Nach der historisch niedrigen Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl in Sachsen- Anhalt hatte Thierse vor dem Entstehen einer "Zuschauer-Demokratie" in Deutschland gewarnt. In einem Zeitungs-Interview hatte er gesagt, dass die Menschen meinten, nicht mehr mittun zu müssen. Sie schalteten den Fernseher ein und erlebten Politik als Zuschauer. Die niedrige Wahlbeteiligung sei auch auf die "Faulheit" der Bürger zurück zu führen. Bei der Kommunalwahl in Sachsen-Anhalt hatte die Wahlbeteiligung nur 36,5 Prozent betragen. Das war der niedrigste Wert bei einer Kommunalwahl in der Geschichte der Bundesrepublik.
"Eine hohe Wahlbeteiligung ist nicht generell eine positive Aussage über die Qualität der Demokratie, eine niedrige Beteiligung nicht immer ein Alarmsignal", meint Schily. Wenn die Bürger von Fall zu Fall entschieden, dass bestimmte Wahlen für sie nicht wichtig seien, sei dies zu respektieren. Kritisch werde es allerdings dann, wenn eine relevante Zahl von Bürgern die Legitimation der Gewählten infrage stelle. "So oder so müssen die Bürger bei Wahlen aber mehr in die Verantwortung für die aus dem Wahlergebnis folgende Politik genommen werden", forderte Schily.