Überblick
- Jochen Stay: Die Gesellschaft zahlt
- IPPNW: Bis zu 80.000 Krebsfälle durch Fukushima befürchtet
- Atomenergie und Atomwaffen - Hiroshima und Fukushima warnen
- Fehlinformationen
- Hiroshima – Reaktion auf die grauenvollen Erinnerungen
- Nichtatommächte sind gefordert
- Freiburg: AntiAtomGruppe und U-AStA hatten eingeladen
- Fukushima - UNSCEAR-Bericht der Atomlobby zu einseitig
Es bedarf keiner weiteren Beweise mehr: Atomkraft ist eine lebensfeindliche Technologie. Sie ist bei Störfällen nicht beherrschbar. Zwar drohen in Deutschland keine Tsunamis, aber nicht die Welle oder das Wasser an sich haben den GAU ausgelöst, sondern ein Notstromproblem. Das kann auch deutschen AKWs passieren. Wie klein Restrisiken auch sein mögen -- sie dürfen nicht hingenommen werden, wenn dies wie im Falle der Atomkraft die natürlichen Lebensgrundlagen großflächig und nachhaltig -- für Jahrzehnte, womöglich für Jahrhunderte -- vernichtet. Die Technologie ist in Tschernobyl und in Fukushima am Menschen gescheitert. Das ist der Grund dafür, dass nur solche Technologie eingesetzt werden darf, deren Fehlgebrauch nicht zu apokalyptischen Ergebnissen führen kann. Schon vor 15 Jahren hat die Neue Richtervereinigung dazu aufgerufen, Verantwortung zu übernehmen und umzudenken: "in dubio pro natura" (Im Zweifel für die Natur) soll zur Leitlinie unseres Verfassungsrechts und unseres Handelns werden. Das gilt noch heute.
Nicht der Atomausstieg ist zu teuer, es ist die Atomkraft, die wir uns nicht leisten können. Das gilt sogar bei rein ökonomischer Betrachtung, wenn alle Folgekosten und das Risiko potenzieller nuklearer Katastrophen korrekt einbezogen werden. Atomausstieg ist in wenigen Jahren machbar. Wir dürfen nicht mehr zögern, sondern müssen jetzt Verantwortung übernehmen und aus der Atomkraft aussteigen. Das schulden wir unseren Kindern und als friedliches Vorbild auch der Welt.
Das Merkel-Moratorium ist der bestenfalls halb-legale Versuch, den Bürgerprotest mit einer Beruhigungspille einzulullen -- die Industrie organisiert bereits ihren Widerstand. Lasst uns den Politikern zeigen, dass sie mit dem Festhalten an der Atomkraft das einzige riskieren, das sie fürchten: ihre Wiederwahl.
Die Neue Richtervereinigung unterstützt die Großdemonstrationen am 26. März 2011 (http://anti-atom-demo.de) und alle friedlichen Initiativen zum Atomausstieg wie z.B. www.ausgestrahlt.de.
Werner Kannenberg - Mitglied des Bundesvorstandes -Neue Richtervereinigung e.V.
Jochen Stay: Die Gesellschaft zahlt
Eon-Chef Teyssen argumentiert zynisch und absurd
„Der Einsatz ist hoch, und der Ertrag ist auch hoch“ - „Durch Abschalten wird ein Kernkraftwerk nicht sicherer“ - „Es gibt bei der Kernenergie vergleichsweise wenig Abfall“
Zu den Äußerungen von Eon-Chef Johannes Teyssen über Atomenergie erklärt Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt:
„Gibt die Bundesregierung Managern wie Johannes Teyssen Einfluss auf die Entscheidungen über die zukünftige Energieversorgung, dann kommen dabei satte Gewinne für Eon heraus, aber bestimmt keine Sicherheit für die Bevölkerung. Teyssens Bemerkungen über die Gefahren der Atomenergie sind nur noch zynisch und disqualifizieren den Eon-Chef als ernstzunehmenden Gesprächspartner in Sachen Energiepolitik.“
Teyssen erklärt in der aktuellem Ausgabe der „Wirtschaftswoche“ in einem Interview über die Atomenergie: „Ich weiß auch, dass sie Gefahren und nie völlig auszuschließende Risiken birgt. Aber das ist immer so im Leben. Der Einsatz ist hoch, und der Ertrag ist auch hoch.“
Dazu Jochen Stay: „Was Teyssen verschweigt: Den Ertrag streichen Eon, die Aktionäre und Manager des Unternehmens ein. Doch den Einsatz und den Preis für eine mögliche Katastrophe zahlt die Gesellschaft.“
Zu den Gefahren, die von den AKW ausgehen, erklärt der Eon-Chef: „Durch Abschalten wird ein Kernkraftwerk nicht sicherer“ und spielt damit auf die Probleme an, die es in Fukushima auch in heruntergefahrenen Reaktorblöcken gibt.
