DIE Internet-Zeitung
Schienenverkehr betreiben

Bahn will offenbar "geschenkte" Bahnhöfe verkaufen

Am

Das Bündnis "Bahn für Alle" wirft der Deutschen Bahn AG vor, sie wolle "ihre Bilanz aufpolieren, indem sie 1800 Bahnhöfe verkauft". Dies entspreche zwei Dritteln des Bestands. Der Verkehrswissenschaftler Winfried Wolf von Bahn für Alle erinnerte daran, dass "der größte Teil des Bahngeländes im 18. und frühen 19. Jahrhundert den damaligen Bahngesellschaften von der öffentlichen Hand geschenkt wurde, damit sie darauf Schienenverkehr betreiben."


Auch die Deutsche Bahn AG selbst betrachte Bahnhöfe eigentlich "als integralen Bestandteil" eines attraktiven Schienenverkehrs, so Wolf. "Bahnhöfe sind die Visitenkarte von Städten und Gemeinden. Sie sind aber auch das Eingangstor zum System Bahn. Damit sind die Bahnhöfe ein wichtiger imagebildender Faktor für den internationalen Mobilitäts- und Logistikdienstleister Deutsche Bahn AG", schrieb Wolf-Dieter Siebert, Vorstandsvorsitzender der DB Station & Service AG, im Geschäftsbericht für 2005 dieser Gesellschaft.

"Konzentration auf profitträchtigen Fernverkehr"

"Der geplante Bahnhofs-Ausverkauf verstößt krass gegen diesen selbst proklamierten Grundsatz", meint Wolf. "Wer diese Ziel- und Endpunkte um die Empfangsgebäude kappt, verschlechtert das gesamte System Schienenverkehr." Die Bahn verkaufe die Empfangsgebäude dort, wo sie sich aus dem Verkehrsbetrieb zurückziehe. Die wertvollen Bahnhöfe in den Zentren großer Städte dagegen behalte die Bahn in ihrem Eigentum. Das sei bereits "ein Vorzeichen der Privatisierung und der Konzentration auf profitträchtigen Fernverkehr".

An den Beispielen Weldenbahn in Bayern, Inselbahnhof Lindau/Bodensee und Hannoverscher Bahnhof in Hamburg werde deutlich, wie die Bahn vor hundert und mehr Jahren Bahngelände gratis von den Städten erhalten habe, "oft mit der klaren Auflage, darauf Schienenverkehr zu betreiben".

"Wenn die Bahn diese Immobilien nicht mehr für den Bahnverkehr nutzen will, dann müssen sie in das Eigentum der Kommunen rückübertragen werden", verlangt Hendrik Auhagen von "Bahn für Alle". Das Bündnis stützt sich dabei auch auf Aussagen des ehemaligen Hamburger Bürgermeisters und Notars Henning Voscherau.

Der Streit in Bayern um die Finanzierung des Transrapid geht weiter

Siemens/Thyssen-Krupp

Das Bundesverkehrsministerium erwartet von der bayerischen Staatsregierung einen neuen Vorschlag für die Kostenaufteilung betreffend Planung und Bau der Transrapidstrecke vom Münchner Hauptbahnhof zum Flughafen Franz Josef Strauß in Erding. Die Zusage des bayerischen Wirtschaftsministeriums, dass sich das Land mit 300 Millionen Euro an den Kosten für die Magnetschwebebahn von Siemens und ThyssenKrupp beteiligen werde, hält Bundesverkehrsminister, Wolfgang Tiefensee (SPD) nicht für ausreichend. Sein bayerischer Amtkollege Erwin Huber (CSU) beabsichtigt, den Flughafen in die Finanzierung einzubinden. Münchens Oberbürgermeiter, Christian Ude (SPD), hat allerdings angekündigt, eine Kostenbeteiligung in der Gesellschafterversammlung der Flughafen GmbH verhindern zu wollen. Huber drohte der Stadt München daher mit "weitreichenden Folgen", die er aber nicht konkretisierte. Huber möchte sich diesen "Affront" gegenüber den Mitgesellschaftern Bund und Freistaat nicht bieten lassen und stellte in Frage, ob ein Vetorecht seitens der Stadt überhaupt existiere.

