Wer mit staatlicher Förderung Mütter dazu verleite, ihre Kinder bereits kurz nach der Geburt in staatliche Obhut zu geben, degradiere die Frau zur "Gebärmaschine", so Mixa, der auch katholischer Militärbischof ist, in seiner jüngsten Stellungnahme.
Der Staat müsse sich stattdessen bemühen, mehr Mütter für die zeitlich überwiegende oder ausschließliche häusliche Erziehung ihrer Kinder in den ersten drei Lebensjahren zu gewinnen und dies auch finanziell zu fördern, meint Mixa.
Der Bischof kritisierte ferner, dass im Familienministerium nach wie vor dieselben leitenden Mitarbeiter und Berater tätig seien wie unter Rot-Grün: "Da herrschen immer noch die alten sozialistischen Vorstellungen, die von der neuen Familienministerin jetzt mit dem Etikett 'christdemokratisch' geadelt werden." Die Denkmuster des Familienministeriums erinnerten in beklemmender Weise an die Ideologie der staatlichen Fremdbetreuung von Kindern in der untergegangenen DDR. Die ehemalige DDR habe die höchste Dichte an Kindertagesstätten und zugleich die niedrigste Geburtenrate in Europa aufgewiesen.
"Die wirklichen Profis für die Erziehung eines Kindes sind dessen Eltern, und im besonderen dessen Mutter", sagte Mixa. Die Anstrengungen des Staates im Sinne einer modernen Familienpolitik müssten deshalb darauf gerichtet sein, immer mehr Mütter für die zeitlich überwiegende oder ausschließliche häusliche Erziehung ihrer Kinder in den ersten drei Lebensjahren zu gewinnen und dies auch finanziell zu fördern. Ausdrücklich unterstützte Bischof Mixa in diesem Zusammenhang die Forderung des Familienbundes der Katholiken nach einem Erziehungsgehalt für alle Eltern, durch das diese wahlweise die Kosten einer außerfamiliären Betreuung oder die Lohnausfälle in Folge eigener Kindererziehung ausgleichen könnten.
"Fremdbetreuung, um selbst wirtschaftlich überleben zu können"
Der Bischof setzte sich auch für eine erweiterte Anerkennung von eigenen Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung sowie für eine verbesserte finanzielle Unterstützung des Staates zugunsten alleinerziehender und sozial schwacher Mütter ein, die derzeit aus wirtschaftlichen Gründen zu externer Berufstätigkeit auch in den ersten Lebensjahren ihrer Kinder gezwungen würden. "Dass in einer Wohlstandsgesellschaft junge Mütter ihre kleinen Kinder in staatliche Fremdbetreuung geben müssten, um selbst wirtschaftlich überleben zu können, ist das Gegenteil einer modernen und humanen Familienpolitik", sagte Mixa.
Für eine gesunde seelische und geistige Entwicklung bräuchten Kinder in den ersten drei Lebensjahren die dauernde Ansprache durch die Mutter und keine noch so qualifizierte Fremdbetreuung. Moderne Konzepte der Familienpolitik müssten deshalb zum Ziel haben, "die Vereinbarkeit von Kindererziehung und außerfamiliärer Berufstätigkeit nicht gleichzeitig, sondern nacheinander zu gewährleisten". Frau von der Leyen hänge dagegen dem überholten ideologischen Leitbild der voll berufstätigen Mutter auch schon in den ersten Jahren der Kindesentwicklung an und unterscheide sich darin in nichts von der verfehlten Familienpolitik der rot-grünen Vorgängerregierung.
Empörung
Politiker von Koalition und Opposition reagierten mit Empörung. Auch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Hans Joachim Meyer, ging auf Distanz zu Mixa. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Frank Schmidt forderte den Bischof "zum sofortigen Rücktritt" auf.
Meyer sagte, es gebe eine große Anzahl von Frauen, die Familie und Beruf miteinander vereinbaren wollten. Daher müsse es Angebote für Kindererziehung und Kinderbetreuung geben.
CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann warf Mixa "Schwarzweiß-Malerei" vor. "Es wäre unfair und falsch, berufstätigen Müttern die Sorge um ihre Kinder und die Erziehungsleistung abzusprechen." Auch gehe es überhaupt nicht darum, "dass Kinder auf den Staat abgeschoben werden sollen".
Der Chef der bayerischen SPD-Landesgruppe im Bundestag, Florian Pronold, fühlte sich von Mixas Äußerungen an eine "mediale Form der Hexenverbrennung" erinnert. "Wer meint, dass man Frauen zuhause anketten und auf Küche und Kinder reduzieren kann, gehört nicht mehr in diese Zeit, egal ob er Bischof ist oder ein CSU-Parteibuch hat", sagte Pronold.
Grünen-Chefin Claudia Roth hielt Mixa vor, einen "Kreuzzug gegen ein besseres Angebot bei Kinderbetreuungs-Einrichtungen" zu führen. Grünen-Fraktionsvize Krista Sager sagte, Mixa folge der "alten Parole", die Frauen wieder auf "Kinder, Kirche, Küche" reduzieren zu wollen. Gerade die von Mixa vertretende "Rabenmutter-Ideologie, die die Frauen ins Haus verdammen möchte", wolle sie zu "Gebärmaschinen machen". Linkspartei-Vorstandsmitglied Rosemarie Hein sagte, mit dem Vorwurf der "Gebärmaschinen" habe sich Mixa selbst diskreditiert.
Die evangelische Landesbischöfin von Hannover, Margot Käßmann, sagte der "Passauer Neuen Presse": "Ich kann die Kritik in keiner Weise nachvollziehen, zumal 2013 erst Krippenplätze für jedes dritte Kind zur Verfügung stehen werden."
Unterstützung
Die Vizevorsitzende des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, Gisela Häfele, stellte sich dagegen hinter den Augsburger Bischof. Inhaltlich stimme sie Mixa zu, wenngleich sie nicht der Meinung sei, "dass es so drastisch formuliert gehört", sagte Häfele.
Der Berliner Erzbischof, Kardinal Georg Sterzinsky, mahnte, Eltern, die ihr Kind nicht frühzeitig in eine Kindertagesstätte geben, dürften deswegen kein schlechtes Gewissen haben müssen. "Es darf nicht der Eindruck entstehen, die Betreuung durch andere wäre die bessere Alternative", sagte Sterzinsky.
Mixa: Soziale Marktwirtschaft nicht der Globalisierung opfern
Im vergangenen Oktober hatte Mixa in einem Grundsatzbeitrag für die politische Vierteljahreszeitschrift "Paneuropa-Deutschland" vor den negativen Folgen einer ausschließlich ökonomisch orientierten Gesellschaftspolitik gewarnt, die das Gewinnstreben und den Egoismus seines Erachtens zum Lebensprinzip erhebe.
Die europäischen Länder hätten in den zurückliegenden Jahrzehnten ihr eigenes Erfolgsmodell der Sozialen Marktwirtschaft, deren Kerngedanke der Ausgleich zwischen der Eigenverantwortung des Einzelnen und der Solidarität mit den Schwachen im Sinne der katholischen Soziallehre sei, im Rahmen der Globalisierungsdebatte einem Systemvergleich ausgesetzt, der die Soziale Marktwirtschaft mit Wettbewerbsbedingungen konfrontiere, die mit den europäischen Werten schlicht unvereinbar seien. Im globalen Vergleich führe die Missachtung notwendiger Standards der Umwelt oder der Arbeitssicherheit, die Ausbeutung von Kindern, Frauen und Gefangenen im Arbeitsprozess und die Abwesenheit jeglicher Sicherheitssysteme gegen Arbeitslosigkeit, Armut, Krankheit und Alter unter Kostengesichtspunkten zu vermeintlichen Standortvorteilen, mit denen die politischen Rahmenbedingungen der Sozialen Marktwirtschaft unter dem Gesichtspunkt der Gewinnmaximierung naturgemäß nicht konkurrenzfähig seien, schreibt Bischof Mixa in seinem Beitrag.