Dazu Jochen Stay: „Das klingt gerade so, als solle man die Reaktoren aus Sicherheitsgründen lieber weiterbetreiben. Das ist einfach nur absurd und es ist bezeichnend, wenn Teyssen keine besseren Argumente mehr einfallen. Natürlich ist ein AKW nicht sofort in einem sicheren Zustand, wenn es heruntergefahren wird. Es dauert Jahre, bis die Brennelemente soweit heruntergekühlt sind, dass sich die Gefahren reduzieren. Abe je früher wir die AKW stilllegen, umso schneller bewegen wir uns aus diesem Hochrisiko-Zeitraum hinaus.“
Schließlich erklärt Johannes Teyssen in der Wirtschaftswoche: „Es gibt bei der Kernenergie vergleichsweise wenig Abfall“ und vergleicht eine Kohlenhalde mit der Menge an Atommüll, die in der Gorlebener Castor-Halle steht.
„Auch das ist eine Milchmädchenrechnung“, so Jochen Stay. „Das Problem der hochradioaktiven Abfälle ist nicht ihr Volumen, sondern dass winzige Mengen ausreichen, Menschen einer tödlichen Strahlendosis auszusetzen. Zudem verschweigt Teyssen die riesigen strahlenden Abraumhalden, die beim Uranbergbau entstehen und ganze Regionen einer schleichenden Gefahr aussetzen.“
Stay Fazit: „Die Atomindustrie ist unglaubwürdig und versucht die Bevölkerung mit billigsten Argumentationstricks zu täuschen. Es wird Zeit, Männern wie Johannes Teyssen ihre Lieblingsspielzeuge wegzunehmen, indem die Atomkraftwerke stillgelegt werden.“
ausgestrahlt ist eine bundesweite Anti-Atom-Organisation, die AtomkraftgegnerInnen darin unterstützt, aus ihrer Haltung öffentlichen Protest zu machen.
Am 02-05-2011
IPPNW: Bis zu 80.000 Krebsfälle durch Fukushima befürchtet
Super-GAU in Fukushima
Zwei Jahre nach dem Erdbeben in Japan und der Atomkatastrophe in Fukushima am vom 11. März 2011 legte die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW eine quantitative Abschätzung der „Gesundheitlichen Folgen von Fukushima“ vor: erhöhte Säuglingssterblichkeit, Schilddrüsenzysten bei Kindern, eine Prognose von bis zu 80.000 zusätzlichen Krebsfällen.
Der Report dokumentiert besorgniserregende Befunde, die schon jetzt, nur zwei Jahre nach dem Super-GAU, sichtbar werden. Der Nürnberger Wissenschaftler Dr. Alfred Körblein fand für ganz Japan einen signifikanten Rückgang der Geburten genau 9 Monate nach Fukushima. Von 4.362 fehlenden Geburten im Dezember 2011 entfielen nur 209 auf die Präfektur Fukushima. Eine erhöhte Säuglingssterblichkeit u.a. „exakt“ neun Monate nach Beginn der Katastrophe ist ein weiteres Anzeichen dafür, wie sehr dieses Land insgesamt von Erdbeben, Tsunami und Atomunfall betroffen ist.
Besonders erschreckend sind die jüngsten Zahlen über Schilddrüsenzysten und -knoten bei mehr als 55.000 Kindern allein in der Präfektur Fukushima. Das ist nur eine von 47 japanischen Präfekturen. Rund 20 % der in die Atmosphäre freigesetzten Radionuklide gingen dort nieder, rund. 80% der kontaminierten das Meer. Anders als bei Erwachsenen sind derartige Schilddrüsenveränderungen bei Kindern „als Krebsvorstufen“ anzusehen, so der ehemalige Chefarzt der Herforder Kinderklinik, Dr. Winfrid Eisenberg, einer der Autoren der IPPNW-Studie. Die Ärzteorganisation empfiehlt daher eindringlich, in ganz Japan systematische Schilddrüsenuntersuchungen bei Kindern durchzuführen.
