nachrichten verfassungsbeschwerde
Alle Artikel zu diesem Thema sind hier zu finden.
Durchsuchung der Wohnung einer Richterin war verfassungswidrig
Die Verfassungsbeschwerde einer Richterin, die sich gegen die Anordnung der Durchsuchung ihrer Wohnung wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen gewandt hatte, war erfolgreich. Im Rahmen der Durchsuchung war unter anderem auf die im Computer der Beschwerdeführerin gespeicherten Daten sowie auf die Einzelverbindungsnachweise ihres Mobilfunktelefons Zugriff genommen worden. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hob mit Urteil vom 2. März 2006 einstimmig die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts auf. Die Verfassungsrichter sahen durch die Hausdurchsuchung das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Zudem sei wegen des "äußerst geringen" Tatverdachts seitens des Landgerichts dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht hinreichend Rechnung getragen worden.
Verfassungsgericht erörtert Jugendstrafvollzug
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erörtert seit Mittwoch die Notwendigkeit eines Gesetzes zum Jugendstrafvollzug. Anlass ist die Verfassungsbeschwerde eines jugendlichen Haftinsassen. Dessen Anwalt kritisierte, der Gesetzgeber habe es versäumt, eine eigene gesetzliche Grundlage für den Jugendstrafvollzug auf den Weg zu bringen.
Effektiver Rechtsschutz
Die Polizei darf Demonstranten ohne richterliche Anordnung nicht stundenlang in Gewahrsam nehmen. Das hat das Bundesverfassungsgericht auf die Verfassungsbeschwerde einer Atomkraftgegnerin hin entschieden. "Eine Freiheitsentziehung erfordert grundsätzlich eine vorherige richterliche Anordnung", betonten die Karlsruher Richter in dem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss.
Datenschützer fordert zu Protesten gegen Überwachung auf
Der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert hat zu Protesten gegen die zunehmende staatliche Überwachung aller Bürger ermuntert. "Die Menschen müssen es sich nicht gefallen lassen, dass ihnen ihr Datenschutz und ihre Kommunikationsfreiheiten genommen werden, dass sie zu Nummern reduziert werden, die mit etwas Glück in der großen Lostrommel von Missbrauchsbekämpfung und Sicherheitswahn einen Bürgerrechts-Treffer ziehen", erklärte der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz. 2006 dürfe nicht das "Jahr der Vorratsdatenspeicherung" werden. Das zivilgesellschaftliche und bürgerrechtliche Aufbegehren gegen die verfassungswidrigen Bestrebungen zur Vorratsdatenspeicherung müsse gestärkt werden, "um über eine umfassende öffentliche Diskussion die aktuellen Weichenstellungen in eine Überwachungs-Informationsgesellschaft rückgängig zu machen", so Weichert. Die geplanten Vorratsspeicherungen stellten Menschen ohne einen konkreten Anlass unter Generalverdacht. Sie trügen dazu bei, dass die Menschen ihr Vertrauen in den Rechtsstaat und in die Sicherheit elektronischer Kommunikationsdienste verlören.
Mehrere Monate "Organisationshaft" verfassungswidrig
Psychisch kranke oder drogenabhängige Straftäter müssen nach ihrer Verurteilung "unverzüglich" in ein psychiatrisches Krankenhaus beziehungsweise eine Entziehungsanstalt überstellt werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss entschieden. Es verstoße gegen die Freiheitsgrundrechte Betroffener, sie zunächst bis zu drei Monaten in einer Justizvollzugsanstalt zu behalten, nur weil nicht sofort ein Therapieplatz im Maßregelvollzug bereitsteht.
Hartnäckigen Klägern beim Bundesverfassungsgericht droht Strafe
Wer trotz mehrerer erfolgloser Verfassungsbeschwerden weiterhin Klagen in derselben Sache beim Bundesverfassungsgericht einreicht, muss mit einer "Missbrauchsgebühr" bis zu 2600 Euro rechnen. Die Strafgebühr könne dabei in bestimmten Fällen auch dem Anwalt eines unbelehrbaren Klägers auferlegt werden, entschieden die Karlsruher Richter in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss.
Ergebnis der Bundestagswahl kann am Sonntag verkündet werden
Das Ergebnis der Bundestagswahl kann trotz der Nachwahl in Dresden wie geplant am Sonntag verkündet werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Einen dagegen gerichteten Eilantrag einer Bundestagskandidatin aus dem Saarland wiesen die Karlsruher Richter als "unzulässig" ab. Rechtsschutz im vorliegenden Verfahren sei "erst nach der Wahl zu erlangen", hieß es in dem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss.
