DIE Internet-Zeitung

Artikel Seite 137
Massenklage angekündigt

Bundestag beschließt Vorratsdatenspeicherung

Nach der Verabschiedung des Gesetzes zur Telekommunikationsüberwachung im Bundestag droht seitens der Gegner eine Massenklage vor dem Bundesverfassungsgericht. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung kündigte am 9. November an, die mit rund 7000 Teilnehmern die bisher "größte Verfassungsbeschwerde" einzureichen, wenn das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird.

"Ausbeutung"

Ärzteverband kritisiert Arbeitsbedingungen an kirchlichen Kliniken

Kirchliche Krankenhäuser beuten nach Darstellung des Marburger Bundes ihre Ärzte aus. Bei den Arbeitsbedingungen für Mediziner stünden kirchliche Krankenhäuser an letzter Stelle. Trotz des christlichen Selbstverständnisses sei "die Ausbeutung ärztlicher Arbeitskraft in diesen Kliniken mit am schlimmsten", kritisierte der Marburger Bund am 9. November in Berlin. Der Marburger Bund berief sich auf eine vom Ärzteverband in Auftrag gegebene Umfrage unter rund 80.000 stationär tätigen Medizinern. Danach werden im Vergleich zu öffentlichen Kliniken in kirchlichen Häusern mehr illegale Dienste abverlangt, Überstunden noch schlechter vergütet und Arbeitszeiten kaum erfasst. Die Kirchenverbände wehrten sich umgehend gegen den Vorwurf.

Im Ausland besser bezahlt

IG Metall will gegen Niedriglöhne für Zeitarbeiter vorgehen

Die IG Metall will verstärkt gegen Niedriglöhne in der Zeitarbeit vorgehen. "Wir wollen in mehreren hundert Betrieben eine gleiche Bezahlung für Leiharbeiter und Festangestellte durchsetzen", sagte der Vizechef der IG Metall, Detlef Wetzel, der "Frankfurter Rundschau". Künftig werde es in mehr Unternehmen als bisher Konflikte um die Leiharbeit geben. Die bundesweite Kampagne der Gewerkschaft zur Leiharbeit starte Anfang des Jahres.

Erdöl-Versorgung

Internationale Energieagentur soll Öffentlichkeit täuschen

Der energiepolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Hans-Josef Fell, glaubt nicht an die Zahlen, die die Internationale Energieagentur (IEA) soeben in ihrem "World Energy Outlook 2007" öffentlich gemacht hat. Der Report sei in wichtigen Teilen "realitätsfremd". Vor allem bei der Erdölversorgung ignoriere sie die Fakten. Die IEA gehe von einer drastischen Steigerung des Erdölverbrauchs bis zum Jahr 2030 aus. Dabei postuliere sie, dass die Erdölförderung bis 2030 um ein Drittel zunehmen werde. "Dies ist völlig illusorisch", meint Fell. "Schon heute bei etwas über 80 Millionen Barrel kommt die Förderung der Nachfrage kaum hinterher."

Weiterhin für 35-Stunden-Woche

Neuer IG-Metall-Chef Huber macht Mitgliederwerbung zum Programm

Der neue IG-Metall-Chef Berthold Huber hatdie Mitglieder seiner Gewerkschaft zu einem konsequenten Umdenken aufgefordert. In seiner Rede sagte er am 7. November auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall in Leipzig, seine Gewerkschaft könne ihre Ziele nur mit einer "Revolution in unseren Köpfen" verwirklichen. Die Gewinnung neuer Mitglieder sei dabei angesichts der zunehmenden Überalterung und der Abgänge in den vergangenen Jahren die entscheidende Frage. Zugleich forderte Huber eine "neue Arbeitszeitdebatte". Ein Abrücken von der 35-Stunden-Woche, deren Einführung auch im Osten das Ziel bleibe, gebe es jedoch mit seiner Gewerkschaft nicht.

Vorratsdatenspeicherung

Tausende gegen Überwachung auf der Straße

Bei Regen, Hagel und Temperaturen nur wenig über dem Gefrierpunkt demonstrierten am Dienstag bundesweit Tausende Menschen gegen die von der Bundesregierung geplante vollständige Speicherung aller Kommunikationsdaten. In rund 40 Städten kritisierten die Demonstranten, die sogenannte Vorratsdatenspeicherung stelle einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel dar: Jeder Bürger sei künftig verdächtig und müsse seine Unschuld beweisen.

