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Alkoholmißbrauch und Sucht

Alkoholismus in Deutschland

Am

In der mitteldeutschen Zeitung vom 11.07.11 steht,wohlgemerkt, nur auf Seite vier das Thema „Ertränkte Einsamkeit“ Dieses Thema gehört für mich als Gesundheitspolitikerin immer auf Seite eins.


Alkoholismus in Deutschland

Denn immerhin sind bis zu 2, 5 Millionen Menschen in der Bundesrepublik alkoholkrank, Tendenz steigend. Alkoholismus wird schon zu den Volkskrankheiten gezählt. Es ist also ein gesamtgesellschaftliches Problem. Alkohol wird oftmals von den Menschen als „Problemlöser“ definiert.

Für viele ist z.B. ein Bier, ein Glas Rotwein oder auch ein Cognac eine angenehme Möglichkeit sich zu „entspannen“ und durch Alkohol meinen viele, kann man Ärger besser bewältigen und Niedergeschlagenheit und auch Depressionen besser überbrücken. Alkohol, so sagen Betroffene, stärkt das Selbstvertrauen und macht das Leben alles in allem erträglicher.

Es gibt bei Betroffenen eine lange Zeit des Selbstbetruges, sie wissen eigentlich, dass sie ohne Alkohol den Tag nicht überstehen würden, dass sie ihn brauchen, wie die Luft zum Atmen und erkennen aber als Trinker ihre Krankheit erst an, wenn es gar nicht mehr weiter geht. Das ist dann oft in der chronische Absturzphase, mit Verlust von Freunden, Familie, des Arbeitsplatzes und oft auch der Wohnung.

In der Mitteldeutschen Zeitung steht, dass jeder Deutsche vom Säugling bis zum Greis pro Jahr durchschnittlich zehn Liter reinen Alkohol zu sich nimmt. Das entspricht 200 Liter Bier. Und der Alkoholmissbrauch und Alkoholismus geht quer durch alle Bevölkerungsschichten. Betrifft genauso den Arzt, Rechtsanwalt, den Unternehmer, den Beamten, die Politiker und Menschen in prekären Lebenslagen gleichermaßen.

Der Alkoholiker hat im Laufe seiner Krankheit eine zunehmende Alkoholtoleranz, er verträgt immer größere Mengen, ohne sich betrunken zu fühlen, gefährlich für die Gesundheit des Betroffenen selbst und im Straßenverkehr. Denn immer wieder geraten betroffene Menschen in Verkehrskontrollen, die nüchtern scheinen- bis der Atem-Alkoholtest was ganz anderes sagt.

Leber, Bauchspeicheldrüse, Muskulatur, Stoffwechsel, Herzkreislauferkrankungen, Schädigungen des Magendarmtraktes, Karzinome(bösartige Tumore) und Schädigungen des Nervensystems sind die Folge vom jahrelangen Alkoholmissbrauch.

Alkohol ist in Deutschland eine gesellschaftlich anerkannte, einfach und billig zu beschaffende legale Droge, deren Konsum in manchen Situationen geradezu erwartet wird. Mit Kumpels nach Feierabend einen „Trinken gehen und auch die „bürgerliche“ Trinkkultur mit Wein, Sekt und Whisky- gehören schon zum guten Ton, ein gutes Glas Rotwein ist auch in „höheren Schichten zur Normalität geworden.

Das Statistische Bundesamt zählte schon im Jahr 2000 16.000 Tote durch Alkoholkonsum; dabei trat der Tod in 9550 Fällen durch Leberzirrhose (Endstadium chronischer Leberkrankheiten, ein. Das DRK berichtet von 40.000 Todesfällen, davon 17.000 an Leberzirrhose. Der Drogen- und Suchtbericht 2009 spricht sogar von mindestens 73.000 Toten als Folge übermäßigen Alkoholkonsums in Deutschland.

Nach einer Studie des Krankenhauses „Charité“ in Berlin trinken 58 % aller Frauen während der Schwangerschaft Alkohol. 10.000 Kinder kommen alkoholgeschädigt zur Welt, davon 4000 mit dem Vollbild des fetalen Alkoholsyndroms (vorgeburtlich entstandene Schädigung eines Kindes)

Man schätzt, dass etwa 250.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 Jahren stark alkoholgefährdet oder schon abhängig sind. Nach einer Befragung aus dem Jahre 2008 konsumieren 6,8 % der Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren eine selbst für Erwachsene riskante Alkoholmenge.

Da bin ich schon beim Zweigthema zum Alkoholmissbrauch:

Komasaufen bzw. Binge -Trinken bei Jugendlichen

Beim Binge-Trinken (Koma Saufen bzw. Saufen bis der Arzt kommt) liegt Sachsen-Anhalts Jugend mit 25% deutlich über den Bundesdurchschnitt von 20%.; gehäuft sind es jugendliche Patienten aus alleinerziehenden Haushalten.

Die Krankenhausstatistik 2008 sagt aus, das bezüglich der Diagnose F 10 (akute Intoxikation/Alkoholrausch) bezogen auf 100 000 Einwohner der jungen Altersgruppe nach dem Saarland in Sachsen Anhalt in der Altergruppe der 10-bis 20-Jährigen, aber auch bei allen anderen Altersgruppen die meisten Menschen insgesamt behandelt wurden.

