NGO: Sehen Sie eine Chance, den Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ politisch durchzusetzen?
ERNST: Es liegt vor allem an den anderen im Bundestag vertretenen Parteien. Bisher bestand keine parlamentarische Mehrheit zur Durchsetzung der Forderung „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Jetzt müssen wir als Gesetzgeber ständig die Löcher stopfen, die von Unternehmen ausgenutzt werden, um die bestehenden Regelungen zu umgehen. Das war im Fall Schlecker so und ist beim Internetversandhändler Amazon nicht anders.
NGO: Sollten die Betriebsräte von Firmen wie Amazon, die Leiharbeit in Anspruch nehmen, über Umfang und Dauer von Leiharbeitseinsätzen mitbestimmen?
"Grundsätzlich fordert die LINKE bei der Leiharbeit „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Das würde Leiharbeit deutlich unattraktiv machen." Klaus Ernst
ERNST: Grundsätzlich fordert die LINKE bei der Leiharbeit „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Das würde Leiharbeit deutlich unattraktiv machen. Leiharbeit muss wieder auf ihre ursprüngliche Form zurückreguliert werden: mögliche Auftragsspitzen im Betrieb abzufangen. Wir dürfen vor allem nicht vergessen, dass es die SPD war, die durch Hartz I Leiharbeit erst salonfähig gemacht hat. Grundsätzlich muss Betriebsräten ein Informations- und Zustimmungsverweigerungsrecht beim Einsatz von Leiharbeit im Betrieb eingeräumt werden. Das Problem bei Amazon ist ja gerade, dass es bisher dort überhaupt keine Betriebsräte gibt. Auch deshalb konnte es zu diesen Exzessen kommen.
NGO: Will die Linke dagegen vorgehen, dass Leiharbeitsfirmen ihre Leute nur für einzelne Einsätze anheuern und dann gleich wieder entlassen? War das nicht früher verboten?
ERNST: Bis 2004 galt, dass Leiharbeitsfirmen Beschäftigte längerfristig einstellen mussten und nicht nur für die Dauer eines einzelnen Einsatzes in einem Entleihbetrieb. Das war das so genannten Synchronisationsverbot. Seit der Abschaffung dieser Regelung trägt nicht mehr die Leiharbeitsfirma das Beschäftigungsrisiko, sondern die Leiharbeitnehmer und -nehmerinnen tragen es selbst. DIE LINKE fordert deshalb die Wiederherstellung des Synchronisationsverbots.
NGO: Was kann der Bundestag tun, damit Tarifverträge z. B. im Einzelhandel als allgemeinverbindlich erklärt werden?
ERNST: Gerade im Einzelhandel besteht das Problem, dass der gewerkschaftliche Organisationsgrad unter 50 Prozent liegt. Das macht eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Einzelhandelstarifvertrags faktisch unmöglich. DIE LINKE fordert deshalb seit langem, dass die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen erleichtert werden muss.
NGO: Welchen Einfluss können die Verbraucher auf die Arbeitsbedingungen im Einzelhandel nehmen? Was tun Sie selbst als Verbraucher dafür?
ERNST: Wer glaubt, mit verantwortungsvollen Appellen könnten die Verbraucherinnen und Verbraucher mittels Bestell-Boykott Unternehmen wie Amazon zur Vernunft bringen, der täuscht sich gewaltig. Klar wird die öffentliche Empörung an Amazon nicht spurlos vorübergehen, und natürlich werden Amazon die ARD-Bilder und die aktuelle Medienberichterstattung nicht gefallen. Die Geschäftsbeziehungen mit dem unseriösen Sicherheitsunternehmen sowie dem Logistiker, der für den Transport und die Unterbringungen der Leiharbeitsbeschäftigten verantwortlich war, wurden bereits getrennt. Grundsätzlich wird sich an den Geschäftspraktiken von Amazon und anderen Skandal-Unternehmen nichts ändern. Denn Amazons Geschäftsmodell besteht gerade in der gnadenlosen Drangsalierung seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Weil Amazon eben kein Einzelfall ist, wie Ministerin von der Leyen glauben machen will, steht vielmehr der Gesetzgeber in der Verantwortung, endlich die Spielregeln zu ändern.
NGO: Herr Ernst, vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Jens Jürgen Korff.
(Foto: Die LINKE)
- Wie reich ist Amazon und womit verdient Amazon am meisten Geld
Amazon ist eines der wertvollsten Unternehmen der Welt, und sein Reichtum kann in Hunderten von Milliarden Dollar gemessen werden. Der genaue Wert von Amazon ändert sich ständig aufgrund von Aktienkursen und anderen wirtschaftlichen Faktoren. Es ist jedoch sicher anzunehmen, dass Amazon zu den reichsten Unternehmen der Welt gehört.
Der größte Teil von Amazons Einnahmen stammt aus dem E-Commerce-Geschäft, insbesondere dem Verkauf von Produkten über seine Website. Darüber hinaus verdient Amazon auch viel Geld durch seine Cloud-Computing-Division, Amazon Web Services (AWS). AWS bietet eine Vielzahl von Cloud-Diensten für Unternehmen an, darunter Hosting, Speicherung, Datenbanken und künstliche Intelligenz. Obwohl der E-Commerce nach wie vor eine wichtige Einnahmequelle für Amazon ist, trägt AWS zunehmend zum Gesamtumsatz und Gewinn bei.
Was ist aus der Walraff Kritik über Amazon geworden?
Die Kritik von Günter Wallraff, einem deutschen Enthüllungsjournalisten, an Amazon hat dazu beigetragen, öffentliches Bewusstsein für die Arbeitsbedingungen in den Logistikzentren des Unternehmens zu schärfen. Wallraff hat in seinen Büchern und Reportagen unter anderem auf problematische Arbeitsbedingungen, niedrige Löhne und den Einsatz von Leiharbeitern bei Amazon hingewiesen.
Seine Arbeit hat zu Debatten und Diskussionen über die Arbeitspraktiken des Unternehmens geführt und möglicherweise Druck auf Amazon ausgeübt, Verbesserungen vorzunehmen. Es ist jedoch schwierig, spezifische Auswirkungen aufgrund von Wallraffs Arbeit allein zu quantifizieren, da viele Faktoren die Geschäftspraktiken eines Unternehmens beeinflussen.
In den Jahren nach Wallraffs Enthüllungen hat Amazon weiterhin öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen und wurde Gegenstand von Untersuchungen und Kritik bezüglich seiner Arbeitsbedingungen. Das Unternehmen hat jedoch auch Schritte unternommen, um einige dieser Bedenken anzugehen, wie zum Beispiel die Erhöhung des Mindestlohns für seine Mitarbeiter und die Einführung von zusätzlichen Leistungen wie Bildungsprogrammen.