In nur 30 Minuten

Koalition will Vorratsdatenspeicherung am Freitag "durchpeitschen"

Bereits am Freitag und mit nur 30 Minuten Zeit soll der Bundestag die umstrittene Vorrats-Speicherung sämtlicher Kommunikations-Daten beschließen. Gegenüber ngo-online bestätigte das Parlament am Dienstag eine entsprechende Änderung der Tagesordnung. Die Opposition kritisierte das geplante "Schnellverfahren", in dem die Regierungskoalition die sogenannte Vorratsdatenspeicherung "durchpeitschen" wolle. Der Gesetzentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung sieht vor, ab dem nächsten Jahr alle Telekommunikationsunternehmen verpflichten, Daten über die Kommunikation ihrer Kunden auf Vorrat zu speichern. Um Straftaten besser verfolgen zu können, soll gespeichert werden, wer im vergangenen halben Jahr per Handy, Festnetz-Telefon oder E-Mail mit wem in Verbindung gestanden hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS sollen auch der jeweilige Standort des Benutzers und die eindeutige Seriennummer des Telefons festgehalten werden. Bis spätestens 2009 soll zudem die Nutzung des Internet nachvollziehbar werden. Juristen halten die Pläne für verfassungswidrig. Kritiker rufen dazu auf, den Bundestags-Abgeordneten des eigenen Wahlkreises zur Nein-Stimme aufzufordern: Die Abstimmung ist namentlich.

"Entlastung der Unternehmenserben"

Bundesregierung will auf Erbschaftssteuern von Unternehmen weitgehend verzichten

Es ist ein dickes Geschenk für die Erben von Unternehmen. Nach monatelangen Debatten haben sich Union und SPD auf eine "Reform" der Erbschaftssteuer rückwirkend zum 1. Januar 2007 verständigt. Das Gesetz mit deutlich erhöhten Freibeträgen und weitgehender Verschonung betrieblicher Vermögen soll noch in diesem Jahr erstmals im Bundestag beraten werden, kündigte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) am 5. November in Berlin an. Die Bundesregierung will auf Erbschaftssteuern von Unternehmen unter bestimmten Umständen großteils verzichten.

Protestkundgebungen in 40 Städten

Bundesweite Demonstrationen gegen Vorratsdatenspeicherung am Dienstag

Datenschützer haben für Dienstag zu bundesweiten Demonstrationen gegen die geplante Einführung der Vorratsdatenspeicherung aufgerufen. Wie der "Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung" am Montag mitteilte, sollen in über 40 deutschen Städten Protestkundgebungen stattfinden, darunter in Köln, Karlsruhe, Stuttgart, München, Dresden und Hamburg. In Berlin sind für die zentrale Kundgebung vor dem Reichstagsgebäude unter anderem Reden von Hans-Christian Ströbele (Grüne), Petra Pau (Linke) und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) geplant. Die Bundesregierung plant, Telekommunikationsdaten aller Bürger in Deutschland verdachtsunabhängig sechs Monate auf Vorrat zu speichern.

800.000 Euro

Haftstrafe für Ex-Krankenkassenvorstand wegen Untreue

Wegen Veruntreuung von Geldern im großen Stil müssen das Ex-Vorstandsmitglied einer nordhessischen Krankenkasse und eine dort früher arbeitende Vorstandssekretärin für jeweils drei Jahre ins Gefängnis. Das Kasseler Landgericht befand das Ehepaar am 1. November für schuldig, die Betriebskrankenkasse in den Jahren 2000 bis 2003 um fast 800.000 Euro geprellt zu haben. Der 38-jährige Mann und seine 44-jährige Frau sollen "ohne entsprechende Gegenleistung" ihre Gehälter durch Prämien verdoppelt und überdies in großem Stil für nicht erbrachte oder bereits bezahlte Überstunden kassiert haben.

