Bundestag beschließt milliardenschwere Steuerentlastung für Unternehmen
Der längere Bezug von Arbeitslosengeld I war nach Darstellung von Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) nicht finanzierbar, weil er jährlich 1,2 Milliarden Euro kosten würde. Noch im Februar verweigerte die Bundesregierung eine Erhöhung des BAföG für Studierende mit Kosten von 150 Millionen Euro, weil dies "im Moment nicht möglich" sei, so Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU). Am 25. Mai beschloss der Deutsche Bundestag eine Unternehmenssteuerreform, die die Unternehmen nach Darstellung des Bundesfinanzministeriums Jahr für Jahr um rund fünf Milliarden Euro entlastet. Nach Auffassung der Linksfraktion geht es um ein noch wesentlich größeres Steuergeschenk. Sie wirft der Bundesregierung "unseriöse Finanzierungsrechnungen" vor. Tatsächlich müsse man von einer jährlichen Lücke in Höhe von rund 12 bis 15 Milliarden Euro ausgehen. Zudem dürfe man diese Steuerentlastung nicht isoliert sehen. Schon in den vergangenen Jahren habe es wiederholt milliardenschwere Steuerentlastungen gegeben. Und CDU/CSU hätten bereits angekündigt, dass in einem Jahr die nächste Unternehmensteuerreform anstehe. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) verkniff sich jeden offenen Jubel. Die Steuersatzsenkung müsse von den Unternehmen teuer erkauft werden, teilte der Verband mit.
Versammlungsverbot für G8-Sternmarsch gekippt
Die G8-Kritiker konnten einen ersten juristischen Erfolg verzeichnen. Das Schweriner Verwaltungsgericht kippte am 25. Mai teilweise das von der Rostocker Polizei großräumig verhängte Versammlungsverbot um den G8-Tagungsort. Damit kann zumindest der für den 7. Juni geplante Sternmarsch auf Heiligendamm stattfinden, der bis auf 200 Meter an den Sperrzaun herankommen soll. In dem Ostseebad wollen vom 6. bis 8. Juni die Spitzen der sieben führenden Industrienationen und Russlands (G8) ihre Jahrestagung abhalten.
Stasivorwürfe nach Briefkontrollen des Staatsschutzes
Die Hamburger Polizei gerät nach der systematischen Kontrolle von Briefsendungen von G8-Gegnern ins Kreuzfeuer der Kritik. Hamburgs Polizeipräsident Werner Jantosch bestätigte am 25. Mai, dass der Staatsschutz des Landeskriminalamtes in den vergangenen Tagen im Zusammenhang mit der Fahndung nach Gegnern des Gipfels in Heiligendamm auf Grundlage eines richterlichen Beschlusses Postsendungen beschlagnahmt hatte. Die für den Postdienst zuständigen Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di verglich das Vorgehen mit den Methoden der früheren DDR-Staatssicherheit. Jantosch bezeichnete dies als "starken Tobak". Ein Sprecher der Deutschen Post AG sagte, Staatschutzbeamte hätten in dieser Woche drei Tage lang im Briefzentrum Mitte im Stadtteil Altona Postsendungen durchsucht.
G8-Staaten vereinbaren engere Zusammenarbeit "gegen Terrorismus"
Im so genannten "Kampf gegen den internationalen Terrorismus" wollen die G8-Staaten künftig noch enger zusammenarbeiten. Zum Abschluss ihres dreitägigen Treffens in München vereinbarten die G8-Justiz- und Innenminister, dass sie sich bei der Erforschung der terroristischen Nutzung des Internets noch besser gegenseitig unterstützen. Auch sollen die Kooperationen mit nichtstaatlichen Stellen ausgebaut werden, wie Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Freitag nach dem Ende der Tagung sagte.