Verfassungsbeschwerde gegen Vollzug der U-Haft erfolgreich
Mit Anordnung der sofortigen Freilassung ist vor dem Bundesverfassungsgericht ein Rechtsstreit um den Vollzug einer Untersuchungshaft zu Ende gegangen. In dem am Freitag in Karlsruhe veröffentlichten Urteil entschied die Zweite Kammer des Zweiten Senats, dass ein einmal gegenstandslos gewordener Haftbefehl auch gegenstandslos bleibe (Beschluss vom 18. August 2005 - 2 BvR 1357/05). Mit einer einstweiligen Anordnung wurde die unverzügliche Haftentlassung des betroffenen Mannes angewiesen.
Klagen und verfassungsrechtlicher Diskurs über Köhlers Entscheidung
Die ersten gegen vorgezogene Neuwahlen gerichteten Klagen sind am Freitag beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingegangen. Es handele sich um Verfassungsbeschwerden der Partei "Pro Deutsche Mitte" sowie der "Anarchistischen Pogo Partei Deutschlands" (APPD), sagte Gerichtssprecherin Dietlind Weinland. Beide Splitterparteien wenden sich dagegen, dass ihnen nun nicht mehr genügend Zeit bleibe, um das erforderliche Unterschriftenquorum für die Teilnahme an der Bundestagstagswahl am 18. September zu erreichen. Verfassungsexperten diskutieren derweil darüber, ob die Auflösung des Bundestages durch Bundespräsident Horst Köhler verfassungsrechtlich zulässig war.
Verwaltungsgericht Köln hält Wehrpflicht weiter für verfassungswidrig
Das Verwaltungsgericht Köln hält die Wehrpflicht auch nach den jüngsten Gesetzesänderungen für verfassungswidrig. Es setzte am Freitag drei Verfahren aus, in denen Wehrpflichtige gegen ihre Einberufung zur Bundeswehr klagen und stellte sich damit ausdrücklich gegen die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts. Die neuen Einberufungsgrundsätze, die seit Oktober 2004 im Wehrpflichtgesetz geregelt sind, verstießen gegen den im Grundgesetz verankerten Grundsatz der Wehrgerechtigkeit, befanden die Kölner Richter. Sie mussten damit die Verfahren aussetzen und die Frage der Verfassungsgemäßheit der zu Grunde liegenden Bestimmungen des Wehrpflichtgesetzes dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe im Wege einer ?Richtervorlage? zur Entscheidung vorlegen.
Regierung hat keinen Überblick über EU-Haftbedingungen
Die Bundesregierung hat nach eigenen Angaben keinen umfassenden Überblick über die Haftbedingungen in den Gefängnissen der EU-Mitgliedsstaaten. "Wir haben keine systematischen Erkenntnisse über die Haftanstalten, sondern nur Informationen im konkreten Einzelfall", räumte der Leiter der Rechtsabteilung im Auswärtigen Amt, Thomas Läufer, am Donnerstag in Karlsruhe vor dem Bundesverfassungsgericht ein. Anlass war die mündliche Verhandlung des Gerichts über den Europäischen Haftbefehl. Seit Sommer 2004 dürfen deutsche Staatsbürger an EU-Mitgliedsstaaten ausgeliefert werden.
Gesetzliche Neuregelungen ab dem 1. April 2005
Laut Staatsvertrag werden monatlich 17,03 Euro Rundfunkgebühren fällig. Am 1. April treten mehrere gesetzliche Neuerungen in Kraft. Das "Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit" erlaubt den Finanzbehörden einen - automatisierten - Abruf von Kontostammdaten der Bankkunden wie Name, Geburtsdatum, Kontonummern und Depots. Das Justizkommunikationsgesetz ermöglicht den elektronischen Rechtsverkehr mit Gerichten. Das Berufsbildungsreformgesetz ermöglicht es Jugendlichen, sich für einige Zeit im Ausland ausbilden zu lassen, vorausgesetzt der Ausbildungsbetrieb unterstützt dies. Rund eine Million kinderlose Rentner müssen ab 1. April einen höheren Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung zahlen.
Generelle Vorratsspeicherung von Kommunikationsdaten verfassungswidrig
Eine Pflicht zur generellen Vorratsspeicherung von Kommunikationsdaten, wie sie derzeit im Rahmen der EU angestrebt wird, ist unverhältnismäßig und daher mit verschiedenen Grund- und Menschenrechten unvereinbar. So lautet das Ergebnis eines Rechtsgutachtens des Frankfurter Juristen Patrick Breyer. Demzufolge steht der zu erwartende Nutzen einer Vorratsspeicherung dieser Daten in einem deutlichen Missverhältnis zu den damit verbundenen Nachteilen für die Betroffenen und die Gesellschaft insgesamt. Wegen vielfältiger Umgehungsmöglichkeiten seien Auswirkungen einer Vorratsspeicherung auf das Sicherheitsniveau, also auf die Kriminalitätsrate, nicht zu erwarten.