Die durch Fukushima deutlich erhöhte radioaktive „Hintergrundstrahlung“ in sowie der Verzehr von radioaktiv kontaminierten Nahrungsmitteln lassen eine Zunahme der Krebserkrankungen befürchten. Prognosen darüber sind mit vielen Unsicherheiten behaftet. Die Ärzteorganisation IPPNW hielt es dennoch für erforderlich, der Weltöffentlichkeit auf der Grundlage der bislang verfügbaren Daten näherungsweise die Dimension dieser Nuklearkatastrophe vor Augen zu führen.
Auf der Basis von Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften über die Bodenkontamination mit radioaktivem Cäsium sowie auf Basis von Messungen der Ortsdosisleistungen im Herbst 2012 kommen die IPPNW-Autoren Henrik Paulitz, Dr. Winfrid Eisenberg und Reinhold Thiel in drei alternativen Abschätzungen auf rund 20.000 bis 40.000 zusätzliche Krebserkrankungen als Folge der „äußeren Strahlungsbelastung“ in Japan. Diese Zahlen ergeben sich, wenn man mit dem Risikofaktor von 0,1/Sv rechnet, den auch die Weltgesundheitsorganisation WHO inzwischen annimmt. Nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen muss man allerdings von einem doppelt so hohen Risiko und somit von bis zu 80.000 Krebserkrankungen ausgehen.
Um die Folgen von kontaminierten Nahrungsmitteln abzuschätzen, haben die IPPNW-Experten gut 133.000 vom japanischen Gesundheitsministerium veröffentlichte Messergebnisse herangezogen, von denen allerdings nur gut 17.000 Daten tatsächlich als konkrete Messwerte veröffentlicht wurden. Unter konservativen Annahmen ergeben sich laut IPPNW rechnerisch rund 18.000 bzw. 37.000 Krebserkrankungen nach dem anzunehmenden aktuellen Stand der Wissenschaft.
Für die Arbeiter, die laut Betreibergesellschaft Tepco im Jahr 2011 in der havarierten Atomanlage tätig waren, liegen keine auch nur halbwegs auswertbaren Daten vor. Aufgrund der Erfahrungen nach Tschernobyl rechnet die IPPNW mit mehr als 17.000 schweren Erkrankungsfällen.
Die Ergebnisse des IPPNW-Berichts stehen in deutlichem Widerspruch zu dem von der Weltgesundheitsorganisation WHO am 28. Februar vorgelegten Fukushima-Report „Health risk assessment”. IPPNW-Mitglied Dr. Alex Rosen weist in einer Analyse darauf hin, dass die WHO von fehlerhaften Annahmen ausgeht und lediglich ausgewählte Gebiete in der Präfektur Fukushima in den Blick nahm.
Kontakt: Angelika Wilmen (Presse), Tel. 030 - 69 80 74-15, Mobil 0162 – 205 79 43, Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW), Körtestr. 10, 10967 Berlin, www.ippnw.de, Email: ippnw @ ippnw.de
Am 06-03-2013
Atomenergie und Atomwaffen - Hiroshima und Fukushima warnen
Die schrecklichen Zwillinge müssen gehen!
Die grundlegenden Prozesse in Atomreaktoren sind dieselben wie bei Atomwaffen, stellt Helmut Käss, seit Jahren aktives Mitglied des Braunschweiger Friedenszentrums und Hausarzt im Ruhestand, klar. 1998 bezogen die Internationalen Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW) aus medizinischer Sicht Position für einen Ausstieg auch aus der Atomenergie. Atomenergie sei seiner Meinung nach auf allen Ebenen inakzeptabel: gefährlich für die Gesundheit, sie berge das Risiko katastrophaler Strahlenfreisetzung und sei leicht zu verbinden mit der Herstellung von angereichertem Uran und Plutonium, die für Atomwaffen verwendet werden können.
