DIE Internet-Zeitung

Artikel Seite 228
"Aufmerksam beobachten"

Verfassungsrichter für GPS und gegen Rundumüberwachung

Die Polizei darf mutmaßliche Straftäter mit Hilfe des satellitengestützten Ortungssystems GPS überwachen. Das entschied am Dienstag das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Die Verwendung von Mitteln technischer Observation verletze im Regelfall nicht die Privatsphäre von Beschuldigten. Die Karlsruher Richter verlangten aber vom Gesetzgeber, die technischen Entwicklungen "aufmerksam zu beobachten". Er müsse "wegen des schnellen, für den Grundrechtsschutz riskanten informationstechnischen Wandels" notfalls gesetzlich nachbessern. Eine "Rundumüberwachung", mit der ein umfassendes Persönlichkeitsprofil eines Beschuldigten erstellt werden könnte, wäre laut dem Urteil "unzulässig".

UN-Kommission für Nachhaltige Entwicklung

Wasser ist ein Menschenrecht und darf nicht privatisiert werden"

Bei den Vereinten Nationen in New York diskutieren derzeit Vertreter von Nicht-Regierungsorganisationen, Gewerkschaften und Unternehmerverbänden mit den Regierungen der Länder über gemeinsame Zukunftsstrategien. Im Zentrum der Diskussionen stehen Wasser, sanitäre Einrichtungen und Siedlungswesen. Für die deutschen Gewerkschaften setzt sich die IG Bauen-Agrar-Umwelt in New York für eine nachhaltige Entwicklung ein. "Gerade wenn es um Nachhaltigkeit geht, müssen Entscheidungen auf globaler Ebene und nicht nur in Deutschland gefällt werden", sagte Gewerkschaftschef Klaus Wiesehügel. Nach Auffassung der Gewerkschaften müssen Arbeitnehmer bei allen staatlichen und unternehmerischen Entscheidungen in den Bereichen Wasser, sanitäre Einrichtungen und Siedlungswesen beteiligt werden. Sie fordern in New York staatliche Investitionen, um die langfristige und nachhaltige Bereitstellung der Wasser-Infrastruktur zu sichern. "Der Zugang zu Wasser ist ein Menschenrecht und darf nicht privatisiert werden", heißt es in einer Erklärung.

Marokko

Zehn Jahre Berufsverbot für unangenehme Bewertungen

Der marokkanische Journalist Ali Lmrabet ist am Dienstag wegen Verleumdung zu zehn Berufsverbot und umgerechnet 4.500 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Dies berichtete die Organisation "Reporter ohne Grenzen" (ROG) am Mittwoch. Lmrabet wurde angeklagt, weil er eine Bevölkerungsgruppe als Flüchtlinge nach UN-Kriterien bezeichnete. Die internationale Menschenrechtsorganisation zeigte sich "entsetzt über diesen Rechtsspruch". Es sei in Marokko "nie zuvor" jemand für ein derartiges Delikt so hoch bestraft worden. Bei seinem Gerichtsverfahren sei es zu zahlreichen "Unregelmäßigkeiten gekommen". In Lmrabets Fall sei es "offensichtlich," dass die marokkanischen Behörden ihn "zum Schweigen bringen" wollten. Er sei den Regierenden schon länger ein Dorn im Auge und habe kürzlich von einer anderen Behörde die Genehmigung für eine neue Zeitung erhalten. Das Urteil gebe Anlass zu großer Sorge über die Zukunft der marokkanischen Medien, da es einen Präzedenzfall liefere, der gefährliche Konsequenzen für die Journalisten im Land haben könnte, erklärte ROG.

"Verkrustete Strukturen"

Wirtschaftsinstitut DIW gegen Ausweitung des Entsendegesetzes

Der "Arbeitsmarktexperte" des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Karl Brenke, kritisierte die geplante Ausweitung des Entsendegesetzes zum Schutz vor Lohndumping. "Jedes Unternehmen in der Branche muss dann diesen Mindestlohn zahlen", sagte Brenke der "Berliner Zeitung". Für viele Firmen bedeute das "steigende Kosten". Dadurch stiegen die Preise für die Verbraucher, die wiederum weniger kauften. Die Kehrseite ist allerdings, dass Arbeitnehmer, die mehr verdienen, nicht nur möglicherweise der Armut entgehen, sondern auch mehr kaufen können. Diesen naheliegenden gegenteiligen Effekt erwähnte der Arbeitsmarktexperte Brenke allerdings nicht.

Manipulierte Demokratien?