Datenschutzbeauftragte halten Kontenkontrolle für verfassungswidrig
Die deutschen Datenschutzbeauftragten erheben schwere Vorwürfe gegen das "Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit". Das Gesetz missachte verfassungsrechtliche Vorgaben zu Bestimmtheit und Transparenz. Es sieht vor, dass ab 1. April nächsten Jahres eine große Zahl Behörden auf die sogenannten Kontostammdaten aller Bankkunden und Konto-Verfügungsberechtigten zugreifen kann. Doch aus dem Gesetz gehe nicht eindeutig hervor, welche Behörden dies sein sollen - verfassungswidrig. Ebenso widerspreche es dem Grundgesetz, dass die Betroffenen in der Regel gar nichts über die Datenabfrage erfahren sollen. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder forderte, das Gesetz zu überarbeiten und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu gewährleisten.
Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabe ist verfassungsgemäß
Unternehmer müssen weiterhin eine Ausgleichsabgabe zahlen, wenn sie keine ausreichende Anzahl von Schwerbehinderten beschäftigen. Das Bundesverfassungsgericht verwarf jetzt die Verfassungsbeschwerde eines badischen Transportunternehmers, der zur Zahlung der Abgabe für unbesetzte Pflichtarbeitsplätze herangezogen worden war.
Verfassungsgericht weist Beschwerde gegen Ladenöffnungszeiten ab
Das grundsätzliche Verbot der Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Dies entschied der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts am heutigen Mittwoch. Auch die Regelung zum Ladenschluss der Verkaufsstellen am Samstag verstoße nicht gegen das Grundgesetz. Die Verfassungsbeschwerde der Kaufhof AG gegen das gesetzliche Verbot der Öffnung von Verkaufsstellen an Samstagen über die gesetzliche Ladenöffnungszeit hinaus sowie an Sonntagen wurde damit zurückgewiesen. Dennoch müsse der Gesetzgeber prüfen, ob die einzelnen Länder künftig das Ladenschlussrecht selbst regeln können.
Länder-Gesetze zur nachträglichen Sicherungsverwahrung verfassungswidrig
Die von fünf Bundesländern erlassenen Gesetze zur nachträglichen Sicherungsverwahrung besonders rückfallgefährdeter Straftäter sind verfassungswidrig. Wie das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe entschied, liege die Gesetzgebungskompetenz für die Straftäterunterbringung allein beim Bund, der davon bereits "abschließend Gebrauch gemacht" habe.
Continental verliert Rechtsstreit mit mexikanischen Arbeitern um Werkschließung
Im Streit um die widerrechtliche Schließung des Continental-Werkes im mexikanischen Guadalajara hat der Reifenkonzern eine weitere juristische Niederlage erlitten. Einer Verfassungsbeschwerde der Arbeiter wurde nun in letzter Instanz Recht gegeben. Das am Mittwoch in Mexiko veröffentlichte 260-seitige Urteil des Arbeitsgerichtshofes bekräftigt die Argumentation der Arbeiter, die seit über zwei Jahren das Continental-Werk in Guadalajara bestreiken. Continental hatte bislang immer behauptet, die im Dezember 2001 erfolgte Werksschließung und Entlassung der 1164 Arbeiter sei gemäß mexikanischen Rechts erfolgt. "Spätestens mit diesem Urteil wird der Konzern umdenken müssen" sagt Cornelia Heydenreich von Germanwatch.
Gericht lässt Wehrpflichtige laufen
Die Diskussion um das Ende der Wehrpflicht bekommt eine neue Note: Das Verwaltungsgericht Köln hat, wie jetzt bekannt wurde, am 23. Dezember in einem Eilverfahren einem Wehrpflichtigen Recht gegeben, der sich gegen seine Einberufung gewehrt hatte. Die von der Bundeswehr praktizierte Regelung, dass viele Wehrpflichtige nicht einberufen werden, sei ungerecht und verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, entschied das Gericht. Der Kläger muss jetzt seiner Einberufung nicht nachkommen. Ebenso sei die Entscheidung für den gesamten Bereich des dortigen Kreiswehrersatzamtes gültig, so die Kölner Richter. Das Bundesverteidigungsministerium bezeichnete den Gerichtsbeschluss als Einzelfallentscheidung, während die Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär sich freute, dass das Ende des "offenen Verfassungsbruchs" jetzt "lediglich eine Frage der Zeit" sein werde.
Gewalt im Straßenverkehr nicht unvermeidlich
Das Festhalten des Bundesverfassungsgerichts an der Auffassung, Gewalt sei im Verkehr "teils unvermeidlich, teils erforderlich", hat den Verein "autofrei leben!" dazu veranlasst, beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde einzulegen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung annahm, weil sie "keine Aussicht auf Erfolg" habe und die Verfassungsrichter weitere Begründungen unterließen, hat sich der Verein nun an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewandt.