Nach Darstellung der Naturschutzverbände können Vögel an bestimmten Konstruktionen von Mittelspannungsmasten durch Berührung spannungsführender Teile Erd- oder Kurzschlüsse verursachen und tödlich verunglücken. Obwohl längst technische Lösungen für die vogelschutzkonforme Konstruktion neuer und das Nachrüsten alter Masten entwickelt worden seien, gebe es noch gefährliche Mastkonstruktionen und Seilanordnungen von Mittelspannungsleitungen. Der im Jahr 2002 neu in das Bundesnaturschutzgesetz aufgenommene Paragraph 53 "Vogelschutz an Energiefreileitungen" solle diese Gefahr bis 2012 für alle Vögel beseitigen.
"Das Bundesnaturschutzgesetz nimmt zwar die Netzbetreiber in die Pflicht", doch auch die Politik darf sich nach Ansicht von NABU-Präsident Olaf Tschimpke nicht aus ihrer Verantwortung stehlen. Es bleibe Aufgabe der Naturschutzbehörden darauf hinzuwirken, dass die Vorschriften des Naturschutzrechts eingehalten werden. Dazu zähle auch der Paragraph 53.
Bezogen auf das Problem der Mittelspannungsmasten und "der bis 2012 abzuschließenden Nachrüstung" seien es insbesondere die Länderumweltminister, die gegenüber den Netzbetreibern die Umsetzung einfordern und durchsetzen müssten. "Dazu zählt die Mitarbeit an entsprechenden Aktionsplänen der Netzbetreiber ebenso wie die notwendige Erfolgskontrolle", so Stefan Brücher, Vorsitzender der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen (EGE).
Jetzt, nach rund der Hälfte der zehnjährigen Umsetzungsfrist, habe man die Umweltminister der Länder nach dem Stand der Umrüstung vogelgefährlicher Masten befragt. "Die Ergebnisse sind ernüchternd und belegen, dass die Entschärfung der Masten in den meisten Teilen Deutschlands noch sehr schleppend verläuft", so Brücher. Erst wenige Länder hätten überhaupt schon eine annähernde Vorstellung von der Zahl ihrer noch umzurüstenden Masten. Einige wenige Länder hätten sich auf Grund der Befragung um verlässliche Zahlen seitens der Energiewirtschaft bemüht, "sie aber nicht in jedem Fall erhalten", kritisieren die Verbände. Sie verweisen zudem darauf, dass sich die Netzbetreiber bereits Mitte der 1980er Jahre zu einer Umrüstung gefährlicher Mittelspannungsmasten "selbstverpflichtet" hätten.
Die Bemühungen der Länder beschränken sich nach Darstellung der Naturschutzverbände oftmals auf EU-Vogelschutzgebiete oder auf den engeren Umkreis von Brutvorkommen besonders seltener Vogelarten. Damit blieben jedoch rund 90 Prozent des Bundesgebietes ausgespart.
Die Energiewirtschaft wiederum beschränke ihre Bemühungen zu sehr auf die Masten, an denen Vögel verunglückt aufgefunden worden seien. Doch die meisten "Stromopfer" würden mangels Kontrolle gar nicht gefunden, so dass dabei allenfalls die Spitze des Problemberges erkennbar werde. Gesetzlich geschuldet sei eine systematische Kontrolle und planvolle Vorgehensweise der Netzbetreiber und insofern mehr als eine "Umrüstung auf Zuruf" im Falle belegter Totfunde. Die Verbände erwarten, dass die Energiekonzerne der gesetzlichen Verpflichtung endlich nachkommen.