Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann sagte, er könne zwar verstehen, dass Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) in einer großen Koalition Kompromisse eingehen müsse. "Aber in diesem Punkt wäre es wirklich schädlich". Schünemann wandte sich speziell gegen die Forderung der SPD, die Frist, in der ein Geduldeter eine Arbeit nachweisen muss, auf zwei Jahre auszudehnen und darüber hinaus schon den ernsthaften Nachweis einer Suche nach Arbeit zu akzeptieren.
Auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Ingo Wolf (FDP) sagte, Kandidaten für ein Bleiberecht sollten "zuerst eine Arbeitsstelle suchen, dann eine Duldung bekommen - nicht umgekehrt". Es dürfe keinen Anreiz zum dauerhaften Sozialhilfe-Bezug geben. Deshalb sehe er die Position der großen Koalition kritisch. Wolf mahnte mit Blick auf Schäuble: "Die Position von 16 Innenministern sollte auch in Berlin zur Kenntnis genommen werden."
Die Innenminister der Länder hatten im November beschlossen, dass es zunächst nur ein Bleiberecht für Personen geben soll, die bereits einen Arbeitsplatz oder eine feste Zusage dafür haben. Sie verschärften damit eine Vereinbarung der großen Koalition. In einer zweiten Stufe soll auf Bundesebene eine Regelung für die übrigen geduldeten Ausländer gefunden werden. Sie haben auch die Möglichkeit, bis zum 30. September ein verbindliches Arbeitsangebot nachzuweisen.
Die SPD beharrt auf den großzügigeren Gesetzentwurf der Koalition. Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sagte: "Wir erwarten, dass baldmöglichst das gesamte Paket zur Beschlussfassung ins Kabinett kommt." Dann beginne förmlich das Gesetzgebungsverfahren.
Der stellvertretende Unions-Fraktionschef Wolfgang Bosbach (CDU) sagte am Dienstagabend: "Bis zur Stunde konnten wir die gemeinsame Linie zwischen Bund und Ländern nicht finden." Er gebe aber die Hoffnung nicht auf, "dass es in den nächsten Wochen noch gelingen wird, in den Gesprächen mit der SPD zu einer Einigung zu kommen, die dann auch von den Ländern mitgetragen wird".
Die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Katina Schubert, sagte, "wer Integration fordert, muss den hier lebenden Menschen mit Migrationshintergrund eine Perspektive bieten". Das gelte auch für Flüchtlinge. Die Bleiberechtsregelung und das geltende Aufenthaltsgesetz seien dafür unzureichend. "Die Umsetzung ist zu großen Teilen mangelhaft, die Erteilung eines gesicherten Aufenthaltstitels ist die Ausnahme, nicht die Regel." Das widerspreche dem Sinn des Bleiberechts.
Der Streit zwischen Unions-geführten Bundesländern und dem Bundesinnenministerium sei da nur die Spitze des Eisbergs. "Mit welchem Recht soll jungen Menschen das Bleiberecht verwehrt werden, nur weil andere Familienmitglieder dieses Recht nicht bekommen? Warum gilt für die Einheit der Familie der 'worst case', die kollektive Verweigerung eines Bleiberechts, anstatt einer ganzen, schon lange hier lebenden Familie einen Aufenthaltstitel zu geben, wenn nur einzelne Mitglieder die harten Auflagen erfüllen können?", fragt Schubert.
Insbesondere junge Menschen, die hier aufgewachsen seien, brauchen nach Auffassung der Politikerin "ein gesichertes Bleiberecht, um eine Perspektive aufbauen zu haben." Deshalb müsse das Bleiberecht gesetzlich verankert werden.