Bundesverfassungsgericht bestätigt Regelungen zum "Lauschangriff"
Die 2005 in Kraft getretene Neuregelung zur akustischen Überwachung von Wohnräumen bei der Strafverfolgung ist verfassungsgemäß. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wies mit einer am Freitag veröffentlichten Entscheidung die Verfassungsbeschwerde eines Betroffenen zurück. Die Richter bestätigten damit die in der Strafprozessordnung festgelegten Regelungen zum "Lauschangriff".
Kassen müssen auch Privatbehandlung im Ausland bezahlen
Gesetzliche Krankenkassen müssen unter bestimmten Umständen auch für eine private Krankenbehandlung im Ausland zahlen. Das entschied am Donnerstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 1 KR 18/06 R). Das Urteil betrifft sechs Nicht-EU-Staaten, mit denen Deutschland Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat: Türkei, Tunesien, Kroatien, Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina. Wer in diese Länder reist, hat auch ohne spezielle Reisekrankenversicherung Anspruch auf ärztliche Versorgung.
Schöne Worte über die Begrenzung von Managergehältern
Vize-Kanzler Franz Müntefering hat die Millionengehälter von Topmanagern kritisiert. Es müsse nicht nur über Mindestlöhne, sondern auch über Maximallöhne geredet werden, sagte Müntefering am 23. Mai auf dem Kongress des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) im spanischen Sevilla. Der Bundesarbeitsminister verwies auf Managergehälter, die nicht selten um das 1000-fache höher lägen als bei normalen Beschäftigten. Das müsse eine Grenze haben, sagte der SPD-Politiker. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion sieht eine deutliche Diskrepanz zwischen den Worten und den Taten Münteferings. Im Bundestag habe die SPD einen Gesetzentwurf zur Begrenzung von Managergehältern abgelehnt. Auch bei der Abstimmung über die Unternehmensteuerreform am 25. Mai könne man sehen, welche Interessen die SPD vertritt.
Bundestag beschließt Entschädigung für SED-Opfer
Verfolgte, die in der ehemaligen DDR mindestens sechs Monate in Haft saßen, sollen eine einkommensabhängige monatliche Zuwendung erhalten. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat der Rechtsausschuss des Bundestages am 23. Mai beschlossen. Die Opposition stimmte dagegen. Die Linksfraktion kritisierte, dass von der Stasi verfolgte Schüler nicht in den Genuss der Regelung kämen.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Betreuungsgeld
Die SPD macht verfassungsrechtliche Bedenken gegen den von der großen Koalition geplanten Zuschuss für zu Hause erziehende Eltern geltend. Auch Städtetagspräsident Christian Ude (SPD) lehnte am Mittwoch das von der CSU geforderte so genannte Betreuungsgeld ab. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Olaf Scholz sagte, er sei sich "auf den ersten Blick nicht sicher, dass diese Idee mit dem Gleichbehandlungsanspruch vereinbar ist". Die Ungleichbehandlung ergebe sich daraus, dass zu Hause erziehende Eltern Geld erhalten sollten, diejenigen, die Kindergartengebühren zahlen müssten, aber nicht.
Schnüffel-Attacke auf G8-Gegner
Wie jetzt bekannt wurde, hatte die Bundesanwaltschaft die Polizei vor zwei Wochen bei den bundesweiten Razzien gegen Globalisierungsgegner im Vorfeld des G8-Gipfels im Juni in Heiligendamm in mehreren Fällen mit der Entnahme von Körpergeruchsproben beauftragt. Dies hat breite Empörung ausgelöst. "Eine solche Praxis erinnert mich an Stasi-Methoden", sagte Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD). Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und die Generalbundesanwaltschaft verteidigten das Vorgehen der Polizei. Amnesty international beklagte eine "Politik der Angst" und forderte die Bundesregierung zur Wahrung der Demonstrationsfreiheit auf.