Die Stadt München ist mit 23 Prozent am Flughafen beteiligt und lehnt den Transrapid ab. Gesellschafter der Flughafen München GmbH sind der Freistaat Bayern mit 51 Prozent), die Bundesrepublik Deutschland mit 26 Prozent und die Stadt München mit 23 Prozent. Nach Darstellung des Münchener Oberbürgermeisters in der Süddeutschen Zeitung vom 27. März steht das Vetorecht der Kommune in der Airport-Gesellschafterversammlung angeblich auf "juristisch wackelingen Füßen". Er werde aber dennoch an der Ablehnung des Vorhabens festhalten, behauptete Ude.

Die Drohungen von Huber über "weitreichende Konsequenzen" interpretiert Ude als "eine Äußerung zunehmender Nervosität der Staatsregierung". Das Transrapid-Projekt habe sich als "propagandische Lüge" entlarvt. Der bayerische Steuerzahler und die Stadt München würden über die Flughafenbeteiligung bei einer Realisierung des Transrapids "kräftig zur Kasse gebeten werden", so Ude.

Transrapid contra S-Bahn-Ausbau

Nach Auffassung von Huber sei die Stadt München dem Wohle des Flughafens verpflichtet, der von "der besseren Verkehrsanbindung" profitieren könne. Die Bewilligung von Geldern im Nahverkehrsbereich fällt in den Zuständigkeitsbereich der Stadt. Diese hatte sich dafür ausgesprochen hat, das S-Bahn-System weiter ausbauen zu wollen. Nach Auffassung des Stadtrates würde aber nach der Realisierung des Transrapids das Geld für den S-Bahn-Ausbau fehlen.

Huber vertritt die Auffassung, das der Transrapid in keinem Zusammenhang mit dem Ausbau des Nahverkehrssystem stünde. Es gäbe, so der Minister, kein Entweder-Oder. Man werde vielmehr beides umsetzen. Für Huber ist die Finanzierungslücke nicht so groß, dass sie nicht überwindbar wäre.

Huber bei ThyssenKrupp in Kassel

Bei seinem Besuch zur Präsentation des "Transrapid 09" im ThyssenKrupp-Werk in Kassel am 23. März, sagte Huber: "Bund und Bayern sind letzten November übereingekommen, den Transrapid in gemeinsamer Verantwortung voranzutreiben und dazu die jeweiligen Finanzierungsbeiträge zu erhöhen. Ich bin zuversichtlich, dass sich alle Beteiligten in den nächsten Monaten auf ein tragfähiges Finanzierungskonzept einigen werden. Ebenfalls noch in diesem Jahr rechnen wir mit dem Baurecht für den Transrapid."

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sah die Finanzierung im Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Focus" vom 18. März etwas problematischer: "Wir befinden uns mit Bayern in ganz schwierigen Verhandlungen über die Finanzierung des 1,9 Milliarden Euro teuren Transrapid-Projekts in München". Seiner Ansicht nach sei man weit davon entfernt, die Finanzierungslücke zu schließen, da noch hunderte Millionen Euro fehlen. Laut Focus rechnen Experten wegen möglicher Risiken mit Gesamtkosten von 2,2 Milliarden Euro für das Projekt.

Die geplanten Gesamtkosten des Transrapid-Projekts belaufen sich auf 1,85 Milliarden Euro. Die bayerische Staatsregierung hat ihre Kostenbeteiligung zwischenzeitlich von 185 Millionen Euro auf 300 Millionen Euro aufgestockt. Die Bundesregierung sagte bislang 925 Millionen Euro zu. Die Deutsche Bahn will sich nach Angaben der CSU mit 185 Millionen beteiligen.

