Für den so genannten Nationalen Allokationsplan 2008 bis 2012 hat die EU-Kommission die erlaubte Höchstmenge der deutschen Kohlendioxid-Emissionen auf 453 Millionen Tonnen festgesetzt. Wilhelm betonte: "Wir stehen zu den Klimaschutzzielen, halten sie ein und leisten dazu einen überproportionalen Beitrag." Zunächst hatte die Bundesregierung angegeben, Zertifikate zum Emissionshandel für 482 Millionen Tonnen verteilen zu wollen, und dann angekündigt, die Obergrenze auf 465 Millionen Tonnen festlegen zu wollen.
Das Bundesumweltministerium wollte zuvor zur Berechnung des deutschen Emissionsbudgets eine andere Datengrundlage zugrunde legen als sie für alle anderen EU-Mitgliedstaaten gilt. Das Ministerium teilte dazu mit: "Die Kommission sieht keinen Anlass von ihrer bei allen Mitgliedstaaten einheitlich angewendeten Berechnungsgrundlage abzuweichen und besteht daher weiterhin auf der von ihr berechneten Obergrenze von jährlich 453 Millionen Tonnen CO2 für Deutschland."
Die Bundesregierung hält laut Umweltministerium "diese Datengrundlage der Kommission nach wie vor für problematisch". Deutschland wolle nun aber "die Entscheidung der Kommission akzeptieren und keine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof einreichen".
Umweltbundesamt: Treibhausgasemissionen seit Jahren auf demselben Niveau
EU-Umweltkommissar Stavros Dimas hatte noch am Wochenende beklagt, Deutschland sei "leider derzeit keineswegs Vorreiter beim Klimaschutz". Während der Sprecher des Bundesumweltministeriums, Michael Schroeren, dies "unverständlich" fand, bestätigte dies der Präsident des Umweltbundesamtes, Andreas Troge. Die Deutschen stünden in Europa beim Klimaschutz "nicht als Beste da", so Troge. Vielmehr verharrten die Treibhausgasemissionen in der Bundesrepublik seit einigen Jahren auf demselben Niveau.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sprach von einer "nochmaligen Verschärfung der Eckdaten für den Emissionshandel". Ähnlich wie Ministeriumssprecher Schroeren die EU-Kritik, so fand BDI-Präsident Jürgen Thumann diese Änderung der Obergrenzen "unverständlich".
Mit der Bundesregierung sei man sich einig, dass es Sinn des Emissionshandels sein müsse, Anreize für Investitionen in "moderne und emissionsärmere Kraftwerke" zu schaffen. Dies sei ökologisch geboten und auch ökonomisch sinnvoll", so Thumann, vermutlich bezugnehmend auf die Planungen der Stromwirtschaft für den Bau von über 20 neuen fossilen Großkraftwerken in Deutschland. "Der Emissionshandel sollte jedoch nicht dazu führen, dass in Deutschland der Ansatz einer investitionsorientierten Klimaschutzpolitik gefährdet wird."
Auch für den Umweltminister ist die EU-Politik "unverständlich"!
Thumann erinnerte daran, dass auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel die Absenkung der erlaubten Emissionen als unverständlich bezeichnet hatte. Die Forderung der EU-Kommission nach "weiterer" Absenkung habe Gabriel noch am 29. November 2006 wie folgt kommentiert, erinnert sich Thumann: "Es ist unverständlich, dass die Kommission das geänderte Mengengerüst mit der neuen Obergrenze für den deutschen Kohlendioxid-Ausstoß nicht berücksichtigt hat." Dass sich die Bundesregierung nun mit der EU-Kommission "auf die von Minister Gabriel noch kürzlich kritisierte Größenordnung der zukünftigen Emissionsobergrenzen für Deutschland" verständigt habe, ist für Thumann "nicht nachvollziehbar und äußerst überraschend".
Bulling-Schröter: Emissionen zusätzlicher Kraftwerke bereits berücksichtigt
Die umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Eva Bulling-Schröter, meint hingegen: "Nach dem anspruchslosen deutschen Vorschlag für die nächste Emissionshandelsperiode war Deutschland klug beraten, die Nachforderungen der EU-Kommission zu akzeptieren."
Allerdings drohe ein Thema aus dem Blickfeld zu verschwinden: "Nach wie vor verdienen die Energiekonzerne Milliarden Extraprofite, da die Emissionsrechte verschenkt, statt versteigert werden. Die Weigerung der Bundesregierung, künftig wenigstes zehn Prozent der Zertifikate per Auktion zu veräußern, spricht Bände", so Bulling-Schröter. Auch zu einer "windfall-profit-tax", die die Gewinne steuerlich abschöpfen würde, könne sich die Bundesregierung "nicht durchringen". Das ganze System drohe eine Gelddruckmaschine für die Stromversorger zu bleiben.
"Im Übrigen ist das nun einsetzende Geheul der Energieversorger durchsichtig und überflüssig", meint die Politikerin. "Schließlich bedeutet der neue Deckel von 453 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) für die nächste Handelsperiode lediglich eine Einsparverpflichtung von 7,5 Prozent gegenüber dem durchschnittlichen Ausstoß der Jahre 2000 bis 2005. Dabei sind die 11 Millionen Tonnen Emissionen geplanter zusätzlicher Anlagen bereits berücksichtigt."