Mai 2007
Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.
Politiker uneins über den richtigen Weg gegen Doping
Die Regierungsparteien diskutieren über die geeigneten Mittel im "Kampf" gegen Doping. Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) kritisierte am 31. Mai die Pläne der Bundesregierung zur Verschärfung des Anti-Doping-Gesetzes als zu lasch. Dagegen lehnte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Einführung eines Straftatbestandes Sportbetrug ab. Der Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag, Peter Danckert (SPD), forderte Haftstrafen für gedopte Sportler.
DGB fordert Regulierung von Hedge-Fonds
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert eine Regulierung von Hedge-Fonds und Private-Equity-Gesellschaften. Von ihnen gehe unmittelbare Gefahr für Arbeitsplätze aus, sagte Sommer am 30. Mai in Berlin. Bei den Private-Equity-Firmen will der DGB vor allem das "Ausschlachten" von Firmen verhindern. Hiervon sei rund jedes vierte Unternehmen betroffen, in dem solche Gesellschaften engagiert seien. Nötig seien daher etwa gesetzliche Beschränkungen bei der Kreditfinanzierung von Unternehmenskäufen, bei kreditfinanzierten Sonderausschüttungen sowie Einschränkungen bei steuerlichen Verlustrechnungen. Denkbar sei auch, die Stimmrechte an die Haltedauer der Aktien zu knüpfen, um Unternehmen vor aggressiven Investorenstrategien zu schützen.
Diskussion über zivil-militärische Zusammenarbeit
Die Bundeswehr und die von der Gattin des deutschen Innenministers, Ingeborg Schäuble, geleitete Welthungerhilfe arbeiten im Rahmen der "zivil-militärische Zusammenarbeit" in mehreren, von westlichen Truppen besetzten Ländern eng zusammen. Das Hauptproblem für die Welthungerhilfe besteht offenbar inzwischen darin, dass sich ihre "Entwicklungshelfer" durch die Zusammenarbeit mit westlichen Militärs zunehmend Gefahren ausgesetzt sehen. Zudem sprach die Organisation der Bundeswehr gewisse Kompetenzen ab. So setzt sich der Deutsche Bundeswehrverband gegen die Kritik der Welthungerhilfe zur Wehr, deutschen Soldaten fehle es an entwicklungspolitischem Sachverstand. Die Welthungerhilfe forderte von den "Interventionsstaaten" in bewaffneten Konflikten wie Afghanistan zudem, sie sollten Hilfsorganisationen nicht "instrumentalisieren".
Heiligendamm für G8-Gipfel abgesperrt
Der Sicherheitszaun um Heiligendamm ist geschlossen. Eine Woche vor Beginn des G8-Gipfels sperrte die Polizei am Morgen des 30. Mai die Durchgangsstellen an Straßen und Wegen rund um das Seebad. Heiligendamm sei damit für Besucher und für den Durchgangsverkehr abgeriegelt, sagte eine Polizeisprecherin. Der Sicherheitsbereich ist den Teilnehmern des Weltwirtschaftsgipfels vorbehalten, die ab dem Wochenende im Kempinski Grand Hotel erwartet werden. Dafür reisten nach Pfingsten die letzten regulären Hotelgäste ab.
G8-Außenminister diskutieren über die Zukunft anderer Länder
Die G8-Außenminister waren am Mittwoch in Potsdam zusammengekommen, um die außen- und sicherheitspolitischen Abschlusserklärungen für den Weltwirtschaftsgipfel in Heiligendamm in einer Woche vorzubereiten. Im Mittelpunkt standen dabei das iranische Atomprogramm, die vom Westen gewünschte Abspaltung des Kosovo von Serbien, der Konflikt im Sudan, wo der Westen eine Zusammenlegung der Einsätze von UNO und Afrikanischer Union wünscht, sowie die Lage im Nahen Osten. Am Abend berät dazu auch das Nahost-Quartett in Berlin. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) dringt auf eine UN-Resolution zum Kosovo, offenbar mit dem Ziel, die serbische Provinz gegen den erklärten Willen Serbiens von diesem Land abzuspalten. Es könnte zu einem neuen Krieg auf dem Balkan kommen.
Bremer SPD und Grüne beginnen Koalitionsverhandlungen
Zweieinhalb Wochen nach der Bremer Bürgerschaftswahl haben SPD und Grüne am Mittwoch ihre Koalitionsverhandlungen begonnen. Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) sagte zum Auftakt: "Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir ein gutes Ergebnis erreichen". Beide Parteien hätten Rückenwind von ihren jeweiligen Parteitagen erhalten. Böhrnsen betonte: "Wir sind entschlossen, uns schnell und gut zu verstehen." Es gebe zwischen beiden Partnern nur wenige gegensätzliche Positionen.
Der Student Benno Ohnesorg wurde vor 40 Jahren Opfer einer Polizeikugel
Ein Polizist tötete am 2. Juni 1967 in West-Berlin den Studenten Benno Ohnesorg, der an einer Demonstration gegen den Staatsbesuch von Schah Rezah Pahlewi in West-Berlin teilnahm. Schlagartig eskalierte die schwelende studentische Protestbewegung, die bald fast alle Universitätsstädte erfasste. Die Grundlage für die nachfolgende Bewegung der "68er" wurde gelegt. Später erinnerte die "Bewegung 2. Juni" mit ihrem Namen an den Todestag Ohnesorgs.
Gericht stoppt Demoverbot am Flugplatz Rostock-Laage
Das Verwaltungsgericht Schwerin hat das strikte Demonstrationsverbot jetzt auch für den Bereich des Flugplatzes Rostock-Laage gelockert. Die Richter setzten die Beschränkungen der Polizei für mehrere Kundgebungen im näheren Umfeld des Airports unter Auflagen teilweise außer Vollzug. Die Organisatoren müssten dafür Sorge tragen, dass unter anderem Zufahrtswege und der Zugang zu den Sicherheitstoren des Flugplatzes nicht behindert würden, sagte ein Gerichtssprecher. Dadurch könne die Bewegungsfreiheit der Sicherheitskräfte hinreichend sichergestellt und eine Blockade des Flughafens ausgeschlossen werden. Die Organisatoren der Protestaktionen begrüßten die Entscheidung. Jetzt könne am 6. Juni den acht mächtigsten Staatchefs direkt am Flugplatz laut verkündet werden, dass sie nicht willkommen seien, sagte eine Sprecherin der Gipfelkritiker.
Bundesverfassungsgericht bestätigt Regelungen zum "Lauschangriff"
Die 2005 in Kraft getretene Neuregelung zur akustischen Überwachung von Wohnräumen bei der Strafverfolgung ist verfassungsgemäß. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wies mit einer am Freitag veröffentlichten Entscheidung die Verfassungsbeschwerde eines Betroffenen zurück. Die Richter bestätigten damit die in der Strafprozessordnung festgelegten Regelungen zum "Lauschangriff".
G8-Staaten vereinbaren engere Zusammenarbeit "gegen Terrorismus"
Im so genannten "Kampf gegen den internationalen Terrorismus" wollen die G8-Staaten künftig noch enger zusammenarbeiten. Zum Abschluss ihres dreitägigen Treffens in München vereinbarten die G8-Justiz- und Innenminister, dass sie sich bei der Erforschung der terroristischen Nutzung des Internets noch besser gegenseitig unterstützen. Auch sollen die Kooperationen mit nichtstaatlichen Stellen ausgebaut werden, wie Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Freitag nach dem Ende der Tagung sagte.