Verbraucher-Initiative warnt vor dem "gläsernen Wähler"

Nach Angaben der Verbraucher-Initiative werden im gegenwärtig stattfindenden englischen Wahlkampf immer mehr Verbraucherdaten dazu benutzt, um die Beeinflussung der Wähler zu optimieren. Sowohl die Labour-Party als auch die Konservativen nutzten entsprechende Datenbanken, um ein möglichst genaues Bild des einzelnen Wählers zu erhalten und ihn gezielt ansprechen zu können. "Im englischen Wahlkampf spielen Daten über die Konsumgewohnheiten eine entscheidende Rolle", so Volkmar Lübke von der Verbraucher-Initiative. Die entsprechenden Methoden stammten von Unternehmen, die bereits George W. Bush im amerikanischen Wahlkampf geholfen haben. Die Verbraucherschützer raten vor diesem Hintergrund zur Vorsicht bei der Weitergabe persönlicher Daten.

Hühner im Parlament

Aktionen für fairen Handel in 50 deutschen Orten und 80 Ländern weltweit

In dieser Woche gibt es in mehr als 80 Ländern und in über 50 deutschen Orten Aktionen gegen die Folgen ungerechten Welthandels. Dies erklären am Mittwoch die 36 Trägerorganisationen der Welthandelskampagne "Gerechtigkeit jetzt" gemeinsam mit Attac. Die Kampagne fordert, dass die weltweite Handelspolitik fair und transparent abläuft, während sie gleichzeitig demokratisch kontrolliert wird. Welthandel müsse außerdem Menschenrechten, Armutsbekämpfung und Umweltschutz untergeordnet werden und deren Umsetzung dienen. Die weltweite Aktionswoche für globale Gerechtigkeit startete am Freitag letzter Woche und dauert noch bis zum Samstag.

Nur wenige Retter in Uniform

Darmstädter Major wird als "Gerechter unter den Völkern" geehrt

Der frühere Darmstädter Wehrmachts-Major Karl Plagge erhält heute posthum die höchste Auszeichnung des Staates Israel für Nicht-Juden, die Ehrung als "Gerechter unter den Völkern". Der 1957 verstorbene Plagge habe zu den wenigen "Rettern in Uniform" gehört, die dem Vernichtungskrieg der NS-Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg widerstanden hätten, teilte die Technische Universität Darmstadt mit. Der Major habe als Leiter des Heerkraftparkes im litauischen Wilna von 1941 bis 1944 Hunderte Juden gerettet.

Heilsamer Wettbewerb?

Warnung vor Ausrichtung der Arzneimittelzulassung an den Wünschen der Industrie

Der Titel klingt wenig aufregend: Gesetzentwurf "zur Errichtung einer Deutschen Arzneimittelagentur" (DAMA). Doch das Papier birgt politischen Sprengstoff. Es geht nach Meinung führender Mediziner um eine radikale Wende in der Arzneimittelpolitik in Deutschland. Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, warnt vor einer "Gefährdung der Arzneimittelsicherheit". Der Vorsitzende der Arzneimittelkommission, Bruno Müller-Oerlinghausen, sieht "eine unverantwortliche Ausrichtung der Arzneimittelzulassung an den Wünschen der Industrie". Der Chef des vom Bund aufgebauten "Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen", Peter Sawicki, spricht von einer katastrophalen Entwicklung: "Wenn das Gesetz so kommt, dann wird das die Sicherheit der Patienten gefährden."

Entwicklungspolitik

Höhere Entwicklungsgelder nur durch "Rechenkunststücke"

Nach Angaben der Organisation für Wirtschaft, Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) blieb der Anteil der deutschen Entwicklungshilfe am Bruttonationaleinkommen auch 2004 unverändert bei 0,28 Prozent. 2002 habe sich die deutsche Bundesregierung mit dem Beschluss des Europäischen Rats von Barcelona verpflichtet, die Entwicklungshilfe bis 2006 auf 0,33 Prozent zu erhöhen. Um diese Quote zu erreichen, werde die Bundesregierung voraussichtlich den zu erwartendenden Schuldenerlass für den Irak einrechnen, sagte Hans-Joachim Preuß, Generalsekretär der Deutschen Welthungerhilfe. "Doch wir brauchen zusätzliches Geld, keine Rechenkunststücke", meint er.