Brandanschlag auf Auto von "Bild"-Chefredakteur Diekmann
Als "Celler Loch" wurde ein Loch bekannt, das am 25. Juli 1978 in die Außenmauer der Justizvollzugsanstalt Celle gesprengt worden war. Inzwischen ist offenbar unstrittig, dass der Anschlag von der niedersächsischen Landesbehörde für Verfassungsschutz fingiert worden war. Der Anschlag wurde der Öffentlichkeit damals als Befreiungsversuch der Terrororganisation RAF präsentiert. 1986 wurde schließlich bekannt, dass nicht die linksradikale Terroristenszene für den Anschlag verantwortlich war, sondern der Verfassungsschutz und die "Anti-Terrorgruppe" GSG9. Der Fall von vor Jahren zeigt, wie schwer es für die Öffentlichkeit ist, gesicherte Informationen über die Urheber eines Anschlags zu erhalten. Derzeit häufen sich Berichte über Brandanschläge, die mit dem Protest gegen den G8-Gipfel in Verbindung gebracht werden. In der Nacht zum Dienstag soll auf das Auto von "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann ein Brandanschlag verübt worden. Wie eine Polizeisprecherin mitteilte, hätten Unbekannte die Limousine in der Nacht zum Dienstag im Hamburger Stadtteil Harvestehude in Brand gesetzt. "Ein politischer Hintergrund ist wahrscheinlich", sagte die Sprecherin. Der Staatsschutz ermittele. Ein Bekennerschreiben gebe es bislang nicht.
Gipfelgegner rufen auf zu Großdemonstration
"Gegenwind für G8 - Eine andere Welt ist möglich!" So lautet das Motto, unter dem ein breites Bündnis von Gruppen und Organisationen aus Protest gegen den G8-Gipfel für Samstag, den 2. Juni, zu einer internationalen Großdemonstration in Rostock aufruft. "Die Demo wird ein buntes und friedliches Bild bieten und gemeinsamer Ausdruck aller an den G8-Protesten beteiligten Strömungen und Organisationen sein", sagte Werner Rätz vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac am Dienstag in Berlin. Obwohl der Weg nach Rostock weit und die Fahrt beschwerlich sei, rechnen die Veranstalter dennoch mit vielen Teilnehmern. Die Demonstration richtet sich gegen die - nach Auffassung der Veranstalter - "agressive" Wirtschaftspolitik der G8.
Subventionierter US-Biodiesel drängt angeblich auf deutschen Markt
US-amerikanische Biodieselhersteller haben seit Anfang 2007 offenbar mehr als 200.000 Tonnen Biodiesel über die europäischen Häfen auf den deutschen Markt gebracht. Nach Darstellung des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie greifen die amerikanischen Unternehmen hierbei auf Subventionen der US-Regierung zurück. Mit ihren "Kampfpreisen" würden sie den wettbewerbsfähigen Verkauf von heimisch hergestelltem Biodiesel verhindern, klagt der deutsche Branchenverband. Die US-Ware werde mit einem Preisabstand von bis zu 30 Cent pro Liter gegenüber fossilem Dieselkraftstoff verkauft. Deutsche Biodieselhersteller hätten das Nachsehen.
Gespräche über gemeinsame EU-Grenzpolizei
Die Europäische Union will nach den Worten von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Möglichkeiten für eine gemeinsame Grenzpolizei ausloten. Denkbar sei dabei ein kombiniertes Vorgehen zwischen nationalen Grenztruppen und einer europäischen Grenzpolizei, sagte Schäuble am Montag in Eltville nach dem ersten Beratungstreffen der Zukunftsgruppe zur europäischen Innenpolitik. Vorteil einer gemeinsamen Polizeigruppe sei dabei die Wahrung einheitlicher Standards. Nationale Grenztruppen hätten dagegen den Vorteil regionaler Ortskenntnisse beim Sichern der Grenze.
Streit um Sicherheit bei G8-Gipfel
Die Sicherheitsvorkehrungen beim bevorstehenden G8-Gipfel in Heiligendamm sorgen weiter für Streit. Während Links-Fraktionschef Gregor Gysi am 21. Mai vor überzogenen Sicherheitsmaßnahmen warnten, verteidigte der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, die Einrichtung einer 200 Meter breiten Bannmeile vor dem Metallzaun um den Tagungsort.