Bei seiner Werksbesichtigung in Kassel bestätigte auch Huber, dass zum jetzigen Zeitpunkt noch eine Finanzierungslücke von 350 Millionen Euro bestünde. Huber gab sich allerdings zuversichtlich, die Finanzierungsfrage bis Ende Mai lösen zu können.

Am 27-03-2007

CSU will Staatsvermögen für Magnetschwebebahn Transrapid verkaufen

Privatisierung von "Tafelsilber"

Zur Rettung der in München geplanten Magnetschwebebahn "Transrapid" will die CSU-Landtagsfraktion offenbar Einnahmen aus dem Verkauf von Staatsvermögen einsetzen. "In letzter Konsequenz könnte man die Finanzierungslücke theoretisch mit Privatisierungserlösen schließen", sagte der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Manfred Ach (CSU). Ähnlich äußerten sich CSU-Fraktionsvize Engelbert Kupka und der CSU-Abgeordnete Kurt Eckstein. Am Bau des Transrapid ist unter anderem die in München ansässige Siemens AG interessiert. Kupka betonte in der "Süddeutschen Zeitung", für den Transrapid werde der Freistaat über seinen bisher vorgesehenen Beitrag hinaus wahrscheinlich "etwas dazulegen müssen". Ähnlich wie Eckstein schlägt er vor, Privatisierungserlöse zu nutzen.

Nach Angaben der Zeitung setzt sich die Finanzierung des etwa 1,85 Milliarden Euro teuren Bauprojekts wie folgt zusammen: Die Hälfte der Kosten in Höhe von 925 Millionen Euro solle der Bund, inklusive möglicher Mittel der Europäischen Union, übernehmen. 300 Millionen Euro habe der Freistaat zugesagt.

185 Millionen Euro steuere die Deutsche Bahn bei. Darüber hinaus ist dem Bericht zufolge im Gespräch, dass die Bahn eine Art Bürgschaft für weitere 100 Millionen Euro übernimmt.

Außerdem hoffe Bayerns Verkehrsminister Erwin Huber (CSU) auf mehr als 100 Millionen Euro von der Münchner Flughafengesellschaft.

Im besten Fall fehlten damit noch immer mindestens rund 200 Millionen Euro für den Transrapid. Sollte die Stadt München aber wie angekündigt eine Beteiligung des Flughafens verhindern, betrage die Lücke mehr als 300 Millionen Euro.

Huber sagte zu dem Bericht: "Dass wir vom Stand Anfang Mai eine Lücke hatten von 340 Millionen, habe ich des öfteren gesagt. Dass wir daran arbeiten, dies hinzubringen, ist auch klar." Seiner Einschätzung nach sind "Bund und Land und andere in der Lage, das finanziell zu schultern". Das sei letztlich eine Frage des politischen Willens.

Der grüne Wirtschaftsexperte Martin Runge stellte die geplanten Privatisierungen nicht in Frage, jedoch die Verwendung für den Transrapid: "Privatisierungserlöse könnten hundert Mal sinnvoller investiert werden, zum Beispiel zur Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)." Es sei nicht hinnehmbar, dass in Zeiten massiver Kürzungen im Sozialbereich, bei der Bildung und im ÖPNV "Unsummen an öffentlichen Geldern für ein Prestigeprojekt verschwendet werden, das nur einigen wenigen nutzt".

SPD-Fraktionchef Franz Maget warf der CSU vor, "das Tafelsilber des Freistaats" für ein fragwürdiges Vorhaben verschleudern zu wollen. Bayern brauche Investitionen in Zukunftsaufgaben wie Bildung, Ausbildung und Kinderbetreuung, statt "unsinnige Prestigeprojekte" in den Mittelpunkt zu stellen.

