August 2008
Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.
Thierse hält der CDU die Aufnahme von zwei DDR-Blockparteien vor
Zwischen SPD und CSU eskaliert der Streit um die historische Bewertung der Linken und der Stasi. Die Sozialdemokraten reagierten mit Empörung auf Attacken von CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer gegen SPD-Chef Kurt Beck. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) bezeichnete die Angriffe als "unanständig". Er erinnerte an die Geschichte der Union. Die CSU-Schwesterpartei CDU habe nach der Wende "zwei SED-hörige, lammfromme Blockparteien übernommen, die Mitverantwortung für das DDR-Unrecht tragen", sagte er in Berlin. Eine Partei mit dieser Vergangenheit habe "jedes moralische Recht verloren", anderen Parteien Vorhaltungen zu machen. Die Union versuche seit Jahren "mit öffentlichem Lärm" gegen andere, die eigene "unbequeme Vergangenheit" zu verdrängen.
Metzger hält Linke künftig für regierungsfähig
Die wegen ihrer Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei bekannt gewordene hessische SPD-Landtagsabgeordnete Dagmar Metzger hält es für möglich, dass die Linke "mittelfristig bündnis- und regierungsfähig" wird. Ähnlich wie bei den Grünen vor 20 Jahren könne sie sich vorstellen, dass auch bei den Linken ein "Lernprozess" in Gang komme, sagte Metzger am Dienstag in Wiesbaden. In dieser Wahlperiode sehe sie eine Bündnisfähigkeit der Linken aber noch nicht.
Kabinett berät Reform des Zugewinnausgleichs bei Scheidungen
Die Möglichkeit zu Mogeleien bei Vermögenswerten zulasten des Ex-Partners soll bei Scheidungsverfahren künftig eingeschränkt werden. Mit der Reform des Zugewinnausgleichs würden "einige Ungereimtheiten" in den bisherigen Regelungen bereinigt, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) am Dienstag (19. August) in Berlin. Die Gesetzesänderungen, die am Mittwoch auf der Tagesordnung des Bundeskabinetts stehen, schaffen laut Zypries mehr Gerechtigkeit bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung im Scheidungsfall. Familienrechtsexperten forderten derweil weitergehende Reformen der Ausgleichssysteme nach Scheidungen.
Flug von Stuttgart nach Zürich für 26.500 Euro
Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) ist wegen einer Nutzung der Flugbereitschaft in Erklärungsnot geraten. Laut "Bild am Sonntag" hat die CDU-Politikerin am 20. Mai einen Bundeswehr-Hubschrauber genutzt, um von Stuttgart nach Zürich zu einer Vortragsveranstaltung zu gelangen. Der Staatskasse kostete der 146-Kilometer-Flug mindestens 26.500 Euro, wie die Zeitung berichtete. Grüne, Linke und der Bundeswehrverband rügten das Verhalten der Ministerin am Wochenende in scharfer Form.
SPD und Linke in Hessen zu Probeabstimmungen bereit
SPD, Grüne und Linke haben sich bei ihrem zweiten Anlauf zur Machtübernahme in Hessen mit einer von der Linken tolerierten rot-grünen Minderheitsregierung weiter angenähert. SPD und Linke sind offenbar bereit, die Forderung der Grünen nach Probeabstimmungen über die Wahl von SPD-Chefin Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin zu erfüllen. Die SPD werde "auf jeden Fall eine Probeabstimmung machen", sagte SPD-Sprecher Frank Steibli am Montag in Wiesbaden. Linksfraktions-Sprecher Thomas Klein betonte, man könne "gerne alle drei Tage eine Probeabstimmung machen".
Bundesgerichtshof hebt Anordnung von Beugehaft auf
Die ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar, Brigitte Mohnhaupt und Knut Folkerts dürfen im Zusammenhang mit neuen Ermittlungen zu RAF-Anschlägen nicht in Beugehaft genommen werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab mit einem am Freitag (15. August) veröffentlichten Beschluss den Beschwerden der drei Ex-Terroristen gegen eine Beugehaftanordnung des BGH-Ermittlungsrichters statt, mit der sie zu Aussagen im Mordfall Siegfried Buback gezwungen werden sollten. Der Sohn des 1977 ermordeten Generalbundesanwalts, Michael Buback, verlangt derweil die Herausgabe einer unter Verschluss gehaltenen Verfassungsschutzakte. Das Bundesinnenministerium verweigert die Herausgabe.
