NGO DIE Internet-Zeitung

Artikel Seite 106
Nach Gerichtsurteil

Ex-Senator Kusch will angeblich keine Suizidhilfe mehr anbieten

Der Suizidhelfer und frühere Hamburger Justizsenator Roger Kusch will angeblich keine Sterbehilfe mehr leisten. Nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" vom Freitag (20. Februar) zieht der Jurist damit die Konsequenzen aus einem Urteil des Hamburger Verwaltungsgerichts, das ihm am 6. Februar die Beihilfe zum Suizid untersagt hatte. "Ich finde diese Entscheidung zwar falsch, ich werde den Beschluss aber respektieren - ich biete die Suizidbegleitung nicht mehr an", zitierte das Magazin den Ex-Senator. Unmittelbar nach dem Urteil hatte Kusch noch angekündigt, dass er Rechtsmittel dagegen einlegen wolle.

Weitere 50 Milliarden Euro Steuergelder

"Konjunkturpaket II" beschlossen

Das größte staatliche "Konjunkturprogramm" in der Geschichte der Bundesrepublik ist beschlossen. Der Bundesrat votierte am Freitag (20. Februar) mit großer Mehrheit für das 50 Milliarden Euro umfassende Paket. Lediglich Hamburg und Berlin enthielten sich. Das 50-Milliarden-Paket beinhaltet öffentliche Investitionen in Ländern und Kommunen, Steuern- und Abgabensenkungen sowie Anreize zum Autokauf. "Großunternehmen", die wegen der Zurückhaltung der Banken zurzeit keine oder zu wenig Kredite bekommen, erhalten Bürgschaften vom Bund und Kredite von der bundeseigenen KfW-Bank. Über das bei der KfW bereits laufende Sonderprogramm (15 Milliarden Euro) für den Mittelstand hinaus wird ein Bürgschaftsvolumen in Höhe von 100 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. 450 Millionen Euro erhalten mittelständischen Unternehmen in diesem und im kommenden Jahr für Forschung und Entwicklung.

Knappe Entscheidung

Karlsruhe verwirft Eilantrag gegen Erneuerbare-Energien-Gesetz

Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag des Betreibers eines großen Biogas-Anlagenparks gegen eine Regelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes abgelehnt. Das teilte das Gericht am Donnerstag (19. Februar) in Karlsruhe mit. Der Bioenergiepark besteht aus 40 Biogasanlagen, die sukzessive von November 2006 bis Dezember 2007 in Betrieb genommen wurden. Der Betreiber wandte sich dagegen, dass aufgrund der gesetzlichen Regelung die 40 Anlagen erstmals als "eine Großanlage" gelten. Der Bioenergiepark könne angesichts der hiermit verbundenen Vergütungseinbußen nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden. Es drohe innerhalb kürzester Zeit die Insolvenz.

Kampagne gegen Ausländer- und Flüchtlingspolitik

Bewährung für früheres Mitglied der "Revolutionären Zellen"

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat ein ehemaliges Mitglied der linken Terrorgruppe "Revolutionäre Zellen" zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Die Richter sprachen den 60-jährigen Thomas K. am Donnerstag (19. Februar) der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung für schuldig. Die Strafe war im Rahmen einer Verständigung zwischen den Verfahrensbeteiligten verabredet worden. Der Angeklagte hatte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe eingeräumt und damit zu einer kurzen Hauptverhandlung beigetragen.

Fraport erwirkte Gerichtsbeschluss

Protestcamp gegen Ausbau des Flughafens in Frankfurt am Main geräumt

Einsatzkräfte der Polizei haben am Mittwoch (18. Februar) das Protestcamp gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafen geräumt. Ein Gerichtsvollzieher habe am Morgen per Megafon den Räumungsbeschluss verlesen, teilte die Polizei mit. Als die Aktivisten das Gelände im Kelsterbacher Wald nicht verließen, begannen die Beamten mit der Räumung. Etwa 100 Polizisten arbeiteten sich dann nach Angaben der Protestcamper von Baumhaus zu Baumhaus. Am Nachmittag war die Aktion beendet.

Wird Gen-Mais verboten?

Bundesregierung will Verbot von MON 810 prüfen

Es geht nicht um ein deutsches Produkt, sondern um ein US-amerikanisches: Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) will erstmals ein Anbauverbot für gentechnisch veränderten Mais in Deutschland prüfen. Konkret geht es Aigner um die einzige in Deutschland zugelassene genveränderte Maissorte MON 810 des US-Herstellers Monsanto. Greenpeace und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) begrüßten die Initiative, forderten aber ein weitergehendes Engagement der Ministerin. Ähnlich äußerste sich auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast und SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber.

Angebliche Kritik aus Polen

Bund der Vertriebenen nominiert Steinbach als Stiftungsbeirätin

Der Bund der Vertriebenen (BdV) hat seine Präsidentin Erika Steinbach als Beirätin der geplanten Bundesstiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" nominiert. Die Nominierung die CDU-Politikerin sei bereits Anfang 2009 erfolgt, aber bis jetzt bewusst nicht veröffentlicht worden, weil man die Aufforderung der Bundesregierung zur Benennung der Kandidaten abwarten wollte. Das teilte der Bund der Vertriebenen am Dienstag (17. Februar) mit. Nun sieht sich der Verband allerdings durch Äußerungen des polnischen Beauftragten für internationale Fragen, Wladyslaw Bartoszewski, bedrängt und behauptet, Polen erpresse Deutschland.

FDP in Bayern empört

Länder-Zustimmung für Konjunkturpaket in Sicht

Für das zweite Konjunkturpaket zeichnet sich eine Mehrheit im Bundesrat ab. Die schwarz-gelb regierten Länder Niedersachsen und Hessen signalisierten am Dienstag (17. Februar) nach den Sitzungen ihrer Kabinette grünes Licht für das 50 Milliarden-Paket der Bundesregierung. Niedersachsen setzt zugleich auf einen Entschließungsantrag aller CDU/CSU/FDP-geführten Landesregierungen, der deutlich macht, dass sie "andere Akzente setzen würden". Berlin will sich bei der Abstimmung enthalten, in Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Bayern ist das Votum weiter unklar. Der schwarz-grüne Hamburger Senat beharrt auf ökologischen Nachbesserungen am Paket.

Entsagung statt Extrageld

Politiker fordern von Bankenmanagern Verzicht auf Boni

Vor dem Hintergrund geplanter Millionen-Ausschüttungen an Bankmanager für das Krisenjahr 2008, fordert die Bundesregierung Bankmanager zu einem Verzicht auf vereinbarte Bonuszahlungen auf. Bei schlechten Unternehmensergebnissen auf solche Zusatzzahlungen zu beharren, sei "kein gutes Vorgehen", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Montag (16. Februar) in Berlin. Auch SPD-Chef Franz Müntefering appellierte an Manager, freiwillig Boni auszuschlagen. Die Opposition warf der großen Koalition unterdessen Untätigkeit vor.

"Ausgang völlig offen"

Finanzstreit zwischen NRW und Privatuni Witten-Herdecke verschärft sich

Im Finanzstreit zwischen der anthroposophisch orientierten Privatuniversität Witten-Herdecke und dem Land Nordrhein-Westfalen hat die Staatsanwaltschaft Bochum nun ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es solle geprüft werden, ob die Hochschule in Verhandlungen mit dem Land falsche Angaben über ihre Finanzkraft gemacht habe, sagte Oberstaatsanwalt Bernd Bienioßek am Montag. Er bestätigte damit einen Vorabbericht der in Dortmund erscheinenden "Ruhr Nachrichten". Strafrechtlich gehe es um möglichen Betrug. Der Ausgang der Ermittlungen gegen die ehemaligen Verantwortlichen der Hochschule sei aber völlig offen, betonte Bienioßek.

Polizei ermittelt gegen 41 Nazis

Gewerkschafter aus Hessen muss nach rechtsextremer Attacke operiert werden

Nach dem brutalen Überfall von Rechtsradikalen auf Gewerkschafter bei Jena ermittelt die Polizei gegen 41 tatverdächtige Neonazis. Nach drei flüchtigen Rechtsradikalen aus Schweden wird bundesweit gefahndet. Die Schläger hatten am Samstagabend (14. Februar) auf der Rückreise von Großkundgebungen in Dresden auf der Rastanlage Teufelstal an der Autobahn 4 mehrere Gewerkschafter, die in Dresden an einer Demonstration gegen Rechtsextremismus teilgenommen hatten, attackiert und fünf verletzt. Ein Schwerverletzter liegt seit dem Überfall mit einem Schädelbruch in einer Klinik. Er sollte am Montag operiert werden.

500 Euro pro Semester

Studiengebühren in Baden-Württemberg rechtens

Die Studiengebühren in Baden-Württemberg sind rechtmäßig. Das entschied der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg am Montag (16. Februar) in Mannheim. Die Gebühren in Höhe von 500 Euro pro Semester seien mit der grundgesetzlich garantierten Berufs- und Ausbildungsfreiheit vereinbar, urteilten die Richter. Rechtskräftig ist das Urteil zunächst nicht. Die Kläger werden "höchstwahrscheinlich" in Revision gehen, kündigte ein Sprecher der Studierendenvertretung an.

VGH erteilt IHK Maulkorb

Kammern dürfen nicht für Studiengebühren oder Atomenergie werben

Industrie- und Handelskammern (IHK) dürfen keine politischen Forderungen nach Studiengebühren oder Kernenergie aufstellen. Das entschied am 5. Februar der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel (Az.: 8 A 1559/07). Die "Limburger Erklärung", die die hessischen Kammern im Juni 2004 an die Landesregierung gerichtet hatten, sei deshalb in Teilen rechtswidrig.

"Politische Blockaden"

Umweltministerium will Anteil erneuerbarer Energien ausbauen

Das Bundesumweltministerium hat ein Konzept zur Energiepolitik bis zum Jahr 2020 vorgestellt. "Wir werden den Anteil der erneuerbaren Energien bei der Stromversorgung bis 2020 auf über 30 Prozent ausbauen, den Atomausstieg umsetzen und uns für effizientere fossile Kraftwerke einsetzen", sagte Umwelt-Staatssekretär Matthias Machnig am Donnerstag (12. Februar) in Berlin. Die Erneuerbare-Energien-Branche, die den Ausbau der neuen Energieträger in der Praxis täglich vorantreibt, ist allerdings schon längst sehr viel weiter als die deutsche Bundesregierung. Der Bundesverband Erneuerbare Energie prognostizierte vor zwei Wochen einen Anteil von rund 50 Prozent bis 2020. Der Branchenverband ist für seine vorsichtigen Prognosen bekannt, die in den vergangenen Jahren stets weit übertroffen wurden. Fachleute aus der Branche rechnen vor, dass bei einer Fortsetzung der bisherigen Ausbaudynamik bis 2020 die Stromversorgung zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien umgestellt werden könnte. Dazu müssten allerdings die "politischen Blockaden" unter anderem im Bereich der Windenergie vor allem in den Unions-regierten Bundesländern wie Hessen, Baden-Württemberg und Bayern fallen, heißt es.

Europarat

"Kein Profit auf Kosten des Friedens"

Mit Besorgnis hat der Europarat die schleichende Aushöhlung des staatlichen Gewaltmonopols durch die privaten Militär- und Sicherheitsfirmen (PMSF) zur Kenntnis genommen. Der Europarat hat quer durch alle Fraktionen der 47 Mitgliedsländer einstimmig die Ausarbeitung einer Konvention zur Regelung der PMSF-Aktivitäten beschlossen und Empfehlungen verabschiedet, entlang derer die Nationalstaaten Regelungen für diesen Bereich vornehmen sollen. Außerdem hat er auf die Montreux-Dokumente verwiesen, die die völkerrechtliche Verantwortung der Staaten hinsichtlich des Gewaltmonopols hervorheben. Deutschland hat die Montreux-Dokumente zusammen mit 16 anderen Staaten unterzeichnet. Der Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, Wolfgang Wodarg, forderte: "Kein Profit auf Kosten des Friedens".

"Verfassungswidriges System"

Bundestagswahl - SPD will zügige Abschaffung der Überhangmandate

Die SPD strebt eine Änderung des Wahlrechts noch vor der Bundestagswahl im September an. "Wir können nicht einfach nach einem erklärterweise verfassungswidrigen System wählen", sagte der Parteivorsitzende Franz Müntefering. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Juli 2008 die Überhangmandate für grundgesetzwidrig erklärt, die Parteien erhalten, wenn sie in einem Bundesland mehr Direktmandate erringen als ihnen nach dem Zweitstimmenergebnis zusteht. Für eine Änderung setzten die Richter dem Bundestag eine Frist bis 2011. Der SPD-Vorsitzende drückt nun aufs Tempo: "Wir sollten uns das Risiko einer Regierungsbildung unter verfassungswidrigen Bedingungen in Deutschland nicht leisten."

Richter di Fabio skeptisch

EU-Reformvertrag auf Karlsruher Prüfstand

Der EU-Reformvertrag von Lissabon steht auf dem Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts. In der mündlichen Verhandlung verteidigte die Bundesregierung am Dienstag (10. Februar) in Karlsruhe das Vertragswerk. In den anhängigen Verfassungsklagen wird vor allem gerügt, dass es durch die Verlagerung von Kompetenzen auf die EU zu einer "Entmachtung" des Bundestags und einem "Verlust der staatlichen Souveränität Deutschlands" komme. EU-Rechtsakte seien zudem nicht ausreichend demokratisch legitimiert.

Nach Rückzug von Glos

Grummeln in der CSU über Seehofer

In der CSU wächst nach dem Wirbel um den Rückzug von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) der Unmut über Parteichef Horst Seehofer. Mehrere CSU-Politiker kritisierten am Dienstag (10. Februar) den Führungsstil Seehofers. Rückendeckung bekam der CSU-Vorsitzende von seinem Vorgänger Erwin Huber und dem Berliner CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer.

"Inhaltliche Rechtmäßigkeit noch nicht entschieden"

EuGH-Klageabweisung zur Vorratsdatenspeicherung stößt auf Kritik

Die Abweisung einer Klage gegen die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsverbindungen durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ist bei der deutschen Opposition und Datenschützern auf Kritik gestoßen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar betonte am Dienstag (10. Februar) in Berlin kurz nach der Urteilsverkündung, er halte eine Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der nationalen Regelung für die Vorratsdatenspeicherung vor dem Bundesverfassungsgericht weiterhin für erforderlich. Der EuGH habe nur über die formelle Frage entschieden, ob die Verpflichtung der EU-Mitgliedsstaaten zur Vorratsdatenspeicherung mittels einer Richtlinie geregelt werden dürfe. Die inhaltliche Rechtmäßigkeit einer solchen Regelung sei noch nicht entschieden, stellte Schaar klar. Ähnlich äußerte sich die Innenexpertin der Linksfraktion, Petra Pau. Aus ihrer Sicht sei die Vorratsspeicherung aller Telekommunikationsdaten mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.

"Verspäteter Kalter Krieger"

Guttenberg wird Bundeswirtschaftsminister

CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg wird Nachfolger von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU). Das bestätigte CSU-Chef Horst Seehofer am Montag dem "Donaukurier". Die Personalentscheidung stieß in Berlin auf breite Kritik. Guttenberg war im November vergangenen Jahres zum CSU-Generalsekretär bestimmt worden. Der 37-Jährige ist auch Vorsitzender des CSU-Bezirks Oberfranken. Glos hatte sich am Sonntagabend mit Seehofer darauf verständigt, dass er aus dem Kabinett ausscheidet. Die SPD geht davon aus, dass Seehofer Glos weggemobbt hat.