2009 waren in meinem Bundesland Sachsen-Anhalt, 45% der Straftatverdächtigen unter Alkoholeinfluss jünger als 25 Jahre.

Hier einige Ursachen des Missbrauchs bei Kindern und Jugendlichen :

  • Spassfaktor
  • Billige Preise
  • Suggestion der Werbung
  • Infrastruktur
  • Vorbildwirkung des sozialen Umfeldes/ der Eltern
  • Schwierigkeiten mit den Eltern
  • Leistungsdruck der Gesellschaft
  • Perspektivlosigkeit
  • Zusammengehörigkeitsgefühl
  • Gruppendruck
  • Neugier
  • Idenditätssuche
  • Mittel zur Selbstdarstellung
  • Mittel der Selbstregulierung

60% der jungen Patienten sind „Spasstrinker" und es wurde das Vorurteil widerlegt, dass nur Förderschüler trinken, nein es tun auch Gymnasiasten (aber unterrepräsentiert) Ein Schutzfaktor hier, ist der höhere Bildung/höhere Intelligenz.

Bevorzugte Getränke bei Jugendlichen sind Destillate bzw. eigene Mischungen. Zu 95% wird mit Gruppen Gleichaltriger getrunken und überwiegend in privaten Wohnungen. Und über ein Drittel der jungen Patienten waren schon psychiatrisch auffällig- mit Anpassungs- und Verhaltensstörungen.

Da Alkoholmissbrauch und Abhängigkeit ein gesamtgesellschaftliches Problem ist, welches auch schwere Folgekosten im Gesundheitswesen nach sich zieht, ist es nach meiner Ansicht auch eine Gesamtgesellschaftliche Aufgabe, hier präventive Prämissen in Politik und Gesellschaft zu setzen.

Jeder einzelne von uns sollte seine Trinkgewohnheiten auf den Prüfstand stellen und wir müssen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass wir darauf achten was unsere Kinder tun. Bund sollte meiner Meinung nach, nicht wie bisher, Projektförderung in den Bundesländern für einige wenige Schulen usw. anbieten, sondern Prävention einer gesunden Lebensweise sollte bundesweit zum Alltag aller Kita-Kinder, Schulkinder und Jugendlichen werden.

Sie merken liebe Leserinnen und Leser, indirekt komme ich immer wieder auf ein bundesweites Präventionsgesetz zurück.

Aus meiner Sicht wäre ein Policy Mix (gleichzeitige Durchführung verschiedener Maßnahmen) aus Verhältnis und Verhaltensprävention richtig. Beispiele könnten sein:

  • Gesundheitsförderung
  • Risikokompetenzförderung
  • Förderung von risikoarmen Konsum
  • Frühintervention
  • Prävention substanzbezogener Störungen
  • Suchtmittelpolitik

Das Bundes-u- Landespolitik schon was tun, sehen Sie am Abriss sinnvoller Maßnahmen, die in den einzelnen Bundesländern laufen, aber noch gestärkt werden müssten:

  • Intervention am Krankenbett für betroffene u. Eltern/ aber Ausbau der Intervention am Krankenbett eher unwahrscheinlich, weil Kapazität im Bereich Suchtprävention ungenügend ist
  • Koordinierung und Durchführung von Jugendschutzmaßnahmen auf Landeskreisebenen, Gebündelt im Bundesmodell „Hart am LimiT-HaLT“
  • Nachhaltige schulische Suchtprävention
  • Alkoholprävention in allen Feldern der Erziehungs-und Jugendhilfe/Ziel: in Jugendhilfe u. Schule sollen kleine Interventionen zum Umgang mit Alkohol fachgerecht ausgeführt werden können, ohne erhobenen Zeigefinger, sondern spielerisch

Alles gute und wichtige Maßnahmen zum Schutz unserer Kinder und Jugendlichen. Doch bei weitem noch nicht genug!

Des Weiteren sollte mit einer Erteilung der Schankerlaubnis gleichzeitig Jugendschutzstandards mitgeliefert werden und viel öfter müssten vernetzte Stichprobenkontrollen bei Alkoholausschank in Gaststatten und Disco erfolgen Die Inhaber und Betreiber von Diskotheken sollten gedrängt werden auf sogenannte Flaterate-Party zu verzichten.

Eine breite Öffentlichkeitsarbeit über die Gefahren des Alkohols und der Sucht ist genau so wichtig, wie eine enge Kooperation der Polizei, Jugendgerichtshilfe und Bewährungshilfe.

Alkoholiker sind suchtkrank und sollten nicht aus der Gesellschaft ausgestoßen und am Rande der Gesellschaft leben. Wir müssen eine breite Akzeptanz dafür schaffen, dass Alkoholismus eine Suchtkrankheit ist. Aus diesem Grund brauchen wir auch in den einzelnen Landkreisen und Kommunen ein breites soziales Netz an Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen mit niedrigschwelligen Hilfeangeboten.

Deshalb brauchen wir finanzstarke Landkreise und Kommunen- hier sollte durch eine gut durchdachte Funktionalreform dafür gesorgt werden, die Landkreise und Kommunen wieder auf sichere finanzielle Füße zu stellen.

Kinder sind unsere Zukunft, ohne Kinder gibt es keine Zukunft, deshalb sind wir verpflichtet unser Bestmöglichstes für unsere Kinder zu tun. Sie sollen in Würde, sorgenfrei und gesundheitlich präventiv aufwachsen können.

Heidelinde Penndorf

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