Ökonomischer Druck

Lokführer dürfen streiken

Das Sächsische Landesarbeitsgericht hat die Beschränkung des Streikrechts für Lokführer der Bahn aufgehoben. "Im Ergebnis sind damit Streiks im gesamten Bahnverkehr zulässig", teilte das Gericht mit. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac nahm das Urteil mit Befriedigung zur Kenntnis. Das Arbeitsgericht, dessen vorherige Entscheidung nun aufgehoben wurde, hatte nach Auffassung von Attac "höchst fragwürdig argumentiert und das Streikrecht der Arbeitnehmer nicht respektiert". Die Begründung, dies würde zu viel ökonomischen Druck erzeugen, sei schlichtweg absurd, "da es das Ziel eines jeden Streikes ist, ökonomischen Druck zu erzeugen", so Attac. Nach Arbeitsrecht seien Streiks nur dann zu unterlassen, wenn das Unternehmen dadurch existenziell gefährdet werde. Davon könne bei der Deutschen Bahn jedoch keine Rede sein.

Schlappe für Landesregierung

Verwaltungsgericht bezweifelt Verfassungsmäßigkeit von Studiengebühren in Hessen

Das Verwaltungsgericht Gießen zweifelt ernsthaft daran, ob die an hessischen Hochschulen eingeführten Studiengebühren mit der Landesverfassung vereinbar sind. In einem ausführlich begründeten Eilbeschluss vom 30. Oktober hat das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen einen Studienbeitragsbescheid angeordnet. Den Grund für ihre Zweifel sehen die Verwaltungsrichter darin, dass nach Artitkel 59 der Landesverfassung eine gesetzliche Anordnung von "Schulgeld" nur ergehen kann, "wenn die wirtschaftliche Lage des Schülers, seiner Eltern oder der sonst Unterhaltspflichtigen es gestattet". Die Vorschrift gebe nicht nur das Ziel vor, jedem Studierwilligen die Möglichkeit einer Hochschulausbildung unabhängig von seiner wirtschaftlichen Lage zu gewähren, sondern auch das Mittel, das darin bestehe, von wirtschaftlich nicht Leistungsfähigen keine Studienbeiträge zu erheben.

Erneuerbare Energie

Bundesweit 150 geothermische Kraftwerke in Planung

In Kürze werden zwei neue Geothermiekraftwerke in Landau und in Unterhaching Strom und Wärme liefern. Nach Einschätzung der parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Astrid Klug, stehen die Zeichen in der Geothermiebranche auf Wachstum. Dies lasse sich an der Zahl der Genehmigungen für Geothermiekraftwerke erkennen. Deutschlandweit seien rund 150 Projekte in der Planung. Das Investitionsvolumen dieser Projekte werde auf 4 Milliarden Euro geschätzt. "Wir wollen Investitionshemmnisse weiter abbauen. Deshalb planen wir, die politischen Rahmenbedingungen für die Geothermie mit der Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und mit Erneuerbaren Energien Wärmegesetz deutlich zu verbessern. Dies wird helfen, die Wirtschaftlichkeit und die Planungssicherheit der Projekte zu erhöhen", so Klug.

"Erkennungsdienstliche Behandlung"

Datenschützer und Opposition halten Pass mit Fingerabdruck für unnötig

Vor der offiziellen Einführung der Reisepässe mit gespeicherten Fingerabdrücken am 1. November haben Datenschützer und Oppositionspolitiker erneut schwere Bedenken angemeldet. Insbesondere die Sicherheit der sensiblen Daten auf dem "ePass" der zweiten Generation sei keine zehn Jahre gewährleistet. Kritisiert wurde am 31. Oktober auch, dass sich Antragssteller eines Reisepasses nun erkennungsdienstlich behandeln lassen müssten. Der Datenschutzbeauftragte Peter Schaar sagte, die Einführung des Fingerabdruckes sei aus seiner Sicht unnötig. Man frage sich, "was soll das Ganze?"

Anonymer Brief

Vorwürfe gegen Polizei-Ausbilder einer Polizeihundeschule

Nach schweren Anschuldigungen gegen Ausbilder der Polizeihundeschule im oberpfälzischen Herzogau werden Forderungen nach Konsequenzen laut. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) verlangte am Mittwoch die Schließung der Einrichtung. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) mahnte personelle Veränderungen an, sollten sich die Vorwürfe auch nur in Teilen bestätigen. Die Regensburger Staatsanwaltschaft kündigte unterdessen an, bis spätestens Anfang nächster Woche erste Ermittlungsergebnisse vorzulegen.

