteten Salate seien durch ihre Pestizidbelastung "gesetzteswidrig". Daher klagt der Umweltverband Greenpeace gegen Rewe und Tengelmann wegen wiederholten Verstößen gegen das Lebensmittelgesetz.

Foltervorwürfe

Rumsfeld droht mit Absage seines Deutschlandbesuchs

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld droht nach "Focus"-Informationen mit der Absage seiner Teilnahme an der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar. Wie das Nachrichtenmagazin am Sonntag vorab berichtete, ist die Anzeige einer US-Menschenrechtsorganisation bei der Bundesanwaltschaft gegen Rumsfeld und weitere US-Funktionäre Hintergrund der diplomatischen Attacke. Die Karlsruher Behörde könnte laut Völkerstrafgesetzbuch daraufhin wegen Foltervorwürfen im Irak gegen Rumsfeld ermitteln.

"Unbequeme Schriftstellerin

Elfriede Jelinek bekommt den Literaturnobelpreis

Die österreichische Schriftstellerin Elfriede Jelinek bekommt am Freitag in Stockholm den Literaturnobelpreis. Jelinek gilt als eine der unbequemsten Schriftstellerinnen und Theaterautorinnen im deutschsprachigen Raum. Ihre Arbeit umfasst Lyrik, Prosa, Theaterstücke, Hörspiele und Drehbücher. Zu ihren bekanntesten Werken zählen der Roman "Die Klavierspielerin" (1983) und das Theaterstück "Burgtheater" (1985).

42. Absturz

Bundeswehr-Kampfjet in Oberbayern abgestürzt

Beim Absturz eines Kampfjets der Bundeswehr in Oberbayern in der Nähe von Kaufering ist am Donnerstag die zweiköpfige Besatzung, der Pilot und der Waffensystemoffizier, ums Leben gekommen. Das Luftfahrzeug befand sich nach Angaben der Bundeswehr auf einem Übungsflug von Lechfeld nach Ramstein zum Üben von taktischen Einsatzverfahren. Nach Luftwaffenangaben stürzte der ECR-Tornado aus bislang ungeklärter Ursache kurz nach dem Start gegen 14.25 Uhr in einen Wald nahe dem Fliegerhorst Lechfeld. Die Maschine des Jagdbombergeschwaders 32 war zu einem Übungsflug in Richtung Ramstein aufgestiegen. Es ist der 42. Absturz eines solchen Jets seit Einführung der Tornados in die Bundeswehr im Jahre 1982.

Wieder 10 000 Familien

General Motors verabschiedet sich von einem Drittel seiner Opel-Belegschaft

Ein Teil der Gesellschaft verliert seine "normal" bezahlte Arbeit und damit sein normales soziales Gefüge. Der andere Teil, die verbleibenden Arbeitsplatzinhaber, dürfen vorläufig dankbar sein und länger arbeiten. Aktueller Tatort ist Rüsselsheim: Der Automobilhersteller Opel wird in den nächsten zwei Jahren in Deutschland fast 10 000 der 32 000 Arbeitsplätze "abbauen". 9500 sind es genau genommen. In ganz Europa will General Motors derzeit 12 000 Stellen streichen. Um das Wort Kündigung zu vermeiden, werden Abfindungen gezahlt und "Beschäftigungs und Qualifizierungsgesellschaften" gegründet. So wurde gemeinsam mit dem Betriebsrat eine "Lösung" gefunden, um einen Arbeitskampf zu vermeiden, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".

Grüne Gentechnik

Langzeitstudie sieht Schmetterlinge durch Gen-Mais gefährdet

Einer neuen Langzeitstudie zufolge können die genmanipulierten Maissorten MON810 und Bt11 Schmetterlinge gefährden. MON810 der Firma Monsanto ist in der EU bereits zugelassen, für Bt11 von Syngenta steht die Zulassung an. Die Forscher der Universität Maryland fanden heraus, dass sich über 20 Prozent der Raupen des geschützten Monarchfalters nicht zu Schmetterlingen entwickelten, nachdem sie Gen-Mais-Pollen gefressen hatten. Die erste Langzeituntersuchung der beiden Gen-Maissorten wurde über zwei Jahre unter Praxisbedingungen in den USA durchgeführt.

Tag der Menschenrechte

Engagement der Bundesregierung für Asyl und soziale Sicherheit gefordert

Zum Tag der Menschenrechte fordert FIAN die Bundesregierung zu aktiverem Engagement für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte auf. "Obwohl soziale Rechte den politischen Rechten völkerrechtlich gleichgestellt sind, werden sie in der Praxis der UNO immer noch stiefmütterlich behandelt", kritisiert FIAN-Sprecherin Ute Hausmann. Pro Asyl fordert aus dem aktuellem Anlass, den Schutz von Ehe und Familie, wie er im Grundgesetz und in internationalen Abkommen vorgesehen ist, auch bei der Durchführung von Abschiebungen zu berücksichtigen und nicht weiter Familien auseinanderzureißen.

Bauherrenschutz

Warnung vor faulen Absprachen beim Bauen - Verlust des Ersparten droht

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg warnt eindringlich davor, einen Bauvertrag zu unterschreiben, wenn die Realisierbarkeit des Vorhabens nicht hundertprozentig gesichert ist. Das gilt auch dann, wenn der Vertrag nur unter bestimmten Bedingungen rechtskräftig werden soll. Hintergrund der Warnung sind mehrere Fälle, in denen Baufamilien trotz eines mündlich vereinbarten Geltungsvorbehaltes oder anderer Zusagen nicht ungeschoren aus dem Vertrag heraus kamen. Sie mussten bis zu 10 Prozent der Bausumme als "Abstand" für die Nichterfüllung des Vertrages bezahlen und verloren somit einen großen Teil ihrer Ersparnisse.

Bund Naturschutz in Bayern

"Alpenpolitik in Deutschland – Anspruch und Realität"

Der "Bund Naturschutz in Bayern" hat am 9. Dezember 2004 die Studie "Alpenpolitik in Deutschland – Anspruch und Realität" der Öffentlichkeit vorgestellt. ngo-online dokumentiert die Zusammenfassung der Arbeit im Wortlaut:

Studie

Bund Naturschutz: Alpenpolitik unterliegt einem "ökonomischen Diktat"

"Durch das ökonomische Diktat und das Credo der Wettbewerbsfähigkeit tritt der Alpenschutz immer weiter zurück". So lautete eine zentrale Kritik des "Bund Naturschutz in Bayern" am Donnerstag anlässlich der Vorstellung der Studie "Alpenpolitik in Deutschland – Anspruch und Realität". Die Beteiligungsmöglichkeiten von Verbänden und Bürgern würden zunehmend ausgehebelt. "Beispiele wie die vor kurzem von der Staatsregierung beschlossene radikale Vereinfachung der Genehmigungspraxis von Schneekanonen, der Autobahnneubau bei Füssen, Planungen für zahlreiche neue Alm- und Forststraßen, weitere Golfplatzplanungen belegen, wie gering der Stellenwert einer naturverträglichen Entwicklung der Alpen in der realen Politik ist." Weiterhin fordert der Verband die Einführung einer Prämie für Flächen in NATURA 2000-Gebieten, die strikte Einhaltung des Grundsatzes "Wald vor Wild" in allen Wäldern und die Verabschiedung eines Protokolls "Wasser" in der Alpenkonvention.

Sozialisationserfahrungen

Zeitreise durch DDR-Geschichte im Maxim Gorki Theater

Das Berliner Maxim Gorki Theater widmet sich ab Januar in einer Veranstaltungsreihe 40 Jahren DDR-Geschichte. In einer so genannten Glaubenswerkstatt soll vom 14. Januar bis 15. April täglich ein Jahr DDR-Vergangenheit aufgearbeitet werden, wie Theaterintendant Volker Hesse am Mittwoch in Berlin sagte. Insgesamt sind unter dem Titel "...und der Zukunft zugewandt" 56 Lesungen, Inszenierungen und Performances geplant.