Daraus den Schluss zu ziehen, Europa müsse zur Sicherung seiner Wettbewerbsfähigkeit seine eigenen Standards auf dem Altar eines internationalen Sozial- und Umweltdumpings opfern, hieße einem "kriminellen Kapitalismus den Weg zu bahnen, der die Interessen des Geldes rigoros vor die Interessen der arbeitenden Menschen und des Gemeinwohl stellt", so der Augsburger Bischof.
Dieser Aushöhlung europäischer Standards müsse die europäische und nationale Politik entgegenwirken, in dem sie nicht-ökonomische Faktoren in der Außenhandelspolitik der europäischen Union noch stärker und konsequenter berücksichtige. Bereits die Väter der Sozialen Marktwirtschaft hätten darauf hingewiesen, dass der freie Markt nur mittels einer gegengelagerten Gesellschaftspolitik zufrieden stellend funktioniere. Dies gelte heute umso mehr im internationalen Zusammenhang.
Zu den Grundirrtümern des Neoliberalismus gehört nach Auffassung von Mixa die Theorie, dass keiner vergessen werde, wenn jeder nur an sich denke. Diese formale Freiheit missachte die Tatsache, dass in einer ausschließlich vom Markt bestimmten Gesellschaft weniger Leistungsfähige, Alte oder Kranke sozial an den Rand gedrängt würden.
"Gesellschaftspolitische Prozesse lediglich als Funktion der Wirtschaft"
Auch im nationalen Rahmen müsse man sich von einer verfehlten Gesellschaftspolitik verabschieden, die menschliche Arbeit und gesellschaftspolitische Prozesse lediglich als Funktion der Wirtschaft betrachte, fordert Mixa. Der Augsburger Oberhirte ruft in diesem Zusammenhang zu einer Aufwertung der Ehe, der Familie und der Mutter sowie deren Leistungen für die Gesellschaft auf, "die unabhängig von ihrer Nützlichkeit für die industrielle Produktion betrachtet werden müssen".
"Die wirtschaftliche Zukunftssicherung unseres Landes und die Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaftsordnung im globalen Wettbewerb beginnt damit, dass wir wieder die Bedürfnisse unserer Kinder nach Pflege, Zuwendung und Herzlichkeit zu einem politischen Thema machen, damit sie sich zu verantwortungsbewussten, sittlich und religiös reifen und psychisch ausgeglichenen Persönlichkeiten entwickeln können", schreibt Mixa. Hierzu müsse jungen Müttern ermöglicht werden, sich ohne Behinderung ihrer freien Entscheidung und ohne psychologische und praktische Diskriminierung der Pflege und Erziehung ihrer Kinder je nach den Bedürfnissen ihres Alters zu widmen.
Dies müsse die Soziale Marktwirtschaft unter dem Gebot des Gemeinwohls und auch im Interesse der Wirtschaft durch Einsatz finanzieller Transferleistung einlösen. Der Verlust an familiärer Geborgenheit und Verlässlichkeit erzeuge heute bereits katastrophale Folgen für die Ausbildungs-, Konzentrations- und Leistungsfähigkeit junger Erwachsener, die von Handwerk und Industrie vielfach beklagt werde, so der Bischof unter Berufung auf zahlreiche persönliche Gespräche mit Verantwortlichen aus Wirtschaftsverbänden und Unternehmen.
"Neokolonialismus der Großmächte" Unlängst hatte Mixa die Versuche der Großmächte, eigene Rohstoffinteressen auf Kosten anderer Völker mit Gewalt durchzusetzen, als "Neokolonialismus" kritisiert. Wer in Zeiten der Globalisierung glaube, Machtpolitik nach altem Muster betreiben zu können, trage dazu bei, das globale System zu destabilisieren, so der Militärbischof.
Mixa forderte einen verstärkten Einsatz aller politisch Verantwortlichen für den Weltfrieden. Kernelemente einer internationalen Friedensordnung seien entwicklungspolitische Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut und ein respektvoller Dialog der Kulturen und Religionen. "Sicherheit und Freiheit können nicht alleine mit militärischen Mitteln erreicht oder erhalten werden, sondern fordern ein Bündel politischer, kultureller und wirtschaftlicher Maßnahmen", so Mixa.