Forschung

Auch Tiere kennen anscheinend Moral und Gerechtigkeit

Auch Tiere haben ethisch-moralische Verhaltensweisen: Mindestens alle drei Tage brauchen beispielsweise Vampirfledermäuse eine Blutmahlzeit. Doch nicht jedes Tier ist erfolgreich beim Beschleichen eines Opfers. Hungern müssen die leer ausgegangenen Vampire dennoch nicht. Jene, die mit vollem Magen zu ihrer Kolonie zurückkehren, geben den Hungrigen ab: nicht nur verwandten Tieren, sondern auch jenen, die sie gut kennen.

Flüchtende Zivilisten erschossen

Heftige Kritik an "Staatsempfang für Menschenrechtsverletzer"

Mit scharfer Kritik reagieren Pro Asyl, amnesty international und die Flüchtlingsräte der Länder auf den geplanten Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin und der tschetschenischen Staatsführung in Hannover. Putin soll gemeinsam mit Schröder am Sonntag die Messe und am Montag den deutsch-russischen Wirtschaftstag eröffnen. Mit der tschetschenischen Führung seien Gespräche über Hilfsprojekte in Tschetschenien geplant, meldet die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl. Die tschetschenische Regierung werde durch den Präsidenten Alu Alchanow und den "als notorischer Menschenrechtsverletzer berüchtigten" stellvertretenden Regierungschef Ramsan Kadyrow vertreten. amnesty international (ai) forderte Bundeskanzler Schröder auf, er solle nicht von einer 'Normalisierung' in Tschetschenien sprechen. Die Milizen von Vize-Premierminister Kadyrow seien seit Jahren verantwortlich für das 'Verschwindenlassen' von Menschen sowie für Folter und Mord.

Kurswechsel im Welthandel überfällig

"Aktionswoche für globale Gerechtigkeit" beginnt in Bonn

Einen Kurswechsel in der internationalen Handelspolitik forderten Vertreter der Zivilgesellschaft aus Nord und Süd zum Auftakt der Aktionswoche für globale Gerechtigkeit in Bonn. Wenige Monate vor der nächsten Ministerkonferenz der Welt-handelsorganisation (WTO) in Hongkong steht deren Missachtung von Interessen der Entwicklungsländer im Mittelpunkt der Kritik. Bei der WTO-Konferenz in Doha war das Gegenteil zugesagt worden. Die Aktionswoche wird in Deutschland von der Welthandelskampagne "Gerechtigkeit jetzt!" getragen, einem Zusammenschluss von 36 Organisationen aus dem entwicklungs- und umweltpolitischen, kirchlichen und menschenrechtlichen sowie gewerkschaftlichen Bereich. Sie findet parallel in 70 Ländern statt.

Künstlerischer Wettbewerb

Gedenkstätte für homosexuelle NS-Opfer in Berlin im Entstehen

Mit einem Kolloquium wurde am Donnerstag und Freitag in Berlin der Auftakt für den künstlerischen Wettbewerb zur Realisierung des Denkmals gesetzt, das in der Nähe des Reichstagsgebäudes an die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus erinnern soll. Günter Dworek, Sprecher des Lesben- und Schwulenverband (LSVD) und Albert Eckert, Sprecher der Initiative "Der homosexuellen NS-Opfer gedenken", erklärten dazu: "Sechzig Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus rückt die Realisierung eines Denkmals für die homosexuellen NS-Opfer endlich in greifbare Nähe."

Recycling

Alte Handys sammeln bringt Geld für Delfinschutz in Mosambik

"Handys sammeln, in Deutschland die Umwelt entlasten und in Afrika Delfine schützen", ist das Motto einer neuen Initiative der Gesellschaft zur Rettung der Delphine (GRD) und der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Von ihrem Partner T-Mobile erhalten die Organisationen für jedes gesammelte Handy 5 Euro, die zur Finanzierung eines Delfin- und Meeresschutzprojekts in Mosambik eingesetzt werden. Die Hilfe für Afrika entlastet gleichzeitig die Umwelt in Deutschland, denn die Geräte werden umweltgerecht und zertifiziert entsorgt oder einer Weiterverwendung zugeführt. Dadurch sollen Deponien und Müllöfen entlastet und gleichzeitig wertvolle Ressourcen gespart werden.

Gesundheitsreform

Krankenkassen sparen an künstlicher Nahrung für krebskranke Kinder

Krebspatienten, die sich auf natürlichem Wege nicht mehr ausreichend ernähren können, droht künftig eine lebensbedrohende Zwangsdiät. Sie müssen erst einmal kräftig abhungern, bevor ihr Arzt ihnen mit künstlicher Ernährung wieder auf die Beine helfen darf, kritisierte der Vorsitzende von der Patientenvertretung Recht auf Essen und Leben e.V., Armin Nentwig, am Freitag in Amberg. Schuld seien neue Erstattungsregelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, in dem Vertreter von Ärzten und Krankenkassen festlegen, was die Kassen den Versicherten künftig in der Pflege zu Hause oder in Heimen noch erstatten dürfen. "Noch schlimmer sieht es für mangelernährte krebskranke Kinder aus", betonte Monika Boeckmann, Sprecherin der Selbsthilfegruppe "Eltern mit neurologisch kranken und behinderten Kindern". Der Gemeinsame Bundesausschuss habe die Kinder bei der Neuregelung der künstlichen Ernährung in der vierzigseitigen Vorschrift schlichtweg vergessen.

Tabuthema

Genitalverstümmelung auch in Deutschland großes Problem

Die Genitalverstümmelung von Frauen ist immer noch ein Tabuthema. Eine am Donnerstag in Berlin von Unicef, der Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes und dem Berufsverband der Frauenärzte vorgestellte Studie belegt, wie sehr die hierzulande strafrechtlich als schwere Körperverletzung geltende Praxis ignoriert wird. Die Geschäftsführerin von Terres des Femmes, Christa Stolle, schätzte, dass in Deutschland rund 29.000 Mädchen und Frauen von Genitalverstümmelung betroffen oder bedroht seien. Die Organisationen forderten unter anderem bessere Informations- und Bildungsangebote für Ärzte und Hebammen. Fast 90 Prozent der insgesamt 493 Ärzte, die den Fragebogen beantworteten, zeigten sich an Fortbildung interessiert.

Jüdische Kinder in Amsterdam

Verwaltungsgericht verweist NS-Verfolgte an Frankfurter Landgericht

27 Überlebende der NS-Judenverfolgung in Amsterdam sind am Donnerstag mit einer Entschädigungsklage vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main gescheitert. Die heute zwischen 65 und 75 Jahre alten Frauen und Männer hatten als Kinder in der niederländischen Stadt versteckt gelebt, um der Deportation in Vernichtungslager zu entkommen. Sie wollten Geld aus dem Zwangsarbeiterfonds des Bundes und der deutschen Wirtschaft erstreiten. Ihre Klage könnte aber vor dem Frankfurter Landgericht Erfolg haben, wohin das Verfahren jetzt verwiesen wurde.

Sonne, Wind & Geothermie

75 Millionen Euro für Forschungsprojekte im Bereich erneuerbare Energien

Für Forschungsprojekte im Bereich erneuerbare Energien stehen nach Angaben des Bundesumweltministeriums in diesem Haushaltsjahr 75 Millionen Euro bereit. Das sind 15 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) sagte am Donnerstag in Berlin, die Forschung sei neben der Markteinführung die zentrale Säule der Strategie zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Hier lägen deutsche Unternehmen und Forschungsinstitute international an der Spitze.

Schmutzige Energiequellen

Russische Umweltschützer verfolgen Ölspuren deutscher Banken

Immer wieder stellten deutsche Banken in den letzten Jahren Kredite für Russlands größte Ölfirma, Lukoil, bereit. Sie störten sich offenbar nicht daran, dass eben dieser Konzern ein Ölförderprojekt vorantreibt, das eine von Europas bedeutendsten Naturlandschaften gefährdet, und deshalb bei einigen europäischen Regierungen und auch der UNESCO Proteste ausgelöst hat. Auf Einladung von Urgewald und dem Institut Suedwind besuchen nun Umweltschützer aus Russland und Litauen die Bundesrepublik, um deutsche Banken für ihre Zusammenarbeit mit Lukoil zur Verantwortung zu ziehen.

Arbeit aus Energie

Milliardeninvestitionen in Erneuerbare Energien bis 2020 in Deutschland

Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien wollen in den nächsten 15 Jahren in Deutschland 200 Milliarden Euro investieren. Das kündigte die Branche im Beisein von UN-Generaldirektor Klaus Töpfer und Bundesumweltminister Jürgen Trittin in Essen an. Bis heute habe die Branche bereits 130.000 Arbeitsplätze geschaffen. Im Jahr 2020 sollen es mehr als eine halbe Million sein. Töpfer: "Mit dem Aufbau des neuen Industriezweiges hat Deutschland sich eine Vorreiterrolle im internationalen Vergleich gesichert." Trittin: "Die Erneuerbaren Energien stärken den Energiestandort Deutschland und machen unsere Energieversorgung zukunftsfähig."