So lief der gestrige EU Gipfel dem Phantom hinterher, innerhalb des alten fossilen und atomaren Energiesystems, Energiepreissenkungen und Energieversorgungssicherheit erreichen zu können. Zwar steht auch der Ausbau der Erneuerbaren Energien als kleiner zusätzlicher Posten für die zukünftigen Energiequellen, aber eben nicht im Mittelpunkt wo er hingehört. Dabei können nur Solarstrahlung, Wind, Wasser, Wellen und Erdwärme den künftigen Energiebedarf Europas versorgungssicher und kostengünstig decken, denn nur sie sind auch in Europa unbegrenzt und kostenlos verfügbar. Ergänzt werden müssen diese brennstoffkostenfreien Energien um das zwar begrenzte, aber dennoch nutzbare Potential der speicherbaren Bioenergien. So könnte sich Europa innerhalb von 20 Jahren kostengünstig selbst versorgen. Doch dies sehen weder die europäischen Staatschef, noch die EU-Kommission.
Stattdessen wurde auf dem EU Gipfel bezüglich der Erneuerbaren Energien nur die angeblichen Kostenbelastung in den Mittelpunkt gestellt, womit sich die Denkweisen der Bundesminister Altmaier und Rösler mit dem Ausbremsen der Erneuerbaren Energien als angebliche Kostendämpfung nun auch in den Köpfen der europäischen Staatschefs wiederfindet. Krampfhaft halten einige Staaten immer noch an der Atomenergie fest, allen voran Großbritannien, das ein EEG-ähnliches Gesetz zur Förderung der Atomenergie (contract for difference) mit unter anderem osteuropäischer Unterstützung durchsetzen will .
Insgesamt ist der Beschluss des EU-Gipfels zu Energie eine wenig aussagekräftige Ansammlung von unverbindlichen Absichtserklärungen, die in erster Linie am umweltschädlichen Energiemix aus fossilen und atomaren Energien festhalten, garniert mit etwas Erneuerbare Energien. Analyseaufträge für die Kommission, z. B. zu den Ursachen der Energiepreissteigerungen wurden vergeben. Mit diesem EU-Gipfel wurde erneut die Gelegenheit verpasst, die drängenden Fragen der Energiepolitik vom Klimaschutz bis hin zur Verknappung der fossilen Rohstoffe Lösungen zu zuführen.
Kommissar Oettinger hat in seinen Stellungnahmen im Vorfeld des Gipfels das Heil in der Rettung der fossilen Energiewirtschaft im giftigen Schiefergas Fracking beschrieben und verweist unentwegt auf die gefallenen Gaspreise in den USA. Exakte Analysen, dass die Schiefergasgewinnung in den USA nur ein kurzfristiger vorübergehender Boom sein wird, scheinen ihn nicht zu interessieren. Die Energy Watch Group hat in einer Analyse aufgezeigt, dass die Schiefergasproduktion den Rückgang der konventionellen Gasförderung in den USA mittelfristig nicht wird ersetzen können, wohl aber wird das krampfhafte Festhalten an Erdgas, Erdöl und Kohle die hohen CO2 Emissionen der Welt weiter befördern. Wir sind bereits in mitten der vor Jahrzehnten vorhergesagten extremen Wetterereignissen, wie die fast 30 Toten und 6 Milliarden Euro Schaden des Tornados am Dienstag in den USA erneut schlaglichtartig beleuchten. Die belanglosen und ohne irgendeine bindende Wirkung gefassten Beschlüsse des EU-Gipfels zum Klimaschutz sind erneut ein Dokument der weitgehenden Hilflosigkeit zur Bekämpfung des Klimawandels. Dabei sind die Emissionen aus dem heutigen dominanten fossilen Energiesystem doch die wesentliche Ursache des Klimawandels. Das Festhalten und die beschlossenen Maßnahmen zur Stärkung der Nutzung der fossilen Rohstoffe auf dem EU-Gipfels , können daher nur als verantwortungslos bezeichnet werden.
Besondere Verantwortungslosigkeit geht dabei vom Zugpferd des EU Gipfels der deutschen Regierung aus. Bundeskanzelerin Merkel betrachtet genauso wie Energiekommissar Oettinger Klimaschutz immer noch als eine wirtschaftliche Belastung, wobei das Gegenteil der Fall ist. Die seit 2000 um mehr als das fünffache gestiegenen Rohölpreise haben den von Rohstoffimporten extrem abhängigen europäischen Wirtschaftsraum mit immer höheren Importkosten belastet. Inzwischen gibt Europa etwa 400 Milliarden Euro für den Import fossiler Rohstoffe aus – der entscheidende Posten für das EU-Außenhandelsdefizit von über 100 Milliarden Euro.
Erneuerbare Energien und Energieeffizienz sind damit auch ein bedeutsamer Beitrag für die Überwindung der europäischen Wirtschaftskrise, nur Frau Merkel, Herr Oettinger und die EU Regierungschefs sehen das nicht und treiben damit Europa immer tiefer in die Wirtschaftskrise und die Welt in die Klimakrise hinein. Es bleibt nun abzuwarten, ob die EU-Kommission in dem gestern beschlossenen Bericht über die Ursachen der Energiepreissteigerungen , der bis zum nächsten Energiegipfel 2014 vorzulegen ist, nun endlich diese Zusammenhänge richtig analysiert und in das Zentrum der politischen Debatte rückt. Bis heute hat sie dies nicht geschafft.
Sprecher für Energie der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen