Da Zweifel bestünden, inwieweit die Energieeffizienzziele erreicht werden könnten, habe man einen "permanenten Monitoringprozess" ab 2010 vereinbart. "Nach der Rechtssetzung unseres Klimaschutz- und Energiepaketes wird man dann schauen müssen, ob das, was wir prognostizieren, auch wirklich so eintrifft", sagte Merkel.
Die Kanzlerin rückte gegenüber den Medien weniger die neu geplanten Kohlekraftwerke als vielmehr den Klimaschutz in den Vordergrund. Sie zeigte sich "zutiefst überzeugt, dass Klimaschutz die Herausforderung des 21. Jahrhunderts ist". Die "ambitionierten Ziele" der EU zur Begrenzung der Erderwärmung seien ein "nicht veränderbarer Bestandteil unserer zukünftigen Energiepolitik". Der Klimaschutz werde am Schluss allen nützen und sei "etwas, was uns in eine sichere Zukunft führt".
Gabriel sagte: "Die Bundesregierung will ihren Job im Herbst zu dieser Frage abgeschlossen haben". Das Energiekonzept müsse noch vor der UN-Klimafolgekonferenz in Bali Ende des Jahres stehen, um zu beweisen, dass Deutschland beim Klimaschutz vorangehe. Im Energiekonzept sollen auch die Gebäudesanierung und die Kraft-Wärme-Koppelung einen wachsenden Stellenwert erhalten.
Wirtschaftsminister Glos versichert, die Regierung wolle "darauf achten, dass die Belastungen für Verbraucher und Wirtschaft so gestaltet sind, dass darunter nicht die Arbeitsplätze in Deutschland leiden".
Verbraucherzentrale Bundesverband: Renaissance des Ordnungsrechts
Die "Verbraucherzentrale Bundesverband" forderte von der Regierung, nun schnell ein Konzept vorzulegen - der Verbraucherschutzverband forderte also genau das, was die Regierung plant.
Im Vorfeld des Energiegipfels hatte Verbraucherschützer Edda Müller eine Renaissance des Ordnungsrechts verlangt. "Wer als Anleger auf Nummer sicher gehen will, investiert ja auch nicht in spekulative Aktienpakete, deren Kurse sich jeden Tag ändern können." Wenn heute die gleichen Politiker, die gestern noch das Loblied der Globalisierung und Privatisierung gesungen hätten, den Schutz deutscher Konzerne vor internationalen "Heuschrecken" forderten, sei dies ein klares Signal, dass der Markt eine lenkende politische Hand brauche. Dies gelte in besonderem Maße für die Zukunft des Energiemarktes, wo klare Rahmenbedingungen verlässliche Impulse für Investitionen von Unternehmen und privaten Haushalten liefern müssten, so Müller.
"Mit Förderprogrammen und Informationen allein ist es nicht getan. Ohne gesetzliche Vorgaben und Verbote kommen wir nicht weiter", so Müller. So müssten ineffiziente Elektrogeräte verbannt und - wo überflüssig - Stand-By-Betrieb verboten werden. Für Kraftfahrzeuge müsse ein Höchstverbrauchswert festgelegt, für Gebäude das Passivhaus zum obligatorischen Maßstab von Neubauten werden. Für die Sanierung von Altbauten müsse das Mietrecht entsprechend angepasst werden: Werden Standards nicht eingehalten, muss der Mieter weniger zahlen.
Thumann: Kosteneffizienteste Maßnahmen sollen Vorrang bekommen BDI-Präsident Jürgen Thumann sagte, der im Energiegipfel präsentierte Aktionsplan enthalte viele richtige Maßnahmen. Es müsse nun gelingen, die Marktdurchdringung sparsamer Geräte und effizienter Technologien zu erleichtern. "Ich begrüße ausdrücklich, dass die Bundeskanzlerin den kosteneffizientesten Maßnahmen hierbei Vorrang einräumen wird", so Thumann. Die Geräte und Technologien der deutschen Elektroindustrie, des Maschinenbaus und anderer Branchen könnten entscheidend dazu beitragen, die Effizienzpotenziale zu heben.
Auf der anderen Seite bleibe die Realisierung einer jährlichen Effizienzrate von drei Prozent auch mit dem vorgelegten Aktionsplan eine "Messlatte auf Weltrekordniveau". Und Weltrekorde könne man nicht planen, meint der BDI-Präsident. "Es ist riskant, energiepolitische Strukturentscheidungen auf dieser Basis zu treffen. Das ist wie Autofahren ohne Sicherheitsgurt - in der Hoffnung, dass alles gut geht", so Thumann.
"In der ungelösten Kernenergiedebatte hätte ich mir vor allem vom Bundesumweltminister die politische Kraft gewünscht, den Ausstiegsbeschluss zu modernisieren und der Wirklichkeit anzupassen", sagte Thumann. Die Kernenergie sei die sichere und bezahlbare Option, neue Energietechnologien "zu testen". Das wäre der wichtige Schulterschluss zwischen erneuerbaren Energien und Kernenergie. "Wenn wir uns diese Übergangszeit nicht einräumen, machen wir uns mehr und mehr von teurem Strom abhängig", so der BDI-Präsident.
E.On bleibt bei 60 Mrd Euro Investitionen
Der Energie- und Atomkonzern E.On sieht durch den Energiegipfel "die Hoffnungen auf ein langfristiges Energiekonzept für den Standort Deutschland nicht erfüllt". Konzernchef Wulf Bernotat sagte, es sei bei aller Sachlichkeit ein "Gipfel der offenen Fragen und unterschiedlichen Meinungen" gewesen. "Einem dringend benötigten Energiekonzept, das die Ziele Versorgungssicherheit, Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit gleichermaßen erfüllt, sind wir heute kaum näher gekommen."
Die Diskussion sei sehr stark allein auf Klimaschutz ausgerichtet gewesen. "Um nicht missverstanden zu werden: Wir sind für Klimaschutz und werden einen erheblichen Beitrag dazu leisten, aber Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit dürfen nicht ausgeblendet werden", so Bernotat.
Ebenso seien "die entscheidenden Fragen des zukünftigen Energiemix und speziell der Kernkraft nicht ernsthaft diskutiert beziehungsweise ausgeklammert" worden.
Erhebliche Meinungsunterschiede gebe es nach wie vor bei den von der Bundesregierung vorgelegten "Daten und Szenarien, die wir für wenig realistisch und belastbar halten", so Bernotat. "Sie beantworten vor allem nicht die Fragen nach den volkswirtschaftlichen Kosten und Auswirkungen auf den Standort Deutschland", behauptete der E.On-Chef.
Am Ende herausgekommen sei "kein ganzheitliches Energiekonzept, sondern ein Klimaschutzprogramm der Bundesregierung mit einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen". Mit Energiesparmaßnahmen der der Konzernchef offenbar nur wenig anfangen: "Da kommen Kosten auf den Bürger zu, die nichts mit der Energieerzeugung zu tun haben, sondern zum Beispiel mit Gebäudesanierung, Wärmeschutz und Heizungssystemen und Energiesparlampen", so Bernotat.
Der E.On-Chef kündigte weitere Investitionen an. Man werde in den nächsten drei Jahren 60 Milliarden Euro "auf den Weg bringen". Schwerpunkte seien "moderne, klimafreundliche Kraftwerke", Erneuerbare Energien sowie Energieforschung "zusammen mit dem Ausbau unserer Netze" und der Erschließung "neuer Energiequellen". Man werde die "spezifischen" CO2-Emissionen der Kraftwerke bis 2030 um 50 Prozent gegenüber 1990 senken.
Deutschen Mieterbund: Nur Absichtserklärungen
Der Deutschen Mieterbund begrüßte zwar "die Ankündigungen und Absichtserklärungen des Energiegipfels zur Steigerung der Energieeffizienz und Verringerung der CO2 Immissionen. Wir vermissen aber eindeutige Vorgaben, wie diese Ziele und Pläne konkret umgesetzt werden sollen", so Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips.
Offen bleibe, inwieweit in dem Energie- und Klimaschutzpaket Anreize oder ordnungspolitische Elemente Eingang fänden. "Wir brauchen zum Beispiel im Wohnungsbereich konkrete gesetzgeberische Regelungen, wie, in welchem Umfang, und bis zu welchem Zeitpunkt Energiestandards und der Einsatz erneuerbarer Energien erreicht werden müssen", meint Rips.
Der Mieterbund fordert, dass die energetischen Standards verschärft und erneuerbare Energien stärker mit einbezogen werden. "Unser Ziel ist es, Niedrigenergiehaus-Standards auch für den Wohnungsbestand bis zum Jahre 2020 zu erreichen. Gleichzeitig muss eine 20-prozentige Pflichtquote für erneuerbare Energien festgeschrieben werden", so der Mieterbund-Präsident. Die Politik sei aufgefordert, mit ordnungsrechtlichen Maßnahmen diese Ziele verbindlich festzuschreiben. Verstöße gegen solche Vorschriften müssten mit Sanktionen versehen werden.