Stasivorwürfe nach Briefkontrollen des Staatsschutzes
Die Hamburger Polizei gerät nach der systematischen Kontrolle von Briefsendungen von G8-Gegnern ins Kreuzfeuer der Kritik. Hamburgs Polizeipräsident Werner Jantosch bestätigte am 25. Mai, dass der Staatsschutz des Landeskriminalamtes in den vergangenen Tagen im Zusammenhang mit der Fahndung nach Gegnern des Gipfels in Heiligendamm auf Grundlage eines richterlichen Beschlusses Postsendungen beschlagnahmt hatte. Die für den Postdienst zuständigen Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di verglich das Vorgehen mit den Methoden der früheren DDR-Staatssicherheit. Jantosch bezeichnete dies als "starken Tobak". Ein Sprecher der Deutschen Post AG sagte, Staatschutzbeamte hätten in dieser Woche drei Tage lang im Briefzentrum Mitte im Stadtteil Altona Postsendungen durchsucht.
Versammlungsverbot für G8-Sternmarsch gekippt
Die G8-Kritiker konnten einen ersten juristischen Erfolg verzeichnen. Das Schweriner Verwaltungsgericht kippte am 25. Mai teilweise das von der Rostocker Polizei großräumig verhängte Versammlungsverbot um den G8-Tagungsort. Damit kann zumindest der für den 7. Juni geplante Sternmarsch auf Heiligendamm stattfinden, der bis auf 200 Meter an den Sperrzaun herankommen soll. In dem Ostseebad wollen vom 6. bis 8. Juni die Spitzen der sieben führenden Industrienationen und Russlands (G8) ihre Jahrestagung abhalten.
Bundestag beschließt milliardenschwere Steuerentlastung für Unternehmen
Der längere Bezug von Arbeitslosengeld I war nach Darstellung von Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) nicht finanzierbar, weil er jährlich 1,2 Milliarden Euro kosten würde. Noch im Februar verweigerte die Bundesregierung eine Erhöhung des BAföG für Studierende mit Kosten von 150 Millionen Euro, weil dies "im Moment nicht möglich" sei, so Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU). Am 25. Mai beschloss der Deutsche Bundestag eine Unternehmenssteuerreform, die die Unternehmen nach Darstellung des Bundesfinanzministeriums Jahr für Jahr um rund fünf Milliarden Euro entlastet. Nach Auffassung der Linksfraktion geht es um ein noch wesentlich größeres Steuergeschenk. Sie wirft der Bundesregierung "unseriöse Finanzierungsrechnungen" vor. Tatsächlich müsse man von einer jährlichen Lücke in Höhe von rund 12 bis 15 Milliarden Euro ausgehen. Zudem dürfe man diese Steuerentlastung nicht isoliert sehen. Schon in den vergangenen Jahren habe es wiederholt milliardenschwere Steuerentlastungen gegeben. Und CDU/CSU hätten bereits angekündigt, dass in einem Jahr die nächste Unternehmensteuerreform anstehe. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) verkniff sich jeden offenen Jubel. Die Steuersatzsenkung müsse von den Unternehmen teuer erkauft werden, teilte der Verband mit.
Bundesärztekammer soll sich an Beschlusslage des Ärztetages halten
Die Ärzteorganisation IPPNW befürchtet offenbar, dass die Bundesärztekammer einen Beschluss des Deutschen Ärztetages vom 18. Mai in Münster zur elektronischen Gesundheitskarte nicht konsequent umsetzen könnte. So hätten die Delegierten des Ärztetages einen Resolutionsantrag des Vorstandes der Bundesärztekammer explizit abgelehnt, der eine weitere "konstruktive Mitarbeit" beinhaltet hätte. Die Delegierten hätten sich vielmehr "mit eindeutiger Mehrheit gegen die von Politik und Wirtschaft geplante elektronische Gesundheitskarte (eGK) ausgesprochen". Sie beschlossen die Ablehnung der elektronischen Gesundheitskarte "in der bisher vorgestellten Form" und forderten zudem die Einrichtung eines Tagesordnungspunktes auf dem nächsten Ärztetag, um die "Einflüsse der Telematik auf unsere ärztliche Berufstätigkeit" zu behandeln. Trotz dieser klaren Beschlusslage hätte die Bundesärztekammer noch am gleichen Tag der Presse gegenüber eine davon abweichende Umsetzung angekündigt.
