Dass Schüler auch in der Pause aufgefordert seien, Deutsch zu sprechen, sei "kein Dementi von Multikulti", sagte Böger und fügte hinzu, Integration durch Bildung könne nur gelingen, wenn die Verkehrssprache beherrscht werde. Die Deutsch-Pflicht sei eine "vernünftige und nachvollziehbare Strategie", wenn sie in das Konzept einer Schule passe und mit den Beteiligten besprochen worden sei.
Dagegen befürchtet die Sprecherin des Türkischen Bundes Berlin (TBB), Eren Ünsal, dass das Verbot, während der Schulzeit auch außerhalb des Unterrichts andere Sprachen als Deutsch zu sprechen, Ressentiments in der Mehrheitsbevölkerung schüre. Zudem trage es nicht zum friedlichen Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen bei.
Die Schulkonferenz der Herbert-Hoover-Realschule hatte nach Angaben Ünsals im Februar 2005 beschlossen, die Deutsch-Pflicht in ihrer Hausordnung festzuschreiben. Seitdem sollen die Schüler auch auf dem Schulhof nur Deutsch reden. Bekannt wurde der Fall erst vor einer Woche. Inzwischen sei herausgekommen, dass auch die Kreuzberger Borsig-Realschule ähnlich verfahre, fügte Ünsal hinzu.
Nach Darstellung von Targut Hüner, Geschäftsführer des türkischen Elternvereins in Berlin-Brandenburg, werden solche "Sprachverbote" an Berliner Schulen bereits seit zehn Jahren praktiziert. Das Verbot der Muttersprache wirke sich aber auf den Erwerb der deutschen Sprache hemmend aus.
Nazan Yildirim vom Türkischen Wissenschafts- und Technologiezentrum sieht in der Sprachregelung "einen Verstoß gegen Artikel 3 des Grundgesetzes", nach dem niemand aufgrund seiner Sprache benachteiligt werden darf. Auch wenn keine schwerwiegenden Sanktionen drohten, sei das Sprachverbot eine "offensichtliche Diskriminierung", sagte Yildirim.
Die Vorsitzende der Vereinigung Türkischer Lehrer und Erzieher in Berlin und Brandenburg, Meral Dollnick, zeigte sich bestürzt, dass Böger die Regelung der Herbert-Hoover-Realschule unterstützt. Dadurch habe das Verbot der eigenen Muttersprache außerhalb des Unterrichts eine politische Dimension erhalten, die weit über Bildungspolitik hinausgehe. "Hier werden Grundrechte verletzt", sagte Dollnick.