Bundeswehr soll auch nach tödlichem Anschlag in Afghanistan bleiben
Die deutsche Bundesregierung lehnt trotz des Todes tödlichen Anschlags auf deutsche Soldaten in Kundus einen Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan ab. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte am 20. Mai, es dürfe "keinen aktuellen Rückzug geben", auch wenn er "bestürzt" über den "grausamen Anschlag" sei. Zwar sei es richtig, immer wieder über Auslandseinsätze der Bundeswehr selbstkritisch zu diskutieren. Deutschland sei jedoch auch in der Vergangenheit nicht ohne Prüfung in solche Einsätze gegangen. Links-Fraktionschef Oskar Lafontaine warf der Bundeswehr hingegen vor, sie sei in Afghanistan "mittelbar in terroristische Aktionen verwickelt". Terror sei durch die rechtswidrige Anwendung von Gewalt definiert. In Afghanistan hätten die USA und ihre Verbündeten die Genfer Konvention verletzt.
Merkel und Putin streiten über Demonstrationsrecht in Deutschland und Russland
Die Bundesrepublik Deutschland begreift sich selbst traditionell als das Musterland der Demokratie. Jetzt muss sich dieses Land, das fast allen übrigen Ländern rund um den Erdball gerne die Verletzung demokratischer Grundrechte vorwirft, Vorwürfe aus Russland anhören. Zwischen Deutschland und Russland kam es im Rahmen des EU-Russland-Gipfels im russischen Samara zum Eklat. Beide Seiten warfen sich repressives Vorgehen gegen Demonstranten vor. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte kritisiert, dass Oppositionsführer daran gehindert worden seien, in der Wolgastadt Samara zu demonstrieren. Der russische Präsident Wladimir Putin konterte mit einem Verweis auf jüngste deutsche Praktiken. Er nannte konkret die Razzien gegen G8-Gegner im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm.
Bundeswehreinsatz im Inneren bleibt in Koalition umstritten
Die von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) forcierte Möglichkeit des Bundeswehr-Einsatzes im Innern bleibt umstritten. Schäuble will einen neuen Versuch starten, das Grundgesetz zu ändern, um eine Ausweitung der Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Innern rechtlich zu ermöglichen. Er will dabei die Streitkräfte angeblich für die Abwehr von Terrorangriffen aus der Luft und von See heranziehen. Wie Vize-Regierungssprecher Thomas Steg nach einem Spitzentreffen der großen Koalition unter Leitung von Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) am Mittwoch in Berlin sagte, sollen die Gespräche darüber fortgesetzt werden.
Merkel betont EU-Interesse an strategischer Partnerschaft mit Moskau
Einen Tag vor Beginn des EU-Russland-Gipfels in der Wolgastadt Samara hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das Interesse der Europäischen Union an einem partnerschaftlichen Verhältnis zu Moskau unterstrichen. Im Bundeskabinett betonte Merkel am Mittwoch nach Angaben des stellvertretenden Regierungssprechers Thomas Steg, dass auf dem Treffen deutlich werden solle, dass die EU gegenüber Moskau geschlossen auftrete und zugleich ein "nachdrückliches Interesse an einer strategischen Partnerschaft mit Russland" habe.
Bundesregierung will neue Kronzeugenregelung
Die Bundesregierung hat den Weg für eine neue Kronzeugenregelung frei gemacht. Das Kabinett verabschiedete am Mittwoch in Berlin einen entsprechenden Gesetzentwurf. Danach könnten Richter bei Straftätern, die zur Aufklärung oder Verhinderung von Verbrechen beitragen, eine mildere Strafe verhängen oder ganz von einer Strafe absehen. Ziel ist es nach Angaben von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), "größere und vor allem praktikablere Anreize für kooperationsbereite Straftäter zu schaffen". Der ehemalige Bundesrichter Wolfgang Neskovic hält die Regelung für nicht praxistauglich.