Erst die Vorfälle an der Rütli Schule in Berlin seien zum Anlass genommen worden, eine Debatte über Gewalt an Schulen zu führen. Der Friedenskreis Halle beklagt, dass in der politischen Debatte Schüler nicht deutsch-kultureller Herkunft angeprangert würden. Die "geringe Integrationsbereitschaft" dieser Jugendlichen werde als Ursache der Gewalt dargestellt. "Folglich kursieren Forderungen nach Deutschkursen, Ausweisungen und Integrationstests an den politischen Tischen als das Allheilmittel gegen Gewalt an Schulen."
"Diese medienwirksame und undifferenzierte Strategie" greift nach Auffassung des Friedenskreises zu kurz. Eine Reduzierung der Ursachen auf die fehlende Integrationsbereitschaft von Ausländerinnen und Ausländern sei falsch und gleiche eher einer "einseitig ausgerichteten Integrationsdebatte". Im schlimmsten Falle führe diese Diskussion zu einem weiteren Anstieg von Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung von zugewanderten Menschen in unserer Gesellschaft, fürchtet der Friedenskreis.
Bei der Entwicklung erfolgreicher Strategien müsse beachtet werden, "dass an allen Schultypen, in allen Jahrgangsstufen und bei SchülerInnen, egal welcher Herkunft oder Geschlecht, die Gewalttaten steigen und die Gewaltbereitschaft zunimmt". In vielerlei Hinsicht sei die Lebenswelt Schule "lediglich ein Spiegelbild unserer Gesellschaft". Und diese sei oft von Frustration, Unzufriedenheit, Fremdenfeindlichkeit und Verlust von Werten gekennzeichnet. "Warum sollten sich Kinder und Jugendliche an Schulen anders verhalten als sie es täglich vorgelebt bekommen?"
Darüber hinaus mache die oft geäußerte Perspektivlosigkeit von Jugendlichen nach der Schule, zum Beispiel auf dem Arbeitsmarkt, ihre Lebenssituation "nicht einfacher".
Strategien gegen Gewalt an Schulen müssen nach Auffassung des Friedenskreises auf das gesamte Lebensumfeld der SchülerInnen ausgerichtet sein. Eine umfassende und langfristige Herangehensweise sei notwendig. Dazu gehöre "die Bereitstellung von Leistungen und Ressourcen für die Bildungsarbeit an Schulen und Qualifizierung von LehrerInnen ebenso, wie die Begleitung von SchülerInnen durch Schulsozialarbeit und offene Jugendarbeit. Eine ernst gemeinte und auf Gleichberechtigung angelegte Kommunikation und Kooperation im Netzwerk SchülerIn, Elternhaus, öffentliche und freie Träger kann die aktuelle Situation langfristig und zur Zufriedenheit aller Beteiligten positiv beeinflussen."
Auf "kurzfristige Feuerlöschereien" solle zu Gunsten "umfassend ausgerichteter Strategien" verzichtet werden. Nur so könne eine Veränderung, hin zu einer friedlichen Gestaltung der Lebens- und Lernwelt Schule, gelingen.