Am 18-06-2007

Zweiter bundesweiter "Flash Mob" gegen Bahnprivatisierung

13 statt 183 Milliarden Euro

Am Samstag wollen sie wieder zuschlagen, die Gegner einer Bahnprivatisierung. Um 11.55 Uhr wollen sie bundesweit auf mehr als 30 Bahnhöfen, unter anderem in Berlin, Hamburg, Frankfurt, Dresden und München, für zwei Minuten mit Trillerpfeifen, Topfdeckeln und Trommeln "Alarm vor der drohenden Privatisierung schlagen", teilte das Bündnis "Bahn für Alle" mit. Dann wollen die Demonstranten Schilder mit der Aufschrift "183 = 13" zeigen, die sie anschließend zerreißen und in Bahnhofsmülleimer werfen. "Bahnprivatisierung in die Tonne koppen" lautet der Titel des Aufrufs "zur Blitzdemo", der im Internet und per SMS kursiert. "183 = 13" - das sei die Formel für die "Verschleuderung von öffentlichem Eigentum". Obwohl das Unternehmen 183 Milliarden Euro wert sei, setze die Bundesregierung beim Verkauf faktisch nur 13 Milliarden Euro an. Die Bundesregierung wolle die Bahn unter Wert verkaufen, kritisiert das verkehrspolitische Bündnis. So habe die Deutsche Bahn laut amtlicher Statistik ein Vermögen von 183 Milliarden Euro. Nach den Plänen der Bundesregierung solle aber die Hälfte der Anteile für voraussichtlich nur 6,5 Milliarden Euro, also ganz extrem unter Wert - "verscherbelt" werden.

Das von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD am 21. September in den Bundestag gebrachte Privatisierungsgesetz sieht den Angaben zufolge vor, "dass der Bund weiter jährlich um die acht Milliarden Euro für den Bahnverkehr bereit stellt, aber seinen Einfluss weitgehend einbüßt". Private Investoren würden auch Besitz am Schienennetz erwerben, die Gewinne aus dem Netz würden im privatisierten Bahnkonzern bleiben.

Ein erster bundesweiter Flash Mob mit mehr als 2000 Teilnehmern fand bereits am 8. September in mehr als 50 Bahnhöfen statt. Flash Mobs - "Flash" für "blitzartig", "Mob" für "Menschen-Menge" - sind kurzzeitige Ansammlungen von Menschen zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort, die eine kollektive Handlung ausführen und dann wieder verschwinden. Die Sonderform "Smart Mob" ist mit politischen Forderungen verbunden - eine Blitzdemo.

Am 05-10-2007

Bahn-Preiserhöhung trotz Rekordergebnis

"Zahlmeister für Börsengang"

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisierte anlässlich des Fahrplanwechsels am kommenden Sonntag seine Kritik an der Fahrpreiserhöhung bei der Deutschen Bahn AG. Nach jüngsten Presseberichten werde das Unternehmen in diesem Jahr einen weiteren Rekordumsatz vermelden. Dennoch würden die Ticketpreise wie jedes Jahr angehoben, diesmal um durchschnittlich knapp drei Prozent. "Es ist allzu verständlich, wenn sich die Bahnkunden über die Preispolitik der Bahn aufregen", meint VCD-Chef Michael Gehrmann. "Auf der einen Seite brüstet sich der Konzern mit immer neuen Rekordeinnahmen und hält stur an dem Ziel der Börsentauglichkeit fest - ungeachtet aller politischen Probleme damit. Auf der anderen Seite zieht die Bahn die Preisschraube immer weiter an." Die Kunden fühlten sich dadurch zurecht als "Zahlmeister für ein zum Scheitern verurteiltes Projekt". Neben den Ticketpreisen steigen auch die Preise für die Bahncards von 53 auf 55 Euro (Bahncard 25, 2. Kl.) beziehungsweise von 212 auf 220 Euro (Bahncard 50, 2. Kl.). Die Erhöhung der Bahncardpreise findet Gehrmann besonders ärgerlich. Denn damit treffe die Bahn ausgerechnet jene Kunden doppelt, die die Bahn regelmäßig nutzten und einen nachhaltigen Mobilitätsstil praktizierten. Auf Dauer könne die Bahn aber nur erfolgreich sein, wenn sie solche Kunden halte und insbesondere neu gewonnene Fahrgäste nicht durch regelmäßig steigende Preise abschrecke.

Positiv schlägt nach Auffassung des VCD im Rahmen des Fahrplanwechsels zu Buche, dass das Zugangebot auf Strecken ins europäische Ausland verbessert werde. Neue ICE-Verbindungen nach Kopenhagen, Wien und Paris machten die Bahnfahrt in die Nachbarländer attraktiver. Damit hätten Reisende eine echte Alternative zum besonders klimaschädlichen Flugverkehr.

Die Schattenseite sei aber, dass neue Hochgeschwindigkeitsverbindungen dazu führen könnten, dass andere Züge gestrichen würden. Die Bahn fördert insbesondere den europäischen Fernverkehr. Kritiker werfen ihr vor, auf der anderen Seite den Nahverkehr systematisch kaputt zu machen.

Am 07-12-2007

Koalition einig bei Bahn-Privatisierung

Güter- und Personenverkehr

Gegen den Mehrheits-Willen der Bevölkerung haben sich Union und SPD beim Treffen der Koalitionsspitzen in Berlin auf eine Teilprivatisierung der Deutschen Bahn geeinigt. Bei der Bahn sollen sich laut SPD-Chef Kurt Beck private Investoren mit bis zu 24,9 Prozent am Güter- und Personenverkehr beteiligen können. Bahnhöfe, Schienennetz und Energieversorgung sollen dagegen voll im Bundesbesitz bleiben. Dieses Modell hatte die SPD vorgeschlagen. Damit ist die Bahn der letzte große deutsche Staatskonzern, der sich für privates Kapital öffnet. Beck zufolge wird der "Löwenanteil" des Privatisierungserlöses zur Verbesserung des Eigenkapitals der Bahn und für Investitionen eingesetzt. Dafür sollen zwei Drittel der Summe zur Verfügung stehen. Der Rest der Erlöse soll zur Sanierung des Bundeshaushalts eingesetzt werden. Erwartet werden etwa fünf bis sechs Milliarden Euro aus dem Verkauf.

Damit solle aber der "Endpunkt der Privatisierung" erreicht sein, behauptete Beck. "Wir bleiben bei dieser klaren Aussage." Auch wenn der Koalitionspartner das anders sehe.

CDU-Fraktionschef Volker Kauder sagte, mit der Einigung sei der Weg frei für eine "Bahn mit Zukunft". Das Bundeskabinett werde bereits in dieser Woche die Eckpunkte beschließen. Nach einer Bestätigung durch die Koalitionsfraktionen im Mai soll noch vor der Sommerpause im Bundestag ein Beschluss dazu gefasst werden.

Für den Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Werner Schnappauf, ist die geplante Privatisierung der Bahn "ein gutes Signal für das Unternehmen und die Kunden im Schienenverkehr". Mit den Erlösen aus dem Börsengang könnten die Investitionen in die Infrastruktur deutlich verstärkt werden. "Die unternehmerische Ausrichtung der Bahn wird den Weg für weitere Privatisierungsschritte bereiten", so Schnappauf. Dazu müsse die Politik den Wettbewerb auf der Schiene vor allem durch eine intelligente Regulierung stärken.

Links-Fraktionschef Gregor Gysi kritisierte hingegen, die SPD habe "der hemmungslosen Renditejagd von Finanzkapitalisten bei der Deutschen Bahn Tür und Tor geöffnet". Jeder Investor, der der Bahn Geld gebe, wolle nach kurzer Zeit mehr heraushaben. Mit dem Beginn der Privatisierung würden die sozialen und ökologischen Ziele bei der Entwicklung der Deutschen Bahn aufgegeben. "Im Koalitionsbeschluss wird die Begrenzung des Verkaufs des Personen- und Güterverkehrs auf 24,9 Prozent nicht mehr auftauchen", vermutet Gysi. "Die Kanzlerin hat keinen Zweifel daran gelassen, dass sie dies nur als ersten Schritt hin zur weiteren Privatisierung der Bahn ansieht." Die SPD-Führung habe dies "letztlich akzeptiert" und damit die Mehrheiten in der Bevölkerung und der eigenen Partei, die eine Privatisierung der Bahn ablehnten, "an der Nase herumgeführt".

Am 29-04-2008

Kritik am Beteiligungsvertrag zur Bahnprivatisierung

49,9 Prozent an private Investoren

Der Verkehrsausschuss des Bundestages wird sich nach bisheriger Planung am 4. Juni erneut mit der Bahnprivatisierung befassen. Im Mittelpunkt dürfte dabei der aktuelle Entwurf zum Beteiligungsvertrag zwischen dem Bund, der Deutschen Bahn AG und der DB Mobility Logistics AG stehen. Nach Ansicht von Kritikern aus Opposition und der SPD-Linken enthält das Papier Formulierungen, die entweder nicht mit dem Bundestagsbeschluss vom 30. Mai in Übereinstimmung zu bringen sind, oder die den Bund gegenüber der künftig teilprivatisierten Bahn benachteiligen. Als heikel gelten:

Paragraph 10: Er besagte im Entwurf vom 30. Mai, dass die DB Mobility Logistics AG - an ihr ist der Bund zu mindestens 75,1 Prozent beteiligt - sich verpflichtet, die Mehrheit der Anteile und Stimmrechte an ihren Verkehrsunternehmen wie DB Fernverkehr oder DB Regio zu halten. Im Umkehrschluss heißt das: Diese Unternehmen dürfen bis zu 49,9 Prozent an private Investoren abgegeben werden. Dadurch ist der tatsächliche Einfluss privater Investoren viel stärker, als zuvor bekannt. In allen Diskussionen hieß es zuvor stets, dass privates Kapital nur mit 24,9 Prozent an dem Bereich Verkehr und Logistik beteiligt werde. Kritiker werten diesen Paragraphen daher als untragbar.

Paragraphen 2 und 3: Die Paragraphen 2 und 3 enthalten nach Einschätzung von Kritikern Passagen, die dafür sorgen könnten, dass die vollständig beim Bund bleibende Deutsche Bahn AG im Grunde für sämtliche Risiken der teilprivatisierten DB Mobility Logistics geradestehen müsste. Die fraglichen Sätze betonen die weiterhin starke Rolle der DB AG, ihre Führungsverantwortung im Gesamtkonzern und die Bündelung strategischer Konzernleitungsfunktionen dort.

Paragraph 5: Er regelt die Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge. Hier sehen Kritiker die Gefahr, dass Gewinne des beim Bund verbleibenden Infrastrukturbereichs an die DB AG hochgereicht und dann für die teilprivatisierte DB Mobility Logistics ausgegeben werden können. Umgekehrt sei dies nicht der Fall. Hier besteht die Sorge, dass der Vertrag ein Gewinnabführungssystem zulasten der öffentlichen Hand zementiert.

Paragraphen 7 und 8: Die Paragraphen 7 und 8 beschreiben die Satzung der DB AG und der DB Mobility Logistics. Hier sind noch einmal die vorgesehenen Beteiligungsverhältnisse festgeschrieben. Kritiker betonen, dass hier nur die Bereiche Verkehr und Logistik, nicht aber Serviceeinrichtungen wie Betriebswerkstätten genannt sind. Die Frage sei, ob diese Einrichtungen dadurch vollständig privatisiert werden dürfen.

Paragraph 13: Er legt fest, dass der konzerninterne Arbeitsmarkt erhalten bleiben muss. Hier gibt es Befürchtungen, dass die teilprivatisierte DB Mobility Logistics AG Arbeitskräfte in Bereiche verschiebt, die voll beim Bund bleiben. Davon würde auch der private Investor profitieren, während auf den Bund zusätzliche Lasten zukommen könnten. Gewerkschafter begrüßen den einheitlichen Arbeitsmarkt. Sie betonen, dass in einem Bereich freigesetzte Mitarbeiter dadurch leichter in anderen Teilen des Konzerns untergebracht werden können.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass der Entwurf es der teilprivatisierten DB Mobility Logistics AG erlauben würde, Vermögenswerte zu verkaufen. So wäre es danach theoretisch möglich, die Lokomotiven, Triebwagen und Waggons für mehrere Milliarden zu verkaufen und dann zurückzuleasen. Dann wäre viel Geld in der Kasse, aber der Konzern stände ohne eigene Flotte da. Der Aufwand für das Leasing könnte mit höheren Ticketpreisen auf die Kunden abgewälzt werden. Abhilfe schaffen könnte hier ein Passus, nachdem der Aufsichtsrat dem Verkauf wesentlicher Vermögenswerte zustimmen muss.

Am 03-06-2008

Bund verschiebt Bahn-Börsengang

Kritiker jubeln

Der ursprünglich für den 27. Oktober geplante Börsengang der Bahn wird verschoben. "Wir werden das Vermögen des Bundes nicht zur Unzeit an den Kapitalmarkt bringen", erklärte Finanzminister Peer Steinbrück. Der Börsengang an sich stehe aber nicht in Frage. Einen neuen Termin nannte er nicht. Die Vorbereitungen gingen weiter. "Sobald das Marktumfeld einen erfolgreichen Börsengang möglich macht, sind wir startklar. Die Weichen sind gestellt", sagte Steinbrück. Für den Bahnexperten Winfrid Wolf vom Bündnis "Bahn für Alle", der das geplante Privatisierung der Bahn seit Jahren kritisiert, ist die Entscheidung "ein Grund zu feiern". Der Kritiker des Börsengangs begrüßt, "dass die die Bahn, zentrales Element der Daseinsvorsorge, zunächst nicht auch noch in den Börsenstrudel geworfen wird. Das ist bei allem Schlimmen, was diese Finanzkrise mit sich bringt und vermutlich noch bringen wird, für die Bürger eine gute Meldung", so Wolf. Nach Auffassung des Bündnisses "Bahn für Alle", das unter anderem von Verkehrsexperten, Umweltverbänden und Gewerkschaften getragen wird, wäre eine Verschiebung des Börsengangs etwa auf November halbherzig.

Wolf fürchtet Verschleuderung von Steuergeldern

"Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung beziffert das Bruttoanlagevermögen der Bahn-Transportsparte für 2006 mit 56 Milliarden Euro", so Wolf. "Das für den Börsengang vorgesehene Viertel ist demnach 14 Milliarden Euro wert. Wenn im November aufgrund einer kurzen Pause im Sturm fünf Milliarden Euro an Investorengeldern zusammenkommen anstelle der jetzt befürchteten vier, so stellt das nach wie vor eine beispiellose Verschleuderung von Steuergeldern dar."

Die Bahn sei das Rückgrat eines öffentlichen Verkehrssystems. Sie müsse daher gegenüber den anderen Verkehrsträgern massiv gefördert werden "und nicht an der Börse verhökert - weder jetzt noch in Zukunft", fordert das Bündnis der Privatisierungskritiker. Der Bahnbörsengang müsse ganz ausgesetzt werden, seine Grundlagen sollten öffentlich neu debattiert werden.