Schöne Worte über die Begrenzung von Managergehältern
Vize-Kanzler Franz Müntefering hat die Millionengehälter von Topmanagern kritisiert. Es müsse nicht nur über Mindestlöhne, sondern auch über Maximallöhne geredet werden, sagte Müntefering am 23. Mai auf dem Kongress des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) im spanischen Sevilla. Der Bundesarbeitsminister verwies auf Managergehälter, die nicht selten um das 1000-fache höher lägen als bei normalen Beschäftigten. Das müsse eine Grenze haben, sagte der SPD-Politiker. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion sieht eine deutliche Diskrepanz zwischen den Worten und den Taten Münteferings. Im Bundestag habe die SPD einen Gesetzentwurf zur Begrenzung von Managergehältern abgelehnt. Auch bei der Abstimmung über die Unternehmensteuerreform am 25. Mai könne man sehen, welche Interessen die SPD vertritt.
Kassen müssen auch Privatbehandlung im Ausland bezahlen
Gesetzliche Krankenkassen müssen unter bestimmten Umständen auch für eine private Krankenbehandlung im Ausland zahlen. Das entschied am Donnerstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 1 KR 18/06 R). Das Urteil betrifft sechs Nicht-EU-Staaten, mit denen Deutschland Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat: Türkei, Tunesien, Kroatien, Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina. Wer in diese Länder reist, hat auch ohne spezielle Reisekrankenversicherung Anspruch auf ärztliche Versorgung.
Schnüffel-Attacke auf G8-Gegner
Wie jetzt bekannt wurde, hatte die Bundesanwaltschaft die Polizei vor zwei Wochen bei den bundesweiten Razzien gegen Globalisierungsgegner im Vorfeld des G8-Gipfels im Juni in Heiligendamm in mehreren Fällen mit der Entnahme von Körpergeruchsproben beauftragt. Dies hat breite Empörung ausgelöst. "Eine solche Praxis erinnert mich an Stasi-Methoden", sagte Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD). Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und die Generalbundesanwaltschaft verteidigten das Vorgehen der Polizei. Amnesty international beklagte eine "Politik der Angst" und forderte die Bundesregierung zur Wahrung der Demonstrationsfreiheit auf.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Betreuungsgeld
Die SPD macht verfassungsrechtliche Bedenken gegen den von der großen Koalition geplanten Zuschuss für zu Hause erziehende Eltern geltend. Auch Städtetagspräsident Christian Ude (SPD) lehnte am Mittwoch das von der CSU geforderte so genannte Betreuungsgeld ab. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Olaf Scholz sagte, er sei sich "auf den ersten Blick nicht sicher, dass diese Idee mit dem Gleichbehandlungsanspruch vereinbar ist". Die Ungleichbehandlung ergebe sich daraus, dass zu Hause erziehende Eltern Geld erhalten sollten, diejenigen, die Kindergartengebühren zahlen müssten, aber nicht.
Bundestag beschließt Entschädigung für SED-Opfer
Verfolgte, die in der ehemaligen DDR mindestens sechs Monate in Haft saßen, sollen eine einkommensabhängige monatliche Zuwendung erhalten. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat der Rechtsausschuss des Bundestages am 23. Mai beschlossen. Die Opposition stimmte dagegen. Die Linksfraktion kritisierte, dass von der Stasi verfolgte Schüler nicht in den Genuss der Regelung kämen.
Subventionierter US-Biodiesel drängt angeblich auf deutschen Markt
US-amerikanische Biodieselhersteller haben seit Anfang 2007 offenbar mehr als 200.000 Tonnen Biodiesel über die europäischen Häfen auf den deutschen Markt gebracht. Nach Darstellung des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie greifen die amerikanischen Unternehmen hierbei auf Subventionen der US-Regierung zurück. Mit ihren "Kampfpreisen" würden sie den wettbewerbsfähigen Verkauf von heimisch hergestelltem Biodiesel verhindern, klagt der deutsche Branchenverband. Die US-Ware werde mit einem Preisabstand von bis zu 30 Cent pro Liter gegenüber fossilem Dieselkraftstoff verkauft. Deutsche Biodieselhersteller hätten das Nachsehen.