DIE Internet-Zeitung

Artikel Seite 184
Weniger Medizin für Senioren?

Gesundheitsministerium wirft Ärzten Milliardenverschwendung vor

Die Ärzte in Deutschland verschwenden nach Ansicht des Bundesgesundheitsministeriums noch immer Milliarden von Euro an Kassenbeiträgen. Die Verschreibung teurer Originalmedikamente anstelle günstiger Nachahmerpräparate mit dem gleichen Wirkstoff habe die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in 2005 mit drei Milliarden Euro belastet, sagte Gesundheitsstaatssekretärin Marion Caspers-Merck am Dienstag bei der Vorstellung des Arzneimittel-Reports in Berlin. Dies entspreche 0,3 Beitragssatzpunkten aus den Taschen der Versicherten. Das "Einsparpotenzial" müsse genutzt werden für "wirklich innovative, aber kostspielige Therapien".

Staatlicher Erziehungsauftrag

Verfassungsgericht billigt Verurteilung wegen Schulpflicht-Verstoßes

Wer seine Kinder aus religiösen Gründen nicht zur Schule schickt, kann strafrechtlich verurteilt werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Das Grundgesetz gewähre nicht das Recht, dass Kinder "vollständig von fremden Glaubensbekundungen oder Ansichten verschont bleiben", heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Beschluss. Die Karlsruher Richter verwarfen damit die Verfassungsbeschwerde eines christlich eingestellten Elternpaares aus Hessen, das drei seiner Töchter seit 2001 aus religiösen Gründen vom weiteren Besuch der örtlichen Gesamtschule abgehalten hatte.

"Bewerbungsmarathons"

Attac bezeichnet Köhler als "Arbeitgeberpräsidenten"

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat die Forderung des Bundespräsidenten nach mehr Druck auf Arbeitslose scharf kritisiert. "Köhler geriert sich wieder einmal als Arbeitgeberpräsident," meint Peter Wahl von Attac. "Im Grundgesetz ist das Mandat des Bundespräsidenten klar definiert", so Wahl, "von Einmischung in die Tagespolitik ist da nicht die Rede. Eigentlich würde die vielzitierte Würde des Amtes daher eine so einseitige Parteinahme verbieten." Das Problem ist nach Auffasung von Attac nicht mangelnder Druck auf die Arbeitslosen, "sondern das Versagen eines Wirtschaftssystems, bei dem der Profit vor den Menschen kommt sowie eine Regierungskoalition aus unfähigen und unwilligen Politikern".

Bundesrat

19 Prozent Mehrwertsteuer und Kürzung von Nahverkehrsmitteln beschlossen

Der Bundesrat beschloss die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2007. Dazu stimmte die Länderkammer stimmte am Freitag in Berlin dem vom Bundestag bereits verabschiedeten "Haushaltsbegleitgesetz 2006" der Bundesregierung zu. Damit wird der Mehrwertsteuersatz Anfang kommenden Jahres von 16 auf 19 Prozent angehoben. Gleiches gilt für die Versicherungssteuer. Im Gegenzug wird der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung um zwei Prozentpunkte auf 4,5 Prozent abgesenkt. Die Länderkammer beschloss auch, die Regionalisierungsmittel für den Bahn-Nahverkehr um mindestens 1,8 Milliarden Euro zu kürzen.

GASP & ESVP

EU will zur Energiesicherung auch auf militärische Mittel zurückgreifen

Die europäischen Staats- und Regierungschefs beschlossen bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel die Entwicklung und Durchführung einer Energieaußenpolitik. Hierbei solle gegebenenfalls auch auf militärische Instrumente zurückgegriffen werden. Dies geht aus den "Schlussfolgerungen" der Staats- und Regierungschefs vom 16. Juni 2006 hervor. Darin heißt es, die EU müsse sich fortwährend dem globalen Wettbewerb um den "Zugang zu immer knapper werdenden Energiequellen stellen". Sie fordern daher mit dem Ratsvorsitz, der Kommission und dem Hohen Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) die zuständigen EU-Gremien auf, die Arbeiten "zur Entwicklung und Durchführung einer externen Energiepolitik unter Einsatz aller verfügbaren Instrumente einschließlich der GASP und der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) voranzubringen".

"Nigger"-Parolen

Rassismus-Opfer Noël Martin kündigte Freitod an

Vor zehn Jahren ist der farbige Bauarbeiter Noël Martin im brandenburgischen Mahlow von rassistischen Schlägern schwer verletzt worden. Seitdem ist der Brite vom Hals abwärts gelähmt, kann sich fast nicht mehr bewegen und braucht für jeden alltäglichen Schritt eine fremde helfende Hand. Am Freitag kündigte er seinen Freitod an.

Tagung der IWC

Walfang könnte ausgeweitet werden

Anlässlich der diesjährigen Tagung der Internationalen Walfangkommission (IWC) veröffentlichten Tierschützer neues Filmmaterial. Es zeigt, dass Wale offenbar nicht schnell und schmerzlos auf See zu töten sind. Selbst unter besten Wetterbedingungen dauert der Todeskampf der Tiere nach Auffassung der Tierschützer "viel zu lang". Das Filmmaterial wurde vor einem Monat vor der norwegischen Küste von Hamningberg von Ermittlern der WSPA (Welttierschutzgesellschaft) und der EIA (Environmental Investigation Agency) aufgenommen. Es zeigt wie eine Sprengharpune auf einen Zwergwal abgefeuert wird. Trotz bester Wetterbedingungen dauert es zweieinhalb Minuten bis der Wal tot ist. Die Tagung soll darüber beschließen, ob künftig auch Großwale wieder gejagt werden dürfen.

Zuckerbrot und Peitsche

Verbraucherschützer loben Discounter Lidl für "faire" Produkte

Mit Zuckerbrot und Peitsche versuchen Verbraucherschützer auf die Geschäftspolitik des Lebensmitteldiscounters Lidl Einfluss zu nehmen. Als "erfreuliche Entwicklung im Fairen Handel" bezeichnete die Verbraucher Initiative die Einführung einer "fair" gehandelten Eigenmarke durch Lidl. Dies sei ein weiterer Schritt dieses Marktsegments heraus aus der Nische, meint der Bundesverband kritischer Verbraucherinnen und Verbraucher in Berlin.

Abspaltung von Serbien

Deutschland erkennt Montenegro völkerrechtlich an

Deutschland befördert die Abspaltung der Republik Montenegro von Serbien. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch der völkerrechtlichen Anerkennung der Republik Montenegro sowie der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zugestimmt. "Die Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedstaaten führen zukünftig Beziehungen mit Montenegro als souveränem, unabhängigem Staat", teilte die Bundesregierung mit. Sie verweist darauf, dass sich die Bevölkerung Montenegros in einem Referendum für die Unabhängigkeit von Serbien entschieden habe. "Die förmliche Anerkennung sowie die Erklärung der Bereitschaft zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen erfolgen durch ein Schreiben des Bundespräsidenten." Die Anerkennung von Teilrepubliken des ehemaligen Jugoslawien war von der deutschen Friedensbewegung in der Vergangenheit heftig kritisiert worden.

Gewissenskonflikt

Bibeltreue Eltern erneut wegen Schulpflicht-Verstoßes verurteilt

Bereits zum zweiten Mal ist ein sehr christlich eingestelltes Elternpaar aus Mittelhessen verurteilt worden, weil es seine Kinder aus religiösen Gründen nicht zur Schule schicken will. Das Amtsgericht Alsfeld verhängte am Mittwoch eine Geldstrafe von 1000 Euro gegen das neun Kinder besitzende Paar, blieb damit jedoch deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Diese hatte nach Angaben des Vorsitzenden Richters sogar eine Freiheitsstrafe verlangt.

"Komplexe Ökosysteme"

Umweltministerium plädiert für besseren Schutz der Meere

Für einen besseren Schutz der Meere hat sich Astrid Klug, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, ausgesprochen. "Der Schutz der komplexen Ökosysteme im Meer und die Nutzung der Meere müssen wieder in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht werden", sagte Klug auf einer Tagung des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie in Hamburg. Angesichts der immer noch zunehmenden Nutzung der Meere gelte es, zukünftige Meerespolitik so zu entwickeln, dass die Funktionen und die Leistungsfähigkeit des Ökosystems Meer nicht gefährdet werden. "Wir müssen den Schutz der Meere in allen betroffenen Politikbereiche verankern", sagte Klug.

Vermögen

Karlsruhe begrenzt Gerichtsgebühr für Dauerbetreuung alter Menschen

Wer alte Menschen in einer gerichtlich angeordneten Pflegschaft dauerhaft betreut, muss in bestimmten Fällen künftig weit weniger Gebühren als bisher zur Abdeckung der Gerichtskosten zahlen. Das Bundesverfassungsgericht erklärte in einer am Dienstag veröffentlichten Entscheidung die geltende Berechnung der Gerichtskosten für die Anordnung und Errichtung von Dauerpflegschaften teilweise für verfassungswidrig. Zugleich begrenzten die Karlsruher Richter die bislang allein nach dem Vermögen des Betreuten berechnete Gebührenhöhe drastisch. Die Gebühr dürfe sich dann "nicht unbegrenzt nach dem Vermögen des Betreuten bemessen", wenn sich die Betreuung nur auf die Person und nicht auch auf die Vermögensangelegenheiten des Betreuten beziehe.

Regierung vertraut USA

Tod dreier Häftlinge im Gefangenenlager Guantanamo

Im US-Gefangenenlager Guantanamo sind drei Häftlinge zu Tode gekommen. Sie sollen Suizid begangen haben. In Deutschland ist jetzt parteiübergreifend die Forderung nach Schließung des Lagers laut geworden. Die Opposition forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, bei der US-Regierung erneut auf Schließung des Lagers zu drängen. Die Bundesregierung bekräftigte am Montag ihre kritische Haltung, vertraut in der Sache aber auf Aufklärung des Falls durch die USA.

Lehrstellen

Die Regierung appelliert

Nach Angaben der Bundesregierung könnten im Herst 50.000 Lehrstellen fehlen. Würde nur jeder zehnte ausbildungsfähige Betrieb, der bisher nicht ausbildet, einen Lehrling einstellen, wäre das Problem nach Auffassung von Bundesbildungsministerin Schavan gelöst. Schavan appellierte mit dieser Rechung an die Wirtschaft und informierte über die Angebote der Bundesregierung. "Wir müssen es vor allem kleinen und mittleren Betrieben erleichtern, ja zu einem Lehrling zu sagen", forderte Ministerin Schavan gegenüber der Berliner Zeitung. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) will jetzt 100 Millionen Euro für ein Programm mit dem Titel "Jobstarter" ausgeben. Diese Mittel sollen im Zeitraum 2005 bis 2010 eingesetzt werden, um zahlreiche Ausbildungshemmnisse abzubauen und um neue Plätze zu schaffen.

"Keinen Krieg auf den Feldern"

Seehofer für "Grüne Gentechnik" mit Haftungsfonds

Bundesagrarminister Horst Seehofer (CSU) will Forschung und Anwendung der so genannten grünen Gentechnik in Deutschland vorantreiben. "Ich will bei der grünen Gentechnik die Forschung in Deutschland fördern und nicht behindern", sagte Seehofer in dem Nachrichtenmagazin "Focus". Deutschland brauche Forschung und Anwendung dieser Technologie im Freiland. "Ich werde der Koalition dazu eine offensive Haltung vorschlagen. Wir wollen die Weiterentwicklung neuer Technologien unter strikter Beachtung des Schutzes von Mensch und Umwelt", sagte Seehofer. Der Nutzen der grünen Gentechnik müsse der Bevölkerung deutlich gemacht werden. Mit einem Haftungsfonds will der Minister für Akzeptanz in der Bevölkerung sorgen. Auch die FDP fordert eine stärkere Förderung der "Grünen Gentechnik". Sie lehnt den Haftungsfonds ab.

"Ausbeutung in Wirtschaftsbetrieben"

Merkel spricht sich gegen Kinderarbeit aus

Anlässlich des Welttags gegen Kinderarbeit am 12. Juni sprach sich Bundeskanzlerin Angela Merkel gegen Kinderarbeit aus. Sie verwies hierbei auf das von Deutschland unterstützte Programm der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) gegen Kinderarbeit. Ziel ist nach Angaben der Bundesregierung "die weltweite Ächtung und effektive Bekämpfung von Kinderarbeit, nicht nur in ihren schlimmsten Formen, wie Prostitution oder militärischer Einsatz, sondern auch der ausbeuterischen Beschäftigung von Kindern in Wirtschaftsbetrieben". Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hatte am Donnerstag den Bayer-Konzern aufgefordert, sicherzustellen, dass in diesem Jahr nicht erneut Hunderte von Kindern zwischen 8 und 14 Jahren bei indischen Saatgut-Zulieferern des Konzerns beschäftigt werden (ngo-online berichtete).

Geheimgefängnisse und Gefangenentransporte

Europarats-Generalsekretär kritisiert eilige Abwehr-Reaktionen auf Marty-Bericht

Der Generalsekretär des Europarates, Terry Davis, hat die Arbeit des Europarats-Sonderbeauftragten Dick Marty gegen Kritik aus den europäischen Staaten verteidigt. "Dick Marty hat unter sehr schwierigen Bedingungen sehr gute Arbeit geleistet", sagte Terry Davis, Generalsekretär des Europarates, nach der Veröffentlichung des Berichts von Dick Marty über Geheimgefängnisse und Gefangenentransporte innerhalb der Mitgliedsstaaten des Europarates. Marty habe in Bezug auf die Verwicklung mehrerer europäischer Länder sehr schwerwiegende Anschuldigungen gemacht. Einige Regierungen hätten diese Vorwürfe "unverzüglich abgestritten", kritisierte Davis die eilige Abwehr-Reaktionen. "Ich bin jedoch der Meinung, dass diese Regierungen klarstellen sollten, ob sie diese Anschuldigungen vor ihrer Zurückweisung auch untersucht haben." Der SPD-Bundestagsabgeordnete Dieter Wiefelspütz hatte den Marty-Bericht unmittelbar nach der Veröffentlichung angegriffen und behauptet, er enthalte "Gerüchte".

Eigentumsgrundrecht

Karlsruhe schützt Vermögen auch bei behaupteten Atomgeschäften

Bei der Beschlagnahmung von Vermögen eines mutmaßlichen Straftäters müssen Gerichte strenge Maßstäbe anlegen. Das entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss. Die Karlsruher Richter gaben damit der Verfassungsbeschwerde eines 63-jährigen Unternehmers statt, der verdächtigt wird, Libyen bei der Entwicklung von Atombomben unterstützt zu haben. Die Staatsanwaltschaft Mannheim wirft dem angeklagten Unternehmer vor, an der Entwicklung und Lieferung von Gasultrazentrifugen beteiligt gewesen zu sein, die in Libyen zur Urananreicherung verwendet werden sollten.

"Erfunden" und "hochgespielt"

Scholl-Latour bezeichnet Terrornetzwerk Al-Qaida als "Mythos"

Der Islam-Experte Peter Scholl-Latour sagte im Gespräch mit der "Neuen Presse", das Terrornetzwerk Al-Qaida sei "eher ein Mythos, den die Amerikaner hochgespielt haben, der im Irak und der gesamten arabischen Welt aber keine so große Rolle spielt." Scholl-Latour bestritt auch, dass der offenbar von den USA getötete Abu Mussab el Sarkawi Chef von Al-Qaida im Irak gewesen sein soll: "Ich weiß nicht, wer das erfunden hat. Das ist Unsinn." Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wertete die Nachricht vom Tod des Terroristenführers hingegen als Erfolg im "Kampf gegen den Terrorismus". US-amerikanische Soldaten sollen angeblich ein Massaker an iraktischen Zivilisten verübt haben.

Erkundungskommando

Bundeswehrkommando fliegt am Wochenende in den Kongo

Ein Erkundungskommando des deutschen Kontingents für den Afrika-Einsatz der Europäischen Union soll am Wochenende in die Demokratische Republik Kongo fliegen. Das Kommando werde Einzelheiten der Verlegung sowie der Logistik vor Ort klären und Kontakte mit möglichen Partnern für den Bau eines Feldlagers aufnehmen, sagte ein Bundeswehrsprecher am Donnerstag in Koblenz. Mitte Juni folge dann ein größeres Vorauskommando.