49,9 Prozent der Leipziger Stadtwerke an Gaz de France?

Nachrichten Leipzig | Bürgerinitiative protestiert

Die Stadtwerke Leipzig haben im vergangenen Jahr offenbar 1,7 Milliarden Euro umgesetzt. Jetzt will die Stadt knapp die Hälfte der Stadtwerke für gut eine halbe Milliarde Euro an den französischen Staatskonzern Gaz de France verkaufen. Das Unternehmen habe für eine Beteiligung von 49,9 Prozent 520 Millionen Euro geboten, sagte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) am 31. Oktober. Der Energiekonzern wirbt mit weiterem Geld für den Deal: Zusätzlich werde Gaz de France in den nächsten acht Jahren zwölf Millionen Euro für die Leipziger Kultur bereitstellen sowie mit acht Millionen Euro das Biomasseforschungszentrum des Bundes in der Stadt unterstützen, so Jung. Für das Geschäft ist die Zustimmung des Stadtrats notwendig, die jedoch als unsicher gilt. Eine Bürgerinitiative versucht mit einer Unterschriftensammlung, den Stadtwerkeverkauf noch zu verhindern.

Betrug, Konkursverschleppung und Bankrott

Freiheitsstrafe zur Bewährung für Ex-Verkehrsminister Krause

Der ehemalige CDU-Bundesverkehrsminister Günther Krause ist am 30. Oktober wegen Betrugs, Konkursverschleppung und Bankrott in mehreren Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt worden. Das Landgericht Rostock setzte die Strafe auf zwei Jahre zur Bewährung aus. Die Wirtschaftsstrafkammer sah es als erwiesen an, dass Krause als Gesellschafter und Geschäftsführer eine Firma ruiniert, Mitarbeiter um Gehälter betrogen und Vermögensverhältnisse verschleiert hatte.

Vorratsdatenspeicherung

"Größte Verfassungsbeschwerde" der Nachkriegszeit angekündigt

Rund 5000 einzelne Verfassungsbeschwerden gehen jährlich beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein. In der Regel klagt jeweils ein "Beschwerdeführer", manchmal sind es eine Handvoll, selten aber mehr ein Dutzend. Dennoch haben die Entscheidungen oft für Tausende oder sogar Millionen Bürger Auswirkungen. Bei der am 30. Oktober angekündigten "größten Verfassungsbeschwerde" der Nachkriegszeit ist die Ausgangslage eine andere. Hier wollen offenbar mindestens 7000 Bürger gegen die von der Bundesregierung ab 2008 geplante Vorratsdatenspeicherung klagen.

Schlägerei

1300 Euro Schmerzensgeld für schwer verletzten Angreifer

Ein Mann, der bei einem Straßenfest einen Türken tätlich angegriffen und bei der folgenden Schlägerei selbst einen Kieferbruch erlitten hatte, bekommt ein Schmerzensgeld von 1300 Euro. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Dienstag entschieden. Die weitergehende Klage des Angreifers auf Zahlung von mindestens 15.000 Euro Schmerzensgeld wies der 6. Zivilsenat des BGH ab. Zur Begründung hieß es, der angegriffene Türke habe bei seinen ersten Abwehr-Schlägen in Notwehr gehandelt. Weil er dann aber noch auf den am Boden liegenden, "kampfunfähigen" Angreifer eingeschlagen habe, müsse er diesem ein Schmerzensgeld von 1300 Euro zahlen.

"Gängelei"

Union gegen SPD-Forderung nach Einführung von Tempo 130

Die SPD stößt bei ihrem Koalitionspartner CDU mit der Forderung nach Einführung eines Tempolimits von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen auf Ablehnung. "Mit uns wird es Tempo 130 nicht geben", sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla am 29. Oktober. Die Union werde "diese Form der Gängelei für Millionen von Autofahrern" nicht mitmachen. Die SPD hatte auf ihrem Bundesparteitag am Wochenende beschlossen, "ein schneller und unbürokratischer Weg zum Klimaschutz ist die Einführung einer allgemeinen Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h."