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"Professoraler Unsinn"

Bundestag beschließt Post-Mindestlohn

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Der Bundestag hat grünes Licht für die Einführung des Mindestlohns für Briefträger gegeben. Das Parlament stimmte der Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf die Briefdienste zum 1. Januar 2008 mit großer Mehrheit zu. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) hatte zuvor in seiner Rede den geplanten Mindestlohn verteidigt. Scholz sagte, der Mindestlohn-Beschluss sei eine "gute Botschaft" für die Beschäftigten der Branche. Das Argument, Mindestlöhne kosteten Arbeitsplätze, wies Scholz als "professoralen Unsinn" zurück. Mit dem Fall des Post-Monopols zum 1. Januar 2008 werde der Wettbewerb zunehmen. Es gehe um einen Wettbewerb um das beste Management und die beste Dienstleistungsstruktur und nicht darum, wer den geringsten Lohn zahle.


In namentlicher Abstimmung votierten 466 Abgeordnete für die Regierungsvorlage. 70 stimmten dagegen, 16 enthielten sich. Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen. Die Länderkammer tagt am 20. Dezember. Auf Grundlage des Gesetzes kann der Post-Mindestlohn per Rechtsverordnung für allgemein verbindlich erklärt werden.

FDP-Chef Guido Westerwelle warf der Koalition vor, mit dem Mindestlohn nur die Monopolstellung der Post zu schützen. Mindestlohn habe mit Marktwirtschaft nichts zu tun, meint der FDP-Chef. "Das ist eine DDR, nur ohne Mauer." Dass die Union dies mitmache, sei "enttäuschend bis empörend".

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Ralf Brauksiepe (CDU), sagte, die Union habe ihre Forderungen durchgesetzt. Die Tarifparteien und die SPD hätten sich bewegt.

SPD-Arbeitsmarktexpertin Andrea Nahles hielt dagegen, der Mindestlohn würde nicht kommen, "wenn die SPD nicht so beharrlich darum gerungen hätte". Damit sei aber "nicht Schluss", kündigte sie an. Es gebe weitere Branchen, in denen auch die Arbeitgeber Interesse an Mindestlöhnen geäußert hätten. Handlungsbedarf gebe es etwa bei der Entsorgungswirtschaft, der Zeitarbeit sowie der Wach- und Sicherheitsbranche.

CDU-Wirtschaftsexperte Laurenz Meyer stellte dagegen klar, dass der Post-Mindestlohn für die Union ein besonderer Fall gewesen sei. Die Union werde in jedem einzelnen Fall genau prüfen, ob Mindestlohn-Verträge der sozialen Absicherung dienten oder zu Lasten Dritter geschlossen würden. Zugleich kritisierte er die Mehrwertsteuerbefreiung der Post. Es könne nicht sein, dass einer ein Privileg habe "und die anderen gucken in die Röhre".

Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer forderte für Branchen mit geringer Tarifbindung die Einrichtung einer Mindestlohnkommission nach englischem Vorbild. Sonst werde es im Hotel- und Gaststättenbereich, in der Fleischindustrie und für Friseure, wo es "am allernotwendigsten wäre", nie Mindestlöhne geben.

Linksparteichef Oskar Lafontaine kritisierte den Ost-West-Unterschied bei den Lohnuntergrenzen für den Postbereich. Einige Fraktionsmitglieder würden sich deswegen der Stimme enthalten.

Nach der Baubranche und den Gebäudereinigern wird mit den Briefdiensten ein Mindestlohn für eine dritte Branche eingeführt. Die Koalition hat ferner verabredet, dass weitere Branchen bis Ende März beantragen können, in das Entsendegesetz aufgenommen zu werden. Für Bereiche mit einer Tarifbindung unter 50 Prozent oder ohne Tarifverträge soll darüber hinaus das sogenannte Mindestarbeitsbedingungengesetz überarbeitet werden. Einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn lehnt die Union im Gegensatz zur SPD aber strikt ab.

Lafontaine appellierte an die Mitglieder aller Fraktionen, endlich einen "gesetzlichen Mindestlohn" für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu verabschieden. "Wenn wir bei der Lohnentwicklung zulassen, dass Stundenlöhne von 3, 4 oder 5 Euro gezahlt werden, wie wollen wir dann jemals sicherstellen, dass die Menschen im Alter eine armutsfeste Rente beziehen?", fragte Lafontaine. Die Bundesrepublik sei "der einzige Staat, in dem es seit vielen Jahren keine Reallohnzuwächse mehr gibt", rief er den Abgeordneten in Erinnerung.

Dem FDP-Chef Westerwelle warf Lafontaine vor, dieser habe ein "ein fundamentales Missverständnis von der Funktionsweise der sozialen Markwirtschaft". Westerwelle habe vorgetragen, dass der Wettbewerb in einer sozialen Markwirtschaft auch einen Wettbewerb um möglichst niedrige Löhne zulasse, so Lafontaine. Ein solcher Wettbewerb um möglichst niedrige Löhne habe aber mit der Idee der "sozialen" Marktwirtschaft "überhaupt nichts zu tun".

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