Fehlinformationen
Bedauerliche Fehlinformationen sind verbreitet worden, auch von erfahrenen Experten und in Materialien für den Schulunterricht, die die Risiken ionisierender Strahlung herunterspielen. Für die Ärzte gibt es keine effektive Behandlung für die katastrophalen Folgen einer Atomexplosion oder eines Reaktordesasters. Wenn die Notwendigkeit zu verhüten, was man nicht kontrollieren kann, so groß ist, ist es offensichtlich, dass weder Atomwaffen noch Atomenergie Platz in einer sicheren, nachhaltigen Welt haben können.
Hiroshima – Reaktion auf die grauenvollen Erinnerungen
Hiroshima, wo 1945 die erste Atombombe auf Menschen geworfen wurde, ist ein sehr geeigneter Ort für Aktionen gegen Atomwaffen, gegen Atomenergie und für die Einführung von erneuerbaren Energien. Nach dem Atombombenabwurf beschloss die Führung der Stadt, den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Schaffung einer friedlichen Welt zu legen, damit dieses Grauen nie wieder geschehen möge. In dieser Stadt gründeten sich die „Mayors for Peace“ (Bürgermeister für den Frieden), zu denen 400 deutsche und weltweit 5000 Bürgermeister gehören.
Nichtatommächte sind gefordert
Verschiedene Waffensysteme sind schon weltweit geächtet: die biologischen und chemischen Waffen, die Landminen und die Streubomben. Die schlimmsten und für das Überleben der Menschheit gefährlichsten Waffen sind es aber noch nicht: die Atomwaffen! Nach dem „Non-Proliferation Treaty“ (Nichtverbreitungs-Vertrag, seit 1970 in Kraft) schien das Problem zunächst gelöst: Die Atomwaffenstaaten verpflichteten sich, die Atomwaffen abzurüsten.
Die IPPNW mahnte und drängte - die Reaktion waren nur kleine Schritte. Sogar neue Atomwaffenstaaten kamen hinzu. Aus der daraus resultierenden Frustration gründete sich die ICAN-Bewegung, die Internationale Kampagne gegen Atomwaffen. Sie brauche Unterstützung. Nach ihrer Sichtweise brauche es einen letzten Sprint, um eine atomwaffenfreie Zukunft zu schaffen. ICAN hält es für sinnvoll, dass die Initiative dafür von den Nichtatommächten ausgehen solle. Trunkenbolde würden ihren Alkoholismus auch nicht selbst behandeln, analysiert Helmut Käss treffend.
ICAN empfiehlt, dass jeder seinen eigenen Staat ansehen solle. Wenn dieser keine Atomwaffen habe, solle er zu diplomatischen Aktivitäten angeregt werden. Wenn er Atomwaffen habe, solle dagegen protestiert werden. Auch vertritt ICAN die Meinung, dass es sinnvoll ist, Wege zu erarbeiten, mit den Problemen aktiv und kreativ umzugehen, anstatt den Menschen Angst zu machen.
Die meisten Menschen wissen wenig über Atomwaffen, sie wollen auch gar nicht so viel darüber wissen, weil das Ängste erzeugt. Und weil sie denken, sie hätten keinen Einfluss, verdrängen sie dieses Thema. Dabei kommt es darauf an, beharrlich und mit immer mehr „man und female power“ auf die Regierungen einzuwirken, um Atomwaffen und Atomenergie abzuschaffen.
Daniel Gottschalk, Frieder Schöbel
Atomwaffensperrvertrag
Am 13-05-2013
Freiburg: AntiAtomGruppe und U-AStA hatten eingeladen
Akiko Yoshida sprach über die Lage in Fukushima
Aus eigener Anschauung berichtete die Japanerin Akiko Yoshida am Montag Abend über die aktuelle Lage in der Präfektur Fukushima und den angrenzenden radioaktiv kontaminierten Gebieten. Wegen der unzureichenden Nachrichtenlage, die wegen der intransparenten Informationspolitik der japanischen Regierung und des Betreiberkonzerns TEPCO auch drei Jahre nach Beginn des Super- GAU im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi noch in Europa herrscht, war der Vortrag von Frau Yoshida in einem Hörsaal der Albert-Ludwigs-Universität gut besucht. Veranstalter waren neben U-AStA und Anti-Atom-Gruppe Freiburg auch der Deutsch-Japanische Kulturverein, BUND, ECOtrinova, attac und das Friedensforum Freiburg. Frau Yoshida arbeitet in Japan für die BUND-Partnerorganisation Friends of the Earth Japan (FoEJ) und half bei der Betreuung der vor der radioaktiven Verseuchung flüchtenden Bevölkerung. Dabei stellten Mitarbeiter ihrer Organisation durch eine Vielzahl eigener Messungen fest, daß die von den Behörden und vom Betreiber-Konzern TEPCO veröffentlichten Radioaktivitätswerte in aller Regel um mehr als 30 Prozent unter den tatsächlichen Werten vor Ort lagen. Nicht nur FoEJ sondern auch die örtlichen Bürgerinitiativen kritisierten zudem heftig den von Behördenseite festgelegten Grenzwert von 20 mSv/a, der von den Betroffenen inklusive der Kinder zu tolerieren sei.
