Oktober 2005
Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.
Illegale Gen-Felder sollen in Rumänien weit verbreitet sein
Der Anbau von genetisch verändertem Soja in Rumänien ist nach Darstellung von Greenpeace Österreich völlig außer Kontrolle geraten. Die Umweltorganisation hat Sojapflanzen aus zehn Regionen beim österreichischen Umweltbundesamt auf gentechnische Veränderungen testen lassen. Sämtliche Proben waren laut Greenpeace positiv. Damit erhärte sich der Verdacht, dass 90 Prozent der Sojapflanzen in Rumänien ohne Wissen der Behörden gentechnisch verändert seien. Es handele sich dabei um die Sojasorte "Roundup-Ready" des Monsanto-Konzerns.
Deutsche Interessen in der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Bundespräsident Horst Köhler hat Bundesregierung, Bundestag und die politischen Parteien aufgerufen, ein "Gesamtkonzept der deutschen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik" zu entwickeln. "Wo es um die Lebensinteressen unseres Landes geht, da muss ein Konsens der Demokraten möglich sein", sagte Köhler am Montag vor rund 600 geladenen Gästen auf einem Festakt zum 50-jährigen Gründungsjubiläum der Bundeswehr in Bonn. Er betonte, analysiert werden müsse, welche deutschen Interessen es zu schützen und zu fördern gelte, welche Bedrohungen aktuell seien und welche Aufgaben die Bundeswehr dabei übernehmen solle.
Streit um Autobahnprivatisierung und Pkw-Maut
Die Diskussion um eine Autobahnprivatisierung entzweit die Bundesländer. Während Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen eine dann fällige Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen ablehnten, zeigte sich Sachsens CDU aufgeschlossen. Auf der Verkehrsministerkonferenz am Mittwoch und Donnerstag in Rostock geht es nach Angaben des Düsseldorfer Verkehrsministeriums um den Zwischenbericht einer Arbeitsgruppe, in der die Pkw-Maut thematisiert wird. Eine Entscheidung über den Abschlussbericht falle im Frühjahr. Am Wochenende hatten sich Spekulationen verdichtet, dass es bundesweit zur Einführung einer Vignette kommen könnte, die mit voraussichtlich 100 Euro im Jahr zu Buche schlagen würde.
Union und SPD beginnen Koalitionsverhandlungen
Nach Beendigung ihrer Sondierungsgespräche haben CDU, CSU und SPD am Montag die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen angekündigt. Wie die Vorsitzenden der Parteien übereinstimmend erklärten, werde die Union den Bundeskanzler stellen. Die Spitzen von Union und SPD einigten sich in der Nacht zum Montag offenbar auf die Kanzlerschaft von CDU-Chefin Angela Merkel. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wird der neuen Regierung offenbar nicht mehr angehören. Acht Ministerien sollten von der SPD, die sechs anderen und das Kanzleramt von CDU und CSU geführt werden.
Ärzte gegen den Atomkrieg würdigen Nobelpreisträger El-Baradei
Die Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) hat am Montag eine weitere Stellungnahme zur Verleihung des Friedensnobelpreises an die Internationale Atomenergie Organisation (IAEA) und an deren Generaldirektor Mohammed El-Baradei abgegeben. Während in der ersten Stellungnahme am Freitag vor allem die IAEA wegen der Förderung der Atomenergie und der damit verbundenden Proliferationsgefahr scharf kritisiert wurde, legte die Organisation in ihrer zweiten Stellungnahme nochmals ausdrücklich Wert auf die ihrer Ansicht nach "friedenspolitischen Rolle" El-Baradeis.
Sondierungsgespräch der Tarifparteien im Uniklinik-Streik
Angesichts der seit Mittwoch andauernden Streiks von Tausenden Beschäftigten an den Universitätskliniken in Baden-Württemberg gibt es jetzt offenbar eine Annäherung der Tarifparteien. "Es wird am Dienstagmorgen in Stuttgart ein Sondierungsgespräch zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaft geben", sagte ver.di-Sprecher Ralf Berchtold am Freitag in Stuttgart. Die Arbeitgeber seien auf die Gewerkschaft zugekommen.
