Schreiner unterstützt weiterhin den Vorstoß von CDU-Vize Jürgen Rüttgers, die Rente für Geringverdiener zu erhöhen. "Wer mehrere Jahrzehnte gearbeitet und Beiträge gezahlt hat, muss eine Rente erhalten, die deutlich oberhalb der sozialen Grundsicherung liegt", sagte Schreiner.
In der Altersarmut sieht Schreiner ein zur Zeit noch relativ geringes, jedoch zunehmend wachsendes Problem. Derzeit seien etwa 2,5 Prozent der Rentner im Bezug der Grundsicherung. Die Zahl habe sich in den letzten Jahren deutlich erhöht, "und das wird weitergehen", sagte der SPD-Politiker.
Kauder und Straubinger gegen Rüttgers-Vorstoß Der Rüttgers-Vorstoß stieß bei Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) als auch der CSU-Sozialexperte Max Straubinger allerdings auf Widerspruch. Kauder sagte, der Vorschlag würde bedeuten, dass auch Bezieher höherer Renten "noch eins obendrauf" bekämen, weil jeder Beitragseuro nach dem Grundgesetz gleich behandelt werden müsse. Das könne aber "nicht das Ziel sein und auch nicht gemeint sein". Deshalb gebe er diesem Vorschlag "keine großen Chancen".
Straubinger sagte, es wäre "fatal, das Beitragsäquivalent der Rente aufzugeben". Mit neuen Steuermitteln werde nur "ein weiterer Verschiebebahnhof" installiert. Er sehe "eigentlich keinen Handlungsbedarf", meint Straubinger. Private Vorsorge sei "das Gebot der Stunde".
"Spitzenverdiener jenseits der Beitragsbemessungsgrenze müssen sich umso weniger an den sozialen Lasten beteiligen, je höher ihre Einkünfte sind"
Nach Auffassung von Schreiner zählt hingegen der Sozialausgleich zwischen Arm und Reich zu einem wesentlichen Baustein für eine andere Rentenpolitik. In einem Beitrag auf seiner Website schreibt er: "Das bisherige System der Rentenversicherung hat nämlich einen grundlegenden Konstruktionsfehler, der bei wachsenden gesellschaftlichen Ungleichheiten zu unerträglichen Ergebnissen führt. Gut- und Spitzenverdiener jenseits der Beitragsbemessungsgrenze müssen sich umso weniger an den sozialen Lasten beteiligen, je höher ihre Einkünfte sind." Dies gelte erst recht für die Bezieher von Einkommen, die nicht aus abhängiger Arbeit stammten. "Diese Konsequenzen sind mit dem Solidarprinzip weniger denn je vereinbar", so Schreiner.
Zudem gelte, dass viele Risiken, zum Beispiel das Risiko der Arbeitslosigkeit, kinderbedingter Erwerbspausen oder des vorzeitigen Gesundheitsverschleißes "höchst ungleich verteilt" seien. "Daher ist eine angemessenere Umverteilung zwischen hohen und niedrigen Einkommen unabdingbar", fordert Schreiner.
Dazu bedürfe es Korrekturen beim Äquivalenzprinzip sowohl nach oben als auch nach unten. "Nach oben, weil bei einem Verzicht auf die Beitragsbemessungsgrenze auch die hohen Einkommen stärker an den Lasten der solidarischen Sozialversicherung beteiligt würden." Aus den höheren Renten-Beiträgen von Vermögenden dürfen nach Auffassung von Schreiner für diese dann im Alter aber keine "proportional höheren Renten" folgen. Er fordert: "Ab einer bestimmten Einzahlungshöhe entstehen keine den Beiträgen folgenden Leistungsansprüche mehr. Das Ergebnis wäre eine nach oben stark abgeflachte Rentenkurve."
Nach unten müsse bei langen Versicherungszeiten ein "Mindestsicherungsziel" festgelegt werden, "das deutlich über den Regelsätzen der sozialen Grundsicherung liegen muss". Gleichzeitig sei die Geringfügigkeitsgrenze auf eine Bagatellgrenze zu senken.
Weiterhin sollten "alle Selbständigen, die bislang keinem obligatorischen Arbeitssicherungssystem angehören", in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden. Dies sei nicht in erster Linie zur Finanzierung des Rentensystems erforderlich, sondern um Altersarmut bei Selbständigen zu vermeiden. Die Einkommen der Selbständigen seien sehr heterogen und seien durch neue Formen von Selbständigkeit noch heterogener geworden. "Unstreitig ist gewiss, dass neue Formen prekärer Selbständigkeit entstanden sind (wie Scheinselbständigkeit, Ich-AG), aber auch in vielen traditionellen Selbständigenmilieus Einkommen erzielt werden, die keineswegs immer armutsfest sind. Die Gefahr der Altersarmut hat auch hier zugenommen", so Schreiner.
Jede dauerhafte Beschäftigung gehöre daher in den Schutz der Sozialversicherung. "Damit würde der Anreiz weggenommen, regulär abgesicherte Beschäftigungsverhältnisse in Stellen unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze zu zerlegen und der Sozialversicherungspflicht zu entziehen", so Schreiner. Die Verbreiterung der Solidaritätsbasis würde zudem die prozentuale Beitragsbelastung senken und die demographisch bedingten Belastungen besser abfedern können.
Lafontaine: 400 Euro Rente in Deutschland - 730 Euro in den anderen Industrieländern
Nach Auffassung von Links-Fraktionschef Oskar Lafontaine "hilft Rüttgers Schaumschlägerei nichts". Mit Blick auf Rütgers und die SPD sagte Lafontaine, diejenigen, die jetzt Vorschläge machten, um Altersarmut zu verhindern, hätten für die "Zerstörung der Rentenformel" gesorgt.
"Der Skandal ist", so Lafontaine, "dass Geringverdienerinnen und Geringverdiener in Deutschland bei 1000 Euro Bruttoeinkommen nach 45 Versicherungsjahren nur 400 Euro Rente zu erwarten haben, die Rentnerinnen und Rentner in den anderen Industrieländern aber 730 Euro."
Nach Auffassung des Linksfraktionschefs müssen in einem ersten Schritt die Renten wieder den Löhnen folgen. "Dazu muss die Rentenformel wieder die Sicherung des Lebensstandards gewährleisten und Armut verhindern. Dann müssen die Löhne endlich wieder real steigen, damit Beschäftigte und Rentnerinnen und Rentner wirklich am Aufschwung teilhaben können."
Wenn man "ernsthaft und wirkungsvoll" der millionenfach drohenden Altersarmut entgegenzutreten wolle, dann muss man nach Ansicht des rentenpolitischen Sprechers der Linksfraktion, Volker Schneider, "alle Riester- und Nachhaltigkeitsfaktoren beerdigen, mit denen der Rentenanstieg von den Löhnen abgekoppelt wurde. In der Perspektive schließlich führt für eine sichere und armutsfeste Rente an einer Bürgerversicherung kein Weg vorbei", so Schneider.