Auf Grund von Wortmeldungen und Fragen des Publikums wurde deutlich, daß in Deutschland kaum bekannt ist, wo sich radioaktiv belastete Gebiete nordwestlich und südlich des AKW-Standorts befinden. Anhand von Karten zeigte Yoshida auf, daß sich die von Abluftfahnen und Niederschlägen verursachten radioaktiven Gebiete keineswegs durch mit dem Zirkel auf der Landkarte eingezeichnete Kreise eingrenzen lassen. Offenbar ist in Europa zudem nach wie vor die Falschinformation weit verbreitet, durch die Windverhältnisse, die in den Monaten nach dem 11. März 2011 einen großen Teil des radioaktiven Inventars aufs offene Meer bliesen, seien die Einwohner verschont worden. Yoshida kritisierte die japanischen Behörden, die offenbar allein deshalb die Evakuierung von Städten wie Fukushima und Koriyama verweigerten, weil die Evakuierung von Städten mit jeweils rund 300.000 Einwohnern sehr aufwendig und teuer wären. Erst im Dezember 2011 wurden nach anhaltenden Protesten der Bevölkerung die Evakuierungszonen teilweise entsprechend den Forderungen ausgeweitet.
FoEJ initiierte wegen der anhaltenden unverantwortlichen Belastung der Kinder in der Präfektur Fukushima das "Poka-Poka-Projekt", das mit Unterstützung aus ganz Japan ab Januar 2012 Kindern dazu verhalf, die radioaktiv kontaminierten Gebiete wenigstens zeitweise zu verlassen. Yoshida zeigte Video-Aufnahmen mit Stellungnahmen der betroffenen Bevölkerung, Szenen aus öffentlichen Anhörungen und die anrührenden Aussagen eines Vaters, der wegen erhöhter Radioaktivitätswerte in der oberen Etage seines Hauses das Kinderzimmer in den Keller verlegt hatte. Für viele im Publikum war es erschütternd zu sehen, daß die sogenannte Dekontamination in der Region um Fukushima vielfach darin besteht, Berge von schwarzen Plastiksäcken, die mit radioaktiv belasteter Erde gefüllt sind, offen am Straßenrand abzulagern. Yoshida zeigte auch Bilder von Hinterhöfen, in denen radioaktiv belastetes Erdreich abgelagert und mit blauer Plastikplane abgedeckt wurde.
In der an den Vortrag anschließenden Fragerunde wurde deutlich, daß die veröffentlichten Werte der Strahlenmessungen wenig aussagekräftig sind, da lediglich die weitreichende Strahlung, jedoch nicht Alpha-Strahler wie etwa Plutonium, hierbei erfaßt wird. Dabei ist nachweislich gerade der Anteil der Radioaktivität, die etwa über Atmung und Essen aufgenommen wird, für die ab 2015 zu erwartende Zunahme der Krebsfälle relevant. Wie die Erfahrungen nach dem Super-GAU von Tschernobyl gezeigt hatten, ist - zunächst bei Kindern - mit einem ersten deutlichen Anstieg der Krebserkrankungen ab dem vierten Jahr nach der Katastrophe zu rechnen.
Nach weiteren Fragen wurde deutlich, daß in Deutschland auch kaum bekannt ist, daß die Demonstrationen in Tokio und vielen anderen japanischen Städten gegen den von der Regierung unter Ministerpräsident Shinzo Abe geplanten Wiedereinstieg in die Atomenergie unvermindert anhalten.
Am 22-03-2014
Fukushima - UNSCEAR-Bericht der Atomlobby zu einseitig
VERTUSCHUNG VON GESUNDHEITLICHEN FOLGEN DER ATOMKATASTROPHE
Der heute vorgelegte Bericht des Komitees der Vereinten Nationen für die Folgen von Strahlung (UNSCEAR) spielt das wahre Ausmaß der gesundheitlichen Folgen der Atomkatastrophe von Fukushima systematisch herunter. UNSCEAR behauptet in seinem 300-seitigen Abschlussbericht, dass "keine signifikante Veränderungen künftiger Krebsraten zu erwarten sind, die mit der Strahlenexposition durch den Unfall in Verbindung gebracht werden können." Ärzte und Ärztinnen der IPPNW dagegen gehen in ihren Berechnungen von mehreren Zehntausend zusätzlichen Krebserkrankungen aus. Da die Zahl der Krebserkrankungen in der japanischen Bevölkerung aber ohnehin schon hoch ist, wird die Mehrzahl dieser Fälle nicht kausal mit der Strahlenexposition in Verbindung zu bringen sein. Die Tatsache, dass eine Krebserkrankung keine Herkunftsbezeichnung trägt und sich nie eindeutig auf eine einzelne Ursache zurückführen lässt, wird von der Atomindustrie und auch von UNSCEAR genutzt, um jegliche Kausalität abzustreiten. Eine Taktik, wie man sie schon lange von der Tabakindustrie oder der Asbestwirtschaft kennt. „Die Geschichte wiederholt sich. Wie damals nach der atomaren Katastrophe von Tschernobyl werden die Risiken für die Menschen in den kontaminierten Gebieten vertuscht, verharmlost und verschwiegen,“ kritisiert der stellvertretende Vorsitzende der IPPNW, Dr. Alex Rosen.
Die IPPNW moniert zudem, dass sich die Mitglieder von UNSCEAR in ihrem Bericht im Wesentlichen auf die Angaben der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), der Betreiberfirma TEPCO und der japanischen Atombehörden stützen. Neutrale unabhängige Institute und Forschungseinrichtungen werden ignoriert. So beruhen die Dosisberechnungen der betroffenen Bevölkerung im Bericht maßgeblich auf Nahrungsmittelproben IAEO, einer Organisation, die mit dem Ziel gegründet wurde, „weltweit die Nutzung der Atomenergie zu befördern“. Unliebsame Ergebnisse von unabhängigen Nahrungsmittelstichproben werden ignoriert. Zur Schätzung des Gesamtausstoßes von Radioaktivität werden Studien der japanischen Atomenergiebehörde herangezogen, statt die deutlich höheren Berechnungen unabhängiger Institute zu berücksichtigen. Die Strahlendosen der Kraftwerksarbeiter wurden größtenteils direkt von der umstrittenen Betreiberfirma TEPCO übernommen.
Die Vielzahl an Berichten über Manipulationen und Ungereimtheiten dieser Messwerte übersehen die Autoren wohlwollend. Bei 47 % der untersuchten Kinder in der Präfektur Fukushima wurden Knoten und -zysten gefunden. Bei 33 Kindern stellten die Ärzte jetzt schon Schilddrüsenkrebs fest und mussten die Schilddrüse operativ entfernen, 42 weiteren Kindern mit akutem Krebsverdacht steht eine solche Operation noch bevor. Diese Zahlen entsprechen einer Häufigkeit von 13,0 pro 100.000 Kindern. Vor Fukushima lag die jährliche Zahl der Neuerkrankungen in Japan bei nur 0,35 pro 100.000 Kindern. Die Zahl der Schilddrusenkrebsfälle in Fukushima sind somit besorgniserregend hoch. Unumstritten ist: jede noch so kleine Dosis von Radioaktivität geht mit einem erhöhten Risiko für Krebserkrankungen einher. Statt die betroffenen Menschen offen über diese Risiken aufzuklären, versuchen die Autoren des Berichts jedoch auf der Basis fragwürdiger Annahmen, selektiver Stichproben und geschönter Strahlendosen die industriegefällige Botschaft zu streuen, dass man in Fukushima noch einmal mit dem Schrecken davon gekommen sei.
Am 02-04-2014