Beck ergänzte, er habe das Amt des Parteivorsitzenden übernommen, um der SPD zu helfen. "Weil das nicht mehr möglich scheint, habe ich diese Konsequenz gezogen." Einem Medienberichten zufolge soll Beck bis zuletzt versucht haben, Müntefering zu verhindern und Arbeitsminister Olaf Scholz als neuen Parteichef vorgeschlagen.
Bei der Abstimmung im SPD-Präsidium über Müntefering soll es dann auch zwei Enthaltungen gegeben haben. Die Landesvorsitzenden von Schleswig-Holstein und Hessen, Ralf Stegner und Andrea Ypsilanti, hätten nicht für Müntefering gestimmt. Bei der Abstimmung im SPD-Vorstand soll es fünf Enthaltungen und eine Neinstimme gegeben haben.
Nach Angaben aus Parteikreisen kam die Gegenstimme von dem SPD-Linken Ottmar Schreiner. Schreiner hatte mit anderen SPD-Linken in einem Positionspapier eine teilweise Abkehr von der Agenda 2010 verlangt, an der Steinmeier dagegen festhalten will.
Parteivize Andrea Nahles hat eigenen Parteimitgliedern und den Medien eine Mitschuld am Rücktritt Becks gegeben. Dass Beck für sich keine Chance mehr gesehen habe, seiner Partei zu dienen, liege auch an "Heckenschützen aus den eigenen Reihen", sagte sie dem Südwestrundfunk. Es habe aber auch eine unvergleichliche mediale Kampagne gegeben. Sie danke Beck, "dass er er das auf sich genommen hat" und "so konsequent und mit Würde sein Amt zur Verfügung gestellt hat."
Der saarländische SPD-Vorsitzende Heiko Maas sprach von befremdlichen Vorgängen als Auslöser für den Rückzug Becks. "Diejenigen, die dafür verantwortlich sind, haben der Partei Schaden zugefügt", erklärte er in Saarbrücken. Die Partei müsse sich intensiv mit dem Verlauf der vergangenen Tage auseinandersetzen.
Mit Blick auf Müntefering erklärte er: "Für einen neuen Vorsitzenden gibt es keinen Persilschein." Zu oft habe die SPD durch ständige Führungswechsel inhaltlich überfällige Klärungsprozesse hintenangestellt. Die Programmatik müsse auf der Basis und im Geiste der Beschlüsse des Hamburger Parteitages weiterentwickelt werden. "Wer das nicht erkennt, wird in der SPD keine Geschlossenheit herstellen können."
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte, es reiche nicht aus, von einem Personalwechsel an der Spitze schon Erfolge zu erwarten. Es sei entscheidend, dass die SPD bei ihrer Programmatik Klarheit schaffe und auf dieser Basis einen engagierten Wahlkampf führe.
Positiv kommentierten die Parteirechten und Anhänger der "Agenda 2010" den Machtwechsel. Der ehemalige Bundesverteidigungsminister, seit 2005 SPD-Bundestagsfraktionschef, Peter Struck, forderte die SPD auf, "die Erfolge der Agenda 2010" des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) herauszustellen.
Der frühere Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) sagte, der designierte Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier habe nur eine Chance, wenn er von allen entscheidenden Gruppen in der SPD unterstützt werde. Clement wendet sich vehement gegen eine Neuorientierung in der Energiepolitik. Kohle und Atom statt erneuerbare Energie lautet das Credo des einstigen Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen.
Gabriel sagte: "Die Menschen interessiert nicht die Auseinandersetzung zwischen Flügeln, sondern wie wir die Probleme lösen." Die SPD müsse ihre Nabelschau beenden. Müntefering könne die SPD am besten stabilisieren, den Wahlkampf führen und Steinmeier den Rücken freihalten.
Struck sagte, die "Agenda 2010" stehe in der SPD nicht zur Debatte. Sie habe inzwischen zu Erfolgen geführt. Es gebe weniger Arbeitslose und ein gutes Wirtschaftswachstum. Zudem sei Deutschland international wettbewerbsfähiger geworden.
Clement sagte: "Es kommt jetzt alles darauf an, dass sich die Partei geschlossen hinter Frank-Walter Steinmeier stellt." Steinmeiers Kanzlerkandidatur sei die "letzte Chance für die SPD als Volkspartei der politischen Mitte". Sie sei ein klares Signal, dass der Reformkurs der "Agenda 2010" fortgesetzt und eine wichtige Rolle im Wahlprogramm der SPD spielen werde.
Der Chef des "Meinungsforschungsinstituts" Forsa, Manfred Güllner, der mit Umfragen und Kommentaren in den vergangenen Monaten kräftig am negativen Bild der SPD und von Kurt Beck in der Öffentlichkeit mitgearbeitet hatte, sieht die Ausgangslage der SPD nun deutlich verbessert. Jetzt müssten die Flügelkämpfe beendet werden, forderte der "Meinungsforscher", der stets .
FDP-Generalsekretär Dirk Niebel lobte Steinmeier als absolut honorige Persönlichkeit. Die SPD müsse sich nun einig werden, ob sie sich weiter nach links öffnen oder in die Mitte zurückkehren wolle. Im Moment habe die FDP mit der Union die größten Übereinstimmungen.
Linken-Parteichef Oskar Lafontaine sagte hingegen, Steinmeier stehe für die Agenda 2010, Müntefering für die Rente mit 67, die SPD setze ihren unsozialen Kurs fort. In einem Interview sagte er: "Die SPD war eine Partei des Friedens und der sozialen Gerechtigkeit. Heute ist sie eine Partei des Krieges und des Sozialabbaus. Solange das so ist, wird der Auflösungsprozess weitergehen."