Merkel kritisiert Russlands Vorgehen im ölreichen Kaukasus als unverhältnismäßig
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Russland aufgefordert, seine Truppen von georgischem "Kerngebiet" abzuziehen. Merkel pochte am Freitag (15. August) nach einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew in der russischen Schwarzmeerstadt Sotschi auf die Einhaltung der territorialen Integrität Georgiens. Jetzt sei nicht die Stunde zur Aufklärung der Ursachen des Konfliktes um die georgische Provinz Südossetien. Selten habe bei internationalen Konflikten nur eine Seite Schuld. Das Vorgehen Russlands habe sie aber "zum Teil für unverhältnismäßig gehalten", sagte Merkel. Deutschland ist traditionell nicht frei von Interessen am ölreichen Kaukasus. Schon die Wehrmacht marschierte in diese Richtung. Die Bundeswehr ist derzeit mit wenigen Soldaten in Georgien im Einsatz.
20.000 Kubikmeter radioaktive Lauge in Bergwerken versenkt
Die vom Atommülllager Asse in andere niedersächsische Bergwerke transportierte Lauge war nach Darstellung des niedersächsischen Umweltministeriums nicht über die zulässigen Grenzwerte hinaus radioaktiv belastet. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass von den Laugen irgendeine Gefahr ausgehe, sagte Umweltstaatssekretär Stefan Birkner (FDP) am Freitag (15. August) in Hannover. Nach seinen Angaben wurden zwischen 2005 und 2008 insgesamt mehr als 20.000 Kubikmeter Lauge in die Schachtanlagen Bad Salzdetfurth (Kreis Hildesheim), Hope (Kreis Soltau-Fallingbostel) und Maria Glück (Kreis Celle) gebracht.
Bayerischer Lehrer scheitert mit Kruzifix-Klage vor Gericht
Erneut ist ein Lehrer in Schwaben mit einer Klage gegen Kruzifixe in Klassenräumen gescheitert. Der Mann, der seit sechs Jahren an der Volksschule Westheim in Neusäß unterrichtet, erlitt vor dem Verwaltungsgericht Augsburg am Donnerstag (14. August) eine Niederlage. Im Grundgesetz sei nicht nur die Glaubensfreiheit verankert, sondern auch die besondere Gehorsams- und Tolerierungspflicht des Beamten, hieß es zur Begründung.
Gericht schlägt Vergleich wegen gewalttätigem SEK-Einsatzes vor
Ein Fliesenleger aus Sankt Augustin soll wegen eines unberechtigten und gewalttätigen Einsatzes von SEK-Polizisten 335.000 Euro vom Land Nordrhein-Westfalen erhalten. Diesen Vergleichsvorschlag machte das Oberlandesgericht (OLG) Köln am Donnerstag (14. August) in einer Berufungsverhandlung. Hintergrund ist ein acht Jahre zurückliegender SEK-Einsatz in Sankt Augustin. Damals hatte ein Nachbar des Fliesenlegers das Gerücht gestreut, der unbescholtene Mann habe Waffen und Handgranaten in seinem Besitz. Ohne weitere Ermittlungen kam es dann zu dem SEK-Einsatz.
Opposition kritisiert große Koalition als Steuererhöhungs-Bündnis
Die Opposition hat die große Koalition scharf kritisiert und ihr eine Steuererhöhungspolitik vorgeworfen. Anlässlich des 1000-Tage-Jubiläums der Regierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zogen die Parlamentarischen Geschäftsführer von FDP, Linke und Grünen eine negative Bilanz der Regierungsarbeit. Die Hoffnungen vieler Menschen seien enttäuscht worden. Linke-Geschäftsführerin Dagmar Enkelmann sagte, die Mehrwertsteuererhöhung zu Beginn der Legislatur sei eine "große Lüge zu Lasten der Beschäftigten" gewesen. Die große Koalition habe mit ihrer Steuerpolitik vor allem die großen Unternehmen entlastet. "Die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander", die Angst vor dem sozialen Abstieg sei dank Union und SPD auch in der Mittelschicht angekommen.
Umweltschützer kritisiert Atom-Politik der Grünen
Aus der Anti-Kernkraft-Bewegung kommt Kritik an der Atompolitik der Grünen. Für den Kurs der Partei in der aktuellen Atom-Debatte sei "Weichspülerei" ein treffender Begriff, sagte am Mittwoch (13. August) der Sprecher der Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Wolfgang Ehmke. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth und Bundestags-Fraktionschefin Renate Künast hätten für den Fall einer Aufweichung des Atomausstiegs zwar eine neue Anti-Atom-Bewegung angekündigt, erklärte Ehmke. Dies sei aber nur "eine verbale Drohgebärde". Tatsächlich gebe es von der Parteispitze keine Unterstützung für die am 8. November geplante bundesweite Anti-Atom-Demonstration in Gorleben. Die Grünen schielten zu sehr auf eine mögliche schwarz-grüne Koalition in Berlin, zu prononcierter Klarstellung seien sie offensichtlich nicht bereit, um es sich nicht mit der Pro-Atom-Partei CDU zu verderben, mutmaßt die Bürgerinitiative.
