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Wer ist in der Pflicht?

Das Opel-Aus | Was bringt mir eigentlich Demokratie?

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Die Bundesregierung hat reagiert: Immerhin! Sie hat beispielsweise die Entscheidung von General Motors bedauert, ab 2016 keine Autos mehr im Bochumer Opelwerk zu bauen. Man kann der Regierung also keine komplette Ignoranz vorwerfen. Aber vielleicht beweist sie dennoch nicht die notwendige Sensibilität mit einem Thema, das in Deutschland für viel Gesprächsstoff sorgt und vielen Menschen kurz vor Weihnachten faustdicke Probleme beschert? Vielleicht ja!


Wie viele der etwa 3.000 Arbeitsplätze bei Opel in Bochum letztlich übrig bleiben, ist ungewiss. Und wie viele Arbeitsplätze außerhalb des Opel-Werksgeländes von einem wahrscheinlichen Opel-Aus betroffen sind, bleibt aktuell ebenso im Unklaren. In der Süddeutschen Zeitung ist von bis zu 40.000 Jobs die Rede, die von einem Stopp der Opelproduktion in Bochum betroffen wären. Die Deutsche Welle spricht immerhin von 20.000 Jobs. Käme da von Seiten der Bundesregierung wirklich nur ein Bedauern und nicht mehr, wäre das aus Sicht vieler Leute eventuell etwas wenig und könnte auch einen (weiteren?!) Schlag gegen das Image der Parteiendemokratie bedeuten. Warme Worte können bisweilen auch ganz schön kalt wirken.

Wo ist Hilfe?

Noch ist nicht jeder davon überzeugt, dass ab 2016 wirklich Schluss mit dem Autobau im Bochumer Opelwerk ist. Mit den Worten „Wir wollen auch nach 2016 in Bochum noch Autos bauen", zitiert etwa die Süddeutsche Zeitung den Opel-Betriebsratschef Rainer Einenkel. Vielleicht geschieht ein Wunder? Es sieht derzeit nicht unbedingt danach aus, aber Wunder kommen bisweilen plötzlich. Bleibt das Wunder in Bochum aus, dann hieße das, dass ab 2016 nur noch homöopathische Reste von Opel in Bochum verbleiben. Dieses weit reichende Aus wäre sehr schmerzlich, käme aber nicht völlig unerwartet. Für die seit 1962 in Bochum existierende Opelproduktion arbeiteten zwischenzeitlich ungefähr 20.000 Menschen; seit vielen Jahren geht es aber bergab. Mit dem Aus wird jetzt vielleicht das Tal erreicht. Und dann? Keiner weiß es.

Als schweren Schlag für die betroffenen Menschen, für ihre Familien und den Industriestandort Bochum" bezeichnete der Vize-Regierungssprecher Georg Streiter das Opel-Aus. Bundeswirtschaftsminister Phillip Rösler erteilte derweil eventuellen Forderungen nach einer finanziellen Hilfe für die Autoproduktion in Bochum eine Absage. „Es sei nicht Aufgabe des Staates, dem Unternehmen finanziell aus der Patsche zu helfen", teilte er mit. Das mag man ihm eventuell auch gar nicht vorwerfen. Finanzielle Hilfe für Opel in Bochum könnte vielerorts Begehrlichkeiten wecken und sie könnte als Zeichen gewertet werden, dass der Staat verstärkt zum Mitträger unternehmerischen Risikos wird, ohne in adäquater Weise von Gewinnen zu profitieren. Zudem wären Finanzhilfen wohl nur dann wirklich hilfreich, wenn a) die verschiedenen in die Causa Opel involvierten Akteure den erklärten Willen zeigen, den Opelstandort Bochum doch noch zu retten, und wenn b) eine nachhaltige Rettung tatsächlich möglich wäre. Ist das nicht der Fall, wäre eine Staatshilfe für Opel in Bochum verbranntes Geld.

Demokratie ist für den Menschen da?

Manch einer sieht die Bundesregierung beim Bochumer Opel-Aus viel stärker in der Verantwortung, als sie selbst es sieht. So trägt die Bundesregierung etwa aus Sicht von Gustav Horn vom Institut für Makroökonomie (IMK) an den großen Problemen von Opel in Bochum aufgrund des Sparkurses eine Mitschuld, den unter anderem Deutschland europäischen Krisenländern derzeit aufzwingt. Dadurch sei die Nachfrage eingebrochen, heißt es. Ähnliche Worte gibt es auch vom Fraktionschef der Linken Gregor Gysi. Mit solchen Argumentationsketten betritt man dann wohl endgültig die Welt der komplizierten Vernetzungen von Handlungen, Folgen, neuen Handlungen und weiteren Folgen; es geht um Vernetzungen, die wohl maximal annähernd geniale Wirtschaftsexperten wirklich durchschauen, während die breite Masse ihnen nur ver- oder aber misstrauen kann. Zumindest eins lässt sich wohl sagen: Der Hauptschuldige an der Misere in Bochum ist die Bundesregierung wohl eher nicht. Da müssen dann vielleicht eher doch GM und/oder Opel-Manager in die erste Reihe?

Das Bedauern der Bundesregierung und der Fingerzeig in Richtung General Motors wirken trotz alledem als Reaktion etwas dünn, etwas unzureichend. Immerhin gibt es am Donnerstag, den 13. Dezember, eine Diskussion im Bundestag. Mal schauen, was herauskommt. Es sind solche Situationen wie die jetzige in Bochum, die in besonderer Weise dazu in der Lage sind, das Verhältnis zwischen dem Einzelnen und dem Staat neu zu definieren. Ist Politik, sind der Staat und Demokratie auch für den kleinen „Malocher“ da, wenn es darauf ankommt? Oder eher nicht? Der kleine „Malocher“ in Bochum wird es in der kommenden Zeit erfahren. Für die Politik sind solche Krisen auch immer eine Chance, sich in die Herzen der Menschen zu spielen, irgendeine Art von Engagement zu zeigen, das den Betroffenen des Opel-Aus in irgendeiner Weise weiterhilft und allen zeigt: Demokratie kann auffangen. Nicht nur Banken.

„Frage nicht was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst!“, forderte einst John F. Kennedy. Schön und gut! Aber manchen Menschen mag dieses Zitat derzeit sauer aufstoßen, weil Politik bisweilen so wirkt, als gäbe es Rettungsschirme, rettende Fonds für Banken und Staaten, nicht jedoch Hilfe für die Mehrheit derer, die in jenen Staaten leben und (kleine) Kunden jener Banken sind. Bei manchen Menschen mag deshalb derzeit die Frage aufkommen, ob man nicht auch auf Bundesebene mehr für diejenigen leisten könnte oder gar müsste, denen jetzt in Bochum das Damoklesschwert Arbeitslosigkeit über den Köpfen hängt? Und eventuell erinnern sich diese Menschen dann wirklich auch an jene Tage der Bankenrettung, in denen unter anderem Deutschlands Regierungsvertreter nächtelang um eine Lösung gekämpft haben.

Mag sein, dass das Engagement damals noch wichtiger gewesen ist, als es ein Engagement für Lösungen rund um Bochum und die Opel-Mitarbeiter heute wäre. Aber irgendwie wäre ein Engagement für die Malocher von Opel ein wichtiges positives Signal, dass Politik nicht abgehoben ist, sondern auch „anpacken“ kann. Das täte auch der Demokratie selbst vielleicht ganz gut. (as)

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