Das neoliberale Versprechen, dass Freihandel zu Wachstum führe und damit die Armut reduziere, habe sich nicht erfüllt, sagte Alexis Passadakis von der Attac-Arbeitsgruppe Welthandel: "Weltweit steigen Arbeitslosigkeit und Armut, während das Wirtschaftswachstum mit zunehmender Liberalisierung immer geringer wird." Nach Angaben der internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sei das weltweite Wachstum pro Kopf von 3,6 Prozent in den 60er Jahren auf 1,1 Prozent in den 90ern gesunken. Zugleich habe die Arbeitslosigkeit in den meisten Weltregionen zugenomenn und die Zahl der Hungerndenn sei gestiegen.
Die Liberalisierung des Handels mit landwirtschaftlichen Produkten habe "verheerende Auswirkungen auf die kleinbäuerlichen Betriebe im Süden gehabt", sagte Henry Saragih, internationaler Koordinator der Kleinbauern-Bewegung "La Via Campesina", die das Papier mit erarbeitet hat. "Die einzigen Gewinner sind die Konzerne des globalen Agro-Business." Beim Handel mit Industriegütern, bei dem vor allem die USA und die EU auf weitere Zollsenkungen drängten, drohten ebenfalls gefährliche Konsequenzen, schreiben die Organisationen. "Wenn billige Importe Länder mit schwachen industriellen Sektoren überschwemmen, werden deren Industrien ausgelöscht und die Arbeitslosigkeit steigt", meinen die Freihandelskritiker.
Deutschland will verbesserten Zugang zu ausländischen Märkten
Im Bundeswirtschaftsministerium glaubt man hingegen an einen "wohlstandsfördernden Charakter des Welthandels". Die Verbesserung des Zugangs zu ausländischen Märkten für deutsche Unternehmen und der Abbau der Zollschranken sowie der so genannten nicht-tarifären Handelshemmnisse gehörten unverändert zu den Prioritäten der deutschen Außenhandelspolitik. Bei letzterem handelt es sich um mengenmäßige Beschränkungen oder technische Handelsbarrieren.
Auch die Deutsche Bank hofft noch auf weitere weitere Handelserleichterungen in Hongkong. Bei einem Scheitern könnten protektionistische Strömungen wieder Oberwasser gewinnen, fürchtet der Think Tank der Großbank, die Deutsche Bank Research. Cancún sei kein Scheitern gewesen, sondern im Nachgang ein Katalysator für den Freihandel, schreibt die Bank in ihrer Veröffentlichung "Den Freihandel voranbringen" vom 24. Juni 2005. Zudem sei der Zusammenschluss wichtiger Schwellen- und Entwicklungsländer wie Brasilien, Indien, China und Südafrika in der Gruppe der 22 für die Fortführung der Verhandlungen ein notwendiger Schritt gewesen. Hinzu sei gekommen, dass die EU im Mai 2004 unter anderem ein vollständiges Auslaufen der "Agrarausfuhrsubventionen" in Aussicht gestellt habe.
Für die Europäischen Gemeinschaften seien die Verhandlungen über den Marktzugang im Güterhandel von großer Bedeutung. Die EU strebe vor allem einen besseren Marktzugang in Schwellenländern für europäische Exporteure an, schreibt die einflussreiche Deutsche Bank. Gerade in aufstrebenden Volkswirtschaften Asiens und Lateinamerikas sei der Zugang für europäische Exporteure durch hohe Zölle, Zollspitzen, über die Verarbeitungstiefe ansteigende Zollsätze (Zolleskalation) und nicht-tarifäre Hindernisse noch deutlich eingeschränkt. Darüber hinaus sei ein hoher Anteil der Zölle seitens vieler Entwicklungsländer noch nicht in der WTO gebunden.
Im Bereich der Dienstleistungen ist die Deutsche Bank von der Doha-Runde bisher enttäuscht. Die GATS-Verhandlungen hätten zwar schon im Jahr 2000 begonnen, doch es sei nur sehr schleppend vorangegangen. Zwar hätten die EU und die USA 2002 und 2003 erste Angebote sowie Forderungen an die WTO-Partner vorgelegt, aber bisher hätten nur etwas mehr als 50 WTO-Staaten Angebote unterbreitet. Die Zahl der Angebote zur Marktöffnung bei Telekommunikation und Finanzdienstleistungen lägen noch weit darunter, bedauert die Großbank. Klaus Günter Deutsch vom Berliner Büro des einflussreichen Think Tanks der Großbank meint jedenfalls, dass die politisch Verantwortlichen in den großen Welthandelsregionen in diesem Jahr in die Offensive gehen müssen.