Bayerisches Rauchverbotsgesetz bestätigt
Das bayerische Rauchverbot in Gaststätten ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Das Bundesverfassungsgericht wies in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss entsprechende Verfassungsbeschwerden zurück. Die bayerischen Regelungen des generellen Rauchverbots in öffentlichen Gaststätten seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, hieß es.
Tiefensee fordert Finanzhilfen für arme Regionen im Westen
Mit seiner Forderung nach Finanzhilfen für arme West-Regionen hat der für den Aufbau Ost zuständige Minister Wolfgang Tiefensee (SPD) geteilte Reaktionen hervorgerufen. Lob kam von Bayerns SPD-Fraktionschef Franz Maget und Politikern aus Nordrhein-Westfalen. Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) sagte, man müsse "hinkommen zu einer Förderung nach Bedürftigkeit und weniger nach Himmelsrichtung". Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer kritisierte den Vorschlag dagegen als "populistisch".
Jugendlicher in Templin krankenhausreif geprügelt
Drei Wochen nach dem brutalen Mord an einem Arbeitslosen ist in Templin erneut ein Rechtsextremer wegen schwerer Körperverletzung festgenommen worden. Der 19-jährige Tatverdächtige soll in der Nacht zum Sonntag einen Jugendlichen ohne Grund zu Boden gestoßen und ihm anschließend heftig mit dem Fuß gegen den Kopf getreten haben, wie die Staatsanwaltschaft Neuruppin am Dienstag (12. August) mitteilte. Der 16-Jährige verlor vorübergehend das Bewusstsein und erlitt schwere Verletzungen. Er befindet sich noch immer im Krankenhaus, schwebt jedoch nicht in Lebensgefahr.
Streit um Zahl der Mauertoten
Zum 47. Jahrestag des Mauerbaus kocht der jahrelange Expertenstreit um die Zahl der Todesopfer an der Berliner Mauer wieder hoch. Die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft 13. August, Alexandra Hildebrandt, warf den Forschern vom Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) Potsdam am Dienstag Geschichtsverfälschung vor. Die zuletzt vom Institut angegebene Zahl von 136 Todesopfern in den Jahren 1961 bis 1989 sei "ein Verbrechen", sagte Hildebrandt. Nach den Recherchen der Arbeitsgemeinschaft wurden mindestens 222 Menschen getötet. Dies sind allerdings neun weniger als noch vor einem Jahr angegeben. ZZF-Projektleiter Hans-Hermann Hertle wies die Vorwürfe zurück. Er entgegnete, dass Hildebrandt auch Verdachtsfälle in ihrer Liste als Todesopfer führe. Dies sei "unseriös".
Viele Eltern klagen über mangelnde Wertschätzung und finanzielle Belastungen
Viele Eltern in Deutschland fühlen sich einer Umfrage zufolge von der Gesellschaft gering geschätzt und klagen zudem über finanzielle Belastungen. Gleichzeitig haben sie klare Vorstellungen von der Erziehung ihrer Kinder. Dies ergab eine am 11. Augusgt in Berlin veröffentlichte Forsa-Umfrage im Auftrag der Zeitschrift "Eltern" unter 1014 Vätern und Müttern mit Kindern unter elf Jahren.
Auswärtiges Amt ruft Deutsche zur Ausreise aus Georgien auf
Das Auswärtige Amt ruft wegen des Kaukasus-Krieges alle Deutschen zur Ausreise aus Georgien auf. Derzeit halten sich nach Angaben der Behörde rund 300 Deutsche in dem Land auf. Die deutsche Botschaft in Tiflis unterstütze alle Ausreisewilligen, sagte eine Ministeriumssprecherin am Montag (11. August) in Berlin. Etwa 200 Deutsche hätten die Kriegsregion bereits am Wochenende verlassen. Am Freitagabend hatte das Auswärtige Amt bereits eine Reisewarnung für Georgien herausgegeben.
Krieg im ölreichen Kaukasus
Im Krieg um Südossetien im ölreichen Kaukasus hat Russland gegenüber Georgien offenbar die Oberhand. Im Schwarzen Meer sollen russische Kriegsschiffe einen georgischen Raketenträger versenkt haben. Der georgische Raketenträger habe zuvor auf die Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte gefeuert, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Medienberichten zufolge hatte das georgische Militär den Krieg mit einer Großoffensive begonnen, um Südossetien zurückzuerobern. Daraufhin hatten zahlreiche russische Panzer die russisch-georgische Grenze überschritten.