Am 5. Juni wurde das Ecurie-Notfallsystem zum Informationsaustausch bei radioaktiven Vorfällen aller 27 Mitgliedstaaten eingeschaltet, nachdem im Hauptkühlsystem des Kraftwerks in Krsko Kühlflüssigkeit ausgetreten war. Der Betreiber des Atomkraftwerks fuhr das Kraftwerk daraufhin herunter. Eine radioaktive Verseuchung der Umwelt ist nach Angaben der Behörden nicht aufgetreten. In der Zwischenzeit wurde der Vorfall auf der INES-Skala mit der Stufe 0 (Ereignisse ohne sicherheitstechnische Bedeutung) eingestuft.
Gabriel hatte am 5. Juni abends erklärt, von dem Zwischenfall gehe für Deutschland keine Gefahr aus. Der Minister sagte, die deutschen Behörden hätten beim Wetterdienst angefragt, ob eventuell austretende Radioaktivität vom Wind nach Deutschland getragen werden könne. Auch das Lagezentrum des Bundesinnenministeriums sei informiert gewesen. Zugleich kritisierte er Medienberichte, nach denen es einen "europaweiten Atomalarm" gegeben habe. Es gebe ein Informationssystem für solche Fälle, mit dem alle zuständigen Behörden unterrichtet würden. Dies als Atomalarm zu bezeichnen, halte er für "ein bisschen überzogen". Immerhin habe man feststellen können, dass das System funktioniere.
Der Leiter des Instituts für Risikoforschung an der Universität Wien, Wolfgang Kromp, sagte, es gebe sehr viele Störfälle in Kernkraftwerken, "die sozusagen zum ganz normalen Wahnsinn gehören." Etwa einmal im Jahr rage dann ein Störfall heraus, "wo man knapp an der Katastrophe vorbeigeschrammt ist". Ohnehin stehe das Atomkraftwerk Krsko an einer erdbebengefährdeten Stelle und gebe damit "immer Anlass zur Sorge".
Breuer hob hervor, dass es in Krsko zu einem Kühlmittelverlust gekommen sei, was einer der schlimmsten Unfälle sei, die in einem Atomkraftwerk passieren könnten. "Denn der Reaktor muss sowohl im laufenden Betrieb als auch im abgeschalteten Zustand gekühlt werden. Wenn das nicht erfolgt, wird es unweigerlich zu einer Kernschmelze kommen." Der ausgelöste Atomalarm sei deshalb gerechtfertigt gewesen.
IPPNW: Aus dem Primärkreis-Leck im Atomkraftwerk Krsko entwichen 3 Kubikmeter Kühlwasser pro Stunde
Die Ärzteorganisation IPPNW wies ebenso darauf hin, dass ein so genannter "Kühlmittelverlust" aus dem Primärkreis von Druckwasserreaktoren (Primärkreisleck) potenziell zu einem schweren Kernschmelz-Unfall mit massiven radioaktiven Freisetzungen führen kann. Nach Angaben der slowenischen Atomaufsichtsbehörde SNSA sei es in Krsko am 4. Juni um 15.07 Uhr zu einem Leck in der Nähe einer Hauptkühlmittelpumpe, aus dem etwa drei Kubikmeter Wasser pro Stunde ausgetreten seien. Es sei nach Angaben der Behörde daher zwingend erforderlich gewesen, die Anlage abzufahren. Nach Angaben des deutschen Bundesumweltministeriums handelt es sich in Krsko um ein so genanntes "kleines Leck".
Nach Einschätzung von Reaktorsicherheitsexperten ist das Leck vermutlich nicht absperrbar, so dass zum Ausgleich der Wasserverluste offenbar noch immer ständig Kühlwasser in den Primärkreis eingespeist werden muss. Die slowenische Aufsichtsbehörde teilte am 5. Juni mit, dass die Anlage noch in einen kalten Zustand abgefahren werden müsse.
Primärkreislecks sind nach Angaben der IPPNW "alles andere als alltägliche Ereignisse. In allen Risikostudien zählen diese Lecks zu den so genannten Auslösenden Ereignissen, die zum Kernschmelzunfall führen können, sofern die zur Beherrschung erforderlichen Betriebs- und Sicherheitssysteme versagen. Solche Vorfälle können auch schief gehen", so ein Sprecher der Organisation. Im US-Atomkraftwerk Harrisburg sei es 1979 bei einem Kühlmittelverluststörfall (offenes Druckhalter-Ventil) zu einer Teil-Kernschmelze gekommen. Die besondere Gefahr bei einem kleinen Leck bestehe darin, dass es bei bestimmten Leckgrößen dazu kommen kann, dass der Druck im Primärkreis nicht absinkt und selbst die Hochdruck-Kühlsyseme kein Kühlwasser einspeisen können.