Übermandate: Ergebnis der Bundestagswahl jetzt endgültig
Das Ergebnis der Bundestagswahl vom 18. September inklusive der Nachwahl in Dresden vom 2. Oktober ist jetzt amtlich. Bundeswahlleiter Johann Hahlen gab am Freitag nach einer Sitzung des Bundeswahlausschuss das "endgültige amtliche Ergebnis" der Wahl bekannt. Wesentliche Veränderungen zu den bisher bekannten Zahlen gab es nicht mehr.
Atomenergiebehörde und El-Baradei erhalten Friedensnobelpreis 2005
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) und ihr Generaldirektor Mohammed El-Baradei werden mit dem diesjährigen Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Das Norwegische Nobelpreiskomitee würdigte in seiner am Freitag in Oslo bekannt gegebenen Entscheidung die Verdienste der Preisträger "für ihre Bemühungen um zu verhindern, dass die Atomenergie für militärische Zwecke genutzt wird, und um sicherzustellen, dass die Atomenergienutzung für friedliche Zwecke in der sichersten Weise erfolgt". In einer Zeit der wieder zunehmenden Bedrohung durch atomare Waffen sei eine größtmögliche internationale Kooperation notwendig. Dieses Prinzip finde seinen deutlichsten Ausdruck in der Arbeit der IAEA und ihres "unerschrockenen" Generaldirektors. In einer Zeit, da die Abrüstungsbestrebungen scheinbar festgefahren seien und die Gefahr der Verbreitung von Nuklearwaffen in die Hände von Staaten und auch Terrorgruppen bestehe, sei die Arbeit der IAEA von "unermesslicher Bedeutung". In Deutschland stieß die Wahl bei Politikern auf breite Zustimmung. Heftige Kritik kam hingegen von Nichtregierungsorganisationen.
Höhere Milchquote soll Bauern schaden
Die entwicklungspolitischen Organisationen Misereor und Germanwatch und die Bauernvertretung Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) rufen die Agrarminister von Bund und Ländern auf, die deutsche Milchquote nicht zu erhöhen. Die Milchquote regelt die gesetzlich zugesicherte Abnahmemenge produzierter Milch. Sie legt somit fest, wie viel Milch einem Bauer garantiert abgenommen wird. Anlässlich der Agrarministerkonferenz in Bielefeld betonen die Organisationen, dass zusätzliche Quoten die Überschuss-Situation in Europa nur noch verschärfen würden. Schon jetzt seien die Überschüsse und die damit verbundenen niedrigen Preise verantwortlich für die desaströse Lage von Milchbauern sowohl in Deutschland als auch in Entwicklungsländern. Deswegen dürfe die von der EU für die nächsten drei Jahre beschlossene Quotenerhöhung von 1,5 Prozent nicht umgesetzt werden.
Krankenschwestern und Pfleger legen Kliniken lahm
Das Personal der Universitäts-Kliniken in Baden-Württemberg hat seinen Streik am Donnerstag fortgesetzt. Nach Angaben der Gewerkschaft ver.di beteiligten sich mindestens 4000 nicht-ärztliche Beschäftigte der vier Unikliniken an den Arbeitsniederlegungen. Ver.di-Sprecher Ralf Berchtold bewertete die Motivation der Streikenden auch am zweiten Tag der Protestaktionen als "sehr hoch". Krankenschwestern und Pfleger sowie das Verwaltungs-, Technik- und Küchenpersonal kämpfen seit Mittwoch gegen eine Verlängerung der Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Wochenstunden und Kürzungen beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Die Gewerkschaft will die 38,5-Stunden-Woche erhalten und fordert 50 Euro mehr im Monat. Eine Versorgung von Notfällen sei trotz des Streiks gewährleistet, betonte Berchtold.
Hartz 4 Satz
Die Kommunen sollen nach dem Willen der Bundesregierung keine Unterstützung mehr für Unterkunfts- und Heizungskosten für Hartz IV-Empfänger bekommen. Die Revision habe ergeben, dass die Kommunen durch diese Leistungen deutlich geringer belastet werden, als es im Vermittlungsverfahren geschätzt worden war. Daher müsse der Anteil des Bundes rückwirkend zum 1. Januar 2005 angeglichen werden, hieß es zur Begründung am Mittwoch aus dem Wirtschaftsministerium.
