Die EnBW hatte am 21. Dezember 2006 die Übertragung von Elektrizitätsmengen aus dem Kontingent des möglicherweise bis 2021 laufenden jüngsten deutschen Atomkraftwerks Neckarwestheim-2 in Höhe von 46,9 Terawattstunden (TWh) beantragt. Der Block 1 ist das nach Biblis A das zweitälteste Atomkraftwerk in Deutschland.
Das Bundesumweltministerium betonte, Neckarwestheim-1 gehöre ebenso wie das Atomkraftwerk Biblis zur so genannten zweiten Druckwasser-Generation in Deutschland. Anschließend daran wurden in weiterentwickelten Generationen wesentliche sicherheitstechnische Verbesserungen eingeführt: "Aufbauend auf den Betriebserfahrungen der ersten beiden Generationen und im Einklang mit den neuen Richtlinien (BMI-Sicherheitskriterien (1977), Störfall-Leitlinien (1983)) wurden anschließend die Druckwasserreaktoren der dritten und vierten Generation in den achtziger Jahren in Betrieb genommen." Neckarwestheim-2 gehöre zur verbesserten vierten Druckwasser-Generation.
Die EnBW betonte, dass sie ihren Antrag "unverändert für rechtlich zulässig, begründet und richtig" halte. "Wir werden den Bescheid jetzt prüfen und behalten uns ausdrücklich weitere rechtliche Schritte vor", teilte der Energiekonzern in Karlsruhe mit. EnBW hat nach Angaben des Ministeriums den Sicherheitsvergleich abgelehnt "und auch auf Anforderung keine Unterlagen vorgelegt. Die Prüfung musste deshalb anhand von Unterlagen erfolgen, die dem Bundesumweltministerium als Bundesaufsicht vorlagen oder die von der zuständigen Atomaufsichtsbehörde, dem Umweltministerium in Baden-Württemberg, in Amtshilfe und auf Anfrage übermittelt wurden."
Pfister: Ergebnis ideologischer Scheuklappen
Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP) kritisierte die Entscheidung Gabriels als "schweren Fehler, der zulasten der Versorgungssicherheit und der Strompreise geht". Die geplante Abschaltung von Block 1 sei "das Ergebnis ideologischer Scheuklappen, die sich weder energiepolitisch noch umweltpolitisch und schon gar nicht wirtschaftlich begründen lässt." Pfister erneuerte seine Forderung, die Laufzeiten der Kernkraftwerke zu verlängern.
Die baden-württembergischen Grünen werteten die Entscheidung Gabriels als "Klatsche" für die EnBW und die Landesregierung aus CDU und FDP, die einen "Ausstieg aus dem Atomausstieg" propagiere. Der energiepolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Franz Untersteller, sagte, Neckarwestheim-1 wäre "heute unter sicherheitstechnischer Betrachtung nicht einmal mehr im Ansatz genehmigungsfähig". Würde einer der alten Reaktoren wie Neckarwestheim-1 oder Philippsburg-1 durch einen absichtlich herbeigeführten Flugzeugabsturz getroffen, hätte dies "für weite Teile unseres Landes katastrophale Folgen". Gabriels Entscheidung sei "schlüssig, konsequent und ohne Alternativen".
Untersteller appellierte an EnBW-Chef Hans-Peter Villis, auf eine Klage zu verzichten und zum Atomkonsens zurückzukehren. Dieser sehe eine stufenweise Abschaltung der 17 noch in Betrieb befindlichen AKW bis 2021 vor.
Auch die SPD-Landtagsfraktion nannte Gabriels Entscheidung ein "klares Signal", den Atomausstieg zu akzeptieren und eine Wende hin zu erneuerbaren Energien einzuleiten.