Über 4000 Bürgerinnen und Bürger sollen im Vorfeld beim Bundesamt Einwendungen gegen den Freisetzungsversuch eingereicht haben. Jetzt laufe eine neue Einwendungsfrist bis zum 11. Juli Das Umweltinstitut München ist davon überzeugt, dass nach der Entscheidung des Bundesamtes noch mehr Menschen gegen die Gen-Kartoffeln unterschreiben werden.
Andreas Bauer vom Umweltinstitut stellt einen Zusammenhang her zwischen dem Formfehler und der Handhabung von gentechnisch veränderten Pflanzen: "Wie will man die unkalkulierbaren Risiken durch genmanipulierte Pflanzen ausschalten, wenn schon bei Formalia so geschludert wird", so Bauer. "Wer bislang noch Gottvertrauen hatte, ist jetzt eines Schlechteren belehrt worden." Im übrigen "strotzt" nach Darstellung von Bauer "auch ein weiteres Verfahren" zum Genanbau am Versuchsstandort in Oberviehhausen im Landkreis Deggendorf "vor Fehlern". Trotz dieser Fehler wolle das Bundesamt das Verfahren aber nicht wiederholen zu lassen. "Dieses Vorgehen ist absolut nicht nachzuvollziehen", so Bauer. "Wir fordern auch hier eine Neuauslegung der Unterlagen und eine Verlängerung der Einwendungsfrist."
Die Kartoffeln, mit denen die TU München im Freisetzungsversuch experimentieren will, enthalten den Angaben zufolge einen erhöhten Anteil des Carotinoids Zeaxanthin. Sie sollten angeblich vor Augenleiden schützen, die im Alter nach zu geringem Konsum von Gemüse auftreten könnten. "Zeaxanthin-Kartoffeln sind so sinnvoll wie eine Neuerfindung des Rads", kritisiert Bauer. Zeaxanthin komme in zahlreichen Gemüsearten in ausreichender Menge vor, zum Beispiel in Bohnen, Salat und Mais. Darüber hinaus sei es "ein völlig verfehlter Ansatz, Ernährungsfehler mit einer Technologie zu bekämpfen, die Natur und Menschen neuen unakzeptablen Risiken aussetzt".
Bundesamt genehmigt Freisetzung gentechnisch veränderter Gerste
Am 28. April hatte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit mitgeteilt, dass die Behörde den ersten Freilandversuch in Deutschland mit gentechnisch veränderter Gerste genehmigt habe. Die Universität Gießen dürfe für Versuchszwecke gentechnisch veränderte Gerste "unter Sicherheitsauflagen" freisetzen
Die Justus-Liebig-Universität Gießen wolle die Gerste auf einer zehn Quadratmeter großen landwirtschaftlichen Versuchsfläche ausbringen. In dem Freilandversuch könnten nun bis zum Jahr 2008 jährlich 5.000 gentechnisch veränderte Pflanzen freigesetzt werden. Die Gerste sei nicht für den Verzehr durch Menschen oder Tiere zugelassen.
Das Bundesamt kam in seiner Sicherheitsbewertung zu dem Schluss, dass von dem Freisetzungsversuch bei Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen keine schädlichen Einflüsse auf Menschen und Tieren sowie für die Umwelt zu erwarten sind. Der Öffentlichkeit sei durch die Auslegung der Antragsunterlagen die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden. "Die 75 eingegangenen Einwendungen wurden bei der fachlichen und rechtlichen Bewertung des Verfahrens geprüft und im Genehmigungsbescheid gewürdigt", teilte die Behörde mit.
Freigesetzt würden zwei Linien von Gerstenpflanzen: Die gentechnische Veränderung der ersten Linie solle dazu führen, dass die Pflanze ein Enzym produziere, durch das sich die Gerste bei der Futtermittelherstellung beziehungsweise das Gerstenmalz beim Brauen besser verarbeiten lasse. Die Gerstenpflanzen der zweiten Linie sollten widerstandsfähig gegen eine Pilzkrankheit sein.
Der Anbau der Gen-Gerste soll von umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen begleitet werden: So seien unter anderem "Isolationsabstände", ein engmaschiger Wildschutzzaun, Vogelnetze und Vorschriften zur Lagerung des Getreides vorgesehen. Durch eine Kontrolle der Flächen auch nach Abschluss der Freisetzungsversuche und ein Entfernen von Pflanzen verwandter Arten in der Nähe der Versuchsfläche müsse der Antragsteller "gewährleisten, dass keine gentechnisch veränderten Pflanzen auf dem Feld überdauern, sich auf benachbarten Flächen ausbreiten oder sich mit verwandten Pflanzen kreuzen".