Solarenergie-Förderverein kritisiert Umweltverbände
Der Solarenergie-Förderverein Deutschland kritisierte erneut die Umweltverbände wegen ihrer zum Teil zögerlichen Haltung zum Ausbau erneuerbarer Energien. Die Verbände trügen eine Mitschuld daran, dass trotz brennender Aktualität, Ölkrise und "beunruhigender Anzeichen für die heraufziehende Klimakatastrophe" das Thema Energiepolitik im vergangenen Wahlkampf kaum beachtet worden sei. Dies, obwohl in diesen Jahren die richtigen Weichen in der Energiepolitik gestellt werden müssten. Größere Umweltverbände würden aber wider besseren Wissens keine konsequente Energiewende fordern, sondern den Neubau "effektiverer" fossiler Kraftwerke.
Hungerstreik eines brasilianischen Bischofs
Der Bischof der Diözese Barra im Nordosten Brasiliens, Fray Luis Flavio Cappio, der sich seit langem für Umweltprojekte in der Region engagiert, ist am 26. September in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Er möchte ein Großprojekt zu stoppen, das den Lauf des Flusses Sao Francisco umleiten soll. Die Baumaßnahmen sollen in Kürze beginnen. Kirchliche Gruppen in Brasilien, aber auch in Deutschland, unterstützen ihn in seinem Anliegen.
Wiesehügel bleibt Bundesvorsitzender der IG Bauen-Agrar-Umwelt
Klaus Wiesehügel bleibt Bundesvorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Der 52-Jährige erhielt am Dienstag auf einem Gewerkschaftstag in Bonn 94,1 Prozent der 286 abgegebenen Stimmen. 16 Delegierte stimmten mit Nein, einer enthielt sich, wie ein Gewerkschaftssprecher mitteilte. Zum Auftakt des Gewerkschaftstages hatte Wiesehügel namhaften deutschen und internationalen Unternehmen eine Parteinahme zugunsten der Union vorgeworfen.
"Lehrer aus Geiselhaft der Finanzminister entlassen"
Nach Auffassung des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Verbands Bildung und Erziehung (VBE) distanziert sich die deutsche Politik "vom internationalen Bestreben, die Lehrerprofession weiter zu entwickeln." Auf der einen Seite seien die Lehrer mit einer gesellschaftlichen Erwartung konfrontiert, Probleme meistern zu sollen, die in der Gesellschaft einer Lösung harrten. Hierzu gehörten die Integration der Migranten, das Ausgleichen schwieriger sozialer oder familiärer Bedingungen, das Geben von Hilfestellungen für die Orientierung in einer wertepluralen Welt. Auf der anderen Seite würde nicht entsprechendes Lehrpersonal eingestellt, um den gesellschaftlichen Erwartungen entsprechen zu können. Die Personalpolitik im Kultusbereich schwanke seit Jahrzehnten zwischen händeringender Suche nach Lehrpersonal und Einstellungsstopps, wobei stets die Notlage und nicht die pädagogische Qualifikation im Vordergrund stünden. "Während die Kultusminister von Schulqualitätsentwicklung tönen, werden die Unterrichtsverpflichtungen der Lehrer weiter erhöht, Klassenstärken angehoben, Förderangebote gestrichen, Lehrerfortbildung gekürzt", kritisierte der Verbandsvorsitzende Ludwig Eckinger. Wichtige pädagogische Förderprojekte wie vorschulische Sprachkurse für Migrantenkinder würden an wenig qualifizierte Kräfte gegeben. Arbeitslosen Lehrern würden 1-Euro-Jobs in Schulen oder Vorschulen offeriert. Lehramtsanwärter würden bei vollem Einsatz oft weniger als 1.000 Euro brutto bekommen. "Die Länder müssen Bildung aus der Geiselhaft der Finanzminister entlassen und wieder zu einem Edelstein machen", so Eckinger.