Noch immer würden "mit erheblichen Mengen an Steuergeldern" für Wohn- und Gewerbesiedlungen sowie Straßenbau auf der grünen Wiese "finanzielle Altlasten von morgen geschaffen", die angesichts des Bevölkerungsrückgangs später niemand mehr unterhalten und bezahlen könne. "Was wir heute zuviel bauen, kostet uns auf Jahrzehnte hinaus viel Unterhalt", meint Christian Unselt vom Naturschutzbund NABU. Die Städte müssten wieder lebenswert und das Umland als Kulturlandschaft erhalten werden. Diese "leicht einsichtige Erkenntnis" verlange "weitsichtige Entscheidungen".
Täglich würden über 100 Hektar freie Landschaft durch Straßen, Parkplätze und Neubauten "verschwinden" – "mit verheerenden Konsequenzen für Umwelt und Natur". Böden würden versiegelt und Grundwasservorkommen beeinträchtigt, während andererseits Hochwassergefahren zunähmen. Darüber hinaus werde die Landschaft "immer mehr eingeschnürt". Früher häufige Tier- und Pflanzenarten würden ebenfalls "immer mehr verschwinden".
15 große Naturschutz- und Umweltorganisationen fordern vor diesem Hintergrund Bund, Länder und Kommunen auf, "endlich konkrete Maßnahmen für eine ernsthafte Reduktion des Flächenverbrauchs zu ergreifen". Konkrete Anstöße dazu würden auch in einem im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz erstellten "Handlungsleitfaden für Kommunen" gegeben. Der 64-seitige kommunale Leitfaden mit dem Titel "Aktiv für Landschaft und Gemeinde" richte sich insbesondere an kommunalpolitisch interessierte Bürger, Ehrenamtliche der Orts- und Kreisverbände der Naturschutzverbände sowie an Bürgermeister, Ortsverwaltungen und Bauämter. Das Papier könne in den Kommunen sehr hilfreich dabei sein, bislang unverbaute Landschaft langfristig zu erhalten.
Große Chancen für eine echte Trendwende sehen die Umweltverbände bei der Reform des Gemeindefinanzsystems, ihres Erachtens "dem zentralen Bestandteil einer erfolgreichen Föderalismusreform". Erforderlich seien "Anreize" für einen sparsamen und effizienten Umgang mit der Fläche für Kommunen, Unternehmen, Bauleute und Eigentümer.
Die Bundesregierung solle daher zügig eine ökologische Reform der Grundsteuer, der Gewerbesteuer und des kommunalen Einkommenssteueranteils angehen. Eine solche Reform würde nach Auffassung der Umweltschützer "neue finanzpolitische Optionen auf Bundesebene bewirken, die Finanzkraft der Kommunen stärken und eine nachhaltige Siedlungsentwicklung unterstützen".
Auch muss es nach Ansicht der Umweltverbände im Kern darum gehen, sich von der "Wachstumsphilosophie" im Planen und Bauen zu verabschieden. Stattdessen sollte auf "Qualität und Effizienz" gesetzt werden und vor allem konsequent zugunsten der innerörtlichen Bestandspflege und -entwicklung investiert werden. Man brauche ein "Maßnahmenkonzept zum Flächensparen".
Professor Hubert Weiger vom Bund Naturschutz in Bayern forderte "einen Gesetzestext mit der Verpflichtung der vorrangigen Innenentwicklung". Zudem solle "das Recycling von Altstandorten" in das Baugesetzbuch aufgenommen werden, "um so die Ausweisung von Bau- und Gewerbegebieten auf der grünen Wiese einzudämmen".