DIE Internet-Zeitung
Mehr Bürokratie befürchtet

Sachverständigenrat kritisiert Föderalismusreform im Umweltrecht

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Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) kritisiert die geplante Neuverteilung der Gesetzgebungskompetenz im Umweltschutz. In seinem am Mittwoch in Berlin im Umweltausschuss vorgelegten Gutachten schrieb der Rat, die Reform gefährde das Ziel eines einheitlichen Umweltgesetzbuches. Der Sachverständigenrat forderte eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Umweltschutz und lediglich aufgaben- und sachbezogene Öffnungsklauseln für die Länder. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sieht sich nach der Kritik des Sachverständigenrats an der Föderalismusreform bestätigt. Ohne grundlegende Änderungen drohten "mehr Bürokratie und weniger Umweltschutz". Die Umweltweisen der Bundesregierung hätten im Umweltausschuss des Bundestages in praktisch allen Punkten die Kritik an Konzept und Ausführung der Reformpläne, die die DUH erstmals am 10. November 2005 und seitdem mehrfach in immer detaillierter Form veröffentlicht habe.


Nach dem einhelligen Urteil praktisch aller Rechtsexperten wäre das Ergebnis der Reform das Gegenteil dessen was uns versprochen wurde, nämlich mehr Bürokratie und weniger Umwelt- und Naturschutz, meint Cornelia Ziehm von der Umwelthilfe. In der Sitzung des Umweltausschusses sei klar geworden, dass nicht nur in der Opposition, sondern auch unter Koalitionsabgeordneten massive Bedenken gegen die Reformpläne bestünden.

Geplant ist nach Darstellung der Umwelthilfe "ein hoch kompliziertes und inkonsistentes Kompetenzgefüge, das grenzüberschreitenden Umweltproblemen nicht gerecht wird, einem Umweltdumping zwischen den Bundesländern Tür und Tor öffnet, langwierige Rechtsstreitigkeiten über unklare Kompetenzabgrenzungen geradezu vorprogrammiert und die im Koalitionsvertrag beschlossene Schaffung eines einheitlichen Umweltgesetzbuches mit einer integrierten Vorhabensgenehmigung in weiten Teilen von vornherein unmöglich macht".

Selten zuvor sei eine Grundgesetzänderung derart schlampig vorbereitet worden. Es werde immer unverständlicher, warum die Bund-Länder-Arbeitsgruppe sich immer noch weigere, die Expertenkritik in ihre Überlegungen einzubeziehen. Ziehm erinnerte daran, dass eine Grundgesetzänderung in aller Regel wegen der Notwendigkeit von zwei Drittel Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat nicht einfach nachgebessert werden könnte.

Die DUH verlangt deshalb für das bevorstehende Gesetzgebungsverfahren eine ausführliche Sachverständigenanhörung, mit dem Ziel einer grundlegenden Reform der Reform. Ziehm: "Bundesregierung und Bundesländer müssen jetzt über ihren Schatten springen und das Reformpaket noch einmal aufschnüren. Noch liegt das Kind nicht im Brunnen. Sorgen wir dafür, dass es auch nicht reinfällt."

Auch der Deutsche Naturschutzring (DNR) forderte von Bund und Ländern "einen neuen Anlauf zur Neufassung der Gesetzgebungskompetenzen beim Umweltschutz". Die historische Chance zur Neuordnung des Umweltrechts durch die Schaffung eines umfassenden Kompetenztitels Recht des Umweltschutzes bei der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes müsse genutzt werden, sagte DNR-Generalsekretär Helmut Röscheisen.

Zusammen mit der Streichung der Erforderlichkeitsklausel, die für Gesetzgebungsaktivitäten des Bundes umfangreiche Anforderungen vorsehe, könnte dank der einheitlichen Kompetenz des Bundes beim Umweltschutz ein umfassendes Umweltgesetzbuch entstehen. Damit könne ein wesentlicher Beitrag zur Konzentration des Umweltrechts und der vielfach geforderten Vereinfachung und besseren Durchführung des bisher zersplitterten Umweltrechts geleistet werden, meint der DNR.

Die bisher vorgesehene Ablösung der Rahmengesetzgebung für die Bereiche Naturschutz und Landschaftspflege sowie Wasserhaushalt durch die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes mit weit reichenden Abweichungsrechten der Länder erfülle die Anforderungen nach einer klaren Trennung der Kompetenzen, länderübergreifenden Erfordernissen und den Vorgaben des EU-Rechts nicht. Der DNR verlangt daher vom Bundestag und Bundesrat, den Umweltschutz bei der Föderalismusreform neu zu verhandeln.