Wer sage, der Bahnbörsengang dürfe nicht im Wahlkampf zerrieben werden, "der gräbt vor aller Augen an den Grundfesten unserer Demokratie", meint Carl Waßmuth, attac-Vertreter im Bündnis Bahn für Alle. Er fordert die Politik auf, sich der Frage des öffentlichen Verkehrs und der dafür sinnvollen Struktur "im Wahlkampf zu stellen".

Am 09-10-2008

Sämtliche ICE-Achsen möglicherweise nicht dauerfest

Hinweise auf Ermüdungsbruch bei Unfall

Das Bündnis "Bahn für Alle" und die Grünen in Nordrhein-Westfalen teilten am Freitag (17. Oktober) auf einer Pressekonferenz mit, dass es seit 2001 Radsatzwellenbrüche an ICE-Zügen der Deutschen Bahn AG gab, "die die Bahn zu verschleiern versuchte". Der Bahntechnik-Experte Professor Vatroslav Grubisic legte hierfür Belege vor. Seit Anfang 2006 dokumentierten Artikel in Fachzeitschriften, dass die ICE-3-Radsatzwellen nicht dauerfest sind. Die Belastungen, denen sie ausgesetzt sind, übersteigen offenbar das Maximum dessen, was die hierfür gültige Norm vorsieht. Die Radsatzwellen der französischen und der japanischen Hochgeschwindigkeitszüge seien deutlich stärker dimensioniert, obwohl sie im im Hoch­geschwindigkeits­netz geringeren Belastungen ausgesetzt seien. Hinsichtlich des Unfalls am 9. Juli präsentieren die Veranstalter Belege, "die auf einen Ermüdungsbruch hinweisen". Auch das deute darauf hin, dass alle ICE-3-Radsatzwellen nicht dauerfest seien, so die Bahn-Kritiker. Das Bündnis "Bahn für Alle" bezeichnete es als "Skandal", dass es drei Monate nach dem Unfall noch immer weder von der Bahn noch von der Staatsanwaltschaft oder dem Eigentümer Bund eine klare Aussage über die Ursachen des Achsbruchs gebe. "Warum wird die Veröffentlichung des seit Mitte Juli angekündigten Gutachtens immer wieder hinausgezögert? Es darf doch nicht sein, dass die Anfang Juli gebrochene Radsatzwelle nun fast ein Vierteljahr bei einer Einrichtung unter Verschluss gehalten wird, die mittelbar der Bundesregierung untersteht", monierte Carl Waßmuth vom Bündnis Bahn für Alle.

Die neuen Maßnahmen zur verschärften Kontrolle der ICE-3-Achsen basieren offenbar auf einer geheim gehaltenen Vereinbarung zwischen Bahnaufsicht (EBA) und Deutsche Bahn AG. "Für Mehdorn und die Bundesregierung gilt offensichtlich die Parole: Ruhe ist die erste Börsenpflicht", so Winfried Wolf von der Bahnfachleutegruppe "Bürgerbahn statt Börsenbahn (BsB)". Nachrichten, die den Börsengang gefährden könnten, würden unterbunden. "Überall, auch an der Sicherheit, wurde gespart, um die Bahnbilanz attraktiv für Investoren zu gestalten", so Wolf.

Professor Grubisic fordert, im Interesse der Sicherheit und im Interesse der Fahrgäste müsse die am 9. Juli in Köln geborstene Radsatzwelle für neutrale Fachleute zugänglich gemacht werden "wie nach dem Unglück von Eschede". Der dort geborstene Radreifen, den Grubisic persönlich gefunden hatte, wurde im Fraunhofer Institut Fachleuten zugänglich gemacht. Vor allem auf diese Weise war es gelungen, die Ursache für dieses bisher schwerste Eisenbahnunglück zu ermitteln.

Am 10. Juli nach dem ICE-3-Radsatzwellenbruch in Köln schrieb das EBA dazu: "Es drohte eine Katastrophe wie in Eschede."

Am 17-10-2008

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