"Medienproblem"

Struck fordert Grundsatzdiskussion über Auslandseinsätze

Verteidigungsminister Peter Struck fordert eine Debatte über die neue Rolle der Bundeswehr. In einem Interview mit dem Magazin "stern" sagte Struck, derzeit würden 35 000 Soldaten und Soldatinnen als Eingreifkräfte für "friedenserzwingende Operationen" nach einem UN-Mandat aufgestellt. Das bedeute kriegerisches Handeln. Er fragt, "ob dieser Gesellschaft klar ist, wozu wir uns international verpflichtet haben". Auch über seinen oft zitierten Hinweis, Deutschlands Sicherheit werde auch am Hindukusch verteidigt, habe es keine richtige Debatte gegeben. "Die Diskussion ist in unserem Land verdrängt worden, weil alle sehen: Es läuft ja ganz gut", meint Struck. Peter Strutynski von der AG Friedensforschung an der Universität Kassel sieht das anders. Insgesamt werde in den großen Medien keine Diskussion zu diesen Themen gesucht. Alternative Positionen wie etwa die der Friedensbewegung würden kaum Gehör finden. "Äußerungen, die die internationale Aufrüstung und global organisierte Gewalt als Lösungsmittel in Frage stellen, werden in den Medien einfach nicht transportiert", kritisiert Strutynski.

Banken für Investitionsschutzvertrag

China-Besuch "im Zeichen der wirtschaftlichen Beziehungen"

Der zweite Tag des China-Aufenthalts von Bundeskanzler Gerhard Schröder stand nach Angaben des Bundeskanzleramtes "ganz im Zeichen der wirtschaftlichen Beziehungen". So hält Schröder eine Verdoppelung des deutsch-chinesischen Handelsvolumens auf 100 Milliarden US-Dollar noch vor 2010 für möglich. Außerdem eröffnete der Kanzler am Dienstag ein Autowerk des chinesischen VW-Joint-ventures in der nordöstlichen Provinzstadt Changchun. Die chinesische Regierung hat angeblich zugesichert, den Wunsch Deutschlands nach einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat zu unterstützen. Das Bundeskabinett hat am 8. Dezember 2004 den Gesetzentwurf zum Investitionsschutzvertrag mit der Volksrepublik China verabschiedet. Wie die Bundesregierung mitteilte, haben die deutschen Wirtschaftsverbände DIHT, BDI und der Bundesverband deutscher Banken "ihre Zustimmung" zu dem Gesetzentwurf signalisiert.

Kontroversen

Die "Friedrich Christian Flick Collection"

Die einen verbinden mit dem Familiennamen "Flick" einen Kriegsverbrecher, eines der größten und mächtigsten Industrieimperien und eine der größten Bestechungsaffären Deutschlands. Das unter dem Einfluss des Bertelsmann-Konzerns inzwischen politisch völlig gewandelte Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" titelte einst: "Die gekaufte Republik", nachdem damals noch illlegale Großspenden von Flick und anderen Unternehmen an die großen Parteien öffentlich bekannt wurden. Mittlerweile sind Großspenden von Industrie und Banken für politische Parteien legalisiert, sie müssen nur ordentlich angezeigt werden. - Die anderen verbinden mit dem Namen "Flick" eine hochkarätigen Sammlung zeitgenössischer Kunst. In der "Friedrich Christian Flick Collection" in Berlin ist am Dienstag der 150 000. Gast begrüßt worden. Jubiläums-Besucherin war eine 48-jährige Berlinerin, teilten die Veranstalter mit.

Umweltverschmutzung

Zustand der Wälder so schlecht wie vor 20 Jahren

Noch nie seit Beginn der alljährlichen Waldschadenserhebungen vor über 20 Jahren ging es dem Wald so schlecht. Dies belegt der am Mittwoch von Bundesverbraucherministerin Renate Künast vorgestellte Waldzustandsbericht 2004. 72 Prozent aller Waldflächen in Deutschland sind erkennbar geschädigt. Ein Drittel der Wälder sind sogar besonders stark angegriffen. Umweltverbände und Waldbesitzer sehen in der deutlichen Zunahme der Waldschäden eine Folge jahrzehntelanger Belastungen der Bäume und des Bodens mit Säuren, Stickstoff, Schwermetallen und Abgasen. Hauptquellen für die hohen Schadstoffeinträge seien Verkehr und Landwirtschaft.